Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. Dezember 2002
Aktenzeichen: 10 W (pat) 41/01

(BPatG: Beschluss v. 12.12.2002, Az.: 10 W (pat) 41/01)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat den Antrag des Patentanmelders auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren abgelehnt. Die Beschwerde des Anmelders wurde als unzulässig verworfen.

Inhaltlich geht es in dem Fall um die Sachbehandlung der Patentanmeldung des Anmelders, die aus seiner Sicht vom Deutschen Patent- und Markenamt unangemessen und zu langsam durchgeführt wurde. Der Anmelder sieht darin eine Benachteiligung und eine Verweigerung seines Rechtsschutzes.

Der Antrag auf Verfahrenskostenhilfe wurde vom Bundespatentgericht zurückgewiesen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg hat. Die Beschwerde des Anmelders wurde als unzulässig verworfen, da das Beschwerdeverfahren eine Sachentscheidung der Prüfungsstelle oder Patentabteilung voraussetzt, die hier nicht gegeben ist. Eine Untätigkeitsbeschwerde oder ein sonstiges Rechtsmittel wegen Untätigkeit der Ausgangsinstanz sind im Patentgesetz nicht vorgesehen, es sei denn, es bestünde eine Verletzung des Rechts auf wirkungsvollen Rechtsschutz.

Im vorliegenden Fall konnte das Bundespatentgericht jedoch keine solche Verletzung feststellen, da der Anmelder selbst durch sein eigenes Verhalten zur Verzögerung des Verfahrens beigetragen hat. Zudem erfolgten bereits zwei Bescheide, in denen dem Anmelder mitgeteilt wurde, dass seine Patentansprüche nicht gewährbar seien. Die weitere Bearbeitung des Antrags innerhalb einer Frist von 15 Monaten wurde als angemessen angesehen.

Die Dreizehnjahresfrist nach § 18 Abs. 1 PatG läuft im Jahr 2007 ab, daher sieht das Bundespatentgericht keine unangemessene Benachteiligung des Anmelders durch die Wartezeit bis zur Entscheidung im September 2002. Die Beschwerde wurde auch nicht als Dienstaufsichtsbeschwerde aufgefasst, da dafür das Bundespatentgericht nicht zuständig ist. Die Prüfungsstelle des Deutschen Patent- und Markenamts wurde jedoch dazu angehalten, dem Verfahren nun zügig seinen Fortgang zu geben.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 12.12.2002, Az: 10 W (pat) 41/01


Tenor

Der Antrag des Patentanmelders auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I.

Der Anmelder wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Sachbehandlung seiner Patentanmeldung, die das Deutsche Patent- und Markenamt im Prüfungsverfahren seiner Auffassung nach unangemessen und ungebührlich schleppend behandelt habe. In der Verzögerung sieht er eine Rechtschutzverweigerung, die ihn unangemessen benachteilige.

