Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. November 2003
Aktenzeichen: 15 W (pat) 302/03

(BPatG: Beschluss v. 10.11.2003, Az.: 15 W (pat) 302/03)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Der Beschluss des Bundespatentgerichts vom 10. November 2003 mit dem Aktenzeichen 15 W (pat) 302/03 besagt, dass das Patent widerrufen wird. Das Patent wurde auf eine eingereichte Patentanmeldung für eine Parkettlamelle erteilt. Die Einsprüche gegen das Patent basierten auf der Behauptung, dass der Gegenstand des Patents weder neu noch erfinderisch sei. Es wurden verschiedene Literaturstellen als Beweismittel vorgelegt. Sowohl der Hauptantrag als auch der Hilfsantrag der Patentinhaberin wurden abgelehnt, da die Merkmale der Patentansprüche nicht als erfinderisch erachtet wurden. Die Parkettelemente, die in den Ansprüchen beschrieben werden, waren nicht ausreichend neu oder erfinderisch und daher nicht patentierbar. Der Beschluss enthält umfangreiche rechtliche und technische Argumentationen zur Begründung dieser Feststellung.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 10.11.2003, Az: 15 W (pat) 302/03


Tenor

Das Patent wird widerrufen.

Gründe

I.

Auf die am 7. Juni 1999 eingereichte Patentanmeldung mit dem Aktenzeichen 199 25 865.1-25 hat das Deutsche Patent- und Markenamt ein Patent mit der Bezeichnung

"Parkettlamelle, sowie hieraus hergestelltes Parkettelement und Verfahren zur Herstellung eines Fußbodenpaneels"

erteilt. Der Tag der Veröffentlichung der Patenterteilung ist der 7. März 2002.

Die Patentansprüche 1 bis 4 gemäß Streitpatent haben folgenden Wortlaut:

"1. Parkettlamelle mit zwei Langseiten (4, 6) und zwei Schmalseiten (8, 10), wobei die Stirnflächen der Langseiten und der Schmalseiten jeweils zumindest über einen Teil ihrer Höhenerstreckung mit einer Imprägnierung versehen sind.

2. Parkettlamelle nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß sich die Imprägnierung über die gesamte Höhenerstreckung der Schmalseiten (8, 10) und/oder der Langseiten (4, 6) erstreckt.

3. Parkettelement mit einer Vielzahl von Parkettlamellen (2) nach Patentanspruch 1 oder 2, die auf einer Tragschicht (18) angeordnet sind.

4. Verfahren zum Herstellen eines Fußbodenpaneels, mit einer Mittel- oder Tragschicht (18), auf deren Auflagefläche ein Rückzug und auf deren Oberfläche eine Vielzahl von Parkettlamellen aufgebracht werden, dadurch gekennzeichnet, daß die Stirnflächen der Langseiten und Schmalseiten jeder Parkettlamelle (2) vor dem Verleimen mit der Tragschicht (18) zumindest über einen Teil ihrer Höhenerstreckung mit einer Imprägnierung versehen werden."

Der vorliegende Einspruch wendet sich mit der Begründung der mangelnden Neuheit des Gegenstands der Patentansprüche 1 bis 3 und der mangelnden erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands von Patentanspruch 4 gegen das Patent, und zwar unter Heranziehung folgender Literaturstellen:

Im Einspruchsschriftsatz:

(E1) WO 97/47834 A1

(E2) Lueger, Lexikon der Werkstoffe und Werkstoffprüfung, Deutsche Verlags-Anstalt, 1961, S. 388, Stichwort "Kunststoffe",

(E3) DE 82 02 573 U1

(E4) Lexikon, Werkstofftechnik, VDI-Verlag, 1991, S. 1096, Stichwort "Versiegelung" und

(E5) Jowat News, Ausgabe 05/99.

Mit Eingabe der Einsprechenden vom 10. März 2003 eingeführt:

(E6) DE 198 41 433 A1.

