Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. Januar 2011
Aktenzeichen: 23 W (pat) 27/06

(BPatG: Beschluss v. 18.01.2011, Az.: 23 W (pat) 27/06)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I 1. Tatbestand Die Patentanmeldung DE 100 34 037.7-33 wurde unter Inanspruchnahme einer japanischen Priorität vom 14. Juli 1999 (AZ: JP 99-200382) am 13. Juli 2000 beim Deutschen Patentund Markenamt mit der Bezeichnung "Organische elektrolumineszierende Vorrichtung und Verfahren zu ihrer Herstellung" angemeldet. Von der Anmelderin wurden in den ursprünglichen Unterlagen als eigener Stand der Technik die Druckschriften Tang et al., Appl. Phys. Lett., Bd. 51 (12), p 913 (1987), H. Nakata, Display and Imaging, Bd. 5, S. 273 bis 277 (1997), H. Nakata, "Basics and Applications of Organic EL Devices", Veröffentlichung des 6th Meeting of Organic Molecular Electronics and Bioelectronics, the Japan Society of AppliedPhysics, S. 147 bis 154 (1997), S. Ohtsuki, "Basics and Applications of Organic EL Devices", Veröffentlichung des 6th Meeting of Organic Molecular Electronics and Bioelectronics, the Japan Society of Applied Physics, S. 139 bis 146 (1997) und N. Asai et al., Display and Imaging, Bd. 5, S. 279 bis 283 (1997).

genannt.

Die Prüfungsstelle für Klasse H 01 L des Deutschen Patentund Markenamts hat im Prüfungsverfahren als weiteren Stand der Technik die Druckschriften ermittelt:

1) EP 0 566 736 A1, 2) EP 0 854 024 A2 und 3) EP 0 506 368 A2.

Die Prüfungsstelle hat mit Beschluss vom 12. Dezember 2005 die Anmeldung zurückgewiesen, weil das Verfahren nach dem am 4. März 2005 eingereichten, geltenden Patentanspruch 1 im Hinblick auf die Druckschrift 1) i. V. m. üblichen fachmännischen Kenntnissen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhte.

In der mündlichen Verhandlung vom 18. Januar 2011 verteidigt die Beschwerdeführerin ihre Anmeldung mit einem Hauptantrag und sechs Hilfsanträgen.

Sie beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und -das Patent auf der Grundlage der am 13. Januar 2011 eingegangenen Ansprüche 1 bis 5 gemäß Hauptantrag, den in der mündlichen Verhandlung eingereichten Beschreibungsseiten 1 bis 38, und den am 12. Oktober 2000 eingegangenen Zeichnungen, Figurenen 1 bis 3 zu erteilen,

-hilfsweise das Patent auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung eingereichten Ansprüche 1 bis 5 gemäß Hilfsantrag 1, den am 16. Februar 2006 eingegangenen Beschreibungsseiten 1 bis 38, im Übrigen gemäß Hauptantrag zu erteilen,

-weiter hilfsweise das Patent auf der Grundlage der am 13. Januar 2011 eingegangenen Ansprüche 1 bis 4 gemäß Hilfsantrag 2, den in der mündlichen Verhandlung eingereichten und noch anzupassenden Beschreibungsseiten 1 bis 38, im Übrigen gemäß Hauptantrag zu erteilen,

-weiter hilfsweise das Patent auf der Grundlage der am 13. Januar 2011 eingegangenen Ansprüche 1 bis 3 gemäß Hilfsantrag 3, den in der mündlichen Verhandlung eingereichten und noch anzupassenden Beschreibungsseiten 1 bis 38, im Übrigen gemäß Hauptantrag zu erteilen,

-weiter hilfsweise das Patent auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung eingereichen Ansprüche 1 bis 5 gemäß Hilfsantrag 4, den in der mündlichen Verhandlung eingereichten und noch anzupassenden Beschreibungsseiten 1 bis 38, im Übrigen gemäß Hauptantrag zu erteilen,

-weiter hilfsweise das Patent auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung eingereichen Ansprüche 1 bis 5 gemäß Hilfsantrag 5, den am 16. Februar 2006 eingereichten und noch anzupassenden Beschreibungsseiten 1 bis 38, im Übrigen gemäß Hauptantrag zu erteilen.