Der Anmelder hat seine Patentanmeldung mit der Bezeichnung "Doppelschwenktragflügel" am 21. Januar 1994 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht. Auf seinen Verfahrenskostenhilfeantrag vom 14. Februar 1994 ist ihm mit Beschluß vom 9. August 1994 für das Prüfungsverfahren mit Wirkung vom 15. Februar 1994 Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden. Mit Schriftsatz vom 2. Januar 1997 hat der Anmelder Prüfungsantrag gestellt. Im Bescheid des Patentamts vom 10. Juni 1997 wurde ihm mitgeteilt, dass die Anmeldung nach § 17 Abs 3 PatG als zurückgenommen gelte, wenn die fällige Jahresgebühr mit Zuschlag nicht entrichtet werde. Diese 4-Monatsfrist zur Zahlung der Jahresgebühr hat der Patentanmelder ohne Reaktion verstreichen lassen. Sein Wiedereinsetzungsantrag wurde im Beschluss des Patentamts vom 27. März 1998 zurückgewiesen. Auf die Beschwerde des Anmelders hin hat das Bundespatentgericht diese Entscheidung mit Beschluss vom 3. März 1999 aufgehoben, weil es zu Gunsten des Patentanmelders dessen Verfahrenskostenhilfeantrag auch als Stundungsantrag ausgelegt hat, so dass unter dieser Prämisse die Frist nach § 17 Abs 3 PatG noch nicht abgelaufen war und der Wiedereinsetzungsantrag als gegenstandslos betrachtet werden konnte. Nach Rücklauf der Akten vom Bundespatentgericht ist dem Anmelder mit Zwischenbescheid der Prüfungsstelle für Klasse B 64 C des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. Juli 1999 unter anderem mitgeteilt worden, dass Patentanspruch 1 mangels erfinderischer Tätigkeit nicht gewährbar sei, was näher ausgeführt wird (wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid, Bl 31/33 der Patentamtsakten verwiesen). Mit Schriftsatz vom 17. August 1999 hat der Anmelder neue Patentansprüche eingereicht. Mit Bescheid der Prüfungsstelle vom 17. Dezember 1999 wurde dem Anmelder mitgeteilt, dass auch der nunmehr geltende Anspruch 1 mangels erfinderischer Tätigkeit nicht gewährbar sei (wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 17. Dezember 1999, Bl 39/42 der Patentamtsakten verwiesen).

Mit Schriftsatz vom 14. März 2000 hat der Anmelder weitere Unterlagen eingereicht. Darüber hinaus hat er mit Schriftsatz vom 13. Juni 2001 Antrag auf beschleunigte Prüfung gestellt, worauf ihm mit Bescheid des Patentamts vom 18. Juli 2001 mitgeteilt worden ist, dass aufgrund seines Beschleunigungsgesuches seine Anmeldung in der Bearbeitungsreihenfolge vorgezogen werde und er im September 2002 mit der weiteren Bearbeitung (Bescheid bzw. Beschluss) rechnen könne.

Dagegen wendet sich der Anmelder mit seiner Beschwerde. Er sieht sich durch den Verlauf des Prüfungsverfahrens, das er als schleppend ansieht, benachteiligt. Er führt hierzu aus, dass die unangemessene und ungebührlich lange Hinauszögerung der Zustellung eines weiteren (dritten) Prüfungsbescheides in einem beschleunigten Prüfungsverfahren als Ablehnung des Antrages anzusehen sei und dies einem (ablehnenden) Beschluss gleichkomme. Er sei beschwert. Er sehe die Verzögerung als Rechtsschutzverweigerung an, durch die ihm erhebliche Nachteile entstünden. Aufgrund seiner wirtschafltlichen Situation sei es für ihn außerordentlich wichtig, vor Ablauf der dreizehnjährigen Frist nach § 18 Abs 1 PatG (in der bis 31. Dezember 2001 gültigen Fassung) zu wissen, ob seine Anmeldung zur Patenterteilung führe. Bei einer sich abzeichnenden Nichterteilung könne er nämlich ggfs die Anmeldung zurücknehmen und damit den Erlass der gestundeten Gebühren erreichen, was andernfalls nicht möglich sei. Unter diesem Aspekt sei es untragbar, dass bereits mehr als die Hälfte der seit Januar 1994 laufenden Frist verstrichen sei.

Der Patentanmelder beantragt, ihm das Patent zu erteilen, hilfsweise dem Patentamt aufzugeben, unverzüglich einen weiteren Prüfungsbescheid zu erlassen.

Er beantragt weiter hilfsweise, die Beschwerde als Dienstaufsichtsbeschwerde aufzufassen, wobei das Bundespatentgericht seiner Auffassung nach als zuständige Stelle bei Untätigkeit des Patentamts anzusehen sei.

Für das Beschwerdeverfahren hat der Anmelder durch Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 20. Juni 2002 ferner die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe beantragt.

Zum Bescheid des Senats vom 22. August 2002 hat der Anmelder mit Schriftsatz vom 21. Oktober 2002 Stellung genommen (wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 22. August 2002 und den Schriftsatz vom 21. Oktober 2002 verwiesen).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Bescheide der Prüfungsstelle sowie auf die Schriftsätze des Anmelders Bezug genommen.

