Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. Januar 2002
Aktenzeichen: 33 W (pat) 133/00

(BPatG: Beschluss v. 22.01.2002, Az.: 33 W (pat) 133/00)

Tenor

Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden zur Auslegung von Artikel 2 der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken - ABl. EG 1989 L 40, S. 1 vom 11. Februar 1989 - folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Erfüllen als Marke zur Eintragung in das Register angemeldete abstrakt und konturlos beanspruchte Farben oder Farbzusammenstellungen, deren Farbtöne unter Einreichung eines Farbmusters (einer Farbprobe) wörtlich benannt sowie nach einem anerkannten Farbklassifikationssystem genau bezeichnet sind, die Anforderungen an die Markenfähigkeit nach Artikel 2 der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Marken€

Ist eine solche sogenannte "(abstrakte) Farbmarke" im Sinne des Artikels 2 der Richtlinie insbesonderea) ein Zeichen, b) zur herkunftskennzeichnenden Unterscheidung geeignet, c) graphisch darstellbar€

Gründe

I Sachverhalt des Ausgangsverfahrens Beim Deutschen Patentamt (seit dem 1. November 1998 "Deutsches Patent- und Markenamt") ist am 22. März 1995 folgende "Wiedergabe der Marke"

siehe Abb. 1 am Endeals "sonstige Markenform" mit den Farben blau/gelb zur farbigen Eintragung in das Register angemeldet worden. Der Anmeldung ist folgende Markenbeschreibung beigefügt:

"Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um die Firmenfarben der Anmelderin, die in jeglichen denkbaren Formen benutzt werden, insbesondere für Verpackungen und Etiketten.

Die genaue Bezeichnung der Farben ist wie folgt:

RAL 5015/HKS 47 - blau RAL 1016/HKS 3 - gelb."

Das Warenverzeichnis lautet - nach späterer Einschränkung - wie folgt:

"Chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke, Mörtel- und Betonzusatzmittel, insbesondere zum Binden, Plastifizieren, Verflüssigen, Porösmachen, Dichten und Härten, zum Beschleunigen und Verzögern des Abbindens sowie zum Frostbeständigmachen; chemische Mittel gegen Mauersalpeter; synthetische Harze; Klebstoffe für gewerbliche Zwecke, insbesondere Klebeemulsionen und Klebepasten für Bauplatten, Klebemassen auf Bitumenbasis zur Verklebung von Dachpappen, Heißkleber für Bitumen- und Aluminium-Dichtungsbahnen, Kunstharzkleber zum Kleben von Fliesen sowie Holzfaser- und Spanplatten, Klebemittel zum Verkleben von Wärmedämmplatten an Fassaden; Fett- und Öllösungsmittel; Trennmittel; chemische Mittel zum Haltbarmachen, Imprägnieren und Lasieren von Holz; Nachbehandlungsmittel für Frischbeton und frischen Estrich; Mittel zur Steinreinigung und Beseitigung von Kalkausblähungen; Betontrennmittel, chemische Mittel zur Verhinderung des Festhaftens von Beton und Mörtel an Maschinen und Geräten; chemische öl- und fettlösende Reinigungsmittel, insbesondere zur Reinigung von Fliesen, Lackflächen, Kunststoffen und Fußböden; Farben, Anstrichfarben; Schutzanstrichmittel für Holz, Eisen, Beton, Dächer sowie Aluminium als Farben, als Lacke, als bituminöse Anstrichmittel, als Imprägniermittel und/oder als Rostschutzmittel; Lacke; Rostschutzmittel; technische Öle und Fette, Schalöle, Schmiermittel; Reinigungsmittel; Dichtungs-, Packungs- und Isoliermaterial und -mittel; Wärmeisoliermittel, insbesondere Dämmplatten; Dichtungsmittel für Mörtel und Beton, insbesondere aus Stearaten, Oleaten, Resinaten und Silikaten, Dichtungsanstrichmittel, Spachtelmassen; Baumaterialien (nicht aus Metall); aus Kunststoff hergestellte Fugenbänder; Zement, Blitzzement; Bitumenerzeugnisse für Bauzwecke; Verputzmittel, Putze; Haftemulsionen auf Kunststoffbasis zur Herstellung von Haftbrücken zwischen Putz und Mauerwerk, Beton und Estrich; flüssige Verkiesungsmittel auf Silikat-Basis zur Abdichtung von Bauwerken; kunststoffvergütete Fugenfüllmittel für Verfugungen in der Schlämmtechnik; Druck- und Druckluftpistolen zum Aufbringen von Fugen- und Spachtelmassen, Dichtungsmassen und Fugendichtungsmassen; Bitumenspritzgeräte, Spritzgeräte für Trennmittel, Rührständer für Dichtungsmassen, Kammschieber für Bitumenmassen; Acrylfasergewebe, Glasfaservlies, Glasseidengewebe".

Die Markenstelle für Klasse 1 des Patentamts hat die Anmeldung zunächst mit Bescheid vom 18. September 1996 sowohl wegen mangelnder Markenfähigkeit und graphischer Darstellbarkeit als auch wegen der absoluten Schutzhindernisse fehlender Unterscheidungskraft sowie eines Freihaltungsbedürfnisses an einem beschreibenden Zeichen beanstandet. Zur Begründung ist insbesondere ausgeführt worden, konturlose - von einer bestimmten Form oder Gestalt losgelöste - abstrakte Farben oder Farbkombinationen seinen keine als Marke schutzfähigen Zeichen im Sinne des § 3 Abs 1 MarkenG. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut "sowie sonstige Aufmachungen einschließlich Farben und Farbzusammenstellungen" in der Bestimmung des § 3 Abs 1 MarkenG seien Farben und Farbzusammenstellungen nicht schlechthin, sondern nur als "Aufmachung" schutzfähig. Aufmachungen seien aber stets an eine bestimmte Form oder Gestalt gebunden. Die angemeldete sogenannte "Farbmarke" erfülle auch nicht das Erfordernis der graphischen Darstellbarkeit gemäß § 8 Abs 1 MarkenG. Eine Farbe als solche sei ihrem Wesen nach ein grenzenloser, konturloser, abstrakter Begriff, der sich durch einen Farbausschnitt oder auch die wörtliche Benennung der Farbe stets nur unvollständig, beispielhaft graphisch darstellen lasse, nicht aber in seinem umfassenden Wesen. Graphisch darstellbar sei Farbe hingegen lediglich in einer bestimmten Form und Gestalt und könne somit auch nur als Bildmarke oder dreidimensionale Marke zur Eintragung in das Register angemeldet werden.

Die Anmelderin hat sich daraufhin im Schriftsatz vom 21. Juni 1999 auf die "Farbmarke gelb/schwarz"-Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 10. Dezember 1998 (GRUR 1999, 491 f = MarkenR 1999, 64 ff) berufen, nach der nunmehr feststehe, daß konturlose abstrakte Farben und Farbzusammenstellungen grundsätzlich markenfähig im Sinne des § 3 Abs 1 MarkenG seien und als Marke anerkannt werden müßten. Im Lichte dieser neuen Rechtsprechung könne an der graphischen Darstellbarkeit der angemeldeten Farbmarke gemäß § 8 Abs 1 MarkenG nicht gezweifelt werden. Wenn man nämlich die grundsätzliche Markenfähigkeit von konturlosen Farben und Farbkombinationen anerkenne, reichten die in der Anmeldung beigefügten Farbproben völlig aus, um die angemeldete Marke graphisch wiederzugeben. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofes wäre selbst die Angabe der RAL-Nummern der betreffenden Farben eine ausreichende graphische Wiedergabe der Marke.

Das Patentamt hat die Anmeldung durch Beschluß der Markenstelle für Klasse 1 vom 2. Mai 2000 nur wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft gemäß § 37 Abs 1 MarkenG in Verbindung mit § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG zurückgewiesen. In den Gründen geht die Markenstelle davon aus, daß Farben grundsätzlich markenfähig im Sinne des § 3 Abs 1 MarkenG seien, da sie als Herkunftshinweis dienen könnten. Die angemeldete Marke genüge auch den Mindestanforderungen, welche die Rechtsprechung an die Bestimmtheit der Wiedergabe und an die graphische Darstellbarkeit stelle.

Gegen diese Entscheidung des Patentamts hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt. Sie beantragt, den angefochtenen Beschluß des Patentamts aufzuheben;

hilfsweise die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

Ihr Vortrag in der Beschwerdebegründung betrifft nur noch die Frage der Unterscheidungskraft der angemeldeten Farbkombination sowie des Freihaltungsbedürfnisses an einem beschreibenden Zeichen.

II Vor der Entscheidung über die Beschwerde wird das Verfahren ausgesetzt und der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gemäß Artikel 234 Absatz 1 lit. b EGV um eine Vorabentscheidung zu den eingangs im Tenor gestellten Fragen ersucht. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist zu der Vorabentscheidung berufen, da es einer Auslegung von Artikel 2 der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. EG 1989, Nr L 40, 1 ff vom 11. Februar 1989, berichtigt ABl EG Nr L 159 vom 10. Juni 1989, = GRUR Int. 1989, 294 - 298 - im Folgenden: Richtlinie) bedarf.

A. Einführung in die Problematik der Markenfähigkeit Gegenstand der vorliegenden Markenanmeldung ist eine in Literatur und Rechtsprechung sogenannte "abstrakte Farbmarke" oder "konturlose Farbmarke", die auch nur als "Farbmarke" oder teilweise als "konturunbestimmte, objektungebundene Farbmarke" bezeichnet wird, und zwar mit einer Farbzusammenstellung von zwei Farben (blau und gelb). Anmeldungen solcher ein- oder mehrfarbiger "Farbmarken" zur Eintragung in das Register erfolgen mittlerweile in erheblich zunehmendem Umfang, weil jedenfalls in Deutschland die Markenfähigkeit nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes grundsätzlich anerkannt wird.

Die Besonderheit auch der hier angemeldeten "Farbmarke" als "sonstige Markenform" (§ 12 MarkenV), die gerade keine Bildmarke (§ 8 MarkenV) oder dreidimensionale Marke (§ 9 MarkenV) sein soll, besteht darin, daß eine Farbkombination, die durch eine Farbprobe (ein Farbmuster) sowie die Bezeichnungen nach einem bekannten Farbklassifikationssystem lediglich in ihren Farbtönen bestimmt ist, zur beliebigen ("in jeglichen denkbaren Formen") - weder in ihrer Kontur, Umgrenzung oder sonstigen Gestaltung noch in der Art und Weise der Verteilung und Relation der beiden einzelnen Farben festgelegten - zeichenmäßigen Benutzung als einzutragende Marke beansprucht wird.

