Landgericht Köln:
Urteil vom 29. April 2004
Aktenzeichen: 22 O 641/03

(LG Köln: Urteil v. 29.04.2004, Az.: 22 O 641/03)

Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.164,87 € nebst 4% Zinsen aus 47.164,87 € vom 19. August 1998 bis zum 30. September 2003, aus 37.164,87 € vom 1. Oktober 2003 bis zum 31. Oktober 2003, aus 27.164,87 € vom 1. November 2003 bis zum 30. November 2003, aus 17.164,87 € vom 1. Dezember 2003 bis zum 31. Dezember 2003 und aus 7.164,87 € seit dem 1. Januar 2004 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 35% und der Beklagte zu 65%.

Das Urteil ist für beide Parteien gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin ist laut vorgelegtem Handelsregisterauszug Rechtsnachfolgerin der Firma C GmbH. Im Jahre 1997 war der Beklagte zunächst als Projektmanager und Repräsentant des Beirates tätig. Mit Wirkung zum 1. April 1998 wurde er zum Geschäftsführer der Rechtsvorgängerin der Klägerin (nachfolgend: Klägerin) bestellt. Frau L. U, hinsichtlich der der Rechtsstreit an die Arbeitsgerichtsbarkeit verwiesen worden ist, war bereits aufgrund Anstellungsvertrages vom 5. August 1997 als Verlagsleiterin für die Klägerin tätig.

Die Klägerin verlegt unter anderem den Schlemmeratlas und den Schlummeratlas. Als Handelsvertreter war damals für die Klägerin ein Herr X, der seinerseits Untervertreter beschäftigte, tätig. Bis Ende 1997 wurden nur für den Schlummeratlas und den Reiseatlas Bildkostenbeiträge erwirtschaftet, nicht jedoch für den Schlemmeratlas. Anfang 1998 kam die Idee auf, auch für den Schlemmeratlas Bildkostenbeiträge zu akquierieren. Ob diese Idee von dem Beklagten oder einem anderen Mitarbeitern der Klägerin stammt, ist zwischen den Parteien streitig. Ebenfalls streitig ist, ob der Handelsvertreter X sich nicht in der Lage sah, diese Aufgabe kurzfristig zu übernehmen.

Jedenfalls ließ der Beklagte über den Treuhänder M, seinen Schwager, eine Firma H GmbH unter Beteiligung der Frau U gründen. Diese Firma schloß mit der Klägerin, diese vertreten durch den Beklagten, am 27. April 1998 einen Kooperationsvertrag, wonach die Firma H mit der Akquisition insbesondere von Bildbeiträgen für den Schlemmeratlas, Ausgabe 1999, beauftragt wurde. Die vorgesehene Provision beträgt 50 Prozent des Auftragswertes. Der Vertrag ist ebenfalls von Frau U unterschrieben (Anlage K 3). Der Gesellschaftsvertrag dieser Firma datiert erst vom 25. Mai 1998. Mit Schreiben vom 5. Juni 1998 erklärte die Klägerin, vertreten durch den Beklagten, gegenüber dem Handelsvertreter X die fristlose Kündigung des Handelsvertretervertrages, ohne daß in diesem Schreiben Kündigungsgründe angegeben wurden (Blatt 159 bis 192). Das Kündigungsschreiben trägt ebenfalls die Unterschrift von Frau U.

In der Zeit vom 5. Juni 1998 bis zum 19. August 1998 flossen Scheckzahlungen über insgesamt 107.005,90 DM an die Firma H. Die Firma H blieb jedoch "im Hintergrund" (vgl. Schriftsatz des Beklagten vom 06.02.04). Nach den Angaben des Beklagten sollte sie nur organisatorische Tätigkeiten entwickeln. Die Firma erschien nicht als Vermittlerin auf den von den Untervertretern abgeschlossenen Anzeigenaufträgen. Die Untervertreter rechneten vielmehr unmittelbar mit der Klägerin ab und zwar einen Provisionssatz von 25%.

Im August 1998 gründete der Beklagte eine Verlagsgesellschaft mit dem Ziel, ggf. die Lizenzverträge bezüglich Schlemmeratlas und Schlummeratlas zu übernehmen. Die Klägerin verfügte insoweit über Lizenzverträge mit der Firma B2 AG, die im September 1998 um zwei Jahre verlängert wurden.