Mit Schreiben vom 13. Oktober 2003 sind vom Senat mit Hinweis auf eine mögliche Relevanz bezüglich der erfinderischen Tätigkeit noch folgende Druckschriften in das Verfahren eingeführt worden:

(E7) EP 0 903 451 A2 und

(E8) DE 296 10 462 U1.

Die Patentinhaberin widerspricht dem Vorbringen der Einsprechenden und reicht in der mündlichen Verhandlung als Hauptantrag eine geänderte Anspruchsfassung mit den Patentansprüchen 1 und 2 folgenden Wortlauts ein:

"1. Parkettelement mit einer Vielzahl von Parkettlamellen (2) zwischen denen in Längs- und in Querrichtung Stoßfugen (28, 30) ausgebildet sind und die auf einer Tragschicht (18) mit Schmalseiten (8', 10') und mit Langseiten (4', 6') angeordnet sind, an denen eine Nut (20) bzw. eine Feder (22) ausgebildet ist und die zumindest über einen Teil ihrer Höhenerstreckung mit einer Imprägnierung versehen sind, dadurch gekennzeichnet, dass die Stirnflächen der Langseiten (4, 6) der Parkettlamellen (2) über einen Teil ihrer Höhenerstreckung und die Stirnflächen der Schmalseiten (8, 10) der Parkettlamellen (2) über die gesamte Höhenerstreckung ebenfalls mit einer Imprägnierung versehen sind, so dass die Parkettlamellen (2) an den Stoßfugen (28, 30) gegen Feuchtigkeitseintritt geschützt sind.

2. Verfahren zum Herstellen eines Parkettelements, mit einer Lang- und Schmalseiten (4', 6'; 8', 10') aufweisenden Tragschicht (18) auf deren Auflagefläche ein Rückzug und auf deren Oberfläche eine Vielzahl von Parkettlamellen (2) aufgebracht werden, wobei an Langseiten (4', 6') der Tragschicht (18) eine Nut (20) bzw. eine Feder (22) ausgebildet werden und zumindest über einen Teil ihrer Höhenerstreckung eine Imprägnierung aufgebracht wird, dadurch gekennzeichnet, dass auch die Langseiten (4, 6) der Parkettlamellen (2) über einen Teil ihrer Höhenerstreckung und deren Schmalseiten (8, 10) über die gesamte Höhenerstreckung vor dem Verleimen mit einer Imprägnierung versehen werden, so dass die Parkettlamellen (2) an den Stoßfugen (28, 30) gegen Feuchtigkeitseintritt geschützt sind.

Die mit Schreiben vom 24. Oktober 2003 eingereichte Anspruchsfassung mit den Patentansprüchen 1 bis 3 wird von der Patentinhaberin als Hilfsantrag weiterverfolgt:

"1. Parkettelement mit einer Vielzahl von Parkettlamellen (2), die auf einer Tragschicht (18) mit Schmalseiten (8', 10') und mit Langseiten (4', 6') angeordnet sind, an denen eine Nut (20) bzw. eine Feder (22) ausgebildet ist und die zumindest über einen Teil ihrer Höhenerstreckung mit einer Imprägnierung versehen sind, dadurch gekennzeichnet, dass die Stirnflächen der Schmalseiten (8, 10) und der Langseiten (4, 6) der Parkettlamellen (2) jeweils zumindest über einen Teil ihrer Höhenerstreckung ebenfalls mit einer Imprägnierung versehen sind, wobei diese durch Streichen oder Aufwalzen aufgebracht ist.

2. Parkettelement nach Patentanspruch 1, wobei sich die Imprägnierung über die gesamte Höhenerstreckung der Schmalseiten (8, 10) und/oder der Langseiten (4, 6) erstreckt.

3. Verfahren zum Herstellen eines Parkettelements mit einer Lang- und Schmalseiten (4', 6'; 8', 10') aufweisenden Mittel- oder Tragschicht (18) auf deren Auflagefläche ein Rückzug und auf deren Oberfläche eine Vielzahl von Parkettlamellen (2) aufgebracht werden, wobei an Langseiten (4', 6') der Tragschicht (18) eine Nut (20) bzw. eine Feder (22) ausgebildet werden und zumindest über einen Teil ihrer Höhenerstreckung eine Imprägnierung aufgebracht wird, dadurch gekennzeichnet, dass auch die Schmalseiten (8, 10) und die Langseiten (4, 6) der Parkettlamellen (2) jeweils zumindest über einen Teil ihrer Höhenerstreckung mit einer Imprägnierung versehen werden, wobei diese durch Aufstreichen oder Aufwalzen aufgebracht wird."

