Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. Juni 2005
Aktenzeichen: 26 W (pat) 163/04

(BPatG: Beschluss v. 22.06.2005, Az.: 26 W (pat) 163/04)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist für die Waren

"Spielzeug einschließlich Fesseldrachen, Sportdrachen sowie Bausätze zur Herstellung von Fessel- und Sportdrachen; Sportartikel (soweit in Klasse 28 enthalten)".

der nachfolgende Streifen als farbige Bildmarke (sogen. "Silberstreifen") angemeldet.

Der Anmeldung ist als Beschreibung hinzugefügt:

"Die Marke ist an der Tragflächenkante eines Drachens angebracht, insbesondere im hinteren Bereich und die Kante umgreifend".

Die Markenstelle für Klasse 28 hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Nach den von der Rechtsprechung zu Positionsmarken entwickelten Grundsätzen sei darauf abzustellen, ob die Marke nur als branchenübliche Gestaltung der Ware erscheine und sich in einer einfachen Aufmachung wie zB in Form von Streifen, Bändern, Ringen etc im Sinne bloßer Hervorhebungsmittel erschöpfe oder ob sie über die typische und branchenübliche Gestaltungsformen hinausreichende Elemente aufweise, welche die Hinweisfunktion erfüllten. Dies sei dann anzunehmen, wenn sie aus dem verkehrsüblichen Rahmen der Gestaltungsvielfalt auf dem jeweiligen Warengebiet falle und sich nicht in gebräuchlichen Gestaltungsmerkmalen erschöpfe.

Diese Voraussetzungen erfülle die Anmeldung nicht. Gerade auf dem Warensektor der Fessel- und Sportdrachen seien silberfarbene Streifen ein weitverbreitetes Ausstattungselement, das häufig auch als schmückendes Hervorhebungsmittel verwendet werde. Im Hinblick auf die beanspruchten Drachen sei eine Branchenüblichkeit dahingehend feststellbar, dass diese diverse Farbgebungen besäßen und häufig auch mit Streifen der angemeldeten Art versehen seien, zumal die silberne Farbgebung im Erscheinungsbild mit anderen Drachenbauteilen wie zB Aluminium-Halterungen o.ä. korrespondiere.

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zwar sei die Markenstelle zutreffend davon ausgegangen, dass Gegenstand der Anmeldung eine sog. Positionsmarke sei, sie habe der angemeldeten Kennzeichnung aber zu Unrecht die erforderliche Unterscheidungskraft abgesprochen. Ihrer Ansicht nach stellt die Anmeldung nicht nur ein dekoratives Gestaltungsmittel dar. Die Beurteilung der Markenstelle beruhe auf ungenügenden, in ihrer Pauschalität unzutreffenden tatsächlichen Feststellung über die bei Fessel- und Sportdrachen üblichen Gestaltungsgepflogenheiten. Zwar weise die farbliche Ausstattung der am Markt erhältlichen Fessel- und Sportdrachen im allgemeinen eine große Farben- und Mustervielfalt auf, diese beschränke sich aber auf den inneren Bereich der von dem Drachenstoff gebildeten Tragfläche. Sie erstrecke sich dagegen nicht auf die von dem äußeren Drachengestänge bzw. von dem dieses umhüllenden Stoff gebildeten Tragflächen k a n t e n. Diese seien vielmehr bei den handelsüblichen Drachenmodellen in geringfügig variierender Breite ohne Hinzufügung weiterer verzierender Elemente stets einfarbig und von den übrigen Tragflächen farblich abgesetzt - weit überwiegend schlicht schwarz - gefasst. Die Tragflächenkanten seien deshalb gerade von der dekorativen Gestaltung des inneren Tragflächenbereichs ausgenommen. Da sich die angemeldete Marke auf eine (ungewöhnliche) Anbringung an den Tragflächenkanten von Fessel- und Sportdrachen beschränke und diese Kanten regelmäßig nicht besonders farblich gestaltet oder verziert seien, liege die Annahme fern, der Verkehr werde in der angemeldeten Aufmachung nur eine bloß dekorative Gestaltung sehen. Die Farbe Silber werde zudem nur äußerst selten zur Gestaltung der handelsüblichen Fessel- und Sportdrachen eingesetzt. Eine Verwendung von reflektierendem Material in Form von Linien oder Streifen der angemeldeten Art lasse sich überhaupt nicht feststellen. Ort der Anbringung und die Gestaltung der Anmeldung wirkten wie ein Etikett und verliehen ihr mithin die erforderliche Herkunftsfunktion.

II.

Die zulässige Beschwerde erweist sich in der Sache als unbegründet, denn auch nach Auffassung des Senats fehlt dem angemeldeten "Silberstreifen" die erforderliche Unterscheidungskraft (§§ 113 Abs 1; 37 Abs 1; 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG).