Zum 30.9.1998 schied der Beklagte aufgrund Eigenkündigung bei der Klägerin als Geschäftsführer aus. Unter dem 21. Oktober 1998 wurde der Kooperationsvertrag von der Firma H fristlos gekündigt (Anlage K 7). Zum 22. Dezember 1998 kündigte auch Frau U ihr Vertragsverhältnis zu der Klägerin.

Nach Erhebung einer Klage durch den Handelsvertreter X hat die Klägerin sich mit diesem dergestalt geeinigt, daß mit ihm ein neuer Handelsvertretervertrag betreffend unter andrem zwei Ausgaben des Schlemmeratlas und des Schlummeratlas abgeschlossen wurde. Zwischenzeitlich ist das Vertragsverhältnis zu dem Zeugen X beendet.

Gegen den Beklagten und Frau U ist ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren durchgeführt worden. Das Verfahren gegen den Beklagten ist unter Auflagen eingestellt worden. Ihm ist aufgegeben worden, eine Geldbuße von 10.000,00 € an den deutschen Kinderschutzbund und eine Wiedergutmachung an die Klägerin in Höhe von 40.000,00 € zu leisten. Der Beklagte hat zwischen September 2003 und Dezember 2003 monatliche Ratenzahlungen von je 10.000,00 € an die Klägerin erbracht. Frau U ist die Zahlung einer Geldbuße von 1.500,00 € auferlegt worden.

Mit der Klage nimmt die Klägerin den Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch. Sie verlangt Rückzahlung der an die Firma H überwiesenen Beträge und Erstattung der Anwaltskosten, die im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung mit dem Zeugen X entstanden sein sollen.

Die Kläger behauptet, bei der Firma H habe es sich um eine sogenannte Briefkastenfirma gehandelt, die ausschließlich zwischengeschaltet worden sei, um Provisionen abzukassieren. Von der Firma H seien keinerlei Leistungen erbracht worden.

In Höhe eines Teilbetrages von 7.546,38 € (im ursprünglichen Klageantrag zu 1. enthaltene Mehrwertsteuer) hat die Klägerin die Klage zurückgenommen. In Höhe eines weiteren Teilbetrages von 36.200,00 € hat sie den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Daß sie den Rechtsstreit nicht in Höhe der vom Beklagten gezahlten 40.000,00 € für erledigt erklärt hat, beruht darauf, daß sie mit vorgerichtlichem Schreiben vom 30. Januar 2004 in Höhe eines Betrages von 3.800,00 € die Aufrechnung erklärt hat. In dieser Höhe hat Rechtsanwalt S seine Tätigkeit für die Klägerin im Ermittlungsverfahren in Rechnung gestellt.

Die Klägerin beantragt nunmehr noch

1.

den Beklagten -gesamtschuldnerisch haftend mit Frau L. U- zu verurteilen, an sie 47.164,87 € nebst 7,57% Zinsen seit dem 19. August 1998 zu zahlen abzüglich zum Ende des Monats September 2003 gezahlter 10.000,00 €, abzüglich zum Ende des Monats Oktober 2003 gezahlter 10.000,00 €, abzüglich zum Ende des Monats November 2003 gezahlter 10.000,00 € und abzüglich zum Ende des Monats Dezember 2003 gezahlter 6.200,00 €;

2.

den Beklagten -gesamtschuldnerisch haftend mit Frau L. U- zu verurteilen, an sie 15.561,27 € nebst 7,57% Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen;

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, die Firma X habe trotz mehrfacher Nachfrage keine konkrete Entscheidung mitgeteilt, ob sie die Akquisition der Bildanzeigen für den Schlemmeratlas übernehme. Wegen des bestehenden Zeitdrucks habe man sich dann entschlossen, den Anzeigenvertrieb in eigener Regie abzuwickeln. Diesbezüglich habe er der Beklagte, die Kanzlei Gaedertz mandatiert, deren Rechtsanwälte Dr. Q und Dr. G. L ihn nicht darauf aufmerksam gemacht hätten, daß es sich insoweit um ein Schadensersatzansprüche begründendes Verhalten handeln könne. Die Kündigung gegenüber Herrn X sei zu Recht erfolgt, weil er sich von den Betreibern der Hotels für die Anzeigenschaltung habe Vorteile versprechen lassen.

Hinsichtlich der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten sei der Vortrag der Klägerin unsubstantiiert. Eine Rechtsgrundlage, auf Stundenlohnbasis abzurechnen, sei von vornherein nicht ersichtlich. Schließlich erhebt der Beklagte die Einrede der Verjährung.

