Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. März 2007
Aktenzeichen: 8 W (pat) 45/03

(BPatG: Beschluss v. 01.03.2007, Az.: 8 W (pat) 45/03)

Tenor

Der Beschluss der Patentabteilung 23 des Patentamts vom 15. Mai 2003 wird aufgehoben und das Patent 39 16 009 wird beschränkt aufrecht erhalten mit der Maßgabe, dass in den Patentansprüchen 11 und 16 das Wort "insbesondere" gestrichen wird.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Nach Prüfung des Einspruchs hat die Patentabteilung 23 des Patentamts das unter der Bezeichnung "Schneidkopf für ein Pflanzenschneidgerät" erteilte Patent 39 16 009 (Anmeldetag: 17. Mai 1989) mit Beschluss vom 15. Mai 2003 in vollem Umfang aufrechterhalten.

Zum Stand der Technik waren im Erteilungs- und Einspruchsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt die folgenden Druckschriften in Betracht gezogen worden:

DE 35 03 237 A1 bzw. offenbarungsgleiche US 4 651 421 DE 28 55 990 A1 US 4 607 431.

Die Einsprechende hatte ferner mangelnde Ausführbarkeit bzw. Nacharbeitbarkeit des Patentgegenstandes geltend gemacht.

Gegen den Beschluss der Patentabteilung richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden.

Sie hält im schriftlichen Vorverfahren wie auch in der mündlichen Verhandlung den Vorhalt der mangelnden Ausführbarkeit der patentgemäßen Lehre aufrecht, insbesondere hinsichtlich der Frage, wie der Arretierhebel aus seiner nicht arretierten Stellung gemäß Fig. 2 der Streitpatentschrift wieder in seine Arretierstellung gemäß Fig. 3 zurückkehren soll und verweist darauf, dass die Beschreibung Sp. 3, Z. 65 ff. nur statische Wirkungen berücksichtige und die entsprechenden dynamischen Komponenten dieser Funktion völlig außer Acht lasse. Wesentliche Parameter hierzu wie Trägheitsmoment des Arretierhebels, Ausgestaltung der Schaltnocken usw. seien nicht angegeben, weswegen die Nacharbeitung dieser Funktion dem Fachmann derart unzumutbar hohe Anforderungen auferlege, dass diese weit über den Umfang fachüblicher Versuche hinausreichten.

Nach Auffassung der Einsprechenden sei das Streitpatent zudem durch eine Hinzufügung gemäß Sp. 3, Z. 45 bis 64, die in den ursprünglichen Unterlagen (vgl. Offenlegungsschrift DE 39 16 009 A1) nicht enthalten war, unzulässig erweitert.

Zum Vergleich mit dem Stand der Technik vertritt die Einsprechende weiterhin die Auffassung, dass der Patentgegenstand gegenüber dem Stand der Technik nach der DE 35 03 237 A1 bzw. der insoweit offenbarungsgleichen US 4 651 421 nicht mehr neu sei, zumindest aber nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Insbesondere macht sie geltend, dass die Achszapfen nach der DE 35 03 237 A1 (bzw. US 4 651 421) - dort Fig. 2 - leicht innerhalb der gedachten Kreislinie der Schaltnocken positioniert seien, was dem Fachmann zumindest Wege aufzeige, die zur patentgemäßen Lösung hinführten.

Außerdem sei durch die Patentunterlagen der Ringraum nicht klar definiert und lediglich in der Zeichnung mit "R" über einem Doppelpfeil angegeben, wie in Fig. 2 und 3 der Streitpatentschrift ersichtlich sei. Auch beim entgegengehaltenen Stand der Technik seien die entsprechenden Bauteile nach Auffassung der Einsprechenden in diesem Ringraum positioniert.

Die Einsprechende und Beschwerdeführerin stellt den Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent 39 16 009 zu widerrufen.

Die Patentinhaberin widerspricht dem Vorbringen der Einsprechenden und verteidigt das angegriffene Patent insoweit beschränkt, als sie in den erteilten Ansprüchen 11 und 16 jeweils die Streichung des Ausdrucks "insbesondere" vornimmt, um diesen Ansprüchen eindeutig untergeordneten Charakter zu verleihen. Sie ist der Auffassung, dass die Funktion des Wiederfindens der Sperrstellung, also der Übergang von der in Fig. 2 dargestellten zu der in Fig. 3 dargestellten Lage des Arretierhebels, in der Streitpatentschrift ausführlich beschrieben und aus den Zeichnungsteilen nach Fig. 2 und 3 auch bereits ersichtlich sei.