Das entscheidungserhebliche Problem beruht somit auf der - von der Anmelderin beabsichtigten - Unbestimmtheit der als Zeichen einsetzbaren farbigen Flächengestaltung, die mit der als Marke angemeldeten Farbzusammenstellung erzeugt werden kann.

Daraus ergeben sich die Rechtsfragen, ob solche "abstrakten, konturlosen Farbmarken", insbesondere als Benennung einer Farbzusammenstellung, im Sinne des Artikel 2 der Richtlinie einerseits überhaupt als Zeichen geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden, und andererseits sich graphisch darstellen lassen.

Dies hat auch erhebliche Auswirkungen auf die Prüfung der Eintragungshindernisse, vor allem hinsichtlich der Frage, ob bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG (Artikel 3 Abs 1 lit. b der Richtlinie) oder der Eignung zur Beschreibung gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG (Artikel 3 Abs 1 lit. c der Richtlinie) ein konkretes Zeichen, das in einer sichtbaren Gestaltung die mit der Anmeldung beanspruchten Farben aufweist, zugrundezulegen ist und gegebenenfalls welches.

Umgekehrt wäre hinsichtlich einer gemäß §§ 8 Abs 3, 37 Abs 2 MarkenG (Artikel 3 Abs 3 der Richtlinie) infolge der Benutzung einer Farbzusammenstellung erworbenen Unterscheidungskraft fraglich, ob eine "abstrakte Farbmarke" dann über die konkreten Benutzungsformen hinaus Markenschutz auch für alle denkbaren anderen Gestaltungen in den beanspruchten Farben genießt.

Dementsprechend wird bei der Frage der Markenfähigkeit, insbesondere der graphischen Darstellbarkeit, zu berücksichtigen sein, von welchem konkret sichtbaren Gesamteindruck einer "abstrakten Farbmarke" bei der Beurteilung der Ähnlichkeit von Marken (§§ 9, 14 MarkenG, Artikel 4, 5 der Richtlinie) oder der abweichenden Benutzungsform gemäß § 26 Abs 3 MarkenG (Artikel 10 Abs 2 lit. a der Richtlinie) ausgegangen werden soll.

B. Rechtsgrundlagen Die Erste Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 hat den Mitgliedstaaten eine Angleichung der Rechtsvorschriften aufgegeben. Die Verwirklichung der mit der Angleichung verfolgten Ziele setzt voraus, daß für den Erwerb und die Aufrechterhaltung einer eingetragenen Marke in allen Mitgliedstaaten grundsätzlich gleiche Bedingungen gelten (Erwägungsgrund 7 der Richtlinie). Zur Erleichterung des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs ist es von wesentlicher Bedeutung, zu erreichen, daß die eingetragenen Marken in Zukunft im Recht aller Mitgliedstaaten einen einheitlichen Schutz genießen (Erwägungsgrund 9 der Richtlinie). Diesem einheitlichen Schutz dient auch das durch die Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl EG Nr L 11 vom 14. Januar 1994, S 1) geschaffene Markensystem der Gemeinschaft (Erwägungsgrund 2 der Gemeinschaftsmarkenverordnung). Zweck des durch die eingetragene Marke gewährten Schutzes ist es, insbesondere die Herkunftsfunktion der Marke zu gewährleisten (Erwägungsgrund 10 der Richtlinie; Erwägungsgrund 7 der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke - Gemeinschaftsmarkenverordnung - GMV, GRUR Int. 1994, 402 ff.).

Artikel 2 der Richtlinie bestimmt:

"Marken können alle Zeichen sein, die sich graphisch darstellen lassen, insbesondere Wörter einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen und die Form oder Aufmachung der Ware, soweit solche Zeichen geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden."

Artikel 4 GMV stimmt hiermit überein.

Artikel 3 der Richtlinie bestimmtin Absatz 1:

"Folgende Zeichen oder Marken sind von der Eintragung ausgeschlossen oder unterliegen im Falle der Eintragung der Ungültigerklärung:

a) Zeichen, die nicht als Marke eintragungsfähig sind, b) Marken, die keine Unterscheidungskraft haben,

......"

in Absatz 3:

"Eine Marke wird nicht gemäß Abs. 1 Buchst. b), c) oder d) von der Eintragung ausgeschlossen oder für ungültig erklärt, wenn sie vor der Anmeldung infolge ihrer Benutzung Unterscheidungskraft erworben hat. Die Mitgliedstaaten können darüber hinaus vorsehen, daß die vorliegende Bestimmung auch dann gilt, wenn die Unterscheidungskraft erst nach der Anmeldung oder Eintragung erworben wurde."

Artikel 7 Absatz 1 lit. a) und b), Absatz 3 GMV lauten dementsprechend.

Artikel 10 der Richtlinie bestimmt in Absatz 2:

"Folgendes gilt ebenfalls als Benutzung im Sinne des Abs. 1:

a) Benutzung der Marke in einer Form, die von der Eintragung nur in Bestandteilen abweicht, ohne daß dadurch die Unterscheidungskraft der Marke beeinflußt wird;

......."

Artikel 15 Absatz 2 GMV stimmt hiermit überein.

Das in Artikel 1 des Gesetzes zur Reform des Markenrechts und zur Umsetzung der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (Markenrechtsreformgesetz) vom 25. Oktober 1994 (BGBl Teil I 1994, S 3082 ff.) enthaltene Gesetz über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen (Markengesetz - MarkenG) - in Kraft getreten (weitgehend) am 1. Januar 1995 - ist als selbständiges Gesetz konzipiert, das alle Vorschriften über den Schutz von durch Eintragung oder durch Benutzung im geschäftlichen Verkehr erworbenen Marken und von sonstigen im geschäftlichen Verkehr benutzten Kennzeichen (...) enthält (RegBegr A.II.2., veröffentlicht in Bundestags-Drucksache 12/6581, BlPMZ 1994, Sonderheft, S 47 ff.). Das Markengesetz sieht einheitlich den umfassenden Begriff "Marke" für alle Kategorien von Marken vor (RegBegr A.III.1., B.I. Zu § 3) und enthält auch eine selbständige Regelung der nicht durch Eintragung als Marke geschützten Kennzeichen (RegBegr A.III.2.).

Im Markengesetz sind die Vorgaben der genannten Bestimmungen der Richtlinie folgendermaßen umgesetzt worden:

§ 3 Absatz 1 MarkenG lautet:

"Als Marke können alle Zeichen, insbesondere Wörter einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen, Hörzeichen, dreidimensionale Gestaltungen einschließlich der Form einer Ware oder ihrer Verpackung sowie sonstige Aufmachungen einschließlich Farben und Farbzusammenstellungen geschützt werden, die geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden."

§ 8 MarkenG lautetin Absatz 1:

"Von der Eintragung sind als Marke schutzfähige Zeichen im Sinne des § 3 ausgeschlossen, die sich nicht graphisch darstellen lassen."

in Absatz 2:

"Von der Eintragung ausgeschlossen sind Marken, 1. denen für die Waren oder Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt,

....."

in Absatz 3:

"Absatz 2 Nr 1, 2 und 3 findet keine Anwendung, wenn die Marke sich vor dem Zeitpunkt der Entscheidung über die Eintragung infolge ihrer Benutzung für die Waren und Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden ist, in den beteiligten Verkehrskreisen durchgesetzt hat."

§ 26 Abs 3 MarkenG lautet:

"Als Benutzung einer eingetragenen Marke gilt auch die Benutzung der Marke in einer Form, die von der Eintragung abweicht, soweit die Abweichungen den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändern. Satz 1 ist auch dann anzuwenden, wenn die Marke in der Form, in der sie benutzt worden ist, ebenfalls eingetragen ist."

Das Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS-Übereinkommen) im Anhang I C des Übereinkommens zur Errichtung der Welthandelsorganisation vom 15. April 1994 ist im Namen der Europäischen Gemeinschaft hinsichtlich der in ihre Zuständigkeiten fallenden Bereiche durch den Beschluß 94/800/EG des Rates vom 22. Dezember 1994 genehmigt worden und am 1. Januar 1995 in Kraft getreten (BGBl Teil II 1994, S 1625, 1730; abgedruckt in: Fezer, Markenrecht, 3. Auflage 2001, S 2433 ff.; englische Fassung in: GRUR Int. 1994, 128 ff.; vgl auch EuGH GRUR Int. 1998, 697, 699 - Hermès/Marketing Choice; EuGH GRUR Int. 2001, 327, 329 - Dior/Tuk Consultancy).

Im Teil II. Abschnitt 2. Marken bestimmt Artikel 15 Absatz 1 (Gegenstand des Schutzes) des TRIPS-Übereinkommens:

"Alle Zeichen und Zeichenkombinationen, die geeignet sind, die Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden, können eine Marke darstellen. Solche Zeichen, insbesondere Wörter einschließlich Personennamen, Buchstaben, Zahlen, Abbildungen und Farbverbindungen, sowie alle Verbindungen solcher Zeichen sind als Marken eintragungsfähig. (...). Die Mitglieder können die visuelle Wahrnehmbarkeit von Zeichen als Eintragungsvoraussetzung festlegen."