-weiter hilfsweise das Patent auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung eingereichen Ansprüche 1 bis 3 gemäß Hilfsantrag 6, den in der mündlichen Verhandlung eingereichten und noch anzupassenden Beschreibungsseiten 1 bis 38, im Übrigen gemäß Hauptantrag zu erteilen.

Außerdem beantragt die Anmelderin, die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen.

Der mit dem Hauptantrag unverändert weiterverfolgte ursprüngliche Patentanspruchs 1 hat nach Merkmalen a. bis f. 1 untergliedert folgenden Wortlaut:

"1. Verfahren zur Herstellung einer organischen elektrolumineszierenden Vorrichtung, zumindest umfassend:

a.

(A) einen Schritt, in dem eine erste Elektrode auf einem Substrat ausgebildet wird, b.

(B) einen Schritt, in dem auf der ersten Elektrode ein oder mehrere dünne Schichten aus einer organischen Verbindung ausgebildet werden, welche eine lumineszierende Schicht umfassen, undc.

(C) einen Schritt, in dem auf der oder den organischen Schicht(en) eine zweite Elektrode ausgebildet wird, d.

wobei in dem Verfahren das Substrat bei einer Temperatur von 70 0C oder darunter gehalten wird unde.

die Änderungsrate der Temperatur des Substrats als absoluter Wert bei 1,5 0C/s oder darunter gehalten wird währendder Schritte (B) und (C), zwischen den Schritten (B) und (C) undf. nach Beendigung des Schrittes (C) bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Temperatur des Substrats der Raumtemperatur entspricht."

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 geht aus dem Verfahren gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag dadurch hervor, dass das Teilmerkmal d. folgende Fassung erhält:

d. wobei in dem Verfahren das Substrat während Schritt (C) bei einer Temperatur zwischen 40 0C und 70 0C gehalten wird und...

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 geht aus dem Verfahren gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag dadurch hervor, dass das Teilmerkmal d. folgende Fassung erhält und das Teilmerkmal g. angefügt wird:

d.

wobei in dem Verfahren durch Überwachen und Steuern der Temperatur des Substrats das Substrat bei einer Temperatur von 70 0C oder darunter gehalten wird und...

g.

und wobei die Schritte (B) und (C) durch Vakuumabscheidung durchgeführt werden.

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 geht aus dem Verfahren gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag dadurch hervor, dass an den Patentanspruch 1 nach Hauptantrag folgende Teilmerkmale g. bis i. angefügt werden:

g. wobei die Schritte (B) und (C) durch Vakuumabscheidung unter Verwendung einer Vakuumabscheidungsvorrichtung durchgeführt werden, welche mindestens umfasst:

h.

(1) einen Substrathalter mit einer glatten flachen Oberfläche zur Aufnahme des Substrats, undi.

(2) eine Substrattemperatursteuerung zum steuern der Temperatur der Seite des Substrats, auf der die Schicht ausgebildet wird, welche mindestens umfasst: (2 -1) einen Temperaturfühler, (2 -2) eine Rechnereinheit und (2 - 3) eine Wärmequelle und eine Wärmesenke.

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 4 geht aus dem Verfahren gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag dadurch hervor, dass die Teilmerkmale d. und e. folgende Fassung erhalten:

d.

wobei in dem Verfahren das Substrat auf der Seite, auf der die Schicht ausgebildet wird, bei einer Temperatur von 70 0C oder darunter gehalten wird unde.

die Änderungsrate der Temperatur des Substrats auf der Seite, auf der die Schicht ausgebildet wird, als absoluter Wert bei 1,5 0C/s oder darunter gehalten wird während der Schritte (B) und (C), zwischen den Schritten (B) und (C) und...