Die hinzugenommene Beschreibungsstelle sei lediglich Ersatz für die nunmehr weggebliebene Würdigung des Inhalts der DE 28 55 990 A1, wie sie in den ursprünglichen Unterlagen enthalten war, und könne schon deshalb keine erweiternde Wirkung entfalten.

Zum Stand der Technik führt die Pateninhaberin aus, dass die räumliche Zuordnung der maßgeblichen Bauteile im Stand der Technik anders vorgenommen sei. Die patentgemäße Anordnung von Achszapfen und Arretierhebel zwischen Nabe und Schaltnocken - wie aus dem entsprechenden Merkmal des Hauptanspruchs ersichtlich - lasse bereits aus sich selbst heraus erkennen, dass der Arretierhebel und die Schaltnocken dort - anders als im Stand der Technik nach der DE 35 03 237 A1 (bzw. US 4 651 421) - in einer (gemeinsamen) Ebene liegen und nicht verschiedenen Ebenen angehören.

Die Patentinhaberin stellt den Antrag, den Beschluss der Patentabteilung 23 vom 15. Mai 2003 aufzuheben und das Patent beschränkt aufrecht zu erhalten mit der Maßgabe, dass in Patentanspruch 11 und 16 das Wort "insbesondere" gestrichen wird; im Übrigen die Beschwerde zurückzuweisen.

Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Streitpatentschrift (erteilte Fassung) lautet:

"Schneidkopf (1) für ein Pflanzenschneidgerät, der um eine Drehachse (2) rotierend antreibbar ist, mit einem Gehäuse (3), einer um eine Nabe (4) des Gehäuses (3) drehbar gelagerten, einen flexiblen Schneidfaden (10) aufnehmenden Spule (8) mit Schaltnocken (21) und mit mindestens einem gehäusefesten, parallel zur Rotationsachse (2) des Gehäuses (3) angeordneten Achszapfen (16) für einen um ihn schwenkbaren, vom Schneidfaden unbeaufschlagten Arretierhebel (17), der eine Drehbewegung der Spule (8) gegenüber dem Gehäuse (3) in einer Arretierstellung blockiert und in Abhängigkeit von der Fliehkraft die Drehung der Spule (8) und damit den Schneidfaden (10) abschnittsweise zur Abspulung freigibt, dadurch gekennzeichnet, dass der Achszapfen (16) und der Arretierhebel (17) in einem konzentrisch zur Drehachse (2) liegenden Ringraum (R) zwischen der Nabe (4) und den Schaltnocken (21) angeordnet ist, die ihrerseits im radial äußeren Bereich der Spule (8) vorgesehen sind".

Zu den auf diesen rückbezogenen geltenden Unteransprüchen 2 bis 18 sowie den weiteren Einzelheiten im Übrigen wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, jedoch in der Sache nur insoweit begründet, als sie zu einer beschränkten Aufrechterhaltung des Streitpatents führt.

Der Patentgegenstand nach Anspruch 1 stellt eine patentgemäße Erfindung i. S. d. PatG § 1 bis § 5 dar. Die patentgemäße Lehre ist auch ursprünglich offenbart und nacharbeitbar.

1. Gegenstand des Streitpatents ist nach dessen Patentanspruch 1 ein Schneidkopf für ein Pflanzenschneidgerät mit folgenden Merkmalen:

1. Der Schneidkopf ist um eine Drehachse rotierend antreibbar.

2. Der Schneidkopf hat ein Gehäuse.

3. Der Schneidkopf hat eine um eine Nabe des Gehäuses drehbar gelagerte, einen flexiblen Schneidfaden aufnehmende Spule mit Schaltnocken.

4. Der Schneidkopf hat mindestens einen gehäusefesten, parallel zur Rotationsachse des Gehäuses angeordneten Achszapfen für einen um ihn schwenkbaren, vom Schneidfaden unbeaufschlagten Arretierhebel.

