Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. Mai 2011
Aktenzeichen: 9 W (pat) 414/05

(BPatG: Beschluss v. 25.05.2011, Az.: 9 W (pat) 414/05)

Tenor

Das Patent wird widerrufen.

Gründe

I.

Die Einsprechende hat gegen das am 1. September 2003 angemeldete und am 7. Juli 2005 erteilte Patent mit der Bezeichnung

"Induktionskompensation für Heizwendelschweißgeräte"

Einspruch eingelegt. Zur Begründung ihres Einspruchs verweist die Einsprechende u. a. auf folgende Druckschrift:

D2 EP0082451B1.

Nach Auffassung der Einsprechenden sind das mit dem Patentanspruch 1 beanspruchte Verfahren zur Optimierung des Schweißenergieeintrags in die Heizwendel eines Heizwendelfittings und die mit dem nebengeordneten Patentanspruch 19 beanspruchte Heizwendel-Schweißvorrichtung nicht patentfähig. Denn aus der EP 0 082 451 B1 (D2) sei ein Verfahren mit allen Merkmalen des Patentanspruchs 1 bekannt. Die Heizwendel-Schweißvorrichtung nach Patentanspruch 19 werde dem Fachmann durch den angeführten Stand der Technik nahe gelegt.

Die Einsprechende stellt den Antrag, das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin stellt den Antrag, das Patent aufrecht zu erhalten.

Nach Auffassung der Patentinhaberin sind die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 19 patentfähig.

Auf die Ladung des Senats vom 7. Dezember 2010 zur mündlichen Verhandlung am 2. Mai 2011 hat die Patentinhaberin mit Schreiben vom 18. April 2011 erklärt, dass sie ihren hilfsweise gestellten Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung zurück ziehe und dass sie an der terminierten mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde. Daraufhin ist der Termin der mündlichen Verhandlung aufgehoben worden.

Der Patentanspruch 1 des Streitpatents hat folgenden Wortlaut:

Verfahren zur Optimierung des Schweißenergieeintrags in die Heizwendel eines Heizwendelfittings, bei dem eine Schweißstrom-Versorgungseinheit über Anschlussleitungen und Verbindungselemente mit Anschlusselementen des Heizwendelfittings verbunden wird, bei dem der Effektivwert einer Wechselspannungs-Schweißspannung mit einer bestimmten Grundfrequenz und eine zugehörige Schweißzeit bekannt sind, und wenigstens eine elektrische Kenngröße des Heizwendelfittings erfasst wird, dadurch gekennzeichnet, dass als eine erste elektrische Kenngröße die Induktivität der Heizwendel des Heizwendelfittings erfasst wird; und dass ein optimaler Schweißenergieeintrag in das Heizwendelfitting mit mindestens einem Energieeintragskorrekturfaktor gesteuert wird, der aus der wenigstens einen erfassten elektrischen Kenngröße des Heizwendelfittings ermittelt wird.

Dem Patentanspruch 1 schließen sich die erteilten Patentansprüche 2 bis 18 als Unteransprüche an.

Der Patentanspruch 19 des Streitpatents hat folgenden Wortlaut:

Heizwendel-Schweißvorrichtung, insbesondere zum Durchführen des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 18, mit wenigstens einer Schweißstrom-Versorgungseinheit, mit mindestens zwei mit der Schweißstrom-Versorgungseinheit verbundenen Anschlussleitungen, die jeweils ein Verbindungselement aufweisen und über die Schweißstrom-Versorgungseinheit mit Anschlusselementen mindestens einer Heizwendel eines Heizwendelfittings lösbar verbindbar ist, wobei die Schweißstrom-Versorgungseinheit Mittel zum Eingeben von Schweißparametern und wenigstens eine zentrale Steuereinheit besitzt und die wenigstens eine zentrale Steuereinheit mit mindestens einem Mittel zum Erfassen zumindest einer elektrischen Kenngröße der Heizwendel des Heizwendelfittings verbunden ist, dadurch gekennzeichnet, dass eine erste elektrische Kenngröße die Induktivität der Heizwendel des Heizwendelfittings ist; und dass die zentrale Steuereinheit ausgelegt ist, mit der zumindest einen elektrischen Kenngröße einen oder mehrere Schweißparameter bei einer Abweichung von einer bekannten Wechselspannungs-Schweißspannung mit einer bestimmten Grundfrequenz, deren Effektivwert für das Heizwendelfitting bekannt ist, mittels eines Energieeintragskorrekturfaktors anzupassen und den Schweißenergieeintrag in das Heizwendelfitting zu steuern.

Dem Patentanspruch 19 schließen sich die erteilten Patentansprüche 20 bis 25 als Unteransprüche an.

II.

Die Zuständigkeit des Bundespatentgerichts ist durch PatG § 147 Abs. 3 Satz 1 in den vom 1. Januar 2002 bis zum 30. Juni 2006 geltenden Fassungen begründet.

Der Einspruch ist zulässig. In der Sache hat der Einspruch Erfolg, da er zu einem Widerruf des Patents führt.

1. Das Streitpatent betrifft nach Patentanspruch 1 ein Verfahren zur Optimierung des Schweißenergieeintrags in die Heizwendel eines Heizwendelfittings und nach Patentanspruch 19 eine Heizwendel-Schweißvorrichtung.