Die Patentinhaberin führt aus, sowohl die nunmehr eingeschränkten Gegenstände nach Hauptantrag als auch die Gegenstände nach Hilfsantrag seien gegenüber den im Verfahren befindlichen Druckschriften nicht nur neu, sondern beruhten auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Sie beantragt, das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten:

gemäß Hauptantrag Ansprüche 1 und 2 sowie Beschreibung Sp 1 - 3, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung, 1 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 - 3 gemäß DE 199 25 865 C2;

gemäß Hilfsantrag, Ansprüche 1 - 3 vom 24. Oktober 2003, eingegangen am 28. Oktober 2003 in Verbindung mit einer noch anzupassenden Beschreibung und 1 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 - 3 gemäß DE 199 25 865 C2.

In der mündlichen Verhandlung bezieht sich die Einsprechende auf ihren schriftsätzlichen Vortrag und ergänzt ihn. Sie trägt somit insgesamt hinsichtlich der Gegenstände nach Hilfsantrag die Einwände der fehlenden Neuheit gegenüber (E6) und der mangelnden erfinderischen Tätigkeit gegenüber (E3) in Verbindung mit (E7) bzw (E8) vor. Zu den Gegenständen nach dem geltenden Hauptantrag macht die Einsprechende keine weiteren substantiierten Angaben mehr.

Die Einsprechende stellt den Antrag, das Patent zu widerrufen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet im Einspruchsverfahren auf Grund mündlicher Verhandlung in entsprechender Anwendung von § 78 PatG, nachdem die Einsprechende in ihrem Einspruchsschriftsatz und die Patentinhaberin in der Erwiderung auf den Einspruch jeweils hilfsweise Terminsantrag gestellt haben (vgl auch BPatG, 34. Senat, Mitt 2002, 417).

Die Entgegenhaltung Jowat News, Ausgabe 05/99 (E5) wird mangels ausreichendem Sachvortrag bezüglich der Zugänglichkeit für die Öffentlichkeit einvernehmlich als nicht vorveröffentlicht behandelt.

III.

Der zulässige Einspruch führt zum Erfolg. Das Patent war zu widerrufen.

Die Merkmale des Gegenstands der Anspruchsfassung nach Hauptantrag lassen sich aus den ursprünglich eingereichten Unterlagen (vgl die damit übereinstimmende Offenlegungsschrift, Patentansprüche 1 bis 5 iVm Sp 1 Z 63 bis Sp 2 Z 12, Sp 2 Z 29-31, Sp 2 Z 45-56, Sp 2 Z 59, Sp 3 Z 8-23, Sp 3 Z 23-26 und Sp 3 Z 34-40) bzw aus der Patentschrift (Patentansprüche 1 bis 4 iVm Sp 1 Z 62 bis Sp 2 Z 6, Sp 2 Z 23-25 und Sp 3 Z 2-27) herleiten und sind insofern hinsichtlich der ursprünglichen Offenbarung nicht zu bemängeln.

Auch bezüglich der Offenbarung der geltenden Anspruchsfassung nach Hilfsantrag bestehen keine Bedenken, da die Merkmale der geltenden Patentansprüche aus den ursprünglich eingereichten Unterlagen (vgl die damit übereinstimmende Offenlegungsschrift, Patentansprüche 1 bis 5 iVm Sp 1 Z 63 bis Sp 2 Z 12, Sp 2 Z 29-31, Sp 2 Z 45-56, Sp 2 Z 59, Sp 3 Z 8-13, Sp 3 Z 23-26, Sp 3 Z 34-40 und Sp 3 Z 46-48) bzw aus der Patentschrift (Patentansprüche 1 bis 3 iVm Sp 1 Z 62 bis Sp 2 Z 6, Sp 2 Z 23-25, Sp 3 Z 17-27 und Sp 3 Z 40-42) zu entnehmen bzw herleitbar sind.

