Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Juni 2004
Aktenzeichen: 17 W (pat) 13/03

(BPatG: Beschluss v. 17.06.2004, Az.: 17 W (pat) 13/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die vorliegende Patentanmeldung mit der Bezeichnung:

"Verfahren und Anordnung zur Erfassung und Analyse des Rezeptionsverhaltens von Personen"

ist beim Deutschen Patent- und Markenamt unter Inanspruchnahme der Priorität der Voranmeldung 199 43 703.3 vom 6. September 1999 eingereicht worden.

Sie wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G 06 T des Deutschen Patent- und Markenamts im Beschluss vom 26. September 2002 mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 mangels erfinderischer Tätigkeit nicht gewährbar sei.

Die Anmelderin hat Beschwerde erhoben und beantragt sinngemäß

die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Erteilung des nachgesuchten Patents mit folgenden Unterlagen:

Patentansprüche 1 bis 5 vom 14.11.2000 und 6 bis 10 vom 16.12.1999 (AT), Beschreibung Seite 1, 3 bis 9 vom 16.12.1999 (AT), S. 2, 2a vom 14.11.2000, 3 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 bis 5 vom 16.12.1999 (AT), hilfsweise Patentansprüche 1 bis 10 vom 13.11.2002, im übrigen wie Hauptantrag.

Der geltende Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag lautet:

"Verfahren zur Erfassung und Analyse des Rezeptionsverhaltens von Personen in mindestens einem Rezeptionsraum in Abhängigkeit von visuellen, audiovisuellen und/oder auditiven Botschaften, Aktionen und/oder Kundenstromlenkungen, bei dem die Personen und ihre Bewegungen sowie mindestens eine von ihnen ausgehende elektromagnetische Strahlung mit einer wählbaren Frequenz erfaßt werden, dadurch gekennzeichnet, daß vom Eintritt jeder Person in den Rezeptionsraum bis zu ihrem Austritt aus dem Rezeptionsraum außer ihren Ortskoordinaten ihre Körperkoordinaten erfaßt werden."

Der Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag lautet:

"Verfahren zur Erfassung und Analyse des Rezeptionsverhaltens von Personen in mindestens einem Rezeptionsraum in Abhängigkeit von visuellen, audiovisuellen und/oder auditiven Botschaften, Aktionen und/oder Kundenstromlenkungen, dadurch gekennzeichnet, daß vom Eintritt jeder Person in den Rezeptionsraum bis zu ihrem Austritt aus dem Rezeptionsraum an Hand ihrer Körperumrisse sowie Körperteilumrisse und der daraus gebildeten Schwerpunkte die Spur der Personen und ihre Körperbewegungen sowie Körperteilbewegungen mit wählbarer Frequenz ebenso erfaßt werden wie eine von ihre ausgehende elektromagnetische Strahlung, wobei die Frequenz vorzugsweise größer als Eins ist."

Hinsichtlich der weiteren Ansprüche wird auf die Akten verwiesen.

Die Anmelderin führt in Begründung ihrer Beschwerde aus, dass sich die entgegengehaltene DE 196 41 000 C2 auf die Erkennung der Anzahl von Personen in einer Personenschleuse richte, während es bei dem von ihr beanspruchten Verfahren um die Erfassung von Bewegungsspuren einer beliebigen Anzahl von Personen in einem beliebigen Raum gehe, wobei an die Bewegungsrichtung keine Bedingungen gestellt würden. Daher könne diese Druckschrift das beanspruchte Verfahren nicht nahe legen.

II.

Die in rechter Frist und Form erhobene Beschwerde ist auch sonst zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet, da der Gegenstand des nachgesuchten Patents nicht patentfähig ist, da er nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht (§§ 1, 4 PatG).

