Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. September 2005
Aktenzeichen: 30 W (pat) 326/03

(BPatG: Beschluss v. 19.09.2005, Az.: 30 W (pat) 326/03)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 9. Oktober 2003 aufgehoben.

Gründe

I.

Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die Bezeichnung STORE VISION für:

"Elektrische Apparate und Instrumente, nämlich Kassettengeräte, Kassenperipheriegeräte, Geldautomaten, Selbstbedienungskassenterminals; Informationsterminals, Ticket-Terminals, Mobiltelefone, tragbare Computer ausgestattet mit Display und Scanner, automatische Warenautomaten und Mechanismen für geldbetätigte Apparate; geldeinnehmende und geldausgebende Kartenleser, Drucker, Touchscreen, Lautsprecher, Display, Internetanschluss, Bezahlfunktion zur Handhabung von Transaktionen wie ecommerce und Kredittransferaktionen; Displays für Einkaufswagen; Computersoftware für die vorstehend genannten Geräte; Software für betriebliche Organisationsabläufe; Software für Warenwirtschaftssysteme; Organisationsberatung bei der Umsetzung von Softwarelösungen bei Handelsunternehmen, Entwicklung und Erstellung von Software für die in Klasse 9 genannten Geräte; Entwicklung und Erstellung von Software für die Steuerung von betrieblichen Organisationsabläufen in Unternehmen".

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung zurückgewiesen. Begründend ist ausgeführt, dass die Anmeldung STORE VISION eine beschreibende Angabe darstelle, da sie auf besonders in Bezug auf die Zukunft entworfene Bilder aus einem Geschäft/Laden hinweise.

Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt. Mit näheren Ausführungen hält sie Schutzhindernisse, die die Anmeldung in ihrer Gesamtheit und bezüglich der hier maßgeblichen Waren und Dienstleistungen von der Eintragung ausschließen könnten, nicht für gegeben.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke stehen die absoluten Eintragungshindernisse des § 8 Absatz 2 Nr 1 und 2 MarkenG nicht entgegen.

An der angemeldeten Marke STORE VISION besteht kein Freihaltebedürfnis iSv § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG; denn es ist nicht ersichtlich, dass sie in ihrer Gesamtheit als konkrete Angabe über wesentliche Eigenschaften der unter dieser Marke angebotenen Waren und Dienstleistungen dienen könnte.

Das englische Wort "store" bedeutet im Deutschen allgemein "Lager, Vorrat, Geschäft, Laden, Kauf-, Warenhaus", im Bereich der Datenverarbeitung auch "Speicher" (vgl Langenscheidts Großwörterbuch Englisch, Muret-Sanders, Tei I S 1082; Langenscheidts Fachwörterbuch LEO online-Lexikon).

Der weitere Markenbestandteil VISION hat einerseits als deutscher wie auch als englischer Begriff vor allem die Bedeutung "übernatürliche Erscheinung als religiöse Erfahrung; inneres Gesicht, Erscheinung vor dem geistigen Auge, Traumbild; optische Halluzination; in jemandes Vorstellung, besonders von der Zukunft entworfenes Bild" (Duden, Das große Fremdwörterbuch, 3. Aufl S 1411; Langenscheidts Großwörterbuch Englisch aaO S 1214). In Wirtschaft und Politik ist damit "ein in unbestimmter Zukunft vorstellbarer oder wünschenswerter Zustand oder ein entsprechendes Idealbild, Traumbild oder Phantasiebild davon" gemeint; in der Unternehmensführung werden aus der Vision geeignete Strategien und Ziele abgeleitet, welche zum Unternehmenserfolg führen sollen (vgl http://www.lexikondefinition.de/Vision.html). In der englischen Sprache bedeutet "vision" außerdem "Sehkraft, Sehvermögen, Bild; Anblick" (vgl Langenscheidts Großwörterbuch Englisch aaO S 1214; LEO online-Lexikon).

Auf dieser Grundlage und ausgehend davon, dass STORE das Bestimmungswort und VISION das Grundwort ist, bleibt die Bedeutung des Gesamtzeichens STORE VISION in Bezug auf die hier maßgeblichen Waren und Dienstleistungen jedoch im Unklaren. Zu denken ist etwa an die Vorstellung bzw das Traumbild von einem (idealen) Kaufhaus oder an Vorstellungsbilder, die im Zusammenhang mit dem Verweilen in einem Kaufhaus hervorgerufen werden. In einer Zusammenschau von einigen beanspruchten Waren und Dienstleistungen mag auch die Bedeutung "Bilddarstellung in Kaufhäusern" hergestellt werden; ein derartiges Bedeutungsverständnis wird aber in dieser Schlichtheit dem tatsächlichen Bedeutungsinhalt des Begriffs mit seinen insbesondere imaginären Elementen nicht gerecht. Die von der Markenstelle zugrundegelegte Bedeutung von Visionen aus einem Geschäft berücksichtigt schon nicht die vorliegende Anmeldung, in der Store nicht das Grund-, sondern das Bestimmungswort ist.

Der Anmeldung STORE VISION in der Gesamtheit ist damit kein eindeutiger Bedeutungsgehalt entnehmbar; die Marke wirkt vielmehr unspezifisch und verschwommen und erscheint zumindest interpretationsbedürftig. Ihr kann demzufolge auch kein konkreter und unmittelbarer Aussagegehalt mit Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen entnommen werden. Eine freihaltebedürftige beschreibende Angabe der angemeldeten Bezeichnung iSv § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG läßt sich damit nicht feststellen.

Da der angemeldeten Marke aus den dargelegten Gründen für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann und sich auch nicht festsellen lässt, dass das Zeichen stets nur in seinem Wortsinn und nicht (auch) als Marke aufgefasst werden könne, fehlt STORE VISION auch nicht die erforderliche Unterscheidungskraft iSv § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG (vgl ua BGH WRP 2003, 1429 11430 - Cityservice mwN).

Dr. Buchetmann Winter Hartlieb Hu






BPatG:
Beschluss v. 19.09.2005
Az: 30 W (pat) 326/03


Link zum Urteil:
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