Landgericht Braunschweig:
Urteil vom 12. Juli 2006
Aktenzeichen: 9 O 232/06

(LG Braunschweig: Urteil v. 12.07.2006, Az.: 9 O 232/06)

Zur Erstattungsfähigkeit von Lagerkosten für Sequestration von markenverletzenden Gegenständen im Rahmen einer einstweiligen Verfügung.

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 15,00 €nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 % über dem jeweils gültigenBasiszinssatz seit dem 11.06.2005 zu zahlen

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann dieVollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % desaufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden,wenn nicht vor der Vollstreckung die Beklagte Sicherheit in Höhevon 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Berufung wird zugelassen.

6. Der Streitwert wird auf 136,31 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin stellt Lederwaren, insb. Hand- und Reisetaschen her. In diesem Zusammenhang ist sie Inhaberin mehrerer Marken, z. B. einer Bildmarke mit dem bekannten €Toile Monogramm-Dekor€, bei dem die ineinandergeschriebenen Buchstaben L und V in einem rautenartigen Gittermuster mit verschiedenen stilisierten Blüten angeordnet sind (Anlage K 4).

Die Beklagte betreibt eine Boutique in Hannover, in der sie u. a. auch Lederwaren zum Verkauf anbietet. Im Herbst 2003 umfasste ihr Sortiment auch Artikel, die eine Ornamentik aufwiesen, welche dem o. g. Dekor der von der Klägerin hergestellten Produkte ähnlich sah, insb. auch das Logo L und V ineinandergeschrieben sowie stilisierte Blüten aufwies. Es handelte sich unstreitig um gefälschte Markenware.

Deswegen erwirkte die Klägerin eine einstweilige Verfügung (LG Braunschweig 9 O 2827/03 v. 16.10.2003 - Anlage K 2), die u. a. die Herausgabe der im Ladengeschäft der Beklagten vorhandenen markenverletzenden Waren an einen Gerichtsvollzieher vorsah. Diese erfolgte hinsichtlich der noch verbliebenen Stücke, nämlich einer Reisetasche und eines Kleidersacks, mit der Zustellung der einstweiligen Verfügung durch den Gerichtsvollzieher am 23.10.2003 (Wegnahmeprotokoll Anlage K 9). Mit dem Begleitschreiben an die jetzige Klägerin und damalige Antragstellerin v. 28.10.2003 (Anlage K 23) teilte der Gerichtsvollzieher mit, dass er die Gegenstände bei sich zuhause lagern und 5,- € Lagergebühr monatlich berechnen würde.

Mit Abschlussschreiben vom 23.01.2004 erkannte die Beklagte den Inhalt der einstweiligen Verfügung als endgültige Regelung des Streitverhältnisses an (Anlage K 11).

Die Abschlusserklärung nahm die Klägerin mit Schreiben vom 06.02.2004 an (Anlage K 12).

Die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens gem. Kostenfestsetzungsbeschluss sowie die Rechtsanwaltskosten, die darüber hinaus noch zur Herbeiführung der endgültigen Regelung des Streitverhältnisses anfielen, wurden von der Beklagten beglichen.

Mit Schreiben des Gerichtsvollziehers v. 30.11.2004 an die Klägerin (Anlage K 14) stellte sich heraus, dass die sequestrierten Taschen dort noch immer lagerten und Lagerkosten in Höhe von 65,00 € geltend gemacht wurden, die die Klägerin beglich. Sie erreichte beim Gerichtsvollzieher, dass dieser sich mit einer kostenlosen Vernichtung einverstanden erklärte. Mit Schreiben v. 17.01.2005 (Anlage K 16) verwahrte sich die Beklagte gegen die Übernahme der Kosten, erklärte sich jedoch mit der Vernichtung einverstanden, die dann auch erfolgte.