Bei den Gegenständen des jeweiligen Patentanspruchs 1 von Haupt- und Hilfsantrag handelt es sich damit um Parkettelemente, die an ihren Schmalseiten (8', 10') und ihren Langseiten (4', 6') jeweils zumindest über einen Teil ihrer Höhenerstreckung mit einer Imprägnierung versehen sind. Durch die Imprägnierung der Lamellen entsprechend den Vorgaben dieser Patentansprüche sind dann diese Merkmale der zumindest teilweisen Imprägnierung der Schmal- und Langseiten in einer Minimalausprägung automatisch bzw von selbst erfüllt, soweit die Seitenflächen der Randlamellen gleichzeitig die Seitenflächen der Deckschicht der Parkettelemente darstellen.

Die Neuheit der Gegenstände von Haupt- und Hilfsantrag kann jeweils dahingestellt bleiben, weil sowohl der Gegenstand nach Patentanspruch 1 des Hauptantrags als auch der Gegenstand nach Patentanspruch 1 des Hilfsantrags im Hinblick auf die Merkmale aus der Offenbarung des Stands der Technik in entsprechender Weise nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhen.

Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist von der Aufgabe auszugehen, dass aus Lamellen hergestellte Parkettelemente hinsichtlich ihrer Feuchtigkeitsbeständigkeit weiter verbessert werden sollen (vgl Streitpatent Sp 1 Z 39 bis 42).

Gelöst wird die Aufgabe durch die Merkmale der Gegenstände nach den geltenden Anspruchsfassungen.

Aus der Druckschrift DE 82 02 573 U1 (E3) sind Parkettelemente mit einer Vielzahl von Parkettlamellen (dort Bezugszeichen 4) bekannt, die auf einer Tragschicht (dort Unterschicht 6) mit Schmalseiten und mit Langseiten angeordnet sind, an denen eine Nut (dort 8) bzw. eine Feder (dort 10) ausgebildet ist (vgl (E3) Schutzanspruch 1 Z 1-3 iVm S 3, zweiter Absatz sowie S 6, Z 10-19 und Figuren 1-5). Die Oberseite dieser Parkettelemente ist fertig geschliffen und fertig versiegelt (vgl (E3) S 3, zweiter Absatz sowie S 4, Z 10-19). Nach "Lexikon, Werkstofftechnik, VDI-Verlag, 1991, S 1096, Stichwort "Versiegelung" (E4)" wird der Begriff Versiegelung im Sinne von Imprägnierung angewandt. Dabei ist der Fachwelt bekannt, dass eine Versiegelung, also Imprägnierung von Parkettelementen zum Schutz des Holzes gegen mechanische Einflüsse, aber auch gegen das Eindringen von Feuchtigkeit erfolgt.

Ein Verlegen von Holzlamellen in der Art, dass Stöße zwischen zwei Lamellenschmalseiten neben etwa der Mitte der Längskante der Nachbarlamellen im Sinne der in Figur 2 zum geltenden Patentanspruch 1 nach Hauptantrag dargestellten Ausführungsform auftreten, ist der Fachwelt nach übereinstimmender Aussage der Parteien ebenfalls bekannt (vgl dazu auch EP 0 903 451 A2 (E7) Fig 1). Dies gilt auch, wenn in den Figuren von (E3) lediglich ein Nebeneinander von Lamellen dargestellt ist, bei dem die schmalseitigen Enden der Lamellen alle in einer Flucht liegen und zwar dort sogar ganz ohne Ausbildung von Stößen zufällig übereinstimmend mit dem Rand des Parkettelements.