Die Strafakten 110 Js 730/00 StA Köln lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Auf den Inhalt der Strafakten wird vollinhaltlich Bezug genommen.

Der Beklagte hat Herrn Rechtsanwalt Dr. Q und Herrn Rechtsanwalt Dr. G. L, beide aus der Kanzlei P, den Streit verkündet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

Gründe

Die Klägerin kann von dem Beklagten wegen positiver Vertragsverletzung des mit ihm abgeschlossenen Geschäftsführer-Anstellungsvertrages sowie gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 StGB die Zahlung weiterer 7.164,87 € nebst Zinsen, wie sie sich aus der Tenorierung ergeben, verlangen. Die weitergehende Klage muß der Abweisung unterliegen.

1.

Der Beklagte hat, im Zusammenwirken mit Frau U, die Klägerin dadurch geschädigt, daß zwischen dem 5. Juni 1998 und dem 19. August 1998 Scheckzahlungen der Klägerin an eine "Briefkastenfirma" mit dem Namen H über insgesamt 107.005,90 DM geflossen sind. Der Beklagte hat bereits nicht darzulegen vermocht, daß diesen Scheckzahlungen irgendeine Leistung der Firma H gegenüber gestanden hat. Bereits nach den feststehenden Tatsachen kann davon ausgegangen werden, daß die Firma H ausschließlich gegründet wurde, um Provisionszahlungen, die vorher an den Handelsvertreter X flossen, abzuschöpfen. Es handelt sich um ein Vorgehen, daß sowohl dem Vorsitzenden der Kammer als auch dem Herrn Beisitzer in ihrer langjährigen Tätigkeit in einer Wirtschaftsstrafkammer schon wiederholt in vergleichbarer Form untergekommen ist.

Es war der Beklagte selbst, der unter dem 27. April/29. April 1998 als Geschäftsführer der C GmbH mit der Firma H einen Kooperationsvertrag abschloß, wonach diese Firma mit der Akquisition von Bild- und Textkostenbeiträgen für den Schlemmeratlas Ausgabe 1999 beauftragt wurde. Für diese Tätigkeit sollten der Firma H 50% der akquirierten beziehungsweise bestehenden Text- und/oder Bildkostenbeiträge und 2% der preisgebundenen Verkaufspreise der vertriebenen Produkte zustehen. Demgegenüber sah der Vertrag, den der A Verlag mit Herrn X abgeschlossen hatte (vergl. Blatt 42 ff. des Sonderheftes I der Strafakte) für Akquisitionen für den Schlemmeratlas lediglich eine Provision von 30% des von A bestellten Rechnungsbetrages zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer und für Folgeaufträge lediglich eine einmalige Provision von 20% des Netto-Rechnungsbetrages zuzüglich Mehrwertsteuer vor. Schon diese drastische Anhebung der Provision, wie sie in dem Kooperationsvertrag mit der Firma H vorgesehen ist, vermag der Beklagte nicht zu erklären. Erst recht gibt der Beklagte keine nachvollziehbare Erklärung dafür ab, daß er als Geschäftsführer der Klägerin hingeht, eine Firma gründet, an der er über seinen Schwager M als Treuhänder maßgeblich beteiligt ist, dort aber nicht in Erscheinung treten will, um sodann mit dieser Firma hochdotierte Provisionsverträge abzuschließen. Zeitlich fällt die 1. Scheckzahlung an die Firma H vom 5. Juni 1998 zusammen mit der Kündigung des Vertrages des Handelsvertreters X. Diese Kündigung, unterschrieben von dem Beklagten und Frau U, enthält keinerlei Angaben zum Kündigungsgrund. Zu den angeblichen Verfehlungen des Handelsvertreters X werden ebenfalls keinerlei substantiierte Angaben gemacht. Es wird pauschal behauptet, der Zeuge X habe sich von den Betreibern von Hotels für die Anzeigenschaltung Vorteile versprechen lassen. Es wird aber nicht ein einziges Hotel und nicht ein einziger Hotelier genannt, bei dem dies konkret der Fall gewesen sein soll. Geradezu augenfällig wird der Umstand, daß es sich bei der Firma H um eine sogenannte Briefkastenfirma gehandelt hat, dann, wenn man den weiteren Gang der Dinge betrachtet. Die Firma H ist unstreitig nicht in Erscheinung getreten. Sie erschien insbesondere

