Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. Januar 2002
Aktenzeichen: 10 W (pat) 54/01

(BPatG: Beschluss v. 14.01.2002, Az.: 10 W (pat) 54/01)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluß der Prüfungsstelle für Klasse E 05 D des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. Juli 2001 aufgehoben und die Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.

Gründe

I.

Die Anmelderin reichte am 2. Dezember 1998 beim Patent- und Markenamt eine Patentanmeldung mit der Bezeichnung "Federbruchsicherung" ein. Die Anmeldung umfaßt zehn Patentansprüche, von denen Patentanspruch 1 in seinem Oberbegriff wie folgt lautet:

"Federüberwachungsgerät für eine vorgespannt betriebene Feder eines Tores, einer Tür oder dergleichen, insbesondere für eine als Gewichtsausgleichsfeder für ein ein- oder mehrgliedriges über Kopf bewegbares Torblatt oder einen Rolltorpanzer vorgesehene Torsionsfeder (1), zur Verhinderung des Zuschlagens oder Absturzes des Tür- oder Torblatts oder dergleichen, mit einem im Zuge der Öffnungs- und Schließbewegung des Torblatts oder dergleichen gemeinsam mit einem durch die ungebrochene Feder beaufschlagten Drehmomentübertragungselement - insbesondere einer Seil- oder Kettenzugwelle oder dergleichen Torsionswelle (2) - um eine Drehachse (A) drehbaren Blockierelement (3), welches zum Blockieren dieser Drehbewegung und hierdurch der Bewegung des Torblattes oder dergleichen über eine insbesondere eine Verzahnung aufweisende Erfassungseinrichtung (12) vorzugsweise formschlüssig erfaß- und blockierbar ist, einem Fangglied (15), das aus einer Betriebsstellung, in der es von der Erfassungseinrichtung (12) gelöst ist, in eine Fangstellung bewegbar ist, in der es die Erfassungseinrichtung (12) zum Blockieren des Torblattes oder dergleichen erfaßt, undeiner Spannungsfühl- und Auslöseeinrichtung (6-10) zum Fühlen der Federspannung der zu überwachenden Feder und Auslösen der Bewegung des Fanggliedes (15) aus der Betriebsstellung in die Fangstellung als Reaktion auf einen über die Spannungsfühlung erfaßten Federbruch, ..."

Entsprechend lautet der Anfang der Beschreibung auf Seite 1, der beginnend mit "Die Erfindung betrifft ein Federüberwachungsgerät ..." mit dem oben genannten Wortlaut von Patentanspruch 1 übereinstimmt.

Durch Beschluß vom 26. Juli 2001 hat die Prüfungsstelle ein Patent mit den ursprünglich eingereichten Unterlagen erteilt, wobei in der Beschreibung, Seiten 1 und 18, sowie in den Patentansprüchen 1 und 4 als "redaktionell" bezeichnete Änderungen vorgenommen worden sind. Dabei besteht die Änderung im Patentanspruch 1 und auf der ersten Beschreibungsseite darin, daß jeweils in der Passage "... mit einem im Zuge der Öffnungs- und Schließbewegung des Torblatts oder dergleichen gemeinsam mit einem durch die ungebrochene Feder beaufschlagten Drehmomentübertragungselement - insbesondere einer Seil- oder Kettenzugwelle oder dergleichen Torsionswelle (2) - um eine Drehachse (A) drehbaren Blockierelement (3),..." nach "Torsionswelle (2)" statt des Gedankenstrichs ein Komma gesetzt und das Wort "einem" eingefügt worden ist.

Gegen den Erteilungsbeschluß wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Zur Begründung trägt sie vor, die Einfügung des unbestimmten Artikels stelle keine Fehlerkorrektur dar, sondern ändere den Wortsinn und die Bedeutung gegenüber der beantragten Fassung. Denn der zu dem Begriff "Blockierelement (3)" gehörende Artikel sei bereits vorhanden ( "... mit einem im Zuge der Öffnungs- und Schließbewegung des Torblatts ... um eine Drehachse (A) drehbaren Blockierelement (3), ..."). Das entsprechende Merkmal des Oberbegriffs spezifiziere das Blockierelement des erfindungsgemäßen Federüberwachungsgeräts derart, daß es im Zuge der Öffnungs- und Schließbewegung des Torblatts oder dergleichen gemeinsam mit einem Drehmomentübertragungselement, das durch die ungebrochene Feder beaufschlagt sei, um eine Drehachse (A) drehbar sei. Dieser Zusammenhang werde durch die vorgenommene Einfügung aufgehoben.

Gleichzeitig mit der Beschwerdeeinlegung hat die Anmelderin die Teilung der Patentanmeldung erklärt und insoweit vorgetragen, herausgeteilt werde die allgemeine technische Lehre, ein Federüberwachungsgerät der im Oberbegriff des Anspruchs 1 der Stammanmeldung genannten Art derart auszubilden, daß das Blockierelement als Teil einer Zugmitteltrommel, an der ein anderen Endes mit dem Torblatt oder dergleichen verbundenes Zugmittel aufwickelbar gehalten sei, ausgebildet sei und vorzugsweise einstückig mit derselben ausgebildet sei. In der Stammanmeldung verbleibe somit der Gegenstand, wie er durch den dort geltenden Anspruch 1 definiert sei; die Beschreibungsseite 5 sei zur Anpassung an den durch die Teilung verminderten Gegenstand angepaßt worden. Gleichzeitig hat sie die Anmeldeunterlagen für die Teilanmeldung eingereicht und die Gebühren entrichtet.

Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluß abzuändern und das Patent aufgrund folgender Unterlagen zu erteilen:

Beschreibung Seiten 1 bis 4 und 6 bis 17 wie ursprünglich eingereicht, Seite 5, eingegangen am 30. August 2001, Seite 18 wie dem Erteilungsbeschluß zugrundegelegt, Patentansprüche 1 bis 3 und 5 bis 10 wie ursprünglich eingereicht, Anspruch 4 wie dem Erteilungsbeschluß zugrundegelegt, sowie ursprünglich eingereichte Zeichnungen.

II.

Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt und auch im übrigen zulässig. Die Anmelderin hat mit der Darlegung, daß der angefochtene Beschluß abweichend von ihrem Erteilungsantrag ergangen sei, auch schlüssig eine Beschwer geltend gemacht. Dies reicht für die Bejahung der Zulässigkeit der Beschwerde aus. Ob die behauptete Beschwer tatsächlich vorliegt, ist im Rahmen der Begründetheit zu prüfen (vgl Schulte, PatG, 6. Aufl, § 73 Rdn 50).

Die Beschwerde ist auch in der Sache begründet und führt unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses zu einer Zurückverweisung der Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt.

Ein Patent darf grundsätzlich nur so erteilt werden, wie es beantragt ist. Jede Änderung der Unterlagen, die nicht nur in geringfügigen redaktionellen Verbesserungen wie der Berichtigung von Schreibfehlern oder offensichtlichen grammatikalischen oder sprachlichen Unrichtigkeiten besteht, setzt das schriftlich erklärte Einverständnis des Anmelders voraus (vgl Schulte, aaO, vor § 34 Rdn 7; Busse, PatG, 5. Aufl, § 48 Rdn 17, vor § 34 Rdn 52; Benkard, PatG, 9. Aufl, § 49 Rdn 2, jeweils mwN; BPatGE 25, 141, 143).

Die vorliegend von der Prüfungsstelle in den dem Erteilungsbeschluß zugrundeliegenden Unterlagen vorgenommenen Änderungen sind nur zum Teil redaktioneller Natur gewesen. Dies betrifft ersichtlich die Änderungen im Patentanspruch 4 und auf der Beschreibungsseite 18, die von der Anmelderin auch nicht beanstandet worden sind. Dagegen ist die Einfügung des Wortes "einem" nicht bloß redaktioneller Natur. Denn in der ursprünglich eingereichten Fassung des Patentanspruchs 1 und der Seite 1 der Beschreibung ist der zu dem Begriff "Blockierelement (3)" gehörende unbestimmte Artikel, wie es vielleicht aufgrund der verschachtelten sprachlichen Fassung auf den ersten Blick erscheinen mag, nicht versehentlich vergessen worden, sondern, wie die Anmelderin zu Recht in der Beschwerdebegründung vorgetragen hat, nur ein paar Zeilen vorher enthalten. Damit hat keine sprachliche Unrichtigkeit vorgelegen, die einer Korrektur bedurft hätte, vielmehr hat die Einfügung zu einer inhaltlichen Änderung geführt. Eine solche Änderung hätte daher nur bei Vorliegen eines schriftlichen Einverständnisses der Anmelderin vorgenommen werden können, ein solches hat aber zweifelsfrei nicht vorgelegen.

Nachdem das nachgesuchte Patent somit in unzulässiger Weise abweichend vom Antrag erteilt worden ist, ist der angefochtene Beschluß aufzuheben, ohne daß der Senat in der Sache selbst entscheidet, § 79 Abs 3 Nr 2 PatG. Die Prüfungsstelle wird nunmehr über die Erteilung des Patents nach Maßgabe der von der Anmelderin gestellten Anträge und genehmigten Unterlagen erneut zu beschließen haben. Von der Zurückverweisung der Sache ist auch der durch die im Beschwerdeschriftsatz abgegebene Teilungserklärung abgetrennte Teil der Anmeldung erfaßt. Bei Teilung einer Patentanmeldung im Beschwerdeverfahren erstreckt sich die Zuständigkeit des Beschwerdegerichts nach ständiger Rechtsprechung auch auf die Trennanmeldung (vgl Schulte, aaO, § 39 Rdn 76 mwN). Der Senat hat jedoch auch insoweit von einer Entscheidung in der Sache abgesehen, § 79 Abs 3 Nr 1 PatG, da das Patentamt insoweit noch keinerlei Sachentscheidung getroffen hat.

Schülke Püschel Schuster Pr






BPatG:
Beschluss v. 14.01.2002
Az: 10 W (pat) 54/01


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