C. Entscheidungserheblichkeit Grundlage für die Beurteilung des Eintragungsbegehrens der Anmelderin sind die Vorschriften des § 3 MarkenG und des § 8 MarkenG, deren tatbestandliches Vorliegen die zuständige Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes nach §§ 37, 56 Abs 2 MarkenG von Amts wegen zu prüfen hat. Die Markenstelle hat ihre Bedenken gegen die Markenfähigkeit gemäß § 3 Abs 1 MarkenG sowie die graphische Darstellbarkeit gemäß § 8 Abs 1 MarkenG in der angefochtenen Entscheidung zwar aufgegeben und die Anmeldung lediglich wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG zurückgewiesen. Der Senat ist bei seiner Entscheidung über die zulässige Beschwerde jedoch nicht an den Versagungsgrund gebunden, auf dem die von der Markenstelle ausgesprochene Zurückweisung der Anmeldung beruht. Er hat vielmehr im Rahmen des Beschwerdeantrages, die Entscheidung über die Zurückweisung der Anmeldung aufzuheben, alle in Betracht kommenden Eintragungsversagungsgründe zu prüfen. Die Fragen der Markenfähigkeit (§ 3 Abs 1 MarkenG) und der graphischen Darstellbarkeit (§ 8 Abs 1 MarkenG) können hier auch nicht dahingestellt bleiben, weil die Beurteilung der Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG eine hinreichend konkrete Vorstellung der zur Benutzung vorgesehenen Wiedergabe der angemeldeten Marke voraussetzt. Außerdem ist im vorliegenden Fall die Geltendmachung einer Verkehrsdurchsetzung gemäß § 8 Abs 3 MarkenG - Erwerb von Unterscheidungskraft infolge Benutzung im Sinne von Artikel 3 Absatz 3 der Richtlinie - zu erwarten, welche die Eintragungshindernisse des Fehlens der Markenfähigkeit oder der graphischen Darstellbarkeit (§§ 3 Abs 1, 8 Abs 1 MarkenG) nicht zu überwinden vermag.

D. Meinungsstand Das neue Markengesetz löste mit seinem Inkrafttreten in Deutschland die Euphorie aus, die Einführung des erweiterten Markenbegriffes eröffne nahezu grenzenlose Möglichkeiten für alle denkbaren neuen Markenformen (vgl Bender, MarkenR 1999, 117; Erdmann, ABL HABM vom 15. September 2001, S. 22 ff.; Ingerl/Rohnke, NJW 1994, 1247, 1249). Die Erwähnung von "Farben und Farbzusammenstellungen" im Wortlaut des § 3 Abs 1 MarkenG ließ die grundsätzliche Zulassung jeglicher Farbmarken häufig schon als vom Gesetzgeber entschieden und selbstverständlich erscheinen (vgl Fezer, Markenrecht, 1. Auflage 1997, § 3 Rdn 265, 267; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 1998, § 3 Rdn 32; Berlit, Das neue Markenrecht, 1. Auflage 1995, Rdn 7, 87). Die Frage, ob Farben - unabhängig von bildlich sichtbaren zwei- oder dreidimensionalen Gestaltungen - abstrakt als solche geschützt und als Marke eingetragen werden können, war aber heftig umstritten (vgl M. Winkler, Markenartikel (MA) 11/1996, 516 ff; Althammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 5. Auflage 1997, § 3 Rdn 18; von Schultz, GRUR 1997, 714 ff.; Völker/Semmler, GRUR 1998, 93 ff.).

Das Thema war nicht neu, sondern wurde bereits insbesondere im Rahmen des Ausstattungsschutzes nach dem alten Warenzeichenrecht eingehend erörtert (vgl v. Gamm, Warenzeichengesetz, 1965, § 25 Rdn 12; Schulze zur Wiesche, GRUR 1965, 129 ff; Blasendorff, GRUR 1954, 294 ff.; Beier, Markenrechtliche Abhandlungen, 1986, S 335 ff). Die Amtspraxis und Rechtsprechung zum alten Warenzeichengesetz lehnten einen Farbmarkenschutz ab; eine abstrakte Farbe oder Farbkombination ohne jede graphische Darstellung einer figürlichen Begrenzung wurde nicht als zeichenfähig angesehen (vgl BGH BlPMZ 1970, 65 f - Streifenmuster; Baumbach/Hefermehl, Warenzeichenrecht, 12. Auflage 1985, § 1 Rdn 60; Althammer, Warenzeichengesetz, 4. Auflage 1989, § 4 Rdn 18). Der Schutz einer Ausstattung nach § 25 WZG setzte Verkehrsgeltung voraus. Als Ausstattung geschützt war eine Farbe oder Farbkombination nur in der konkreten Erscheinungsform, in der sie für eine Ware oder Dienstleistung verwendet wurde, um sie von gleichartigen Waren oder Dienstleistungen anderer zu unterscheiden (vgl Baumbach/Hefermehl, aaO § 25 Rdn 61). Einen abstrakten Schutz konturloser Farben gab es ebensowenig wie einen allgemeinen Motivschutz (vgl BGH GRUR 1968, 371, 374 - Maggi). Nach der damaligen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes fehlte einer bloßen konturlosen Farbgebung als solcher jede kennzeichnungsrechtliche Unterscheidungskraft; dem Kennzeichnungsrecht sei daher ein abstrakter Farbenschutz fremd (vgl BGH GRUR 1979, 853, 855 - Lila). Vielmehr trete eine farbige Aufmachung stets in bestimmten graphischen Umgrenzungen in Erscheinung, so daß der Träger der Ausstattung nur die in ihrer konkreten Individualität kennzeichnende Einheit von Farbe und Form sein könne (BGH aaO - Maggi; so auch der Österreichische Oberste Gerichtshof GRUR Int. 1975, 60 f. - ARAL II).

Seit Inkrafttreten des Markengesetzes wird in der deutschen Literatur die Markenfähigkeit und graphische Darstellbarkeit konturloser konkreter Farben und Farbzusammenstellungen überwiegend - allerdings meist ohne nähere Begründung - angenommen (vgl Fezer, aaO; Fezer, MarkenR 1999, 73 ff.; Berlit, aaO; Althammer/Ströbele/Klaka, aaO; Ingerl/Rohnke, aaO; Schmieder, NJW 1997, 2908, 2910; Wittenzellner, Festschrift für Beier, 1996, S. 333 ff.; von Schultz, aaO; Völker/Semmler, aaO; Jaeger-Lenz, WRP 1999, 290 ff.; A. Kur in: Schricker/Bastian/Albert, Die Neuordnung des Markenrechts in Europa, 1. Auflage 1998, S 13; Erdmann, aaO; anderer Ansicht aber: Johannes, MarkenR 1999, 377 f.; Johannes/Zurkinden, MarkenR 2000, 153 ff; M. Winkler, aaO).

Die Befürworter halten die grundsätzliche Markenfähigkeit abstrakter konturloser Farben (in bestimmten Farbtönen) nicht für problematisch, weil die beispielhafte Aufzählung als Marke schutzfähiger Zeichen in § 3 Abs 1 MarkenG "Farben und Farbzusammenstellungen" ausdrücklich nennt und die Begründung zum Regierungsentwurf des Markengesetzes zu § 3 - abweichend vom Wortlaut des § 3 Abs 1 MarkenG ohne einen Bezug zu "Aufmachungen" - erläutert (RegBegr BlPMZ 1994, Sonderheft, S. 47 ff., 59):

"So sind hier zur Klarstellung ausdrücklich Hörzeichen, dreidimensionale Gestaltungen, die Verpackung von Waren und auch Farben und Farbzusammenstellungen genannt".

Diese Ansicht beruht insbesondere auch auf den "Gemeinsamen Erklärungen des Rates und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften im Protokoll des Rates anläßlich der Annahme der Ersten Richtlinie des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Marken" (MarkenRichtlinienProtokoll - HABM -Amtsblatt 5/1996, 606, abgedruckt in: Althammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 6. Auflage 2000, Anhang 3, S. 1094), in denen es zu Artikel 2 unter lit a heißt:

"Der Rat und die Kommission sind der Auffassung, daß Artikel 2 nicht die Möglichkeit ausschließt, als Marke eine Farbzusammenstellung oder eine einzige Farbe einzutragen, vorausgesetzt, daß sie geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden".

Bedenken gegen die Eintragbarkeit konturloser Farben sind insbesondere hinsichtlich der graphischen Darstellbarkeit vor allem von Farbkombinationen geäußert worden, weil der registerrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz jedenfalls Angaben zum quantitativen Verhältnis der einzelnen Farben sowie zur Verteilung der Farben erfordere (vgl Althammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 5. Auflage 1997, § 3 Rdn 18; Ströbele, GRUR 1999, 1041, 1046 f.).

Das Deutsche Patentamt hat sich jedoch ausgehend vom Wortlaut "Aufmachungen einschließlich Farben und Farbzusammenstellungen" in § 3 Abs 1 MarkenG zunächst der Rechtsprechung zum Ausstattungsschutz (§ 25 WZG) angeschlossen und die Eintragung "abstrakter Farbmarken" regelmäßig schon wegen fehlender Markenfähigkeit und graphischer Darstellbarkeit verweigert. In der "Richtlinie für die Prüfung von Markenanmeldungen (Richtlinie Markenanmeldungen)" vom 27. Oktober 1995 (BlPMZ 1995, 378 ff., 379) hat der Präsident des Deutschen Patentamts bestimmt:

"Bei der Wiedergabe der Marke im Sinne des § 32 Abs 2 Nr 2 MarkenG muß es sich um die nach Form und Inhalt konkrete Darstellung eines im Sinne des § 3 MarkenG schutzfähigen Zeichens handeln, das sich graphisch wiedergeben läßt (§ 8 Abs 1 MarkenG). Dem Erfordernis der Wiedergabe einer konkreten Marke genügt weder allein eine schriftliche Beschreibung der Marke noch allein die abstrakte Angabe von Eigenschaften. Bis zu einer abschließenden Klärung durch die Rechtsprechung wird davon ausgegangen, daß Zeichen, die hinsichtlich ihrer Form nicht bestimmt sind, keine Markenfähigkeit besitzen, weil sie keine "Aufmachung" im Sinne des § 3 Abs 1 MarkenG darstellen, dem Erfordernis der Wiedergabe der Marke (§ 32 Abs 2 Nr 2 MarkenG) nicht genügen und somit auch nicht als "sonstige Markenform" im Sinne des § 12 MarkenV angesehen werden können."