Zur Lösung der streitpatentgemäßen Aufgabenstellung, einer Verbesserung der Feuchtigkeitsbeständigkeit solcher bekannter Parkettelemente, ist der Fachmann nun gehalten, einschlägige Literatur zu berücksichtigen und findet dazu neben etlichen anderen Schriften beispielsweise (E7). Diese lehrt ihn, eine oder mehrere Seiten, also auch Stöße zwischen einzelnen Fußbodenbestandteilen, insbesondere Paneelen durch Imprägnieren vor Feuchtigkeit zu schützen (vgl dort insbesondere Patentanspruch 1 iVm Sp 1 Z 15-18). Dabei ist zwar im Hinblick auf die Figuren von (E7) bevorzugt eine Imprägnierung der Seitenflächen von mit Nut und Feder versehenen Paneelen dargestellt, doch die in Worten formulierte Lehre geht durch den Bezug auf Fußbodenbestandteile als Teile von Paneelen darüber hinaus. Auch Lamellen zur Herstellung von Parkettelementen bzw Paneelen (vgl Streitpatent Ansprüche 3 und 4) sind als Fußbodenbestandteile im Sinne von Untereinheiten von Paneelen zu verstehen und so umfasst die Lehre von (E7) bei Auftreten eines Feuchtigkeitsproblems an den Stößen zwischen einzelnen Lamellen zwanglos gleichermaßen eine Imprägnierung an den Seitenflächen der Lamellen.

Somit bedurfte es keiner erfinderischen Tätigkeit, in Kenntnis der Druckschriften (E3) und (E7) für die Verbesserung der Feuchtigkeitsbeständigkeit von Parkettelementen nicht nur an den Lang- und Schmalseiten der Elemente (Paneele), sondern auch an den Lang- und Schmalseiten der Lamellen eine Imprägnierung vorzusehen.

Nun weist zwar die streitpatentgemäße Lehre gemäß Hauptantrag die Besonderheit auf, dass einerseits die Schmalseiten der Lamellen zwingend über die gesamte Höhenerstreckung zu imprägnieren seien und andererseits an den Langseiten nur eine Imprägnierung über einen Teil der Höhenerstreckung der Lamellen vorgesehen ist. Dies vermag eine erfinderische Tätigkeit jedoch nicht zu begründen.

Praktisch bedeutet diese Formulierung nämlich, dass auch die Langseiten der Lamellen etwa zu 99%, also fast vollständig imprägniert sein können. Nun weist aber eine fast vollständig imprägnierte Seitenfläche einer Lamelle gegenüber einer zwingend vollständig imprägnierten hinsichtlich der Feuchtigkeitsbeständigkeit praktisch keinen Unterschied auf, so dass sich in diesem Grenzbereich der technischen Lehre nach dem Streitpatent kein technisch relevanter Unterschied zu der dem Stand der Technik impliziten Lehre ergibt, Lang- und Schmalseiten von Paneelen gleich (vollständig) zu beschichten (vgl zB (E7) Sp 1 Z 51 bis Sp 2 Z 7 und Sp 2 Z 42-47 iVm den Figuren). Bezüglich der Bewertung des Vorliegens einer erfinderischen Tätigkeit kann sich dann auch kein patentrechtlich relevanter Unterschied zwischen den Lehren des Streitpatents und des Stands der Technik ergeben.

Selbst in den Bereichen der streitpatentgemäßen Lehre, in der ein messbarer und deutlicher Unterschied im Ausmaß der Imprägnierung von Lang- und Schmalseiten vorliegt, war es am Anmeldetag naheliegend, dem Feuchtigkeitsschutz von Holz an seiner Stirnseite, also zB einer Imprägnierung an der Schmalseite von Lamellen für Fertigparkettelemente besondere Sorgfalt zu widmen, was ggf durch vollflächiges Auftragen von Schutzmitteln zu erreichen ist. Senat und Parteien waren sich nämlich einig, dass das Wissen um die erhöhte Feuchtigkeitsempfindlichkeit von Holz an seiner Stirnseite (entspricht der Schmalseite der Lamelle) zu den Grundkenntnissen der einschlägigen Fachwelt gehört. Für das Anerkennen einer erfinderischen Leistung bleibt also auch insofern kein Raum.