Das Verfahren zur Optimierung des Schweißenergieeintrags in die Heizwendel eines Heizwendelfittings nach Patentanspruch 1 weist folgende Verfahrensschritte auf:

a) Verfahren zur Optimierung des Schweißenergieeintrags in die Heizwendel eines Heizwendelfittings, b) bei dem eine Schweißstrom-Versorgungseinheit über Anschlussleitungen und Verbindungselemente mit Anschlusselementen des Heizwendelfittings verbunden wird, c) bei dem der Effektivwert einer Wechselspannungs-Schweißspannung mit einer bestimmten Grundfrequenz und eine zugehörige Schweißzeit bekannt sind undd) bei dem wenigstens eine elektrische Kenngröße des Heizwendelfittings erfasst wird, e) wobei als eine erste elektrische Kenngröße die Induktivität der Heizwendel des Heizwendelfittings erfasst wird undf) wobei ein optimaler Schweißenergieeintrag in das Heizwendelfitting mit mindestens einem Energieeintragskorrekturfaktor gesteuert wird, g) der aus der wenigstens einen erfassten elektrischen Kenngröße des Heizwendelfittings ermittelt wird.

2. Das mit dem erteilten Patentanspruch 1 beanspruchte Verfahren zur Optimierung des Schweißenergieeintrags in die Heizwendel eines Heizwendelfittings ist nicht patentfähig, da es gegenüber der EP 0 082 451 B1 (D2) nicht neu ist.

Zuständiger Fachmann auf dem hier angesprochenen technischen Gebiet ist ein Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit Schwerpunkt Kunststofftechnik, der für die Auslegung und den Betrieb der Heizwendel des Heizwendelfittings einen Elektroingenieur hinzuzieht. Der hier zuständige Fachmann verfügt somit nicht nur über Erfahrung in der Entwicklung und Konstruktion von Verbindungen für Kunststoffrohrleitungen mittels Heizwendelfittings, sondern seiner Kenntnis sind zusätzlich die jeweiligen Parameter und die mit ihnen verbundenen Gesetze der Elektrotechnik zuzurechnen, die den Schweißenergieeintrag in Heizwendelfittings beeinflussen.

Die EP 0 082 451 B1 (D2) lehrt ein Verfahren zur Optimierung des Schweißenergieeintrags in die Heizwendel (Wicklung) 1 eines Heizwendelfittings (Patentanspruch 1 der D2 -Merkmal a), bei dem eine Schweißstromversorgungseinheit über Anschlussleitungen und Verbindungselemente mit Anschlusselementen des Heizwendelfittings verbunden wird (Merkmal b). Denn die Heizwendel 1 ist über Steckkontakte 2 mit einem einen Umschalter 4, eine Schalteinrichtung 5 und einen Schweißtrafo 6 aufweisenden Leistungsstromkreis 3 sowie über eine Anschlusseinrichtung 23 mit dem Stromnetz verbunden, so dass der Leistungsstromkreis 3 eine Schweißstromversorgungseinheit bildet (Spalte 5, Zeilen 57 bis 65 mit Figur 5 der D2).

Da die Stromversorgung über das übliche Stromnetz erfolgt, sind dessen Spannung und Frequenz und damit der Effektivwert der Wechselspannungs-Schweißspannung und ihre Grundfrequenz bekannt. Für diese Stromversorgung ist mittels eines Vorwahlzählers 16 auch eine zugehörige Schweißzeit bekannt, um für eine bestimmte Formstückbzw. Muffengröße die jeweils notwendige Wärmeenergie der Heizwendel zuzuführen (Spalte 2, Zeile 60 bis Spalte 3, Zeile 6 der D2 -Merkmal c).

Beim Verfahren nach der EP 0 082 451 B1 (D2) werden mehrere elektrische Kenngrößen des Heizwendelfittings erfasst. So wird an Hand elektrischer Kenngrößen beispielsweise festgestellt, ob es sich bei der Heizwendel um eine geschlossene Heizspule handelt, wie sie bei Muffen verwendet werden, oder ob es sich um eine Heizmatte handelt, welche bei Schellen verwendet werden. Die Induktivität einer Heizspule ist weitaus größer als die einer Heizmatte. Mit einer Impedanzmesseinrichtung 9 wird die Impedanz der Heizwendel erfasst und an Hand des Messwerts wird festgestellt, ob die aus der Impedanzmessung abgeleitete Induktivität der einer Heizspule oder der einer Heizmatte entspricht (Spalte 5, Zeilen 11 bis 18 der D2 -Merkmale d und e). Entgegen der Auffassung der Patentinhaberin wird somit die Induktivität -wenn auch indirekt -als Kriterium ermittelt, um zwischen einer Heizspule und einer Heizmatte zu unterscheiden.

An Hand der so mittels der Impedanzmessung erfassten elektrischen Kenngröße "Induktivität" wird der Energieeintrag in die Heizwendel korrigiert und so gesteuert, dass ein optimaler Schweißenergieeintrag in das Heizwendelfitting erhalten wird (Spalte 6, Zeilen 47 bis 56 der D2 -Merkmale f und g).

Die Patentinhaberin führt aus, dass in der EP 0 082 451 B1 (D2) eine Auswahl einer Kennlinie aus einer Kurvenschar und keine Ermittlung eines Korrekturfaktors für den Energieeintrag in das Heizwendelfitting im Sinne des Streitpatents erfolge. Dem stimmt der Senat nicht zu. Denn die Auswahl von Kennlinien aus einem Kennfeld und die Korrektur einer Kennlinie mittels eines Korrekturfaktors sind dem Fachmann allgemein bekannte und fachnotorisch austauschbare Mittel zur Berücksichtigung von Einflüssen, die sich auf den Energieeintrag in Heizwendelfittings auswirken.

3. Mit dem Patentanspruch 1 fallen auch die weiteren Patentansprüche 2 bis 25.

Pontzen Bülskämper Paetzold Reinhardt Ko






BPatG:
Beschluss v. 25.05.2011
Az: 9 W (pat) 414/05


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