Das Bundespatentgericht folgte in seinen ersten Entscheidungen zu Markenanmeldungen abstrakt bezeichneter Farben im wesentlichen der Rechtsauffassung des Patentamts (vgl zB BPatG GRUR 1996, 881 f. - gelb/schwarz; GRUR 1998, 574 ff. - schwarz/zinkgelb; GRUR 1998, 1015 f., - weiß/zinkgelb; BPatGE 39, 247 ff. - magenta/grau; Beschluß vom 11. Juni 1997 - 32 W (pat) 439/95 - RAL 1004; Beschluß vom 28. Januar 1998 - 32 W (pat) 72/97 - magenta). Der Schutzgegenstand sei nicht hinreichend bestimmt bezeichnet; durch § 3 MarkenG werde die Markenfähigkeit nicht auf abstrakte, nur unbestimmt angegebene Erscheinungsformen erweitert. Die Eintragung von zwei Farben als Marke hätte zur Folge, daß alle unter die Eintragung fallenden Formen von dieser erfaßt wären. Die Anmeldung lasse vollkommen offen, ob die beiden Farben flächenmäßig Verwendung finden oder eine Farbe nur für die Beschriftung, die andere als Untergrund vorgesehen ist, ob die Farben zueinander in einer bestimmten Musterung (beispielsweise Karo oder Streifenmuster) stehen sollen und dergleichen. In Wahrheit verberge sich daher hinter der Anmeldung eine unendliche Vielzahl von einzelnen möglichen Zeichen. Ebenso wie der Anmelder einer Buchstabenkombination festlegen müsse, in welcher Anordnung diese zueinander stehen sollen, und nicht Buchstaben schlechthin zum Gegenstand eines Schutzrechts erklären könne, oder auch der Anmelder einer Hörmarke nicht Töne für sich als Hörmarke schützen lassen könne, ohne deren Abfolge und Wert festzulegen, könne auch nicht der von der Anmelderin begehrte abstrakte Schutz auf die beiden Farben, gleichgültig, in welcher Zusammenstellung, gewährt werden.

Von dieser Linie ist der 28. Senat des Bundespatentgerichts in mehreren Entscheidungen abgewichen und hat abstrakten Farben und Farbkombinationen die Markenfähigkeit zuerkannt (Beschlüsse vom 15. Juli 1998: GRUR 1999, 61, 62 f.- Aral/Blau I, BPatGE 40, 158, 162 ff. - Aral/Blau II, BPatGE 40, 167, 170 ff. - Aral/Blau III, BlPMZ 1999, 77, 78 f. - Aral/Blau IV, Mitt. 1999, 180 ff. = MarkenR 1999, 211 ff. - violettfarben). Auch die graphische Darstellbarkeit könne nicht grundsätzlich verneint werden, denn eine Farbe oder Farbkombination lasse sich ohne weiteres durch Bestreichen einer Oberfläche graphisch darstellen. Um dem im registerrechtlichen Verfahren herrschenden strengen Grundsatz der Bestimmtheit Genüge zu tun, müßten aber Mindestkriterien erfüllt sein. Dazu gehöre vor allem die graphische Wiedergabe der Farbe, eine Angabe zum quantitativen Verhältnis der Farben innerhalb der Farbkombination untereinander sowie zusätzlich ihre Abfolge nacheinander, in der sie auf der Marke in Erscheinung träten (GRUR 1999, 61, 63; BPatGE 40, 158, 165 f.).

Der Bundesgerichtshof sieht keine Veranlassung, die Streitfrage dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Vorabentscheidung vorzulegen, da er die Auslegung des Artikels 2 der Richtlinie nach europäischem Recht für hinreichend klar hält (vgl Erdmann, HABM - ABL S 1/2001 vom 15. September 2001, S. 22, 30/32/34). Dazu ist kritisiert worden (vgl Johannes, MarkenR 1999, 377, 378; Johannes/Zurkinden, MarkenR 2000, 153, 155 f.).

Der Bundesgerichtshof hat vielmehr in seiner Grundsatzentscheidung "Farbmarke gelb/schwarz" vom 10. Dezember 1998 festgestellt, daß abstrakte Farben und Farbkombinationen generell markenfähig und graphisch darstellbar sind (GRUR 1999, 491 f.). Dazu ist ausgeführt worden, in den konkreten Farbangaben (RAL-Nummern) liege jedenfalls eine mittelbare graphische Darstellung der Marke. Soweit das Patentgericht die fehlende Bestimmtheit des Schutzgegenstandes der Marke darin erblickt habe, daß für die angemeldete Farbkombination abstrakt, nicht jedoch in einer bestimmten konkreten Aufmachung, Schutz begehrt werde, könne ein derartiges besonderes Eintragungshindernis fehlender Markenfähigkeit für Farben und Farbkombinationen aus dem Gesetz nicht entnommen werden. Schon aus dem Gesetzeswortlaut des § 3 Abs 1 MarkenG ergebe sich, daß bei aus Farben und Farbzusammenstellungen bestehenden Anmeldungen gegenüber anderen Markenformen, wie Wort-, Bild- oder Hörmarken, keine besonderen Schutzvoraussetzungen für die Markenfähigkeit vorliegen müßten. Aus Artikel 2 der Richtlinie könne die Einschränkung von Farbmarken auf konkrete Ausstattungen oder Aufmachungen nicht entnommen werden. Es sei nicht zweifelhaft, daß unter die allgemeine Formulierung des Artikels 2 der Richtlinie ohne Einschränkung auf konkrete körperliche Gestaltungen auch farbliche Aufmachungen fielen.

Diese Rechtsauffassung hat der Bundesgerichtshof in seinen drei weiteren Entscheidungen vom 25. März 1999 (GRUR 1999, 730 f. - Farbmarke magenta/grau; I ZB 24/98 - Farbmarke magenta; I ZB 5/98 - Farbmarke schwarz/zinkgelb) sowie seiner Entscheidung vom 1. März 2001 (GRUR 2001, 1154 ff. - Farbmarke violettfarben) bestätigt.

Das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) geht nach den Entscheidungen seiner Beschwerdekammern ebenfalls von der Markenfähigkeit abstrakter konturloser Farben aus (vgl GRUR Int. 1998, 612 f. - Orange; GRUR Int. 1999, 543, 544 f. - LIGHT GREEN; GRUR Int. 2000, 556 ff. - Schwarzgrünschwarz; GRUR Int. 2001, 69, 70 - ARAL Blau-Weiß; Bender, MarkenR 1999, 117 ff.). Denn auch eine konturlose Farbe ohne jedwede Formgebung falle unter den als sehr weit zu verstehenden Oberbegriff "alle Zeichen" gemäß Artikel 4 GMV. Die abstrakte Farbe sei im Sinne des Artikels 4 GMV graphisch darstellbar im Wege einer zweidimensionalen optischen Wiedergabe des beanspruchten Farbtons.

Der Benelux-Gerichtshof hat Farben schon früher als Marken zugelassen (vgl GRUR Int. 1979, 117 ff. -Farben einer Gasflasche).

In den französischen und italienischen Markengesetzen werden ausdrücklich "Kombinationen von Farben" und "Farbnuancen" oder "Farbtöne" als Marken zugelassen (vgl Völker/Semmler, GRUR 1998, 93, 101).

Nach dem britischen Trade Marks Act ist die Eintragungsfähigkeit abstrakter Farben und Farbkombinationen jedenfalls nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Es soll eine Reihe von Registrierungen für Farben und Farbkombinationen geben, jedoch nur mit einer Beschreibung der Verwendungsweise (vgl Völker/Semmler, aaO).

In Finnland wird die prinzipielle Eintragungsfähigkeit abstrakter Farbmarken im Hinblick auf die Eintragungspraxis des HABM offenbar anerkannt, anscheinend wird aber eine Markenbeschreibung verlangt, welche die Position der Farbe innerhalb des Farbenraumes angibt und erklärt, wie die Marke zu verstehen und was ihr eigen ist (vgl Heitto, GRUR Int. 2000, 488 ff.).

Der Österreichische Oberste Gerichtshof lehnt die Markenfähigkeit abstrakter Farben aber ab (vgl. dazu: GRUR Int. 1998, 331, 332 - MANZ-Rot).

In Spanien und Portugal sind Markeneintragungen abstrakter konturloser Farben gesetzlich ausgeschlossen. Nach Artikel 11 Abs 1 lit. g des spanischen Markengesetzes kann "eine Farbe für sich allein" nicht als Marke eingetragen werden, "Jedoch kann ein Farbzeichen eingetragen werden, wenn es durch eine bestimmte Form begrenzt ist." (vgl deutsche Übersetzung in: Schricker/Bastian/Albert, Die Neuordnung des Markenrechts in Europa, 1. Auflage 1998, S. 525, 532 f.). Das portugiesische Markengesetz regelt in seinem § 166 Abs 1 lit. d, daß "Farben, soweit diese nicht miteinander oder mit graphischer Darstellung, Aussagen oder sonstigen besonders geformten oder unterscheidungskräftigen Merkmalen kombiniert werden", den Anforderungen an die Markenfähigkeit nicht genügen (vgl deutsche Übersetzung in: Schricker/Bastian/Albert, aaO, S. 459, 472 f.).

Auch in Dänemark, Schweden und Norwegen sollen abstrakte Farben nicht als Marken eintragbar sein (vgl Völker/Semmler, aaO S. 101 f.).

In den Vereinigten Staaten von Amerika wird die Unterscheidungseignung von Farben zwar grundsätzlich bejaht, die Eintragbarkeit dürfte aber auf einer durch Benutzung erlangten Verkehrsgeltung beruhen. Der US-Supreme Court hat in seinem Urteil vom 28. März 1995 ausgesprochen, daß eine Farbe als solche zumindest manchmal den grundlegenden gesetzlichen Anforderungen an die Benutzung als Marke zu genügen vermag (vgl GRUR Int. 1996, 961 ff. - grüngoldene Farbe).

Aus der Anwaltschaft wird bereits Kritik am Schutz von konturlosen abstrakten Farbmarken laut (vgl z.B. v. Bechtolsheim/Gantenberg, GRUR 2001, 705 ff.).

III Rechtliche Erwägungen und Bedenken Die europäische Rechtsprechung und Literatur gehen demnach mittlerweile zwar teilweise davon aus, daß konturlose Farben und Farbkombinationen, die in ihren Farbtönen genau bezeichnet und auf einem Farbmuster wiedergegeben sind, die Anforderungen an eine Marke im Sinne des Artikels 2 der Richtlinie erfüllen. Diese Auffassung ist aber in den Europäischen Gemeinschaften keineswegs einhellig und stößt auf erhebliche rechtliche Bedenken, so daß eine verbindliche, das europäische Recht harmonisierende Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes über die prinzipielle Markenfähigkeit von sogenannten "abstrakten Farbmarken" erforderlich erscheint.