4.1. Der Arretierhebel blockiert eine Drehbewegung der Spule gegenüber dem Gehäuse in einer Arretierstellung.

4.2. Der Arretierhebel gibt in Abhängigkeit von der Fliehkraft die Drehung der Spule und damit den Schneidfaden abschnittsweise zur Abspulung frei.

4.3. Der Achszapfen und der Arretierhebel sind in einem konzentrisch zur Drehachse liegenden Ringraum zwischen der Nabe und den Schaltnocken angeordnet.

4.3.1. Die Schaltnocken ihrerseits sind im radial äußeren Berech der Spule vorgesehen.

Während in den Merkmalen 1 bis 4 wesentliche Bauteile eines derartigen Schneidkopfes angegeben werden, wird in den Merkmalen 4.1 und 4.2 im Wesentlichen die technische Funktion des Arretierhebels beim Festhalten bzw. schrittweisen Freigeben bestimmter Fadenlängen beschrieben, wie dies ähnlich auch bei anderen derartigen Schneidköpfen aus dem Stand der Technik der Fall ist.

Die kennzeichnenden Merkmale des Anspruchs 1, also die Merkmale 4.3 und 4.3.1 indes beschreiben keine weiteren strukturellen oder funktionellen Zusammenhänge mehr, sondern sind lediglich auf die räumliche Anordnung von Achszapfen und Arretierhebel in Bezug auf Nabe und Schaltnocken gerichtet (Merkmal 4.3). Die Lage der Schaltnocken in Bezug auf die Spule wird dabei als im radial äußeren Bereich der Spule gelegen, definiert (Merkmal 4.3.1). Somit besteht die Lehre des Patentanspruchs 1 im Kern darin, Achszapfen und Arretierhebel in einer bestimmten Weise relativ zu Nabe und Schaltnocken anzuordnen, nämlich in einem Ringraum zwischen der radial innen liegenden Nabe der Spule und den (radial) außen liegenden Schaltnocken an der Spule. Dabei kennzeichnet der z. B. in Fig. 2 der Streitpatentschrift zweifach vorgesehene Doppelpfleil "R" lediglich die radiale Erstreckung jenes Ringraums, indem er sich zwischen dessen tatsächlicher (Außenfläche der Nabe (4)) bzw. gedachter Begrenzung (radial innere Oberseite der Schaltnocken (21) und die Fortsetzung dieser Fläche als gedachte Kreislinie) erstreckt. Nach Auffassung des Senats ist das Merkmal 4.3, wonach Achszapfen und Arretierhebel in einem konzentrisch zur Drehachse liegenden Ringraum zwischen Nabe und Schaltnocken angeordnet sind, bereits durch die gegebene Formulierung im Anspruch 1 so zu verstehen, dass zumindest die Schaltnocken und der Arretierhebel derart in einer gemeinsamen Ebene liegen, dass diese beiden Bauteile in Sperrstellung direkt miteinander in Eingriff kommen und bei Verschwenken des Arretierhebels in eine Freigabestellung nebeneinander, aber eben weiterhin in einer gemeinsamen Ebene zu liegen kommen. Ein Blick in die Zeichnung, hier insbesondere die Ausführungsbeispiele nach Fig. 1 bis 4 - die Zeichnung ist im Zweifel zur Deutung patentgemäßer Merkmale heranzuziehen - bestätigt diesen Sachverhalt. Gegenteiliges lässt auch die Beschreibung gemäß Streitpatent Sp. 3, Z. 1 bis 9 nicht erkennen, wonach der Arretierhebel (17) in seinem vorderen Abschnitt eine radial nach innen gerichtete Anschlagfläche (17a) aufweist, die mit Schaltnocken (21) der Spule (8) zusammenwirkt und zwar derart, dass diese Anschlagfläche (17a) mit einer korrespondierenden Gegenfläche (21a) der am äußeren Umfang der Spule (8) vorgesehenen Schaltnocken (21) bei Sperrstellung in Anlage gelangt. Dieser Text findet sich mit lediglich geringfügigen redaktionellen Änderungen auch bereits in den ursprünglichen Unterlagen, wie aus Sp. 3, Z. 37 bis 47 der entsprechenden Offenlegungsschrift DE 39 16 009 A1 ersichtlich ist.