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 5 geht aus dem Verfahren gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag dadurch hervor, dass das Teilmerkmal d. folgende Fassung erhalten:

d. wobei in dem Verfahren das Substrat während Schritt (C) bei einer Temperatur zwischen 50 0C und 70 0C gehalten wird und...

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 6 geht aus dem Verfahren gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 dadurch hervor, dass an den Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 mit den Teilmerkmalen a. bis i. als kennzeichnender Teil weitere Teilmerkmale j. bis l. angefügt werden:

..., dadurch gekennzeichnet, dass das Verfahren ferner umfasst:

j.

(D) einen Schritt, in dem zwischen der glatten flachen Oberfläche des Substrathalters und dem Substrat ein weiches Metall eingefüllt wird, so dass kein Hohlraum verbleibt, undk.

(E) einen Schritt, in dem der Substrathalter und das Substrat unter Druck verbunden werden, l.

wobei die Schritte (D) und (E) vor den Schritten (A) bis (C) ausgeführt werden.

Bezüglich der Unteransprüche 2 bis 5 nach Hauptantrag wird auf die ursprüngliche Patentanmeldung verwiesen. Bezüglich der Unteransprüche der Hilfsanträge 1 bis 6 und hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II 2. Anmeldungsgegenstand Bei organischen elektrolumineszierenden Vorrichtungen (OLED's) tritt an Kreuzungspunkten von elektrischen Ansteuerungsansschlüssen (Zeilen und Reihen) ein Kreuzkopplungs-Phänomen auf mit einer Pixel-Lumineszenz in Form eines Kreuzes, so dass das Display eine Abbildung von sehr schlechter Qualität zeigt, vgl. Anmeldungs-OS Seite 2, Zn. 40 bis 48.

Es werden auch geringe Verlustströme in Sperrrichtung beobachtet, die z. B. durch (1) inhärente Eigenschaften der verwendeten Materialien der organischen Schichten und der Elektroden bestimmt werden, und (2) durch physikalische Schwankungen der organischen Schichten und der Metallschichten, wie fehlende Gleichmäßigkeit in jeder der Schichten, vgl. Anmeldungs-OS Seite 2, Zn. 49 bis 57.

Als technisches Problem liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, eine organische EL-Vorrichtung zur Verfügung zu stellen, bei der eine hohe Gleichrichtung erreicht wird und gleichzeitig die Eigenschaften herkömmlicher EL-Vorrichtung erhalten bleiben, sowie eine organische EL-Platte, bei der diese Vorrichtung verwendet wird, vgl. Anmeldungs-OS Seite 2, Z. 67 f.

Dieses Problem wird durch ein Verfahren gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag gelöst.

Dabei ist es wesentlich, dassd.

in dem Verfahren das Substrat bei einer Temperatur von 70 0C oder darunter gehalten wird unde.

die Änderungsrate der Temperatur des Substrats als absoluter Wert bei 1,5 0C/s oder darunter gehalten wird während der Schritte (B) undf.

nach Beendigung des Schrittes (C) bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Temperatur des Substrats der Raumtemperatur entspricht.

In der zugehörigen Beschreibung wird zu der maximalen Temperatur ausgeführt, dass diese bei 70 0C oder darunter, insbesondere bevorzugt bei 50 0C oder darunter liegt, um die erfindungsgemäße Wirkung zuverlässig zu erzielen. Um das erfindungsgemäße Verfahren ausführen zu können, kann die niedrigste Temperatur des Substrats bis zu -200 0C betragen, bei einer praktischen Ausführung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird jedoch die Temperatur des Substrats im allgemeinen ungefähr bei Raumtemperatur gehalten, vgl. Anmeldungs-OS, Seite 3, Z. 66 bis Seite 4, Z. 4.

Zu den Änderungsraten der Substrattemperatur wird in der zugehörigen Beschreibung angegeben, dass diese vorzugsweise in einem Bereich von 1,5 0C/s oder darunter gehalten werden, besonders bevorzugt in einem Bereich von 0,75 0C/s oder darunter gehalten werden, insbesondere bevorzugt bei 0 0C/s (konstante Substrattemperatur), vgl. Anmeldungs-OS, Seite 6, Zn. 17 bis 20.