Zunächst fällt anhand der veröffentlichten Rechtsprechung und Literatur auf, daß eine intensivere Auseinandersetzung mit Problemen, die der Schutzgegenstand abstrakter konturloser Farben hinsichtlich konkreter Benutzungsmöglichkeiten sowie des voraussichtlichen Schutzumfangs aufwirft, kaum stattgefunden hat, insbesondere mit Abwägung nicht nur der Interessen der Inhaber solcher "Farbmarken", sondern auch der Konkurrenten und der Allgemeinheit unter Berücksichtigung der Sicherstellung einer hinreichenden Rechtssicherheit.

A. Motiv eines Bedürfnisses der Wirtschaft Soweit die Markenfähigkeit konturloser Farben bisher anerkannt worden ist, beruht diese grundsätzliche Annahme offenbar in erster Linie auf den als wirtschaftspolitisch richtungweisend angesehenen Forderungen aus Kreisen der Unternehmen, die ihre sogenannten "Hausfarben" auf einfachstem Wege umfassend schützen wollen. So wird die Ansicht vertreten, man werde der Wirtschaft ein praktisches Bedürfnis nach einem wirksamen Farbmarkenschutz nicht absprechen können (Erdmann, aaO, S 24, 58; Jaeger-Lenz, WRP 1999, 290, 291). Wollte man den zeichenrechtlichen Schutz von Farben mit einer bestimmten Benutzungsform verknüpfen, so wäre die Entwicklung und der Schutz sogenannter Hausfarben angesichts der ständig wachsenden Vielzahl schutzbedürftiger Waren und Werbemittel vor allem für kleinere Unternehmen wesentlich erschwert (Völker/Semmler, aaO, S. 97). Die positive Einstellung zum Farbmarkenschutz sei Ausdruck der wirtschaftlichen Erfordernisse und der Interessen im internationalen Handelsverkehr (Fezer, Markenrecht, 3. Auflage 2001, § 3 Rdn 267 g).

Zur Begründung sind die empirischen Erkenntnisse angeführt worden, daß Farben im Geschäftsverkehr zur Unternehmens- oder Waren-/Dienstleistungs-Kennzeichnung vielfach verwendet werden (BGH GRUR 1999, 491, 492 - Farbmarke gelb/schwarz; Erdmann, aaO, S. 30). Insbesondere sofern ein Unternehmen bestimmte Farben für eine Vielzahl unterschiedlicher Produkte sowie auf seinen Werbemitteln zeichenmäßig verwende, könnten bereits diese sogenannten Hausfarben als solche, also losgelöst von den sonstigen Merkmalen des markierten Gegenstandes, von den angesprochenen Verkehrskreisen als Hinweis auf das Unternehmen aufgefaßt werden; als Beispiel könnten die "Hausfarben" einiger Mineralölgesellschaften genannt werden, die das gesamte Erscheinungsbild ihrer Tankstellen prägten (Völker/Semmler, aaO, S. 95). Es sei nachweisbar, daß gerade Farben und Farbzusammenstellungen sich in ganz besonderem Maße eigneten, die Aufmerksamkeit der Verbraucher zu erregen, weil sie etwa zweihundertmal schneller wahrgenommen werden als Text und Bild; Farben seien demzufolge zumindest nicht weniger einprägsam (von Schultz, aaO, S 716; Erdmann, aaO, S. 46). Allgemein bekannt sei, daß Farben in bedeutendem Maße dazu beitragen, daß Waren und Dienstleistungen nach ihrer Herkunft auseinandergehalten werden können, da sie als Blickfänger dabei behilflich seien, aus der Fülle des großen Warenangebots zum Beispiel in Supermärkten das Bekannte auszuwählen (BPatG GRUR 1999, 61, 63 - Aral/Blau I). Farben seien nicht anders als Wörter und Bilder als Unterscheidungsmittel zur Produktidentifikation im Marktwettbewerb (Fezer, MarkenR 1999, 73, 74 f.) geeignet, das Erscheinungsbild eines Unternehmens und seiner Produkte zu prägen (Erdmann, aaO, S. 24).

Der Einsatz von Farben zur Gestaltung von Produkten und Unternehmensauftritten ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung ebenso bekannt wie die Eignung solcher Farbverwendungen, vom Verkehr nach längerer Benutzung und Gewöhnung als herkunftskennzeichnendes Unterscheidungsmittel aufgefaßt zu werden. Demgegenüber besteht das Problem eines Schutzes von konturlosen Farben aber gerade darin, daß er nicht nur konkrete, graphisch sichtbare Benutzungsformen - insbesondere mit gemeinsamen sonstigen Merkmalen - erfaßt, sondern unabsehbar vielfältige unterschiedliche Aufmachungen ermöglicht, die noch nicht einmal untereinander ähnlich sein müssen.

Gegen ein allgemeines wirtschaftliches Bedürfnis der Unternehmen wird eingewendet, eine Notwendigkeit für die Anerkennung der konturlosen Farbmarke sei nicht ersichtlich. Vielmehr überwögen bei der gebotenen Interessenabwägung die Gefahren, daß ehemalige Monopolisten und andere Großunternehmen durch die Eintragung von konturlosen Farbmarken ein weiteres Instrument an die Hand bekommen, um kleinere Unternehmen noch stärker in die Ecke zu drängen und den Markt auch farblich zu beherrschen und den Wettbewerb einzuschränken (v. Bechtolsheim/Gantenberg, GRUR 2001, 705, 707; vgl auch Johannes/Zurkinden, MarkenR 2000, 153, 158).

Hier soll aber nicht die wirtschaftspolitische Opportunität, sondern die Rechtsfrage beleuchtet werden, ob abstrakte konturlose Farben und Farbkombinationen überhaupt Zeichen gemäß Artikel 2 der Richtlinie sein können, die prinzipiell geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden, und sich außerdem graphisch darstellen lassen.

B. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben Zunächst kommt in Betracht, ob gemeinschaftsrechtliche Äußerungen oder Regelungen bereits richtungsweisend die grundsätzliche Anerkennung der Markenfähigkeit "abstrakter Farbmarken" indizieren.

1.) Markenrichtlinien-Protokoll Anläßlich der Annahme der Richtlinie 89/104/EWG haben der Rat und die Kommission der Europäischen Gemeinschaften im Protokoll des Rates die Auffassung vertreten, daß "Artikel 2 nicht die Möglichkeit ausschließt, als Marke eine Farbzusammenstellung oder eine einzige Farbe einzutragen, (...)" (veröffentlicht in: HABM-ABl 5/1996, S. 606; Althammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 6. Auflage 2000, Anhang 3, S 1094). Diese Äußerung ist zwar häufig zur Begründung der Markenfähigkeit "abstrakter Farbmarken" herangezogen worden, eine derart eindeutige Stellungnahme zum gesetzgeberischen Willen ergibt sich hieraus aber nicht unbedingt. Denn die prinzipiell befürwortete Eintragbarkeit einer Farbzusammenstellung oder einer einzigen Farbe läßt mögliche weitere Anmeldebedingungen offen; insbesondere kann die Markenform einer Aufmachung gemeint sein, die in Artikel 2 der Richtlinie genannt wird, oder eine detaillierte Beschreibung der konkreten Verwendungsweise erforderlich sein. Außerdem wird in der Einleitung der Gemeinsamen Erklärungen des Rates und der Kommission im Richtlinien-Protokoll (aaO) ausdrücklich der Vorbehalt festgestellt:

"Die Erklärungen des Rates und der Kommission, die im folgenden wiedergegeben sind, sind nicht Bestandteil des Rechtsaktes und präjudizieren daher nicht dessen Auslegung durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften."

Darin kann allerdings auch ein damals bereits zu erwartendes Auslegungsbedürfnis durch den Europäischen Gerichtshof gesehen werden.

2.) TRIPS Übereinkommen Das TRIPS-Übereinkommen ist von der Gemeinschaft und ihren Mitgliedsstaaten auf Grund geteilter Zuständigkeit geschlossen worden. Folglich ist der Europäische Gerichtshof, wenn er gemäß den Vorschriften des EG-Vertrages - insbesondere nach Artikel 234 EGV - angerufen wird, dafür zuständig, die insoweit von der Gemeinschaft übernommenen Verpflichtungen zu bestimmen und hierzu die Bestimmungen des TRIPS-Übereinkommens auszulegen (vgl EuGH GRUR Int. 2001, 327, 329 Ez 33 - Dior/Tuk Consultancy; Groh/Wündisch, GRUR Int. 2001, 497 ff.). Ist eine Vorschrift des TRIPS-Übereinkommens sowohl auf dem innerstaatlichen Recht unterliegende als auch auf dem Gemeinschaftsrecht unterliegende Sachverhalte anwendbar, wie dies im Markenrecht der Fall ist, so ist der Europäische Gerichtshof ebenfalls für ihre Auslegung zuständig, um voneinander abweichende Auslegungen in der Zukunft zu verhindern (vgl EuGH aaO Ez 35 - Dior/Tuk Consultancy; EuGH GRUR Int. 1998, 697, 699 Ez 32 - Hermès/Marketing Choice).

Artikel 15 Absatz 1 des TRIPS-Übereinkommens nennt in der beispielhaften Aufzählung als Marken eintragungsfähiger Zeichen insbesondere "Farbverbindungen" (aber nicht "Farben" oder "eine (einzige) Farbe"). Auch aus den Bestimmungen des Artikels 15 Absatz 1 des TRIPS-Übereinkommens läßt sich jedoch nicht unmittelbar eine grundsätzliche Markenfähigkeit und Eintragbarkeit "abstrakter Farbmarken", insbesondere abstrakter Farbkombinationen, also ohne weitere Bedingungen - wie die einer hinreichenden Konkretisierung bei der Anmeldung - herleiten. Selbst wenn der Begriff "Farbverbindungen" in Artikel 15 Absatz 1 Satz 2 des TRIPS-Übereinkommens im Sinne einer abstrakten Farbkombination zu verstehen wäre, bliebe jedenfalls noch das Problem der graphischen Darstellbarkeit, die Artikel 15 Absatz 1 Satz 4 des TRIPS-Übereinkommens ("visuelle Wahrnehmbarkeit") fakultativ vorsieht, aber Artikel 2 der Richtlinie zwingend verlangt.