Aufgabengemäß soll die durch diesen Anspruch gekennzeichnete Vorrichtung bei günstigen Massenverhältnissen klein bauen, und es sollen nur geringe Schaltkräfte beim automatischen Umschalten der Fadenspule aus ihrer arretierten Stellung in die Freigabestellung auftreten (Sp. 1, Z. 34 bis 39 der Streitpatentschrift).

2. Der Patentgegenstand nach Anspruch 1 ist nacharbeitbar.

Nachdem - wie in der auslegenden Erläuterung der Anspruchsmerkmale in Punkt II.1 der Beschlussbegründung bereits gezeigt - die Merkmale des Anspruchs 1 neben Auflistung und Angabe allgemeiner Wirkungen von bekannten Bauteilen eines Schneidkopfes (Merkmale 1. bis 4.2) zusätzlich nur noch deren räumliche Anordnung zueinander angeben (Merkmale 4.3 und 4.3.1), hat der Senat keinen Zweifel an der Nacharbeitbarkeit der anspruchsgemäßen Lehre. So bestanden für einen Fachmann, einen Diplomingenieur des allgemeinen Maschinenbaus mit Fachhochschulausbildung und mehrjähriger Erfahrung in der Konstruktion landwirtschaftlich und gartenbaulich nutzbarer Pflanzenschneidgeräte, keine Schwierigkeiten, die Bauteile Arretierhebel mit Achszapfen, Schaltnocken und Nabe in der im Anspruch 1 angegebenen räumlichen Anordnung zueinander zu positionieren. Damit allein ist aber die eigentliche patentgemäße Lehre schon nachgearbeitet. Die Ausgestaltung des Arretierhebels hinsichtlich seiner Raumform zum Zwecke der Herbeiführung einer fliehkraftabhängigen Verschwenkung in Sperr- bzw. Freigabestellung ist dem einschlägigen Fachmann aus zahlreichen Beschreibungen von Lösungsansätzen im Stand der Technik bekannt (vgl. DE 35 03 237 A1 bzw. US 4 651 421, US 4 607 431, DE 28 55 990 A1). Diese ist jedoch nicht Gegenstand der patentgemäßen Lehre nach Anspruch 1, so dass es auf die Nacharbeitbarkeit der Ausführungsbeispiele nach Fig. 2 und 3 hinsichtlich des Übergangs des Schaltzustandes des Arretierhebels nach Fig. 2 (Freigabestellung) in die Position nach Fig. 3 (Sperrstellung) in rein funktionaler Hinsicht, also der Ausgestaltung des Arretierhebels im Einzelnen nicht ankommt, sondern nur auf die auch in diesen Zeichnungsfiguren gezeigte räumliche Anordnung der einzelnen Bauteile zueinander.

3. Die erteilte Fassung des Streitpatents ist gegenüber den ursprünglichen Unterlagen nicht unzulässig erweitert.

Die Ansprüche 1 bis 18 in der erteilten Fassung beruhen auf den ursprünglichen Ansprüchen 1 bis 18, wie aus der entsprechenden Offenlegungsschrift DE 39 16 009 A1 ersichtlich. Dies wird auch von der Einsprechenden nicht bestritten.

Die Einsprechende sieht jedoch in dem Text der Streitpatentschrift gemäß Sp. 3, Z. 45 bis 64, welcher in der ursprünglichen Beschreibung gemäß DE 39 16 009 A1 nicht vorhanden war, eine nachträglich eingebrachte Funktionsbeschreibung mit erweiternder Wirkung.

Die maßgebliche Textstelle in der Streitpatentschrift, Sp. 3, Z. 45 bis 64 erläutert lediglich die funktionalen Abläufe bei der Fadennachstellung und zwar hinsichtlich desjenigen funktionalen Teilbereichs, in dem der Übergang von der Freigabestellung in die Sperrstellung herbeigeführt werden soll. So wird dort beschrieben, wie ein freigegebener Schaltnocken (21) in den Schwenkbereich des Rückstellarms (17') des Arretierhebels (17) gelangt und diesen gegen die Wirkung der im Schwerpunkt (23) des Arretierhebels (17) angreifenden Fliehkraft in die Sperrstellung zurückzustellen sucht. Die diesen Prozess begünstigend begleitende Abnahme der Drehzahl des Schneidkopfes mit der Wirkung, die Fliehkräfte am Hebelschwerpunkt zu vermindern, sowie die gleichermaßen durch zunehmende Fadenlänge bedingte zunehmende Spulenkraft, welche an der Rückführung des Hebels in die Sperrstellung mitwirkt, sind ebenfalls Gegenstand dieser Beschreibungspassage.

