Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. März 2007
Aktenzeichen: 3 Ni 39/03

(BPatG: Beschluss v. 29.03.2007, Az.: 3 Ni 39/03)

Tenor

1.

Die Erinnerung der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin vom 2. November 2006 wird zurückgewiesen.

2.

Die Kosten des Erinnerungsverfahrens trägt die Klägerin.

3.

Der Wert des Gegenstandes des Erinnerungsverfahrens wird auf 7.200 EURO festgesetzt.

Gründe

I.

Die Rechtspflegerin des Bundespatentgerichts hat mit Beschluss vom 2. November 2006 -der Klägerin zugestellt am 1. Dezember 2006 -unter Zurückweisung des weitergehenden Antrags der Klägerin, die Kosten in Höhe von 32.315,19 EURO geltend gemacht hat, die dieser von der im Nichtigkeitsverfahren unterlegenen Beklagten zu erstattenden Kosten auf insgesamt 26.814,97 EURO verzinslich festgesetzt.

Mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2006, beim Bundespatentgericht per Telefax am gleichen Tag eingegangen, wendet sich die Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss, soweit darin ihre geltend gemachten Dolmetscherund Übersetzungskosten i. H. von 2000,-EURO sowie Kosten für ein Gutacherhonorar für Prof. W... von 5.138, 79 EURO unberücksichtigt geblieben sind.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, weitere Kosten für Dolmetscherund Übersetzungskosten sowie Kosten für ein Gutacherhonorar in Höhe von insgesamt 7.138,79 EURO festzusetzen.

Zur Begründung trägt sie vor, die Information des Prozessbevollmächtigten während der mündlichen Verhandlung müsse gewährleistet sein, was gerade bei einem solch komplizierten Sachverhalt wie dem vorliegenden nur durch einen Simultandolmetscher möglich gewesen sei. Denn der an der mündlichen Verhandlung teilnehmende Litigation Counsel, Herr M..., sei der deutschen Sprache nicht mächtig. Sämtliche Entscheidungen in dem vorliegenden Nichtigkeitsverfahren und weiterer Verfahren in Großbritannien und den USA seien ausschließlich von der Konzernmutter der Klägerin mit Sitz in Kalifornien getroffen worden. Die Klägerin sei als reines Vertriebsunternehmen nicht in der Lage gewesen, ihre Prozessbevollmächtigten ausreichend zu instruieren. Die Gutachterkosten seien gerechtfertigt, da nicht grundsätzlich davon ausgegangen werden könne, dass die Kenntnisse des bestellten Patentanwalts auch für die Klärung komplizierter technischer Vorgänge ausreichend seien.

Die Beklagte beantragt sinngemäß, die Erinnerung zurückzuweisen.

Die Rechtspflegerin hat der Erinnerung nicht abgeholfen.

II.

Die Erinnerung ist gemäß § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG, § 23 Abs. 2 RpflG i. V. m. § 104 Abs. 3 ZPO zulässig, jedoch unbegründet. Die Rechtspflegerin hat zu Recht die Erstattungsfähigkeit der Kosten für Dolmetscherund Übersetzungstätigkeiten sowie für den Privatgutachter verneint.

1.

Dolmetscherund Übersetzungskosten Zutreffend und rechtlich nicht angreifbar sind in dem angefochtenen Beschluss die geltend gemachten Kosten für Übersetzungen in die englische Sprache und (Simultan)-Dolmetscherdienste als nicht erstattungsfähig zurückgewiesen worden. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf den angefochtenen Beschluss vom 2.

November 2006 Bezug genommen.

Klägerin ist die A... GmbH mit Sitz Deutschland. Diese hat als nach deutschem Recht rechtlich selbständige juristische Person am gegenständlichen Nichtigkeitsverfahren als Klägerin teilgenommen. Dass nach dem Vortrag der Klägerin die Muttergesellschaft in den USA ihren Firmensitz hat und sämtliche Entscheidungen in dem vorliegenden Nichtigkeitsverfahren und weiterer Verfahren in Großbritannien und den USA ausschließlich von der Konzernmutter getroffen worden sind, macht die Muttergesellschaft noch nicht zur Verfahrensbeteiligten und ist somit im Kostenfestsetzungsverfahren rechtsunerheblich. Es ist darauf hinzuweisen, dass die amerikanische Muttergesellschaft auch selbst hätte klagen und somit Partei des vorliegenden Verfahrens hätte werden können. Darauf, ob die Tochtergesellschaft gegebenenfalls von der Konzernmutter beherrscht wird und ob es sich nach der konzerninternen Aufgabenverteilung bei der Klägerin nur um eine Vertriebsgesellschaft handelt, kommt es nicht an. Solange die Tochtergesellschaft eine eigene juristische Person bleibt, wird auch durch diese ein "eigener Wille, wenn auch nach Weisung der Mutter, gebildet" (vgl. Michalski, GmbHG, Syst. Darst. 2, RdNr. 50). Die Beklagte hat demnach den organisatorischen Umstand, dass die Klägerin keine eigenen Entscheidungen im vorliegenden Nichtigkeitsverfahren treffen konnte, nicht zu vertreten.

