Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. Oktober 2005
Aktenzeichen: 30 W (pat) 294/03

(BPatG: Beschluss v. 24.10.2005, Az.: 30 W (pat) 294/03)

Tenor

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet als Bildmarke ist die nachstehend abgebildete Darstellung - in den Farben kupfer und grün -

siehe Abb. 1 am Endefür die Waren Rohre und Rohrverbindungsteile aus Metall für Versorgungseinrichtungen der Sanitär- und Heiztechnik.

Die Markenstelle für Klasse 6 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung wegen fehlender Untersche zurückgewiesen, da es sich um die bloße Abbildung der beanspruchten Waren handele, die die Waren ihrer Herkunft nach nicht individualisieren könne.

Die Darstellung erschöpfe sich in den typischen Merkmalen eines Kupferrohrs und gehe nicht über die Form hinaus, die zur Erreichung der technischen Wirkung erforderlich sei. Auch die Anbringung von grünen Punkten auf dem Wulst der Verbindungsmuffe könne nicht als phantasievoll und eigentümlich angesehen werden, weil dies einen seit langem üblichen reinen Sachhinweis darstelle (zB für passgenaues Zusammenstecken oder zur Kennzeichnung des Verwendungszwecks). Auch die Tatsache, dass das gleiche Rohr auch mit einer anderen Farbpunktierung versehen werde, spreche für einen beschreibenden Hinweis, da es nahe liege, bei der bildlichen Darstellung technischer Wirkungen und Funktionen verschiedene Farben zu verwenden.

Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt, die angemeldete Darstellung erschöpfe sich nicht in der Darstellung der Ware selbst. Auf dem in Frage stehenden Warengebiet habe die betroffene Farbe selbst keine technische Funktion oder eine dem Verkehr geläufige Bedeutung im Sinne einer technischen Funktion. Die Anbringung der Farbpunkte auf den beiden Wulsten des Rohrkrümmers weise auch nicht auf die Art des Zusammensteckens von ankommendem und abgehendem Rohr hin, da sich dies aus der Ware selbst ergebe.

Es handle sich auch nicht um eine bloße Verzierung. Bei der Anmeldung sei das Charakteristische das Zusammenwirken der Bestandteile, dh iVm der Darstellung der Ware Rohrkrümmer die räumliche Anordnung nicht eines, sondern zweier farbiger Punkte an beiden Enden des Rohrkrümmers und zwar konkret auf dem Wulst, was dazu führe, dass der farbige Punkt optisch an der Plastizität des Wulstes selbst teilhabe. Es entspreche den tatsächlichen Verhältnissen der Branche, dass farbig gekennzeichnete Rohrkrümmer einem konkreten Anbieter zugeordnet würden.

Wie aus den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Werbeprospekten ersichtlich, werbe die Anmelderin mit den farbigen Punkten überall und zwar als Herstellerkennzeichen, da eine Dekorierung von technischen Waren nicht üblich sei. Der Endverbraucher erkenne diese farbigen Punkte auch noch nach der Verwendung bzw. dem Einbau der beanspruchten Waren.

Die Anmelderin erklärt sich einverstanden, mit dem Übergang ins schriftliche Verfahren.

Die Anmelderin beantragt, den Beschluss der Markenstelle vom 19. April 2003 aufzuheben.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die nach § 165 Abs 4 MarkenG statthafte und form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Anmelderin ist in der Sache ohne Erfolg.

Die angemeldete Darstellung ist jedenfalls nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen.

Unterscheidungskraft iSd § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Denn Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Für die entsprechende Beurteilung ist jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft ausreichend, um das Schutzhindernis zu überwinden.

Für Bildmarken, die sich in der bloßen Abbildung der Waren selbst erschöpfen, für die der Schutz in Anspruch genommen wird, geht der BGH auch bei der Anlegung des gebotenen großzügigen Prüfungsmaßstabs davon aus, dass ihnen im Allgemeinen die nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG erforderliche (konkrete) Unterscheidungskraft fehlen wird. Soweit die zeichnerischen Elemente einer angemeldeten Marke lediglich die typischen Merkmale der in Rede stehenden Ware darstellen, und keine über die technische Gestaltung der Ware hinaus gehenden Elemente aufweisen, wird einem Zeichen im Allgemeinen wegen seines bloß beschreibenden Inhalts die konkrete Eignung fehlen, die mit ihm gekennzeichneten Waren von denjenigen anderer Herkunft zu unterscheiden. Anders liegt der Fall, wenn sich die Bildmarke nicht in der Darstellung von Merkmalen erschöpft, die für die Art der Ware typisch und zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich sind, sondern darüber hinaus gehende charakteristische Merkmale aufweist, in denen der Verkehr einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft sieht (vgl BGH GRUR 2004, 503 - Gabelstapler).