Diesen Text erachtet der Senat als nachgebrachte Beschreibung einer Wirkung, die der Fachmann unter Zuhilfenahme seines Fachwissens bereits der zeichnerischen Darstellung gemäß Fig. 2 und 3 entnehmen konnte. Der als Beschreibungsergänzung zu betrachtende Text vermag zwar, anders als die Patentinhaberin vorträgt, nicht den ursprünglichen Text gemäß Offenlegungsschrift Sp. 1, Z. 9 bis 54 zu ersetzen, in dem eine Würdigung des Standes der Technik nach der DE 28 55 990 A1 vorgenommen worden war, welche in die Streitpatentschrift nicht mehr übernommen wurde. Gleichwohl kommt es auf alle diese Gesichtspunkte nicht an, denn die hier in Rede stehende Textpassage beschreibt funktionelle Abläufe und Einzelheiten, die weder der direkten Erklärung noch der ergänzenden Auslegung dessen dienen, was in den Patentansprüchen 1 bis 18 beansprucht wird. Bereits aus diesem Grund vermag der Inhalt der strittigen Textpassage Inhalt und Umfang dessen, was beansprucht ist, nicht zu verändern, mithin auch nicht zu erweitern. So beschreibt Patentanspruch 1 - wie eingangs bereits dargestellt - lediglich die räumliche Zuordnung bestimmter erfindungswesentlicher Bauteile zueinander. In den Unteransprüchen 2 und 7 bis 10 sind dann weitere Ausgestaltungsmöglichkeiten dieser Bauteile angegeben, während die nachgeordneten Ansprüche 11 bis 13 und 16 bis 18 Ausgestaltungen mit weiteren Bauteilen wie Drahtbügel oder zusätzliche Arretierhebel und die Ansprüche 14 und 15 Maßnahmen zur Drehrichtungsänderung des Mähkopfes kennzeichnen.

Im untergeordneten Anspruch 3 indes wird die fliehkraftabhängige Bewegung des Rückstellarms (17') des Arretierhebels in eine den Faden freigebende Stellung beschrieben, wobei die Wegbegrenzung des Rückstellarmes bei dieser Bewegung durch Mittel wie Innennocken und Außennocken Gegenstand der Ansprüche 4 bis 6 ist. Nachdem der in Rede stehende nachgebrachte Beschreibungsteil jedoch ausschließlich die Rückkehr des Arretierhebels in die Sperrstellung erläutert, vermag er auch zur Auslegung oder Erklärung der Ansprüche 3 bis 6, welche Abläufe und technische Mittel zum Erreichen der Freigabestellung kennzeichnen, keinerlei Beitrag zu leisten.

4. Der Patentgegenstand hat als neu zu gelten, da keine der zum Stand der Technik genannten Druckschriften einen Gegenstand mit allen Merkmalen eines Schneidkopfes für ein Pflanzenschneidgerät nach Patentanspruch 1 beschreibt und/oder darstellt.

Von dem in der DE 35 03 237 A1 bzw. US 4 651 421, dargestellten und beschriebenen Schneidkopf, bei dem die Achszapfen für die Arretierhebel und die Schaltnocken im Gehäuse im Wesentlichen auf ein und der selben gedachten Kreislinie angeordnet sind, unterscheidet sich der Patentgegenstand nach Anspruch 1 durch seine kennzeichnenden Merkmale, nämlich der Anordnung von Achszapfen und Arretierhebel in einem Ringraum zwischen Nabe und Schaltnocken (Merkmal 4.3) sowie durch die Positionierung seiner Schaltnocken im radial äußeren Bereich der Spule (Merkmal 4.3.1).