nicht als Vermittlerin auf den von den Untervertretern, die zuvor für Herrn X tätig gewesen waren, abgeschlossenen Anzeigenaufträgen. Das heißt, die Untervertreter, die zuvor für Herrn X tätig waren, haben nicht einmal erfahren, daß es eine Firma H überhaupt gibt. Die Untervertreter haben vielmehr unmittelbar mit der Klägerin abgerechnet. Dies bedeutet, daß die gesamte Leistung im Zusammenhang mit der Steuerung des Außendienstes, insbesondere die verwaltungsintensiven Abrechnungen, von der Klägerin selbst vorgenommen werden mußten. Dazu, welche organisatorischen Maßnahmen die Firma H denn überhaupt noch wahrgenommen haben will, vermag der Beklagte denn auch nichts substanzielles vorzutragen. Die Ausführungen, die Firma H "sollte daher aus Gründen der Vereinfachung und der Übersichtlichkeit für die Interessenten im Hintergrund bleiben", bedarf insoweit keiner weiteren Kommentierung. Zwar hat der Beklagte anläßlich seiner persönlichen Anhörung im Termin pauschal behauptet, die Firma H habe Vermittlungen von Bildbeiträgen vorgenommen. Auf Vorhalt der Aussage des Zeugen M in der Ermittlungsakte, wonach die Firma H nicht über einen einzigen Angestellten verfügte, er, der Zeuge M, zwar formal Geschäftsführer sei, die finanziellen Dinge aber von dem Beklagten abgewickelt und dieser über eine Bankvollmacht verfügt habe, mußte der Beklagte einräumen, daß die Firma H keine eigenen freien Mitarbeiter hatte. Weitere Nachfragen des Gerichts zur angeblichen Tätigkeit der Firma H hat der Beklagte dann auf den Rat seines Prozeßbevollmächtigten nicht mehr beantwortet. Der Hintergrund war, daß der anwaltliche Vertreter von Frau U sich massiv in die Anhörung des Beklagten eingemischt hatte, um weitere Vorhalte aus der Strafakte an den Beklagten zu unterbinden. Nachdem er darauf hingewiesen worden war, daß derzeit nicht seine Mandantin persönlich angehört werde, gab nunmehr der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten die aus dem Protokoll ersichtliche Erklärung ab. Die an den Beklagten gemachten Vorhaltungen aus der Strafakte betrafen insbesondere die dort gemachten Angaben der Zeugen zu der angeblichen Tätigkeit und der Beschäftigungssituation bei

der Firma H GmbH. Da der Beklagte, auch wenn es vorliegend um strafrechtlich relevante Umstände geht, immer noch in einem Zivilprozeß in Anspruch genommen wird, hat er es sich selbst zuzuschreiben, wenn er die Anhörung durch das Gericht verweigert und infolge dessen es bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung an einem substantiierten Vortrag dazu fehlt, welche Tätigkeiten die Firma H denn überhaupt ausgeübt haben soll. Nach den Gesamtumständen einschließlich der Angaben des Beklagten im Termin, wonach diese Firma über keine eigenen freien Mitarbeiter verfügte, steht zur sicheren Überzeugung der Kammer fest, daß es sich hierbei um eine reine "Briefkastenfirma" gehandelt hat, die ausschließlich dazu diente, die Provisionen, deren Überweisung zum Teil von dem Beklagten selbst im Namen der Klägerin veranlaßt wurde, abzuschöpfen. Die Schecks wurden auch von dem Beklagten zum Teil selbst eingelöst, wie der Strafakte zu entnehmen ist (vergl. Blatt 157 der Strafakte).

Der Beklagte hat mit seinem Verhalten sowohl seinen Geschäftsführer-Anstellungsvertrag in grober Weise verletzt als auch den Tatbestand der Untreue verwirklicht.

2.

Nachdem der Beklagte insgesamt 40.000,00 € im Wege der Schadenwiedergutmachung an die Klägerin gezahlt hat, ist die Klage wegen der Hauptforderung nur noch in Höhe von 7.164,87 € - unter Berücksichtigung der Teilklagerücknahme - begründet.

Die Klägerin ist verpflichtet, die gesamte Zahlung des Beklagten in Höhe von 40.000,00 € auf den mit dem Klageantrag zu 1. geltend gemachten Schadensersatzanspruch anzurechnen. Soweit die Klägerin einen Teilbetrag in Höhe von 3.800,00 € mit der Gebührenrechnung von Herrn Rechtsanwalt S vom 5. September 2003 über 3.800,00 € netto verrechnet hat, ist diese Aufrechnung ins Leere gegangen.