Die Klägerin ist der Meinung, die Beklagte habe die Kosten der Lagerung des Sequestrationsgutes zu tragen, weil es ihre Aufgabe gewesen wäre, die Gegenstände zur Vernichtung freizugeben. Sie ist weiter der Meinung, ihr stünde für die Geltendmachung dieses Vernichtungsanspruchs zusätzlich die Erstattung von außergerichtlichen Anwaltsgebühren zu. Sie setzt einen Gegenstandswert von 1200,00 €, dabei eine Mittelgebühr von 7,5/10 gem. §§ 11, 118 Abs. 1 S. 1 BRAGO nebst Post- und Telekommunikationspauschale an, was einen Betrag von 73,31 € zuzüglich der Lagergebühren i. H. v. 65,00 € ergibt.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie - die Klägerin - 136,31 € nebst Zinsen i. H. v. 5 % über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 11.Juni 2005 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Meinung, die Lagergebühren und damit auch die Anwaltskosten fielen der Klägerin zur Last. Bereits mit der Abschlusserklärung habe sie - die Beklagte - der Vernichtung der Gegenstände zugestimmt. Im Übrigen seien Lagerkosten schon deswegen nicht entstanden, weil der Gerichtsvollzieher die Taschen bei sich zuhause eingelagert habe.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 06.06.2006 Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig (I.), jedoch nur teilweise begründet (II.).

I.

Das Landgericht Braunschweig ist zur Entscheidung des Rechtsstreits berufen, da der Streitgegenstand nicht von Kosten der Zwangsvollstreckung i. S. v. § 788 ZPO gebildet wird, eine Beitreibung zugleich mit dem zur Zwangsvollstreckung stehenden Anspruch aus der o. g. einstweiligen Verfügung demzufolge nicht möglich gewesen wäre. Es handelt sich vielmehr um einen hiervon isolierten zivilrechtlichen Anspruch (1.). Dieser betrifft eine Kennzeichenstreitsache i. S. v. § 140 MarkenG, was die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Braunschweig auslöst (2.).

171. Hinsichtlich der Einordnung des durch eine Lagerung sequestrierten Gutes im Nachgang einer einstweiligen Verfügung entstehenden Kosten haben verschiedene Obergerichte in der Vergangenheit mit unterschiedlichen Ergebnissen Stellung genommen. Die Kammer folgt der Meinung, die das Schleswig-Holsteinische OLG - soweit ersichtlich in ständiger Rechtsprechung - vertritt, da für sie im Verhältnis zu der z. B. vom KG in NJW-RR 1987, S. 574 vertretenen Rechtsauffassung die besseren Gründe streiten.

18Die Vernichtung sequestrierten Gutes stellt keine bloße Vollstreckung einer einstweiligen Verfügung dar, deren Tenor - wie hier - lediglich auf Herausgabe der streitbefangenen Gegenstände an den Gerichtsvollzieher lautet. Der entsprechende Titel war mit Herausgabe der Gegenstände diesbezüglich gleichsam €verbraucht€ (vgl. SchHOLG JurBüro 1979, S. 918; 1992, S. 703; 1996, S. 89; vgl. zu dem Fall der Hauptsache und eines auf Vernichtung lautenden Tenors Fezer, MarkenR, 3. A. § 18, Rn. 32).

19Der Gerichtsvollzieher verwahrte die Plagiate demzufolge im Auftrag der Klägerin unter Ausschluss der Beklagten bis zur endgültigen Klärung der Rechtslage und damit gerade unabhängig von einer einstweiligen Verfügung, die nach ihrem Sinn und Zweck - anders als eine auf Vernichtung lautende Hauptsacheentscheidung - nur eine vorübergehende Regelung schafft. Grundlage des weiteren Tätigwerdens des Gerichtsvollziehers ist allein die Beauftragung durch die Klägerin.