Bei seiner Beurteilung der als Bildmarke angemeldeten Kennzeichnung geht der Senat mit der Markenstelle und der Anmelderin davon aus, dass die Anmeldung als "sonstige Aufmachung" gem. § 3 Abs 1 MarkenG bzw als "Positionsmarke" geschützt werden soll. Dafür spricht nicht nur, dass der angemeldete rechteckige "Silberstreifen" als einfaches geometrisches Bildelement für sich gesehen offensichtlich nicht als Herkunftshinweis für Sportartikel wie "Drachen" in Betracht kommt (vgl. dazu Ströbele/Hacker MarkenG, 7. Aufl. § 8 Rdnr. 165, 202), sondern insbesondere die der Anmeldung beigefügte Beschreibung iSv § 12 Abs 3 MarkenV, wonach die Marke auf einem bestimmten Warenteil (Tragflächenkante eines Drachens) und auf eine bestimmte Art (die Kante umgreifend) angebracht sein soll (vgl. dazu zB BPatG Mitt 2000,114,115 - Positionierungsmarke).

Abgesehen von den Bedenken, die gegen die Spruchpraxis geäußert werden, die nicht unterscheidungskräftigen Bildelementen die erforderliche Unterscheidungskraft zubilligt, wenn sie auf einem bestimmten Warenteil an stets gleichbleibender Stelle in gleicher Form und Größe angebracht sind (vgl. dazu Ströbele/Hacker aaO § 8 Rdnr. 202), erfüllt die Anmeldung bereits insofern nicht die für Positionsmarken erforderlichen Voraussetzungen, als die der Anmeldung beigefügte Beschreibung insbesondere keine Angaben über die gleichbleibende Plazierung und Größe der Marke auf den beanspruchten Waren enthält. So beschränkt sich die Beschreibung auf die Angabe "insbesondere im hinteren Bereich" (der Tragflächenkante). Damit legt die Beschreibung nicht eindeutig fest, in welchem Bereich der Tragflächen der "Silberstreifen" die Kante - längs oder quer - mit welcher Größe umgreift. Völlig offen ist auch, auf welchem Warenteil der übrigen "Sportartikel" die Marke angebracht sein soll.

Selbst wenn die Angaben zur Positionierung des als Zeichen angemeldeten Silberstreifens als ausreichend angesehen würden, fehlt ihm das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 1 Nr 1 MarkenG. Auch als besondere Markenform unterliegt sie den gleichen rechtlichen Anforderungen wie andere Kennzeichenarten.

Unterscheidungskraft iSd vorgenannten Bestimmung ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom maßgeblichen Publikum als betriebliches Herkunfts- und Unterscheidungsmittel für die betreffenden Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden und damit die betriebliche Zuordnung dieser Waren zu ermöglichen (BGH GRUR 2001, 1153, 1154 - antiKALK; BlPMZ 2004, 30 f - Cityservice). Auch dieses Eintragungshindernis ist im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, das ihm zugrunde liegt, und das darin besteht, den freien Warenverkehr zu gewährleisten (EuGH GRUR 2002, 804, 805 und 809 - Philips; GRUR Int 2004, 943 - Farbe Orange). Für kennzeichnungsrechtliche Monopole ist damit nur Raum, soweit diese geeignet sind, dem Verbraucher die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren zu garantieren und damit die Herkunftsfunktion der Marke zu erfüllen. Es kommt darauf an, ob die Marke aus der Sicht des von den jeweiligen Waren angesprochenen Durchschnittsverbrauchers über technischfunktionelle oder über die typische Gestaltung der Ware hinausreichende charakteristische Merkmale aufweist, die aus dem verkehrsüblichen Rahmen der Gestaltungsvielfalt auf dem jeweiligen Warengebiet fallen (EuGH GRUR 2005, 229 - Form einer Flasche). Die Prüfung muß grundsätzlich streng und vollständig sein, um eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu vermeiden (EuGH GRUR 2003, 604 - Libertel).

Ein derart von der Norm oder der Branchenüblichkeit erheblich abweichendes Gestaltungsmerkmal weist die Anmeldung nicht auf: Selbst wenn sich der "Silberstreifen" farblich von der großen Farben- und Mustervielfalt der handelsüblichen Drachenmodelle abheben mag, wird der angesprochene Verkehr die etwaige farbliche Abweichung des "Silberstreifens" nur als eine von vielen möglichen farblichen Varianten der Bespannungen ansehen. Darüber hinaus wird er den metallisch wirkenden, reflektierenden Silberstreifen entweder nur als dekoratives Element oder - aufgrund des Umgreifens der Tragflächenkanten - nur als technischfunktionelle Verstärkung werten, mit der die Reißfestigkeit der Bespannung verbessert wird.

Der Beschwerde musste deshalb der Erfolg versagt werden.

Albert Friehe-Wich Kraft Ju






BPatG:
Beschluss v. 22.06.2005
Az: 26 W (pat) 163/04


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