Das oben genannte Problem wird ferner durch die Verfahren gemäß den jeweiligen Patentansprüchen 1 nach den Hilfsanträgen 1 bis 6 gelöst. Die über die vorgenannten Maßnahmen jeweils hinausgehenden wesentlichen Lösungsmerkmale dieser Verfahren ergeben sich aus vorstehenden Analyse der von der Beschwerdeführerin vorgenommenen Änderungen in den jeweiligen Patentansprüchen 1 der Hilfsanträge.

3. Zulässigkeit der jeweiligen Patentansprüche 1 nach Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 bis 6 Der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ist identisch mit dem ursprünglich eingereichten Patentanspruch 1 und somit zulässig.

Die Lehren der jeweiligen Patentansprüche 1 gemäß den Hilfsanträgen 1 bzw. 5 sehen gemäß dem Teilmerkmal d. vor, dass die Substrattemperatur zwischen 40 0C und 70 0C bzw. zwischen 50 0C und 70 0C gehalten wird. Zwar sind als Obergrenze für die Substrattemperatur 70 0C bzw 50 0C ursprünglich offenbart, jedoch sind als Untergrenze für die Substrattemperatur lediglich -200 0C bzw. "Raumtemperatur" offenbart, vgl. ursprüngliche Beschreibung Seite 8, 3. und 4. Abs.

Somit sind die in diesen Ansprüchen als Untergrenze für die Substrattemperatur angegebenen Werte von 40 0C bzw. von 50 0C ursprünglich nicht offenbart, so dass die jeweiligen Patentansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 1 und 5 unzulässig sind.

Mit den Patentansprüchen 1 der Hilfsanträge 1 und 5 fallen auch die abhängigen Unteransprüche dieser Hilfsanträge.

Die Zulässigkeit der jeweiligen Patentansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 2 bis 4 und 6 kann dahinstehen, weil die Verfahren gemäß dem jeweiligen Patentanspruch 1 dieser Hilfsanträge im Hinblick auf die Druckschrift 1) aus dem Prüfungsverfahren in Verbindung mit üblichen fachmännischen Kenntnissen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Fachmanns beruhen, vgl. BGH GRUR 1991, 120, 121 Abschnitt II. 1. - "Elastische Bandage".

4. Patentfähigkeit Als zuständiger Fachmann zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit der patentgemäßen Lösungen ist hier ein berufserfahrener, mit der Entwicklung von Verfahren zur Herstellung von OLED's betrauter Diplom-Physiker mit Universitätsabschluss zu definieren.

Zunächst wird wegen des Antrags auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr die Patentfähigkeit des Verfahrens gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag abgehandelt. Sodann wird die Lehre des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 6 auf Patentfähigkeit geprüft, weil dieser als umfassendste Verfahrensanspruch auch die Lehren der jeweiligen Patentansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 2 bis 4 umfasst.

5. Patentfähigkeit des Hauptantrages Die Druckschrift 1) aus dem Prüfungsverfahren offenbart in der Terminologie des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag ein Verfahren zur Herstellung einer organischen elektrolumineszierenden Vorrichtung, zumindest umfassend:

-(A) einen Schritt, in dem eine erste Elektrode auf einem Substrat ausgebildet wird (a glass plate ... on which an ITO electrode was formed/ vgl. dort Example 1, Seite 15, Zn. 47 bis 48 -zu Merkmal a.),