Die Zahlungen des Beklagten sind erfolgt im Hinblick auf die Auflage der Staatsanwaltschaft vom 2. Juli 2003, zur Schadenswiedergutmachung einen Betrag von 40.000,00 € an die Klägerin zu leisten. Zu diesem Zeitpunkt war die Gebührenrechnung von Herrn Rechtsanwalt S vom 3. September 2003 noch nicht erstellt. Der Schaden, der Anlaß für die Einleitung des Ermittlungsverfahrens war, war die Überweisung von insgesamt 107.005,90 DM im Jahr 1998 an die Firma H. Wenn der Beklagte im Hinblick auf die Auflage der Staatsanwaltschaft aus Juli 2003 Schadenswiedergutmachungszahlungen an die Klägerin geleistet hat, dann erfolgten diese Zahlungen zweckgerichtet auf diesen durch die Überweisungen eingetretenen Schaden. Dies folgt bereits daraus, daß eventuelle weitergehende Schadensersatzansprüche der Klägerin schon damals zwischen den Parteien streitig waren. Die Tilgungsbestimmung des Beklagten kann die Klägerin aber nicht dadurch umgehen, daß sie mit Schriftsatz aus März 2004 - zu diesem Zeitpunkt waren die 4 Ratenzahlungen durch den Beklagten erbracht - erstmals die Aufrechnung mit einer Gebührenforderung in Höhe von 3.800,00 € erklärt. Die Klägerin muß sich deshalb die gesamte Wiedergutmachungszahlung in Höhe von 40.000,00 € auf den mit dem Klageantrag zu 1. geltend gemachten Schadensersatzanspruch anrechnen lassen.

Soweit der Beklagte sich auf Verjährung beruft, greift diese nicht durch. Ansprüche aus positiver Verletzung des Anstellungsvertrages, die im Jahre 1998 entstanden sind, verjähren ohnehin erst im 30 Jahren. Aber auch die deliktischen Ansprüche gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 StGB sind nicht verjährt. Gemäß Art. 229 § 6 Satz 2 EGBGB richtet sich der Beginn der Verjährung für den Zeitraum vor dem 1. Januar 2002 nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch in der bis zu diesem Tage geltenden Fassung. Gemäß § 852 BGB a.F. verjährt ein Anspruch auf Ersatz des Schadens aus einer unerlaubten Handlung in 3 Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt. Insbesondere, wenn die wirtschaftlichen Abläufe und Zusammenhänge schwer durchschaubar sind, können auch längere Zeiträume verstreichen, bis von einer Kenntnis des Betroffenen vom Eintritt des Schadens im Sinne des § 852 BGB a.F. ausgegangen werden kann. Insbesondere dann, wenn eine "Briefkastenfirma" gegründet worden ist, in der der Beteiligte nur versteckt über einen Treuhänder beteiligt war, wie es vorliegend der Fall gewesen ist, und es um die schwierige Rechtsfrage geht, ob der Untreuetatbestand verwirklicht worden ist, ist es gerechtfertigt, von einer Kenntnis des

Geschädigten im Sinne des § 852 BGB a.F. erst auszugehen, nachdem ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren diesbezüglich konkrete Anhaltspunkte ergeben hat. Dies war vorliegend aber frühestes im Jahre 2000 der Fall. Danach ist die am

8. August 2003 eingegangene Klage aber rechtzeitig erhoben worden.

3.

Hinsichtlich der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten im Zusammenhang mit der durch den Beklagten veranlaßten Kündigung des Handelsvertreters X kann dahinstehen, ob ein solcher Anspruch dem Grunde nach gegeben ist; jedenfalls fehlt es an einer schlüssigen Darlegung der in diesem Zusammenhang entstandenen Rechtsanwaltskosten. Abgesehen davon, daß der Geschädigte nicht zu Lasten des Schädigers eine Abrechnung der Rechtsanwaltskosten auf Stundenlohnbasis vereinbaren darf, ist der geltend gemachte Schaden auch aufgrund einer fiktiven Abrechnung nach BRAGO nicht schlüssig dargelegt. Weder der Klageschrift noch dem Schriftsatz vom 3. März 2004 noch dem Vorbringen im nachgelassenen Schriftsatz vom 1. April 2004 ist mit hinreichender Klarheit zu entnehmen, welche konkreten Tätigkeiten die verschiedenen Rechtsvertreter der Klägerin im Zusammenhang mit der Kündigung des Handelsvertreters X erbracht haben. Unstreitig beziehen sich die vorgelegten Rechnungen auch auf andere Tätigkeiten, die von den entsprechenden Anwaltskanzleien im Zusammenhang mit Auseinandersetzungen mit dem Zeugen X erbracht worden sind. Zwar werden in der Anlage K 12 (im Anlagenheft) einzelne Beträge herausgenommen und aus diesen Beträgen der Klageantrag zu 2. berechnet; auf welche konkrete Tätigkeit sich jede einzelne dieser herausgenommenen Positionen bezieht, wird jedoch nicht im einzelnen dargelegt. Es kann auch nicht insgesamt von einem Streitwert von 1.107.426,87 € betreffend die Auseinandersetzung mit dem Zeugen X ausgegangen werden, um sodann auf dieser Grundlage eine Prozeßgebühr, eine Besprechungs-/Erörterungsgebühr und Vergleichsgebühr anzusetzen. Zwar wird vorgetragen,