Was die Teilnahme des Litigation Counsel, Herr M..., an der mündlichen Verhandlung angeht, ist zwar richtig, dass nicht unbedingt der gesetzliche Vertreter der Partei den Verhandlungstermin wahrnehmen muss, sondern damit auch eine Person des Vertrauens beauftragt werden kann. Diese Person des Vertrauens wird jedoch näher bestimmt als "einer ihrer Angestellten" (BPatGE 19, 133 f.) bzw. "einer ihrer Mitarbeiter" (MDR 1995, 424). Herr M ist jedoch gerade kein Mitarbeiter der Klägerin, sondern der nicht verfahrensbeteiligten amerikanischen Muttergesellschaft, so dass auch insoweit keine Pflicht der Beklagten zur Erstattung entsprechend angefallener Übersetzungskosten besteht.

2. Aufwendungen für Privatgutachten Auch die geltend gemachten Aufwendungen für ein Gutachterhonorar für Prof. W... hat die Rechtspflegerin rechtlich zutreffend als nicht erstattungsfähig zurückgewiesen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auch insoweit auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.

Wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat (BPatGE 30, 263; E 33, 274 sowie unveröffentlicht 3 ZA (pat) 16/03 zu 3 Ni 53/95 (EU)), sind auch im Patentnichtigkeitsverfahren Aufwendungen für Privatgutachten nur in Ausnahmefällen als notwendige Kosten i. S. v. § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO erstattungsfähig, wenn die Partei ihrer Darlegungspflicht oder Beweisführungslast mangels eigener Sachkunde nur mit Hilfe eines Privatgutachters genügen kann und auch ihre Vertreter nicht über die erforderliche Sachkunde verfügen (vgl.

BPatGE 30, 263, 264 f m. w. N.). Dabei werden Kosten für ein Privatgutachten neben den Kosten für eine Doppelvertretung durch einen Patentanwalt und einen Rechtsanwalt nicht ohne weiteres als erstattungsfähig angesehen, sondern nur dann, wenn konkrete Umstände geltend gemacht werden, warum zusätzlich die Heranziehung eines Privatgutachters zur zweckentsprechenden Wahrung der Rechte der Beklagten notwendig gewesen sein soll (BPatGE 17, 70, 76). Solche ausnahmsweise zur berücksichtigenden besonderen Umstände sind hier aber weder hinreichend vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Die durch einen Patentanwalt und einen Rechtsanwalt vertretene Klägerin war zur Erfüllung ihrer prozessualen Darlegungspflicht auf einen weiteren sachverständigen Beistand durch einen Privatgutachter nicht angewiesen. Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin haben sich in die technische Materie des Streitpatents eingearbeitet und sowohl schriftsätzlich und mündlich ausführlich vorgetragen. Es ist insbesondere nicht dargelegt, warum die technische Qualifikation vor allem des die Klägerin vertretenden Patentanwalts Dr. M... nicht zur sachgerechten Verfahrensführung ausreichen sollte.

Im Hinblick auf die Pflicht der Partei, die Kosten möglichst gering zu halten (vgl. BPatGE 33, 274, 275 m. w. N.), war der Klägerin daher zuzumuten, sich auf den Vortrag ihrer sachverständigen Vertreter zu beschränken, wobei es selbstverständlich nicht darum geht, der Partei die Vorlage eines Privatgutachtens zur verwehren, sondern allein um die Erstattungsfähigkeit der Kosten im Rahmen der notwendigen Rechtsverteidigung bzw. -verfolgung i. S. v. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Im Übrigen hat der erkennende Senat schon in einer früheren Entscheidung der anderweitig vertretenen Ansicht widersprochen, dass einem Privatgutachten eine größere Überzeugungskraft zukomme als dem schriftsätzlichen Vortrag eines sachverständigen Parteivertreters (vgl. hierzu BPatGE 30, 263, 266).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO.

Der Wert des Erinnerungsverfahrens ergibt sich aus der Höhe des beantragten Erstattungsbetrages. Dr. Schermer Dr. Egerer Brandt Be






BPatG:
Beschluss v. 29.03.2007
Az: 3 Ni 39/03


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