20Die Kammer hält es nicht für richtig, in diesem Zusammenhang zu differenzieren, wie es das KG in der Entscheidung NJW-RR 1987, S. 574 und das OLG Koblenz in MDR 1981, S. 855 getan haben. Nach der dort vertretenen Auffassung soll es bei der Frage, ob die Kosten der Lagerung zu den Kosten der Vollstreckung der einstweiligen Verfügung selbst zu zählen sind, auf die Interpretation des jeweiligen Tenors ankommen. Als Indiz stellen die vorgenannten Gerichte auf Formulierungen wie €(...)Herausgabe an einen vom Antragsteller zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Verwahrung€ ab. Eine solche Wendung würde die Lagerung in den Regelungsgehalt der einstweiligen Verfügung einbeziehen.

Die Problematik und letztendlich zu geringe Trennschärfe dieser Auffassung zeigt der hier in Rede stehende Fall: Ziffer 3 des Tenors der einstweiligen Verfügung v. 16.10.2003 enthält zwar die Formulierung, auf die KG und OLG Koblenz (s. o.) abstellen - €(...) zum Zwecke der Verwahrung (...)€ - jedoch auch den Zusatz: €(...) im Hinblick auf eine spätere Vernichtung€. Sollte bei dieser Diktion nach Auffassung der vorgenannten Gerichte nun sogar die Vernichtung Teil der Vollstreckung der einstweiligen Verfügung sein€ Im Ergebnis wohl sicher nicht, da dies dem Zweck der einstweiligen Verfügung als vorläufige Regelung widerspräche. Entsprechend vorstehender Auffassung müsste man dann aber zwischen der Wendung €zum Zwecke€ und €im Hinblick auf€ differenzieren, was wenig praktikabel erscheint. Im Ergebnis wäre es für die Parteien von Details der Formulierung des Tenors abhängige €Glücksache€, ob sie anfallende Lagerkosten gesondert oder im Wege der Kostenfestsetzung beizutreiben hätten.

Vergleichbare Probleme entstehen, wenn man mit dem KG und dem OLG Koblenz (jeweils a. a. O.) in diesem Zusammenhang auch noch zwischen €Verwahrung€ und €Sequestration€ unterscheidet, wobei ersterer Teil der Vollstreckung der einstweiligen Verfügung sein soll, letztere aber nicht. Die Gerichte verwenden oft - so auch im hier vorliegenden Fall, vgl. die Begründung der Verfügung v. 16.10.2003: €(...) angeordnete Sequestration (...)€ - die Begriffe €Verwahrung€ und €Sequestration€ synonym.

Eine allgemeingültige Regel erscheint daher deutlich vorzugswürdig.

Hierfür sprechen auch weitere praktische Gründe: Lagerkosten müssen keineswegs so niedrig ausfallen, wie die hier in Rede stehenden. Im Gegenteil, denkt man an umfangreiche Posten kennzeichenverletzender Güter, an patentverletzende Großmaschinen, gar an bei ganz bestimmten Temperaturen zu lagernde Generika, an lebende Tiere, gefährliche Chemikalien oder besonders wertvolle und daher streng zu bewachende Gegenstände, können leicht hohe Summen anfallen und spezielle Fragen des jeweils betroffenen Rechtsgebiets auftauchen. Das formalisierte, rein schriftliche und nicht auf bestimmte Rechtsgebiete spezialisierte Kostenfestsetzungsverfahren ist hierfür nicht ausgelegt. Es erscheint daher sinnvoll, auch die Frage der Berechtigung und des Umfangs eines Anspruchs auf Ersatz von Lagerkosten von den spezialisierten Kammern bzw. Gerichten entscheiden zu lassen, die ebenfalls für die einstweilige Verfügung selbst sowie die Hauptsache zuständig sind.

2. Mit den Ausführungen des vorstehenden Absatzes ist bereits die Begründung der Entscheidung zur sachlichen und örtlichen Zuständigkeit teilweise vorweg genommen. Handelt es sich bei dem geltend gemachten Anspruch nicht um Kosten der Zwangsvollstreckung, so muss es sich um eine Kennzeichenstreitsache i. S. v. § 140 MarkenG handeln. Dies allein schon deswegen, weil die Klägerin der nicht schon auf den ersten Blick von der Hand zu weisenden Auffassung ist, der Anspruch auf die Klagesumme habe seine Grundlage in dem Vernichtungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus §§ 18 Abs. 1 i. V. m. § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich demnach aus § 140 Abs. 2 MarkenG i. V. m. § 12 VO v. 22.01.1998 (Nds. GVBl. 1998, S. 66).