daß mit dem Zeugen X zumindest ein Rechtsstreit geführt worden ist, der anschließend vergleichsweise beigelegt worden sei. Nähere Angaben dazu, was konkret Streitgegenstand dieses Rechtsstreits gewesen sein soll, fehlen jedoch. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, welche Themen ausschließlich vorgerichtlich zwischen der Klägerin und dem Zeugen X ausgetauscht worden sind und welche Teilbereiche, die unmittelbar mit der Kündigung zusammenhingen, Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten waren. Sofern der Vertreter X bereits mit Schreiben vom 17. Juni 1998 ausstehende Provisionsansprüche von rund 100.000,00 DM und weitere 180.000,00 DM geltend macht, ist schon nicht ersichtlich, inwieweit diese rückständigen Provisionsansprüche mit der Kündigung des Handelsvertreters, die erst kurz vorher ausgesprochen worden war, zusammenhängen sollen. Schließlich ist mit dem Handelsvertreter eine gütliche Einigung erzielt worden. Diese hatte jedoch nicht etwa die uneingeschränkte Einstellung des Zeugen zur Folge. Vielmehr wurde mit ihm ein neuer Handelsvertretervertrag betreffend unter anderem die Aquisition zu zwei Ausgaben des Schlemmeratlas und des Schlummeratlas abgeschlossen; zwischenzeitlich ist das Vertragsverhältnis zu dem Zeugen X jedoch beendet. Auch insoweit ist völlig unklar, ob die Klägerin nicht unabhängig von der Kündigung des Handelsvertretervertrages ohnehin an einer Auflösung des Vertrages mit dem Handelsvertreter X interessiert war und die vergleichsweise Beilegung des Streites mit dem Handelsvertreter und die entsprechenden Bemühungen der anwaltlichen Vertreter der Klägerin auf dieses Interesse der Klägerin zurückgingen und nicht etwa auf die Kündigung des Beklagten.

4.

Die Zinsentscheidung folgt aus § 849 BGB. Danach war der Klägerin der gesetzliche Zinssatz von 4% gemäß § 246 BGB zuzusprechen. § 849 BGB ist auch auf die Entziehung von Geld anwendbar.

Einen höheren Zinsschaden hat die Klägerin nicht schlüssig dargelegt. Selbst wenn man die "interne Finanzierung" innerhalb der A-Gruppe überhaupt ausreichen läßt, um einen Zinsschaden zu begründen, ist jedenfalls nicht dargelegt, daß konkret

durch den Entzug des Betrages von 47.164,87 € das interne Konto der Klägerin in dieser Höhe ins Soll geraten ist. Ebensowenig ist dargelegt, daß, hätte der Klägerin dieser Betrag zur Verfügung gestanden, bei einer anderen A-Gesellschaft ein Bedarf in dieser Höhe an Finanzierungsmitteln vorhanden gewesen wäre und deshalb die Klägerin den behaupteten Zinsgewinn von 6% hätte verzeichnen können.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 a, 92 Abs. 1, 709, 269 Abs. 3 ZPO.

Soweit die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, waren die Kosten insoweit dem Beklagten aufzuerlegen. Die Klage war in dieser Höhe zulässig und begründet.

Streitwert: bis zum 3. März 2004: 70.272,52 €

danach: 26.526,14 €.






LG Köln:
Urteil v. 29.04.2004
Az: 22 O 641/03


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/95333d29ebbb/LG-Koeln_Urteil_vom_29-April-2004_Az_22-O-641-03




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share