-(B) einen Schritt, in dem auf der ersten Elektrode eine oder mehrere dünne Schichten aus einer organischen Verbindung ausgebildet werden, welche eine lumineszierende Schicht umfassen (The cleaned transparent substrate was fixed on a substrate holder in a commercially available vacuum vapordeposition apparatus. And 200 mg of TPDA as a material for a holeinjecting layer (15) was placed in a molybdenum resistance heat boat and 200 mg of Alq as a material for a lightemitting layer (16) was placed in other molybdenum resistance heat boat / vgl. dort die Beschreibung Seite 15, Zn. 52 bis 58 sowie die dortigen Patentansprüche 3, 5, 6 und 12 sowie Figur 3 mit zugehöriger Beschreibung -zu Merkmal b.), und -(C) einen Schritt, in dem auf der oder den organischen Schicht(en) eine zweite Elektrode ausgebildet wird (..., whereby there was formed a 150 nm thick opposite electrode 17 of a mixed metal of magnesium and indium / vgl. dort die Beschreibung Example 1, Seite 16, Zn. 15 bis 16 sowie Figur 3 mit zugehöriger Beschreibung -zu Merkmal c.),

-wobei in dem Verfahren das Substrat bei einer Temperatur von 70 0C oder darunter gehalten wird (Nach dem Abscheiden von TPDA für die Löcher-Injektionsschicht (15) und nach dem Abscheiden von Alq für die Lichtemittierende Schicht

(16) und nach dem Abscheiden der zweiten Elektrode wurde jeweils die Substrattemperatur gemesse, immer mit dem Ergebnis: "At this time, the substrate temperature was at room temperature." / vgl. dort die Beschreibung Seite 16, Zn. 1 bis 20, insbesondere Z. 3 f., 8 und 16 -zu Merkmal d.)

Der Einwand der Beschwerdeführerin, dass diese Messungen zu isolierten Einzelzeitpunkten vorgenommen wurden, vermag insofern nicht zu überzeugen, als es in der Druckschrift 1) Hinweise gibt, die Überwachung der Substrattemperatur kontinuierlich vorzunehmen und diese auf Raumtemperatur zu halten (A holeinjection layer was formed on the ITO film, further a lightemitting layer was formedfrom Alq on the holeinjection layer in the same manner as in Example 1. During the formation of these, the substrate temperature at room temperature / vgl. dort die Beschreibung Example 5, Seite 17, Zn. 30 bis 33; sowie ... a laminated structure 19 was formed of the ITO electrode 12b, the holeinjecting layer 15, the lightemitting layer 16 and the opposite electrode 17. Thus, all the layers ... were produced in a vacuum environment as a series. / vgl. dort Patentanspruch 12 und die Beschreibung zu Figur 3, Seite 18, Z. 57 bis Seite 19, Z. 2).

Aufgrund dieser Hinweise ist es für den Fachmann naheliegend, die Substrattemperatur fortwährend auf Raumtemperatur zu halten, d. h. eine Änderungsrate von 0 0C/s bei konstanter Substrattemperatur zu erhalten, ebenso wie es in vorliegenden Anmeldungs-OS, gemäß Seite 6, Zn. 17 bis 22 vorgesehen ist.

Somit können auch die Merkmale e. und f., nämliche.

die Änderungsrate der Temperatur des Substrats als absoluter Wert bei 1,5 0C/s oder darunter gehalten wird während der Schritte (B) und (C), zwischen den Schritten (B) und (C) undf.

nach Beendigung des Schrittes (C) bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Temperatur des Substrats der Raumtemperatur entspricht, des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag keine erfinderische Tätigkeit begründen.

Das Verfahren gemäß Patentanspruch 1 des Hauptantrages beruht demnach nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Fachmanns und ist somit nicht patentfähig.

Wegen der Antragsbindung fallen mit dem Patentanspruch 1 des Hauptantrages auch die zugehörigen Unteransprüche 2 bis 5.

6. Patentfähigkeit des Hilfsantrages 6 Bezüglich der Verfahrensmerkmale a. bis f. des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 6 wird auf die vorstehenden Ausführungen zum Patentanspruch 1 nach Hauptantrag verwiesen.