Die Patentinhaberin hat zur Stützung ihres Vorbringens einen nachveröffentlichten Katalogauszug der Firma Terhürne "Fertigparkett" vorgelegt. Damit hat sie belegt, dass das Problem von feuchtigkeitsempfindlichen Stoßfugen in der Fachwelt vorhanden und bekannt sei, und dass sich der Herausgeber des Katalogs nun der Lösung dieses Problems durch Imprägnierung zwischen den Stirnseiten der Lamellen berühme. Aber auch die Würdigung dieser Argumentation vermag schließlich an der patentrechtlichen Einschätzung des Gegenstands von Anspruch 1 nach Hauptantrag, bei dem die Existenz von Stoßfugen zwingend vorausgesetzt wird, nichts zu ändern.

Gerade wenn das Problem nämlich bekannt und in dieser Weise zu lokalisieren war, war es auch nahe gelegt, in Kenntnis des einschlägigen, vorveröffentlichten Stands der Technik zur mit dem Hauptantrag, aber auch zu der mit dem Hilfsantrag beanspruchten Lösung zu kommen.

Der Gegenstand von Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag ist nämlich bezüglich der dort fehlenden Merkmale

"Parkettlamellen (2) zwischen denen in Längs- und in Querrichtung Stoßfugen (28, 30) ausgebildet sind" und

"wobei die Stirnflächen der Schmalseiten (8, 10) der Parkettlamellen (2) über die gesamte Höhenerstreckung ebenfalls mit einer Imprägnierung versehen sind"

an sich weiter gefasst, als der Gegenstand von Patentanspruch 1 nach Hauptantrag. Lediglich aufgrund der Tatsache, dass im Hilfsantrag als zusätzliches Merkmal erscheint, dass die Imprägnierung

"durch Streichen oder Aufwalzen aufgebracht ist", ist in gewissem Sinne auch die Annahme einer engeren Begrenzung des so definierten Gegenstands möglich.

Während demnach die Argumentation hinsichtlich der fehlenden erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands nach Patentanspruch 1 des Hauptantrags mit Bezug auf die im Patentanspruch 1 des Hilfsantrags fehlenden oder weiter gefassten Merkmale erst recht zutrifft, vermag auch die Begrenzung auf gestrichene oder aufgewalzte Imprägnierungen im Hilfsantrag die Existenz einer erfinderischen Tätigkeit nicht zu begründen.

Dieses zusätzliche Merkmal betrifft nämlich Verfahrensschritte, so dass durch deren Aufnahme in den Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag ein partieller "product by process" Anspruch entstanden ist. Solche Verfahrensschritte können aber in einem Sachanspruch nur dann überhaupt eine Bedeutung haben, wenn sie zwingend gegenständliche Merkmale und damit insbesondere gegenständliche Unterschiede zum Stand der Technik zur Folge hätten.

Ein solcher gegenständlicher Unterschied zur nach (E7) aufgesprühten Imprägnierung kann aber auf Grund dieses, in den auf ein Parkettelement gerichteten Sachanspruch 1 aufgenommenen Merkmals einer gewalzten oder gestrichenen Imprägnierung nicht erkannt werden.

Unabhängig davon wären "Aufsprühen", "Aufwalzen" und "Aufstreichen" sogar als Verfahrensmerkmale in einem Verfahrensanspruch jedenfalls im Zusammenhang mit den nach dem Streitpatent zu erzielenden Eigenschaften der Imprägnierung fachnotorisch austauschbar.

Die nach den jeweiligen Patentansprüchen 1 von Haupt- und Hilfsantrag beanspruchten Parkettelemente sind daher mangels erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig. Mit den Patentansprüchen 1 fallen jeweils auch alle übrigen Patentansprüche, ohne dass es einer Prüfung und Begründung dahingehend bedarf, ob diese etwas Schutzfähiges enthalten (BGH, GRUR 1997, 120 - Elektrisches Speicherheizgerät).

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BPatG:
Beschluss v. 10.11.2003
Az: 15 W (pat) 302/03


Link zum Urteil:
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