Dabei ist auch auf die besonderen Verhältnisse auf dem maßgeblichen Warengebiet abzustellen. Denn der Vergleich der tatsächlich vorhandenen Gestaltungsformen lässt einen Schluss darauf zu, ob der Verkehr der Marke einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft beilegt.

Nach den genannten Grundsätzen kann daher nicht angenommen werden, dass die angemeldete Bildmarke die erforderliche Unterscheidungskraft aufweist. Die angemeldete Bildmarke besteht aus der naturgetreuen Abbildung eines Kupferrohrwinkels zur Verbindung von Rohren, die - wie auch aus den Prospekten der Anmelderin ersichtlich - im Heizungs- und Sanitärbereich für den Durchfluss von Wasser oder Gas eingesetzt werden. Auch ein Rohrwinkel ist - wie der Name zeigt - ein Rohr, so dass die Abbildung genau die beanspruchten Waren wiedergibt.

Dieser Kupferrohrwinkel ist zusätzlich, wie aus der Abbildung ersichtlich, mit zwei grünen Punkten versehen und zwar an den beiden Enden der Rohrwinkel, jeweils auf einem umlaufenden Wulst. Wie aus dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Musterstück erkennbar, sind die grünen Punkte dabei jeweils auf einer Ausbeulung dieses Wulstes angebracht, die Ausbeulung wiederum hat auf der Innenseite des Kupferrohrs eine Kerbe als Gegenstück. Nach den Angaben der Anmelderin im Prospekt dient die kleine mit den Punkten versehene farbige Ausbeulung - die sog. "SC-Contur" an der sog. Sicke der Pressverbinder dazu, eine zwangsundichte Stelle zu markieren, an der bei (versehentlich) unverpressten Rohrverbindungen ein Druckabfall bzw. Wasseraustritt erkennbar ist, bzw. an der bei ordnungsgemäßer Verpressung die Ausbeulung verschwindet.

Da eine Verbindung von Rohr und Fitting beim bloßen Zusammenstecken oft so dicht ist, dass eine fehlende Verpressung selbst bei Druckprobe zunächst nicht auffällt, sich erst nach kurzer Betriebszeit die Verbindung löst und dann ein Auffinden des unverpressten Elementes unnötig Zeit in Anspruch nimmt, soll nach Angaben der Anmelderin durch die "SC-Contur" austretendes Wasser und Druckabfall auf die Spur unverpresster Verbindungen führen. Dabei soll "...äußerlich sichtbares Zeichen eine kleine farbig gekennzeichnete Ausbeulung an jeder Sicke der Pressverbinder sein..." (vgl. http://www.myshk.com/ikzpraxis/p0103/010303.htm).

Die farbig markierte Ausbeulung gibt damit Auskunft, dass das Element noch unverpresst ist, bei bereits verpressten Elementen soll sie verschwinden (vgl. http://www.blickpunkterdgas.de/rubriken/kommunikation/artikel/be18s17.asp).

Der farbige Punkt markiert damit - wie aus den Angaben der Anmelderin auch in den vorgelegten Prospekten ersichtlich - an der Außenseite des Pressverbinders die oben beschriebene Ausbeulung und zugleich - wie aus dem vorgelegten Musterstück erkennbar - die Stelle, wo an der Innenseite des Pressverbinders eine Kerbe angebracht ist, die zusammen bei unterlassener Verpressung einen Raum für durchströmendes Gas bzw. Wasser lassen. Er weist damit auf die Verbindungsstelle hin, wo im Falle eines Wasser- oder Gasaustritts noch eine Verpressung vorzunehmen wäre.

Nicht nur die Markierung in Form eines Punktes über der Ausbeulung und der Kerbe auf der Innenseite erfüllt damit eine wichtige technische Funktion, sondern auch die Wahl der Farbe grün für die Farbgestaltung der Markierungspunkte.