Darüber hinaus offenbart die Druckschrift 1) aus dem Prüfungsverfahren in der Terminologie des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 6 noch dem Fachmann weitere Verfahrensmerkmale:

-, wobei die Schritte (B) und (C) durch Vakuumabscheidung (vacuum vapor deposition / vgl. dort Patentanspruch 3) unter Verwendung einer Vakuumabscheidungsvorrichtung

(vacuum vapor deposition apparatus 1 / vgl. dort Seite 15, le. Abs. bis Seite 16, Z. 16 i. V. m. Figur 1 -zu Merkmal g.)

durchgeführt werden, welche mindestens umfasst:

-(1) einen Substrathalter (substrate holder / vgl. dort Seite 15, le. Abs.) mit einer glatten flachen Oberfläche zur Aufnahme des Substrats (zu Merkmal h.), und -(2) eine Substrattemperatursteuerung zum Steuern der Temperatur auf der Seite des Substrats auf der die Schicht ausgebildet wird. Nur so ist die Substrattemperatur beim Ausbilden der Schicht konstant auf Raumtemperatur zu halten / fachmännisches Können / vgl. die vorstehenden Ausführungen zu den Merkmalen e. und f.), welche mindestens umfasst:

(2 -1) einen Temperaturfühler, (2 -2) eine Rechnereinheit und (2 -3) eine Wärmequelle und eine Wärmesenke (Diese Komponenten stellen das Mindesterfordernis einer Substrattemperatursteuerung dar / fachmännisches Wissen -zu Merkmal i.), dadurch gekennzeichnet, dass das Verfahren ferner umfasst:

-(D) einen Schritt, in dem zwischen der glatten flachen Oberfläche des Substrathalters und dem Substrat ein weiches Metall eingefüllt wird, so dass kein Hohlraum verbleibt, und -(E) einen Schritt, in dem der Substrathalter und das Substrat unter Druck verbunden werden (Diese Maßnahmen dienen der Verbesserung des Wärmekontakts, wozu der Fachmann durch Wärmeleitpasten oder -folien aus der Halbleitertechnik angeregt wird. -zu Merkmalen j. und k.),

-wobei die Schritte (D) und (E) vor den Schritten (A) bis (C) ausgeführt werden (Diese Reihenfolge ist für die Ausnutzung des guten Wärmekontakts für den Fachmann zwingend -zu Merkmal l.).

Somit beruht die Lehre des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 6 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Fachmanns. Daher ist die Lehre des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 6 nicht patentfähig.

Mit dem Hauptanspruch fallen auch die zugehörigen Unteransprüche 2 und 3 nach Hilfsantrag 6.

7. Patentfähigkeit der Hilfsanträge 2 bis 4 Wie es sich aus der Analyse der Struktur der Hilfsanträge 1 bis 6 am Ende des Tatbestands ergibt, umfasst die Lehre des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 6 die Lehren der jeweiligen Patentansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 2 bis 4, so dass die zugehörigen Lehren dieser Patentansprüche 1 ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Fachmanns beruhen und daher nicht patentfähig sind.

Mit den jeweiligen Patentansprüchen 1 der Hilfsanträge 2 bis 4 fallen wegen der Antragsbindung auch die zugehörigen Unteransprüche.

8. Rückzahlung der Beschwerdegebühr Die Anordnung der Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist immer dann billig, wenn bei ordnungsgemäßer und angemessener Sachbehandlung der Erlaß eines Zurückweisungsbeschlusses nicht in Betracht gekommen wäre und damit die Erhebung einer Beschwerde sowie die Einzahlung der Beschwerdegebühr hätten vermieden werden können, vgl. Schulte PatG, 8. Auflage, PatG 8. Auflage § 73 Rdn. 125.

Die ist jedoch vorliegend nicht der Fall, nachdem die Beschwerdeführerin auch vor dem Patentgericht den ursprünglichen Patentanspruch 1 weiterverfolgt hat, obwohl dessen Lehre nicht patentfähig ist. Damit wird die Rückzahlung der Beschwerdegebühr abgelehnt.

Bei dieser Sachlage musste die Beschwerde zurückgewiesen werden.

Dr. Strößner Lokys Kätker Brandt Hu






BPatG:
Beschluss v. 18.01.2011
Az: 23 W (pat) 27/06


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