Bei den Schneidköpfen nach der US 4 607 431 sowie der DE 28 55 990 A1 sind die Drehachsen bzw. Lagerzapfen der Arretierhebel anders als beim Patentgegenstand radial außerhalb der die Schaltnocken tragenden Spulenflanken angeordnet. Dadurch ergibt sich eine völlig andere räumliche Zuordnung dieser Bauteile zueinander als beim Patentgegenstand nach Anspruch 1.

5. Der zweifellos gewerblich anwendbare Gegenstand nach Patentanspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Der nächstkommende Stand der Technik wird durch den die Oberbegriffsmerkmale enthaltenden Schneidkopf gemäß DE 35 03 237 A1 bzw. der zu dieser Patentfamilie gehörenden offenbarungsgleichen US 4 651 421 gebildet.

In diesen Entgegenhaltungen werden Arretierhebel (18, 18') gezeigt (Fig. 2, 3), deren Achszapfen (17, 17') im Wesentlichen auf derjenigen Umfangskreislinie liegen, auf der auch die Schaltnocken (33) angeordnet sind. Die Arretierhebel ihrerseits gehen in jeder Schaltstellung über diejenige gedachte Kreislinie hinaus, auf der die Schaltnocken liegen (Fig. 2, 3). Die Schaltnocken sind dabei auch nicht im radial äußeren Bereich der Spule angeordnet, sondern sie liegen in Höhe der Achszapfen (vgl. hierzu Fig. 2, 3), wobei sich die Spule (8) in ihrer radialen Ausdehnung noch weit über den Bereich der Achszapfen hinaus fortsetzt (vgl. hierzu Schnittdarstellung gem. Fig. 1). Nach alledem vermag der Stand der Technik nach der DE 35 03 237 A1 bzw. US 4 651 421 einem eingangs näher bezeichneten Fachmann keinerlei Anregungen zu vermitteln, Achszapfen und Arretierhebel in einem konzentrisch zur Drehachse liegenden Ringraum zwischen Nabe und Schaltnocken anzuordnen (Merkmal 4.3) sowie die Schaltnocken ihrerseits im radial äußeren Bereich der Spule vorzusehen (Merkmal 4.3.1).

Auch der Einwand der Einsprechenden, wonach der Schneidkopf nach der DE 35 03 237 A1 bzw. US 4 651 421 einem Fachmann die radiale Verlagerung der Achszapfen - bezogen auf die Position der Schaltnocken - nach innen bereits nahe lege, indem Fig. 2 und 3 dieser Entgegenhaltungen in Draufsicht gegenüber den Schaltnocken (33) geringfügig nach (radial) innen versetzte Achszapfen (17, 17') erkennen lasse, kann nicht durchgreifen. Zum einen ist der radiale Versatz der beiden Bauteile derart gering, dass sich ihre in Draufsicht im Querschnitt erkennbaren Konturen (bei überdeckender Verschiebung) größtenteils noch überdecken, wie aus Fig. 2 (rechte Bildhälfte) bzw. Fig. 3 (linke Bildhälfte) unschwer erkennbar ist, so dass sich allein hieraus nicht schon eine positive Lehre hinsichtlich der Verlagerung der Achszapfen gegenüber den Schaltnocken in radialer Richtung nach innen ableiten lässt. Zum zweiten ist der entgegengehaltene Schneidkopf insoweit prinzipiell anders aufgebaut, als bei der entgegengehaltenen Vorrichtung ein "Hindurchfahren" der Schaltnocken (33) unterhalb der Achszapfen (17, 17') und der Arretierhebel (18, 18') möglich ist. Am Ende des Schwenkarms (19, 19') des Arretierhebels (18, 18') ist nämlich ein axial nach unten abstehendes Anschlagteil (32) vorgesehen, welches seinerseits ausschließlich mit den Schaltnocken (33) zusammenwirken kann, während alle übrigen Bauteile (Achszapfen mit Arretierhebel, Schaltnocken) in unterschiedlichen Ebenen liegen und sich im Betrieb der Vorrichtung nicht berühren können (vgl. Schnittdarstellung gemäß Fig. 1). Aufgrund dieser anderen Bauart, bei der Achszapfen mit Arretierhebeln einerseits und Schaltnocken andererseits in verschiedenen "Etagen" angeordnet sind, erwächst nicht die Notwendigkeit, die maßgeblichen Bauteile so anzuordnen, dass sie, also Arretierhebel mit ihren Achszapfen einerseits und Schaltnocken andererseits, nebeneinander in einer gemeinsamen Ebene liegend wie beim Patentgegenstand Platz finden.