So erfüllt die Farbe grün als Kennzeichnungsmittel im Heizungs- und Sanitärbereich eine wichtige Hinweisfunktion, sie gibt dem Fachmann und sachkundigen Laien an, dass die mit der Farbe grün gekennzeichnete Leitung eine wasserführende Leitung ist. Diese Farbgebung ist entsprechend der Art der Durchflussstoffe entsprechend DIN 2403 genormt und allgemein bekannt und wird von Herstellern im Bereich der Haustechnik und insbesondere im Bereich der Labortechnik als Kennzeichnungsmittel verwendet (vgl. http://www.kupferinstitut.de unter Rohrleitungen - Planung/Verlegung - Leitungsführung/Befestigung; sowie Die fachgerechte Kupferrohr-Installation unter http://www.kupfer.org/pdf/i158.pdf sowie Produktdarstellung Laborarmaturen unter http://www.aqualabor.de/produkte.html), um Bedienungsfehler durch ein schnelles Auffinden der entsprechenden Leitungen zu vermeiden.

Hieraus ergibt sich, dass die farbige Punktmarkierung ein Merkmal der abgebildeten Waren darstellt, das zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist. Neben dem Hinweis darauf, wo sich bei Druckabfall oder Wasseraustritt die zwangsundichte Stelle bedingt durch die fehlerhafte Verpressung befindet, gibt die grüne Punktmarkierung auch den schlichten Hinweis, dass es sich um eine Wasserohrleitungsverbindung handelt.

Die Bildmarke erschöpft sich dabei in der Darstellung von Merkmalen, die für die Art der Ware typisch oder zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich sind und weist keine darüber hinaus gehenden charakteristischen Elemente auf (vgl. BGH - GRUR 2004,507 Käse in Blütenform).

Das allgemeine Publikum kann deshalb dem angemeldeten Zeichen, das lediglich eine naturgetreue Abbildung eines Kupferrohrfittings zur Verwendung bei Wasserrohrleitungen mit einer speziellen, markierten Sicherheitsausformung zur Kenntlichmachung eines nicht gewünschten, unverpressten Zustands darstellt, keine herstellerspezifischen Besonderheiten entnehmen. An die Markierungsfarbe grün für Wasser ist der Verkehr bereits gewöhnt; ob diese grüne Markierung in Punkt- oder Streifen oder anderer Form gehalten ist, ist für den Hinweis auf eine Wasserleitung zunächst nachrangig. Als Markierung der rund gehaltenen Ausbeulung des Wulstes ist die Form des Punktes aber wohl auch überwiegend technisch bedingt.

Zudem ist zu berücksichtigen, dass Farben in Form von Punkten, Rechtecken, Balken oder ähnlichem im technischen Bereich oder Geschäftsleben allgemein ein beliebtes blickfangartiges Merkmal zur Unterscheidung von Produkttypen oder Sachgebieten bilden und der Verkehr daher von Haus aus kaum geneigt sein wird, in solchen Farbkennzeichnungen eine betriebliche Hinweiswirkung zu sehen. Im Bereich der Rohrleitungen, für die hinsichtlich der Kennzeichnung der Durchflussstoffe Farbgebungen vorgegeben sind, können Farben aber jedenfalls von Haus aus keine markenmäßige betriebliche Hinweisfunktion entfalten.

Gerade bei technischen Teilen wird der Verkehr ein konkretes Gestaltungsmerkmal - selbst wenn es in Wirklichkeit nicht technisch bedingt ist - eher für funktionsbedingt halten und ihm keinen Herkunftshinweis entnehmen, weil er zunächst davon ausgeht, dass sich die Form bei solchen Waren in erster Linie an der technischen Funktion orientiert (vgl. BGH GRUR 2004, 507, 509 - Transformatorengehäuse).

Soweit die Anmelderin Unterlagen dafür nachgereicht hat, dass farbig gekennzeichnete Rohrkrümmer bestimmten Anbietern zugeordnet würden, lässt sich hieraus lediglich erkennen, dass diese Markierungen ebenfalls dazu dienen, auf den unverpressten Zustand der Rohre hinzuweisen und damit eine technische Funktion erfüllen, so dass sich keine andere Beurteilung ergeben kann.

Dr. Buchetmann Winter Hartlieb Hu Abb. 1






BPatG:
Beschluss v. 24.10.2005
Az: 30 W (pat) 294/03


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