3.) Nationales Markengesetz Soweit die Umsetzung der Richtlinie in den nationalen Markengesetzen der Mitgliedsstaaten vom Wortlaut der Richtlinie abweicht, sind darin enthaltene Auslegungen der Richtlinie in der Regel nicht geeignet, den Regelungsgehalt der Richtlinie letztlich verbindlich festzuschreiben. Vielmehr bedarf es gegebenenfalls einer richtlinienkonformen Auslegung, die im Zweifelsfall eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes erfordert.

Die in § 3 Absatz 1 MarkenG gegenüber Artikel 2 der Richtlinie erweiterte Beispielsaufzählung markenfähiger Zeichen spricht von "Aufmachungen einschließlich Farben und Farbzusammenstellungen", also nicht allein von "Farben und Farbzusammenstellungen". Ob lediglich abstrakt bezeichnete Farben und Farbkombinationen unter den aus Artikel 2 der Richtlinie entnommenen Begriff der "Aufmachung" in richtlinienkonformer Auslegung subsumiert werden können, wie teilweise angenommen worden ist (vgl Althammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 5. Auflage 1997, § 3 Rdn 18), erscheint äußerst bedenklich. Denn es liegt an sich nahe, "Aufmachung" nur im Sinne einer bestimmten konkret bildlich sichtbaren zwei- oder dreidimensionalen Gestaltung zu verstehen.

Soweit die Regierungsbegründung des Gesetzentwurfes zu § 3 MarkenG "Farben und Farbzusammenstellungen" ohne Bezug zu "Aufmachungen" anführt, ergibt sich hieraus allenfalls eine die Auslegung nicht bindende Absichtserklärung.

C. Schutzgegenstand Gegenstand einer "Farbmarke" - wie der hier angemeldeten - ist der Schutz einer Farbe oder Farbkombination an sich - ganz generell und abstrakt - ohne räumliche oder figürliche Begrenzung und ohne jedwede Formgebung (vgl HABM GRUR Int. 1999, 543, 544 f. - LIGHT GREEN), also ohne Einschränkung auf konkrete körperliche Gestaltungen, Erscheinungsformen, Ausstattungen oder Aufmachungen, in der sie für Waren oder Dienstleistungen verwendet wird (vgl BGH GRUR 199, 491, 492 - Farbmarke gelb/schwarz; BGH GRUR 1999, 730 - Farbmarke magenta/grau).

Der Anmelder beansprucht somit einen selbständigen, von der Benutzungsform unabhängigen Farbenschutz ohne Berücksichtigung einer - wie auch immer gearteten - konkreten flächenmäßigen oder figürlichen Erscheinung oder konkreten Aufmachung, bei der die Verwendung im Zusammenhang mit Waren oder Dienstleistungen in freier Verteilung beabsichtigt ist und eröffnet sein soll (vgl Völker/Semmler, GRUR 1998, 93, 94; Wittenzellner, aaO, S 333, 334; Jaeger-Lenz WRP 1999, 290; von Schultz, GRUR 1997, 714, 717; BPatGE 40, 158, 161 - Aral/Blau II).

Die Farbe ist als Abstraktum Gegenstand des (beantragten) Markenschutzes und nicht in einem gegenständlich gebundenen Auftritt (Grabrucker, MarkenR 2001, 95, 100). Wenn der Schutz für eine konturlose Farbkombination beantragt und erteilt wird, bestimmt vor allem die Abstraktheit des Farbenschutzes das Wesen dieses Schutzgegenstandes (Ströbele, GRUR 1999, 1041, 1047). Farbkombinationen sind "absolut abstrakt" in dem Sinne, daß sie nicht einmal in einer ihrer unzähligen Erscheinungsformen figürlich benennbar wären (Grabrucker, WRP 2000, 1331, 1334).

Das Wesen einer "abstrakten Farbmarke" soll in der Möglichkeit liegen, die Farbe variabel gestalten zu können (BPatG GRUR 1999, 61, 63 - Aral/Blau I), so daß sie in immer wieder verschiedenen, ständig wechselnden Erscheinungen auftritt (Grabrucker, WRP 2000, 1331, 1334). Bei einer "abstrakten Farbmarke" ist eine Farbe oder Farbzusammenstellung nicht an eine bestimmte Kontur gebunden und kann deshalb auch nicht in der Form herkömmlicher, allseitig begrenzter und genau definierter Marken wiedergegeben werden (Ströbele, GRUR 1999, 1041, 1045).Es treten zwar immer dieselben Farben auf, jedoch gleichbleibend objektungebunden und konturunbestimmt; nach diesem Prinzip soll der Rahmen der Farbkombination als abstrakte Farbmarke verkörpert und somit ihr Schutzgegenstand festgelegt sein (Grabrucker, GRUR 1999, 850, 852). Das Ergebnis der Gewöhnung des Verkehrs vorwegnehmend könne definiert werden: "Schutzgegenstand ist die gleichbleibende Verwendung derselben Farbe oder Farbkombination für die beanspruchten Waren/Dienstleistungen in stetem Wechsel ihrer verschiedenen konturgebundenen Auftritte" oder verkürzt "farbbestimmt, aber konturunbestimmt" (Grabrucker, WRP 2000, 1331, 1334, MarkenR 2001, 95, 100).

Daran werde auch deutlich, daß keine Prüfung mehr auf die einzelnen verschiedenen Erscheinungsformen im Marktauftritt erfolgen könne, denn sonst würde das Zeichen nicht als Abstraktum behandelt, dessen einzige Fixpunkte nur Farbe und Formwechsel sind, sondern in viele einzelne denkmögliche Elemente zerlegt (Grabrucker, MarkenR 2001, 95, 100, WRP 2000, 1334). Auf die Abstraktheit dürfe bei der Verwendung der "Farbmarke" nicht verzichtet werden; sie allein mache den Gegenstand des Markenschutzes aus (Ströbele, GRUR 1999, 1041, 1047). Sei bei einer Benutzungsform die Abstraktheit aufgegeben und der Eindruck eines farbigen Bildes oder einer konkreten farbigen Aufmachung hervorgerufen worden, handele es sich nicht mehr um die "abstrakte Farbmarke" (Ströbele, aaO).

Andererseits wird die Ansicht vertreten, der Markenfähigkeit einer Farbzusammenstellung stehe nicht entgegen, daß das konkrete Markendesign einer Mehrfarbenmarke als Produktkennzeichen auf Grund des optischen Eindrucks von unterschiedlicher Wirkung auf den Verbraucher sein könne; die Konkretisierung der Mehrfarbenmarke etwa als Muster von Streifen, Wellenlinien und Quadraten oder in Aufteilung der Farben auf verschiedene Produktteile sei als ein Problem der Kennzeichnungskraft der Farbmarke bei der Bestimmung ihres Schutzbereichs zu berücksichtigen (Fezer, Markenrecht, 3. Auflage 2001, § 3 Rdn 267 b, S 231).

Der Schutzgegenstand wird insbesondere noch bei der Betrachtung der Bestimmtheit und der graphischen Darstellbarkeit von "abstrakten Farbmarken" von Bedeutung sein.

D. Allgemeine Auslegungsaspekte Artikel 2 der Richtlinie nennt "insbesondere" als Beispiele eintragbarer Markenformen "Wörter einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen und die Form oder Aufmachung der Ware", also zweifellos eindeutig bestimmte sowie unmittelbar konkret sichtbare und graphisch darstellbare Zeichen. Demnach sind Farben und Farbkombinationen in farbigen Bildzeichen, dreidimensionalen Gestaltungen oder sonstigen konkreten Aufmachungen ohne weiteres markenfähig. Nach Artikel 2 der Richtlinie werden aber generell alle Zeichen als Marken zugelassen, die Unterscheidungseignung besitzen und sich graphisch darstellen lassen. Problematisch ist jedoch nach wie vor, ob Farben an sich ohne jede konkrete Gestaltungsweise als "abstrakte Farbmarke" eingetragen werden können.

Denn die - nach dem Farbton noch so genaue - Angabe einer Farbe ist immer begrifflich "abstrakt", weil sie keinen gegenständlichen Sinngehalt aufweist (vgl auch Grabrucker, GRUR 1999, 850, 851 f.; Ströbele, GRUR 1999, 1041, 1045, 1047).

Physikalisch handelt es sich bei einer Farbe nicht um eine Eigenschaft von Dingen, sondern um eine von Licht bestimmte spektrale Strahlungsbeschaffenheit ausgelöste und durch das Auge vermittelte sinnesphysiologische Farbempfindung. Farben werden mit dem Auge als Erscheinungsweise von Dingen wahrgenommen, die auf den verschiedenartigen Absorptions-, Reflexions- und Transparenzeigenschaften lichtemittierender Körper beruht (vgl Brockhaus Enzyklopädie in 24 Bänden, 19. Auflage, Bd. 7, 1988, S. 106 f.; Enzyklopädie Naturwissenschaft und Technik, München 1980, Bd. 2, S. 1303 f.; Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 3. Auflage 1996, S. 486). Dennoch wird die jeweils wahrgenommene Farbe im alltäglichen und häufig auch im wissenschaftlichen Sprachgebrauch den Gegenständen als Körperfarbe zugeordnet (vgl Brockhaus, aaO). Mit der markenrechtlich gebotenen empirischpraktischen Betrachtungsweise ist hier davon auszugehen, daß der Durchschnittsverbraucher Farben als flächenmäßig begrenzte Eigenschaften von zwei- oder dreidimensionalen Gegenständen ansieht.

Die abstrakte Bezeichnung von Farben allein vermag also eine farblich bestimmt konturiert gestaltete Oberfläche niemals konkret zu beschreiben. Dies beabsichtigt der Anmelder mit dem beantragten Farbenschutz auch gerade nicht. Vielmehr wird der Farbenschutz zur Verwendung für beliebige in den Farben gestaltete Kennzeichnungen beansprucht, um den gesamten Schutzbereich aller gegenwärtigen und zukünftig denkbaren Benutzungsformen der mit den vorgegebenen Farben gestaltbaren Zeichen abzudecken.

Eine abstrakte Benutzung der "Farbmarke", wie sie anscheinend teilweise gefordert wird (vgl Ströbele, GRUR 1999, 1041, 1047 f.), ist praktisch nicht vorstellbar und entspricht auch nicht dem tatsächlich begehrten Farbenschutz und dem üblicherweise angenommenen Schutzgegenstand. Soweit Rechtsprechung und Literatur die Markenfähigkeit "absoluter Farbmarken" bisher anerkennen, gehen sie zumeist davon aus, daß die Konkretisierung erst durch bestimmte Benutzungsformen erfolgt (Fezer, Markenrecht, 3. Auflage 2001, § 3 Rdn 267 b, S 231; Grabrucker, WRP 2000, 1331, 1334).