II.

Der Verfahrenskostenhilfeantrag ist zurückzuweisen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg bietet, §§ 129, 130 Abs 1 Satz 1 PatG iVm § 114 ZPO. Die Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, da sie nicht statthaft ist.

Das patentgerichtliche Beschwerdeverfahren setzt nach § 73 Abs 1 PatG eine Sachentscheidung (Beschluß) der Prüfungsstelle oder Patentabteilung voraus, die hier nicht gegeben ist. Die Mitteilung der Prüfungsstelle dahingehend, dass der Anmelder innerhalb eines bestimmten Zeitraums mit einer Entscheidung rechnen könne, stellt keine Sachentscheidung iSd § 73 Abs 1 PatG dar.

Eine Untätigkeitsbeschwerde oder ein sonstiges Rechtsmittel bzw ein sonstiger Rechtsbehelf wegen Untätigkeit der Ausgangsinstanz, wie sie in anderen Verfahrensordnungen - zB in der Verwaltungsgerichtsordnung (vgl dort § 75) - enthalten ist, ist im Patentgesetz nicht vorgesehen. Grundsätzlich ist eine solche Untätigkeitsbeschwerde deshalb unstatthaft. Es ist in der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung allerdings anerkannt, dass sich aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art 2 Abs 1 iVm Art 20 Abs 3 GG) die Gewährleistung eines wirkungsvollen Rechtsschutzes ableiten lässt (vgl etwa für bürgerlichrechtliche Streitigkeiten BVerfG NJW 1997, 2811). Ausgehend von diesen verfassungsrechtlichen Grundsätzen kann deshalb eine Untätigkeitsbeschwerde in besonderen Ausnahmefällen zulässig sein, wenn ein Beschwerdeführer in seinem Recht auf wirkungsvollen Rechtsschutz verletzt ist, weil die Frage der Patenterteilung nicht in angemessener Zeit geklärt ist. Ein solcher Ausnahmefall ist vorliegend nicht gegeben.

Bei der Frage, ob der Anmelder durch die Verfahrensdauer in seinen Rechten verletzt ist, sind sämtliche Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Das Anmeldeverfahren ist zwar bereits seit 1994 anhängig. Die inzwischen aufgelaufene Gesamtdauer kann aber dem Patentamt in wesentlichen Teilen nicht angelastet werden. Zunächst hat der Anmelder selbst erst drei Jahre nach Einreichung der Anmeldung Prüfungsantrag gestellt. Mit Bescheid des Patentamts vom 10. Juni 1997 wurde ihm mitgeteilt, dass die Anmeldung nach § 17 Abs 3 PatG als zurückgenommen gelte, wenn die fällige Jahresgebühr mit Zuschlag nicht entrichtet werde. Diese 4-Monatsfrist zur Zahlung der Jahresgebühr hat der Patentanmelder ohne Reaktion verstreichen lassen. Im Beschwerdeverfahren gegen die Zurückweisung seines Wiedereinsetzungsantrages hat das Bundespatentgericht diese Entscheidung aufgehoben, weil es zu Gunsten des Patentanmelders dessen Verfahrenskostenhilfeantrag auch als Stundungsantrag ausgelegt hat, so dass unter dieser Prämisse die Frist nach § 17 Abs 3 PatG noch nicht abgelaufen war und der Wiedereinsetzungsantrag als gegenstandslos betrachtet werden konnte. Die Auffassung des Patentamts zur Zahlungsverpflichtung des Anmelders in Bezug auf die Jahresgebühr bzw zur Frage, ob ein Verfahrenskostenhilfeantrag auch als Stundungsantrag in Bezug auf die Zahlung der Jahresgebühr ausgelegt werden kann, mag unzutreffend gewesen sein. Gleichwohl hat der Anmelder durch seine eigene Untätigkeit und fehlende Reaktion auf Mitteilungen des Patentamts zur Verzögerung bei der Bearbeitung seines Prüfungsantrages beigetragen.