II.

26Nach Auffassung der Kammer ist die Klage nur insoweit begründet, als die Klägerin Ersatz derjenigen Lagerkosten verlangt, die bis zum Zugang der Abschlusserklärung v. 23.01.2004 entstanden sind (1.). Darüber hinaus besteht kein Anspruch (2.) und zwar weder hinsichtlich der über diesen Zeitpunkt hinausgehenden Lagerkosten (2. a.) noch für die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung (2. b.).

271. Die Klägerin hat Anspruch auf Ersatz der bis zum Zugang der Abschlusserklärung entstandenen Lagerkosten unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes gem. § 14 Abs. 6 MarkenG. Von dem Anspruch auf Ersatz des durch die Rechtsverletzung, also des Verkaufs von Plagiaten, entstandenen Schadens sind auch die Kosten notwendiger Rechtsverfolgung umfasst (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2te Aufl., Vor §§ 14 - 19, Rn. 118, 149). Es handelt sich hier der Sache nach um eine konkrete Ausprägung des allgemein anerkannten Grundsatzes, dass der Schädiger auch denjenigen Schaden zu ersetzen hat, der dem Geschädigten durch angemessene Reaktionen auf die schädigende Handlung bzw. den Eintritt des Schadens zusätzlich entsteht (vgl. Thomas, in: Palandt, BGB, 2te Aufl., Einf. v. § 823, Rn. 14). Solche, auf den ersten Blick an sich selbstschädigenden Handlungen sind vom Schutzzweck der durch den Schädiger verletzten Norm regelmäßig noch umfasst (für den Ausnahmefall der unverschuldeten Verletzung kann ein Anspruch ggf. auch auf GoA gestützt werden, vgl. Ingerl/Rohnke, a. a. O., Rn. 150).

Zu diesen vom Schädiger durch die schädigende Handlung herausgeforderten Kosten gehören auch die Lagerkosten, welche der Klägerin vordergründig durch die (konkludente) Einigung mit dem Gerichtsvollzieher über die Verwahrung der in Rede stehenden Plagiate entstanden sind.

Die Klägerin hat mit dem Erwirken einer einstweiligen Verfügung und anschließender außergerichtlicher Einigung unter Vermeidung eines Hauptsacheverfahrens den unter Zeit- und Kostenaspekten effektivsten Weg gewählt, den die Rechtsordnung vorsieht, um einerseits eine aktuell bestehende Rechtsverletzung zu unterbinden und andererseits die Durchsetzung des Anspruchs auf Vernichtung der Plagiate zu sichern.

§§ 935 ff. ZPO ermöglichen den einstweiligen Rechtsschutz gerade in Fällen, in denen aktuell Schaden droht bzw. z. Zt. bereits eintritt, was eben der Fall ist, wenn ein Plagiator seine Ware zum Kauf anbietet. Diesen Weg zu wählen, war demnach richtig und gesetzlich vorgesehen. Allein auf diesem Wege konnte aber der durch § 18 MarkenG normierte Anspruch auf Vernichtung der Verletzungsgegenstände nicht durchgesetzt werden, da die Vernichtung ihrem Wesen nach ein endgültiger Zustand ist. Das Institut der einstweiligen Verfügung verbietet von eng begrenzten und hier nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen die sog. Vorwegnahme der Hauptsache. Demzufolge war nach Vollstreckung des einstweilig regelnden Titels noch eine Verwahrung der Plagiate bis zur endgültigen Klärung notwendig.

Die Kosten der Lagerung für die Monate November 2003 bis inklusive Januar 2004 sind damit als notwendige Kosten der Rechtsverfolgung anzusehen.