Da eine "abstrakte Farbmarke" dem Inhaber selbst die jederzeitige Möglichkeit eröffnen soll, unter der einzigen Voraussetzung der irgendwie kennzeichnenden Verwendung der geschützten Farbe oder Farbkombination eine theoretisch unendliche Vielzahl von unterschiedlich konturierten Gestaltungen seinem Schutzgegenstand zuzuordnen, dürfte eher eine lediglich farbbestimmte Markenbildungsoption vorliegen, so daß äußerst fraglich erscheint, ob es sich bei einer "abstrakten Farbmarke" überhaupt um ein "Zeichen" im Sinne des Artikels 2 der Richtlinie handelt.

Wenn eine "abstrakte Farbmarke" die Bildung einer Vielzahl unterschiedlich gestalteter Kennzeichnungen in den geschützten Farben zuläßt, gehören dazu auch zahlreiche Zeichen mit so abweichenden Merkmalen, daß sie untereinander noch nicht einmal ähnlich sein müssen. Angesichts einer solch breiten Variationsoption erscheint eine Unterscheidungseignung im Sinne des Artikels 2 der Richtlinie ebenso fraglich.

Abstrakte Begriffe lassen sich - wie schon der Ausdruck "abstrakt" besagt - in der Gesamtheit und Komplexität ihrer Bedeutung nie graphisch darstellen, allenfalls können einzelne Beispiele wiedergegeben werden. Somit ist letztlich auch fraglich, ob abstrakte Bezeichnungen von - in ihren Farbtönen bestimmten - Farben durch ein Farbmuster (eine Farbprobe) hinreichend graphisch darstellbar sind.

Artikel 2 der Richtlinie bedarf daher der europarechtlichen Auslegung, ob abstrakte Farben oder Farbzusammenstellungen unter den Begriff der markenfähigen Zeichen subsumiert werden können. Hierbei wird auch der Aspekt zu berücksichtigen sein, inwiefern der unabsehbar weitgehende, möglicherweise ausufernde Schutzumfang "abstrakter Farbmarken" mit der erforderlichen Rechtssicherheit aller Marktteilnehmer zu vereinbaren ist oder den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr behindert, indem er Markeninhabern zu umfangreiche, Mitbewerbern nicht mehr zumutbare Monopolrechte gewährt.

E. Bestimmtheitsgrundsatz In der Rechtsprechung und Literatur besteht allgemein völlige Einigkeit über die Geltung des Bestimmtheitsgrundsatzes als tragenden Grundsatz des registerrechtlichen Markenrechts (vgl zB BGH GRUR 1999, 730 f. - Farbmarke magenta/grau; BGH GRUR 2001, 1154 f. - Farbmarke violettfarben; BPatG GRUR 1999, 61, 63 - Aral/Blau I; HABM GRUR Int. 1998, 612, 613 - Orange; HABM MarkenR 1999, 326, 327 - YELLOW/GREY; Fezer, MarkenR 1999, 73, 77; Bender, MarkenR 1999, 117, 118 f.; Ströbele, GRUR 1999, 1041; 1047; Grabrucker GRUR 1999, 850, 852; Fuchs-Wissemann, MarkenR 1999, 183, 186; Erdmann, aaO, S 52; Heitto, GRUR Int 2000, 488, 491). Form und Inhalt der Anmeldung müssen von Anfang an den Schutzgegenstand des Registerrechts eindeutig bestimmen (Fezer, MarkenR 1999, 73, 77). Eine Markenanmeldung muß von Anfang an absolut klar festgelegt sein (HABM GRUR Int. 1998, 612, 613 - Orange; HABM MarkenR 1999, 326, 327 - YELLOW/GREY). Das Gebot der graphischen Darstellbarkeit trägt dem zentralen Erfordernis jedes Registerrechts Rechnung, den Gegenstand des eingetragenen Rechts möglichst klar und eindeutig zu bestimmen (Ströbele, GRUR 1999, 1041). Inhalt und Bedeutung der graphischen Darstellbarkeit ergeben sich aus den mit diesem Erfordernis angestrebten Zwecken, im Eintragungsverfahren der Beurteilung der Marke eine festgelegte Form zugrunde legen zu können, die Eintragung ins Register als solche überhaupt zu ermöglichen und die Eintragung im Interesse der Allgemeinheit zur Unterrichtung über die in Kraft stehenden Marken und ihren Schutzbereich zu veröffentlichen (BGH GRUR 1999, 730, 731 - Farbmarke magenta/grau). Da die notwendige Bestimmung des Gegenstandes des beanspruchten und erteilten Rechts ausschließlich durch das Register erfolgen kann und muß, läßt Artikel 2 der Richtlinie lediglich solche Zeichen zur Eintragung zu, die sich graphisch darstellen lassen und damit den größtmöglichen Grad einer für die Allgemeinheit nachvollziehbaren Bestimmtheit aufweisen (Ströbele, GRUR 1999, 1041).

F. Markenverständnis der Richtlinie Auch die Erwägungsgründe und Vorschriften der Richtlinie sowie die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sprechen dafür, daß Marken nur solche Zeichen sein können, die bereits bei der Anmeldung in jeder Hinsicht klar bestimmt und konkret dargestellt sind.

Die zehnte Begründungserwägung der Richtlinie betont: "Zweck des durch die eingetragene Marke gewährten Schutzes ist es, insbesondere die Herkunftsfunktion der Marke zu gewährleisten". Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes besteht diese Hauptfunktion der Marke darin, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung zu garantieren, indem sie ihm ermöglicht, diese Ware oder Dienstleistung ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (EuGH GRUR 2001, 1148, 1149, Ez 22 - Bravo; EuGH GRUR 1998, 922, 924 Ez 28 - Canon). Daher können Zeichen oder Angaben, die nicht geeignet sind, diese Hauptfunktion der Marke zu erfüllen, nicht den Schutz genießen, den eine Eintragung gewährt (EuGH aaO Ez 24 - Bravo). Demnach wird, um die Herkunftsfunktion der Marke erfüllen zu können und als Unterscheidungsmittel im Sinne des Artikels 2 der Richtlinie geeignet zu sein, ein Zeichen so bestimmt sein müssen, daß es vom Verkehr bei seiner Benutzung immer als dieselbe Marke wiedererkannt wird.

Das Erfordernis der graphischen Darstellbarkeit nach Artikel 2 der Richtlinie (§ 8 Absatz 1 MarkenG) dient insbesondere dem Zweck, im Interesse der Rechtssicherheit zur Evidenz oder Ermittlung des Schutzumfangs den Schutzgegenstand exakt zu bestimmen.

Dies bestätigt vor allem die Vorschrift des Artikels 10 Absatz 2 lit. a der Richtlinie (§ 26 Absatz 3 MarkenG), nach der die Benutzung der Marke in einer Form, die von der Eintragung nur in Bestandteilen abweicht, ohne daß dadurch die Unterscheidungskraft der Marke beeinflußt wird, als rechtserhaltend gilt. Denn diese Regelung setzt voraus, daß die Marke, wie sie eingetragen ist, eine bestimmte Form besitzt, und zeigt zudem, daß es auf die genaue Form der Eintragung der Marke auch wesentlich ankommt, weil selbst Abweichungen nur in Bestandteilen rechtserhebliche Nachteile verursachen können. Da somit die Form der Markeneintragung die zu vergleichende zulässige Benutzungsform determiniert und nicht umgekehrt, wird die Möglichkeit auszuschließen sein, eine Marke ihrer Form nach nicht schon bei der Anmeldung, sondern erst durch eine bestimmte Benutzungsform zu konkretisieren. Außerdem ergibt sich aus der genannten Vorschrift der Richtlinie, daß die Unterscheidungskraft einer Marke auf dem Gesamteindruck aller ihrer Bestandteile beruht, die vollständig in der Form der Eintragung enthalten sein müssen.

Im Eintragungsverfahren kann die Prüfung und Beurteilung der Eintragungshindernisse gemäß Artikel 3 der Richtlinie (§ 8 MarkenG), insbesondere der Unterscheidungskraft einer angemeldeten Marke gemäß Artikel 3 Absatz 1 lit. b der Richtlinie (§ 8 Absatz 2 Nr 1 MarkenG), daher nur dann erfolgen, wenn die Anmeldung die Wiedergabe des zur Eintragung eingereichten Zeichens mit allen Bestandteilen und in der Form, wie es als Marke gemäß Artikel 10 der Richtlinie (§ 26 MarkenG) benutzt werden soll, offenbart, und zwar gemäß Artikel 2 der Richtlinie (§ 8 Abs 1 MarkenG) in graphischer Darstellung. Falls zu prüfen ist, ob eine angemeldete Marke gemäß Artikel 3 Absatz 3 der Richtlinie (§ 8 Absatz 3 MarkenG) infolge ihrer Benutzung Unterscheidungskraft erworben hat, setzt diese Beurteilung ebenso die in allen Einzelheiten konkrete (graphische) Wiedergabe der angemeldeten Marke voraus, um die Übereinstimmung mit dem benutzten Kennzeichen feststellen zu können. Wenn der angemeldete Schutzgegenstand nämlich wesentlich unfangreicher wäre als die Benutzungsform, erlangte der Anmelder einen Markenschutz, der über den Umfang der tatsächlich infolge der Benutzung erworbenen Unterscheidungskraft erheblich hinausginge. Die ganze Problematik einer Beurteilung der Unterscheidungskraft von abstrakten Farbkombinationen ist ausführlich und anschaulich in der zweiten "Farbmarke gelb/schwarz"-Entscheidung des Bundespatentgerichts vom 25. Oktober 1999 (BPatGE 42, 93 ff. = GRUR 2000, 428 ff.) dargestellt, nachdem das Gericht auf Grund der Entscheidung des Bundesgerichtshofes in dieser Sache (BGH GRUR 1999, 491 f.) an die Feststellung der Markenfähigkeit gebunden war.