Weiter ist zu berücksichtigen, dass der Anmelder nach Rücklauf der Akten vom Bundespatentgericht im Jahr 1999 vom Patentamt nach Prüfung in der Sache bereits zwei Bescheide erhalten hat, in denen ihm mitgeteilt wurde, dass das Patent mit den jeweils geltenden Patentansprüchen mangels erfinderischer Tätigkeit nicht gewährbar sei. Auf diese Bescheide hin hat der Anmelder bei der Formulierung seiner Patentansprüche jeweils nachgebessert.

Angesichts der Gesamtumstände kann es unter dem verfassungsrechtlichen Gesichtspunkt des Rechtsstaatsprinzips nicht beanstandet werden, dass das Patentamt nach Vorlage der dritten Fassung der Patentansprüche und nach dem Antrag auf beschleunigte Prüfung gemäß Schreiben vom 13. Juni 2001 dem Anmelder mit Bescheid vom 18. Juli 2001 mitgeteilt hat, dass seine Anmeldung aufgrund seines Beschleunigungsgesuches in der Bearbeitungsreihenfolge vorgezogen werde und er im September 2002 mit einem Bescheid bzw. mit einem Beschluß rechnen könne. Angesichts der allseits bekannten hohen Arbeitsbelastung des Patentamts stellt die weitere Bearbeitung eines Prüfungsantrages innerhalb einer Frist von 15 Monaten keine unzumutbare Verzögerung für den Anmelder dar, zumal die Anmeldung zu diesem Zeitpunkt bereits zweimal sachlich verbeschieden worden war und der Anmelder zudem sein Beschleunigungsgesuch nicht hinreichend konkret begründet hatte, sondern ganz pauschal auf industrielle Lizenznehmerinteressen verwiesen hat.

Soweit der Anmelder seine Beschwerde darauf stützt, dass es für ihn außerordentlich wichtig sei, vor Ablauf der dreizehnjährigen Frist nach § 18 Abs 1 PatG (in der bis 31. Dezember 2001 gültigen Fassung) zu wissen, ob seine Anmeldung zur Patenterteilung führe, kann dies keine andere Beurteilung rechtfertigen. Die dreizehnjährige Frist nach § 18 Abs 1 PatG läuft im vorliegenden Verfahren im Jahr 2007 ab. Es ist für den Senat nicht ersichtlich, inwiefern der Anmelder durch die Wartefrist von 15 Monaten bis zu der im Bescheid vom 18. Juli 2001 angekündigten Entscheidung im September 2002 unter diesem Gesichtspunkt unangemessen benachteiligt gewesen sein soll. Im Hinblick auf die möglichen Kostennachteile hätte ein auch nach der angekündigten Entscheidung noch ausreichend Zeit gehabt zu überlegen, ob er die Anmeldung zurücknehmen will oder nicht. Dies gilt bei einer nunmehr im Jahr 2003 zu erwartenden Sachentscheidung des Patentamts ebenfalls.

Soweit der Anmelder seine Beschwerde hilfsweise als Dienstaufsichtsbeschwerde aufgefasst wissen will und das Bundespatentgericht als hierfür zuständige Stelle erachtet, verkennt er die Funktion des Bundespatentgerichts. Die Dienstaufsicht über die Beamten des Patentamts führt nicht das Bundespatentgericht, sondern der Präsident des Deutschen Patentamt- und Markenamts (vgl. dazu Benkard, PatG, 9. Aufl., § 26 Rdn 11; Schulte, PatG, 6. Aufl., § 26 Rdn 12).

Im Hinblick auf die lange Dauer des Prüfungsverfahrens ist die Prüfungsstelle des Deutschen Patent- und Markenamts nunmehr gehalten, dem Verfahren zügig seinen Fortgang zu geben.

Schülke Püschel Knoll Hu






BPatG:
Beschluss v. 12.12.2002
Az: 10 W (pat) 41/01


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