Da die Beklagte hinsichtlich des Anbietens der Plagiate mindestes Fahrlässigkeit, wenn nicht sogar Vorsatz zur Last fällt, kommt es auf die Frage, ob die Klägerin den Ersatz der Kosten auch aufgrund einer verschuldensunabhängigen Anspruchsgrundlage, wie etwa der GoA, verlangen könnte, nicht an.

Sofern die Beklagte der Meinung ist, die Einlagerung hätte kostengünstiger z. B. in der Pfandkammer erfolgen können, die Klägerin habe daher gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen, ihr falle hinsichtlich der Höhe des Schadens ein Mitverschulden zu Last, ist dieser Vortag unzutreffend. Die Verwahrungskosten wären dort auch angefallen (vgl. 140 Nr. 2 GVGA).

2. Anders stellt sich die Situation nach Auffassung der Kammer für die Zeit nach Zugang der Abschlusserklärung dar.

a. Indem die Klägerin die Einlagerung auch nach Zugang der Abschlusserklärung aufrechterhielt, verstieß sie gegen ihre Schadensminderungspflicht bzw. die ab dann entstandenen Kosten sind als nicht notwendige Kosten schon nicht mehr vom Schutzzweck des § 14 Abs. 6 MarkenG umfasst.

Grundsätzlich stellt die Abschlusserklärung ein Anerkenntnis dar, ist aber selbst kein Titel für die Vernichtung (Ingerl/Rohnke, Markenrecht, 2. A, § 18, Rn. 37). Aufgrund der Umstände des hier in Rede stehenden Einzelfalls gab es hier aber nach Zugang der Abschlusserklärung keinen weiteren Anlass mehr, die Lagerung der weggenommenen Plagiate aufrecht zu erhalten. Jeweils aus Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers mussten beide Seiten in der Abschlusserklärung der Beklagten auch die Zustimmung zur Vernichtung der eingelagerten Taschen sehen.

Zwar besteht der Vernichtungsanspruch nach § 18 MarkenG nicht ausnahmslos im Hinblick auf jeden Verletzungsgegenstand, sondern ist vielmehr dadurch bedingt, dass die Rechtsverletzung nicht durch mildere Mittel wie etwa Entfernung eines Labels, Ausbau eines patentverletzenden Bauteils o. ä. behoben werden kann. Demnach käme es prinzipiell in Betracht, dass zur endgültigen Regelung des Streitverhältnisses auch eine andere Regelung als die der Vernichtung getroffen wird. Im vorliegenden Fall ist diese jedoch rein theoretisch. Die Verletzungsgegenstände sind mit dem verletzenden Label L und V bedruckt. Es kann nicht, zumindest nicht mit vertretbarem Aufwand entfernt werden. Demnach ist der hier vorliegende Fall geradezu der klassische Fall, in dem ein milderes Mittel zur Beendigung des rechtsverletzenden Zustands nicht gegeben ist und demnach ein Anspruch auf Vernichtung besteht. Hiervon geht - geradezu selbstverständlich - auch schon die einstweiligen Verfügung aus, wie die bereits vorstehend zitierte Wendung €im Hinblick auf eine spätere Vernichtung€ zeigt. Wenn die Beklagte also mit Schreiben vom 23.01.2004 mitteilt, dass sie die einstweilige Verfügung als endgültige Regelung des Streitverhältnisses anerkenne, so kann dies nach Auffassung der Kammer aus der Position eines objektiven Erklärungsempfängers nicht anders verstanden werden, als dass sich die Beklagte auch mit der Vernichtung der Gegenstände einverstanden erklärt, zumal alles andere wohl auch keine €endgültige€ Regelung wäre. €Endgültig€ impliziert nach Auffassung der Kammer, dass die Regelung allumfassend ist und keine offene Frage mehr ausklammert.