So ist auch die von der Einsprechenden noch angeführte weitere Sichtweise auf die Offenbarung des Standes der Technik nach der DE 35 03 237 A1 bzw. US 4 651 421 nicht geeignet, einem Fachmann die patentgemäße Anordnung von Achszapfen und Arretierhebeln in einem Ringraum zwischen Nabe und Schaltnocken (Merkmal 4.3) bei gleichzeitiger Verlagerung der Schaltnocken in den radial äußeren Bereich der Spule (Merkmal 4.3.1) nahe zu legen.

Auch der verbleibende im Verfahren befindliche Stand der Technik beschreitet andere konstruktive Wege als der Patentgegenstand und kann daher einem Fachmann weder für sich genommen, noch in einer Zusammenschau mit den vorher abgehandelten Entgegenhaltungen Anregungen geben, die patentgemäße Anordnung der Bauteile zueinander vorzunehmen.

So ist durch den Stand der Technik nach der US 4 607 431 ein Fadendosierungs-Mechanismus bekannt geworden, bei dem ein bügelförmiger Arretierhebel (16, 26, 36), anders als beim Streitpatent, vom Schneidfaden (7) beaufschlagt ist. Der dem Achszapfen vergleichbare Drehpunkt (18, 28, 39, 48) des Arretierhebels befindet sich bei allen Ausführungsbeispielen der Entgegenhaltung außerhalb der radialen Erstreckung der Spule (vgl. Fig. 2, 6, 8, 10). In diesem Raum radial außerhalb der Spulenflanke befindet sich auch der Arretierhebel selbst, zumindest überwiegend, so dass auch diese Entgegenhaltung nicht die patentgemäße Anordnung von Achszapfen (bzw. Drehachse oder Drehpunkt des Hebels) und Arretierhebel zwischen Schaltnocken und Nabe nahe legen kann, sondern von der patentgemäßen Anordnung sogar wegführt. Eine Verlagerung der Drehachse der Arretierhebel in den radial inneren Bereich würde im Übrigen bei der entgegengehaltenen Vorrichtung dazu führen, dass im Falle einer im Gehäuse durchgängig gelagerten geraden Drehachse (18, 38, 48) nach den Ausführungsbeispielen gemäß Fig. 2, 8 und 10 eine Behinderung der Spulendrehung durch die Drehachse selbst auftreten würde. Im Falle eines gekröpften Bügels (26) als Arretierhebel gemäß Fig. 5 und 6 würde eine Verlagerung der Bügel-Drehpunkte (28) zumindest zu kinematisch ungünstigen Verhältnissen führen.

Ähnliche konstruktive Verhältnisse liegen auch bei dem Schneidkopf nach der DE 28 55 990 A1 vor, bei dem ebenfalls die Drehachse des Hebels (23), also der Lagerzapfen (42) außerhalb der radialen Erstreckung der Spule (10) liegt (Fig. 1, 2). Auch hier würde eine Verlagerung des Lagerzapfens in radialer Richtung nach innen - eine solche ist durch die Entgegenhaltung selbst nicht veranlasst - zu einer Behinderung der Spulendrehbarkeit führen.

Nach alledem können die zum Stand der Technik aufgezeigten Entgegenhaltungen einem eingangs näher bezeichneten Fachmann die patentgemäße Bauteilanordnung weder einzeln für sich betrachtet noch in einer Zusammenschau gesehen nahe legen.

Patentanspruch 1 ist daher bestandsfähig.

Nachdem der Patentanspruch 1 bestandsfähig ist, haben auch die auf diesen unmittelbar oder mittelbar rückbezogenen Ansprüche 2 bis 18 Bestand, nachdem der Status ausschließlich rückbezogener Ansprüche durch die antragsgemäße Streichung des Ausdrucks "insbesondere" in den Ansprüchen 11 und 16 nunmehr auch bei diesen hergestellt ist.






BPatG:
Beschluss v. 01.03.2007
Az: 8 W (pat) 45/03


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