Auch soweit die Vorschriften des Artikels 4 die Ähnlichkeit von Marken betreffen, insbesondere im Hinblick auf eine Verwechslungsgefahr, geht die Richtlinie davon aus, daß angemeldete oder eingetragene Marken nach Form und Inhalt konkret bestimmt sind, weil sonst eine Beurteilung der Markenähnlichkeit nicht möglich wäre. Denn nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ist bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (EuGH GRUR Int. 1999, 734, 736 Ez 25 - Lloyd; EuGH GRUR 1998, 387, 390 Ez 23 - Sabel/Puma = Springende Raubkatze). Grundlage der Feststellung der Ähnlichkeit ist hierbei immer die Registereintragung der jeweiligen Marke und nicht irgendeine Benutzungsform.

Der Markenbegriff der Richtlinie geht somit ebenso wie der allgemein anerkannte Bestimmtheitsgrundsatz vom unbedingten Bestimmtheitserfordernis aus.

G. Unbestimmtheit einer "abstrakten Farbmarke"

Ob angesichts des - oben erläuterten - Schutzgegenstandes "abstrakter Farbmarken" eine für die Markenfähigkeit gemäß Artikel 2 der Richtlinie ausreichende Bestimmtheit angenommen werden kann, erscheint zweifelhaft. Denn abstrakte Angaben konturloser Farben oder Farbzusammenstellungen in Verbindung mit einem Farbmuster, einer Farbprobe, sind nur hinsichtlich ihrer Farbtöne bestimmt, besagen aber nichts über das Aussehen eines Zeichens und lassen unendlich viele Gestaltungsformen zu. Insbesondere Farbkombinationen bieten durch unterschiedlich verteilbare Relationen, Anordnungen und Konturen der Farben unabsehbar vielfältige Variationsmöglichkeiten, die völlig verschiedene Gesamteindrücke hervorrufen können.

Die Ansicht, da immer dieselbe Farben, jedoch "gleichbleibend objektungebunden und konturunbestimmt" aufträten, sei nach diesem Prinzip, das den Rahmen der Farbkombination als abstrakte Farbmarke verkörpere und somit ihren Schutzgegenstand festlege, dem Bestimmtheitsgrundsatz Genüge getan (Grabrucker, GRUR 1999, 850, 852), stößt auf Bedenken.

Soweit der Bundesgerichtshof ausgesprochen hat, es genüge die Umschreibung der Marke mit hinreichend eindeutigen Symbolen, die bei einer abstrakten Farbmarke in den konkreten Farbangaben liegen könne (BGH GRUR 1999, 730, 731 - Farbmarke magenta/grau; BGH GRUR 2001, 1154, 1155 - Farbmarke violettfarben), geht er bereits von der Markenfähigkeit aus, ohne zu berücksichtigen, daß es sich bei bloßen Farbangaben um abstrakt bezeichnete visuelle Eigenschaften handelt, die für sich allein kein konkretes Zeichen darstellen können.

Darüber hinaus gibt es in der Literatur durchaus kritische Äußerungen. Sicherlich sei es richtig, daß bei der Anmeldung abstrakter Farbkombinationen die Bestimmtheit der Marke offen bleibe (Kunz-Hallstein, MarkenR 2000, 389, 393). Unbestreitbar träten Farben dem Betrachter stets in einer bestimmten konturmäßig umrissenen Erscheinungsform entgegen; in der Erscheinungswelt gäbe es in diesem Sinne keine "unbegrenzte" Farbe (Jaeger-Lenz, WRP 1999, 290, 291). Die Ausführungen des Bundesgerichtshofes zur Frage der graphischen Darstellbarkeit und damit zur Bestimmtheit der Anmeldung ließen Fragen offen; bei der bloßen Angabe von RAL-Nummern zur Verwendung in jeder beliebigen Kombination wäre das Erfordernis der graphischen Darstellbarkeit mit dem Ziel der Festlegung des Schutzumfanges nicht erfüllt, da durch die beliebige Verwendbarkeit Schutz praktisch für mehrere Marken begehrt werde (Fuchs-Wissemann, MarkenR 1999, 183, 186). Im Eintragungsverfahren sei eine vollständige Bestimmbarkeit der Farbmarke nicht möglich, der Konflikt zwischen größtmöglicher Bestimmtheit von registrierten Marken einerseits und dem Interesse am Markenschutz für konturlose Farben andererseits sei vom Bundesgerichtshof zugunsten der Farbmarke und damit zwangsläufig zu Lasten der Bestimmtheit entschieden (Ströbele, GRUR 1999, 1041, 1046, 1047).

Teilweise wird auf der Grundlage des Artikels 2 der Richtlinie in Verbindung mit § 3 Absatz 1 MarkenG gefordert, der Bestimmtheitsgrundsatz sei so zu interpretieren, daß er im Lichte der neuen Markenform der "abstrakten Farbmarke" neu zu definieren sei (Grabrucker, GRUR 1999, 850, 853; vgl auch Fezer, Markenrecht, 3. Auflage 2001, § 3 Rdn 267b, S 231). Die Bestimmtheit der Marke liege also in dem gemeinsamen Nenner: "Farben, figürlich nicht festgelegt in einer geometrischen Grundfigur und stets sich in den Konturen ändernd." (Grabrucker, GRUR 1999, 850, 853). Diese Auffassung versucht allerdings lediglich die Unbestimmtheit zu rechtfertigen.

Die Frage der Bestimmtheit der Markenform einer "abstrakten Farbmarke" ist ein zentrales Problem der Markenfähigkeit (Ströbele, GRUR 1999, 1041, 1045). Bei der "Farbmarke", die gerade nicht auf eine konkrete Kontur oder Gestaltung beschränkt sein soll und damit nicht klar abgegrenzt und definiert ist, fehlt die Bestimmtheit (Ströbele, aaO). Das gilt insbesondere für Kombinationen mehrerer Farben, die eine unübersehbare Fülle von Verbindungen und Gestaltungsformen betreffen können und insoweit die Grenzen der Bestimmtheit jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der herkömmlichen Markenformen weit überschreiten (Ströbele, aaO).

H. Graphische Darstellbarkeit Soweit Rechtsprechung und Literatur die Markenfähigkeit "abstrakter Farbmarken" bejahen, sehen sie die graphische Darstellbarkeit im Sinne des Artikels 2 der Richtlinie (§ 8 Absatz 1 MarkenG) durch die Einreichung eines Farbmusters oder die Beschreibung mittels Bezugnahme auf ein Farbklassifikationssystem (Angabe beispielsweise der RAL- oder Pantone-Nummern) - jedenfalls wenn beides vorliegt - als erfüllt an (vgl zB BGH GRUR 1999, 491- Farbmarke gelb/schwarz; BGH GRUR 1999, 730, 731 - Farbmarke magenta/grau; BGH GRUR 2001, 1154, 1155 - Farbmarke violettfarben; HABM GRUR Int. 1999, 543, 545 - LIGHT GREEN; HABM MarkenR 1999, 326, 327 - YELLOW/GREY; von Schultz, GRUR 1997, 714, 717; Völker/Semmler, GRUR 1998, 93, 98; Jaeger-Lenz, WRP 1999, 290, 294; Wittenzellner, Festgabe für Beier, S. 333, 335; Fezer, MarkenR 1999, 73, 76 f.; Fezer, Markenrecht, 3. Auflage 2001, § 3 Rdn 267b, S. 231).

Es bedürfe nicht der graphischen Wiedergabe der Marke selbst (BGH aaO - Farbmarke magenta/grau). In den konkreten Farbangaben liege jedenfalls eine mittelbare graphische Darstellung der Marke (BGH aaO - Farbmarke gelb/schwarz). Die Darstellung der Marke müsse nicht der konkreten Erscheinungsform ihrer späteren Benutzung entsprechen; für abstrakte Farbmarken reiche daher die Vorlage eines Farbmusters aus (Völker/Semmler, aaO).

Die Bejahung der graphischen Darstellbarkeit einer "abstrakten Farbmarke" erscheint jedoch äußerst bedenklich. Da der Schutzgegenstand durch die Angabe von Farbtönen und das Farbmuster lediglich abstrakt bezeichnet wird und daher eine zur Benutzung geeignete Zeichengestaltung unbestimmt ist, bleibt unverständlich, wie eine "abstrakte Farbmarke", deren Form sich insbesondere gemäß Artikel 10 Absatz 2 lit. a der Richtlinie (§ 26 Absatz 3 MarkenG) aus der Eintragung ergeben muß, sich graphisch darstellen lassen soll. Bei abstrakt bezeichneten Farbzusammenstellungen, die noch nicht einmal eine Vorstellung über die Verteilung, die Konturen oder Relationen der Farben oder einen bestimmten Gesamteindruck eines konkreten Zeichens vermitteln können, wird das Problem einer graphischen Darstellung besonders deutlich.

Selbst entschiedene Befürworter der Anerkennung der Markenfähigkeit "abstrakter Farbmarken" räumen ein, daß die Konkretisierung einer Mehrfarbenmarke - etwa als Muster von Streifen, Wellenlinien oder Quadraten oder in Aufteilung der Farben auf verschiedene Produktteile - erst mit bestimmten Benutzungsformen eintritt und das konkrete Markendesign einer Mehrfarbenmarke auf Grund des optischen Eindrucks von unterschiedlicher Wirkung auf den Verbraucher sein kann (Fezer, Markenrecht, 3. Auflage 2001, § 3 Rdn 267b, S. 231).

Daraus ergibt sich jedoch schon, daß die Bezeichnung der (konkreten) Farbtöne und ein Farbmuster (eine Farbprobe) nicht die "Farbmarke" im Umfang ihres Schutzgegenstandes, sondern allenfalls eine von mehreren Eigenschaften graphisch darzustellen vermag. Wie eine solche "abstrakte Farbmarke" in der Komplexität ihrer unendlichen Vielzahl konkreter Erscheinungsmöglichkeiten, für die insgesamt mit einer nur durch den einzigen Faktor der Farben bedingten Markenbildungsoption Schutz beansprucht wird, graphisch darstellbar sein könnte, ist nicht ersichtlich.

Winkler Dr. Hockv. Zglinitzki Cl Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/33W(pat)133-00.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 22.01.2002
Az: 33 W (pat) 133/00


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/9abf1c345178/BPatG_Beschluss_vom_22-Januar-2002_Az_33-W-pat-133-00




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