Dies hat wohl auch die Klägerin so gesehen, da sie im Schreiben vom 06.02.04 (Anlage K 12) nochmals wegen der Kosten des Abschlussschreibens, nicht aber wegen der Vernichtung nachgefasst hat.

b. Aus vorstehenden Ausführungen ergibt sich entsprechend, dass die Klägerin auch keinen Anspruch auf Ersatz von Anwaltskosten aufgrund anwaltlicher Tätigkeit nach Prüfung der Abschlusserklärung hat. Anwaltliche Tätigkeit zur Durchsetzung des Vernichtungsanspruch war nicht mehr erforderlich, da sich die Beklagte bereits mit der Vernichtung der Plagiate einverstanden erklärt hatte.

Dem kann die Klägerin auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, eine von der Abschlusserklärung gesonderte Erklärung des Einverständnisses mit der Vernichtung sei notwendig gewesen, weil sich der Gerichtsvollzieher ansonsten geweigert hätte, die Vernichtung vorzunehmen. Denn zunächst war die Zustimmung zur Vernichtung, wie dargelegt, zumindest im hier vorliegenden Fall in der Abschlusserklärung bereits enthalten. Hätte der Gerichtsvollzieher dies nicht akzeptiert, hätte es sich um eine Fehlinterpretation seinerseits gehandelt, die von der Beklagten nicht zu vertreten gewesen wäre. Zum anderen ist dieser Einwand der Klägerin ohnehin spekulativ und durch das Schreiben des Gerichtsvollziehers vom 30.11.2004 keinesfalls gedeckt. Dort erklärt der Gerichtsvollzieher, er werde die Sachen €auf Wunsch€ vernichten. Dass die Ausführung eines entsprechenden Wunsches noch von einem Einverständnis seitens der Beklagten abhängig sein soll, wird nicht einmal angedeutet, obwohl ein entsprechender Hinweis mehr als nahegelegen hätte, wäre vorstehende Vermutung der Klägerin zutreffend.

Ebenfalls ohne Erfolg muss die Bemerkung des Vertreters der Klägerin in der mündlichen Verhandlung bleiben, es sei in solchen Fällen üblich, die außergerichtliche Durchsetzung des Vernichtungsanspruchs extra zu berechnen. Da dies im vorliegenden Fall zunächst, nämlich bei der Kostennote im Nachgang der Abschlusserklärung, vergessen wurde, sei die nachträgliche Berechnung gerechtfertigt.

Denn die Beklagte hat unstreitig die Kosten für die außergerichtliche Tätigkeit der Vertreter der Klägerin bei der Herbeiführung und Prüfung der Abschlusserklärung beglichen. Es gibt keinerlei Anlass anzunehmen, dass der diesbezüglich in der entsprechenden Kostennote angesetzte Gegenstandswert die Durchsetzung des Vernichtungsanspruch nicht umfasst hätte. Im Gegenteil stellt sich die Frage, warum mit der Begleichung der Kostennote zwar die außergerichtliche Durchsetzung des klägerischen Anspruchs auf Unterlassung zukünftiger Verkäufe von Plagiaten nicht jedoch desjenigen auf Vernichtung der bereits vorhandenen Plagiate abgegolten sein soll€ Dies ist zumindest nach dem Sachvortrag der Klägerin, der der Kammer vorliegt, nicht nachvollziehbar.

3. Da die Klägerin Zinsen erst ab dem 11.06.2005 geltend macht, hatte die Kammer nicht über die Frage zu entscheiden, ob Zinsen bereits zu einem früheren Termin, etwa dem Ablehnungsschreiben der Beklagten vom 17.01.2005 angefallen sind.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Angesichts des geringfügigen Unterliegens der Beklagten erscheint es nicht gerechtfertigt, ihr die Kosten auch nur zum Teil aufzuerlegen.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

IV.

Die Berufung wird gem. § 511 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 ZPO zugelassen. Die rechtliche Einordnung von Lagerkosten in Folge von Sequestration bzw. Verwahrung wurde, wie dargelegt, von den Gerichten in der Vergangenheit uneinheitlich beantwortet. Angesichts der naheliegenden Möglichkeit sehr hoher Lagerkosten (s. o.) ist eine einheitliche Rechtsprechung anzustreben.






LG Braunschweig:
Urteil v. 12.07.2006
Az: 9 O 232/06


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