Zum Hauptantrag:

Der Patentanspruch 1 in dieser Fassung ist auf ein Verfahren zur Erfassung und Analyse des Rezeptionsverhaltens von Personen in Abhängigkeit von visuellen, audiovisuellen und/oder auditiven Botschaften, Aktionen und/oder Kundenstromlenkungen gerichtet. Der im Anspruch verwendete Begriff "Rezeptionsverhalten" kann in seinem weitesten Sinne so verstanden werden, dass er auch die psychische Reaktion einer Person auf eine Botschaft oä umfasst. Unter Zugrundelegung der in der Beschreibung genannten Aufgabenstellung, entsprechend der ein genaues und wenig aufwendiges Verfahren zur Ermittlung, Analyse und Bewertung von Personenbewegungen geschaffen werden soll (vgl S. 2, Abs. 2 der Beschreibung), wird im vorliegenden Fall unter "Rezeptionsverhalten" gemäß dem objektiv erreichten Ergebnis lediglich die mit technischen Mitteln feststellbare physische (Bewegungs-) Reaktion von Personen verstanden.

Zur Lösung dieser Problemstellung schlägt der Anspruch 1 vor, die Ortskoordinaten und die Körperkoordinaten von Personen von ihrem Eintritt in einen Rezeptionsraum bis zu ihrem Austritt aus diesem Raum zu erfassen. Als Rezeptionsraum ist dabei offenbar ein abgegrenzter Bereich anzusehen, in dem die Botschaften, Aktionen und/oder Kundenstromlenkungen auf die Personen einwirken können. In diesem Raum sollen die Personen an Hand der von ihnen ausgehenden (oder reflektierten) elektromagnetischen Strahlung (zB Licht, Wärme) mit einer wählbaren Frequenz erfasst werden.

Der Anspruch 1 lehrt einen auf dem Gebiet der optischen Bildverarbeitung tätigen Ingenieur oder Informatiker sonach, einen im Rezeptionsraum auftretenden Teil des elektromagnetischen Spektrums mit einer wählbaren Frequenz abzutasten. In Hinsicht auf Hinweise, wie die abgetasteten Bilder auszuwerten sind, um bei Eintritt in den Rezeptionsraum aufgabengemäß eine bestimmte Person zu identifizieren und deren Bewegungen, dh Ortskoordinaten und Körperkoordinaten, dh Körperhaltungen, -drehungen sowie Blickrichtungen (vgl S. 3, Z 20 bis 24 der Beschreibung) zu verfolgen, enthält der Anspruch keine näheren Angaben. In der Beschreibung wird hierzu lediglich darauf verwiesen, dass man sich zur Erfassung bzw Identifizierung der im Raum befindlichen Objekte vorzugsweise der als bekannt angenommenen Mittel und Methoden der Bildverarbeitung bedienen soll (vgl S. 3, Z 13 - 16).

Das Merkmal allein, dass Räume, in denen sich zu erfassende Personen bewegen, mit einer wählbaren Frequenz abzutasten sind, vermag eine erfinderische Tätigkeit nicht zu begründen. Denn die Verfolgung von sich in einem Raum bewegenden Personen mit Mitteln der Bildverarbeitung setzt zwangsläufig eine Abtastung mit einer Frequenz voraus, die eine Verfolgung von Bewegungen zulässt, wie bspw aus Sp 2, Z 55 bis 60, Sp 3, Z 14 bis 15 und 49 bis 55 der DE 196 41 00 C2 hervorgeht, die sich mit der automatischen Erkennung von Personen befasst.

Das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag beruht sonach nicht auf erfinderischer Tätigkeit, dem Hauptantrag der Anmelderin ist daher nicht stattzugeben.

Zum Hilfsantrag:

Das Verfahren gemäß dem Anspruch 1 in dieser Fassung unterscheidet sich von der Fassung nach dem Hauptantrag zunächst dadurch, dass die Abtastung mit einer Frequenz erfolgen soll, die "vorzugsweise größer Eins" ist, also in Abständen erfolgen soll, die geringer als eine Sekunde sind.

Dass zur Bewegungsdetektion von Personen eine derartige Rate vorzusehen ist, kann jedoch der DE 96 41 000 C2 entnommen werden. Dort wird von einer Geschwindigkeit (Frequenz) von acht bis zehn Bildern pro Sekunde gesprochen (vgl Sp 3, Z 49 bis 52).

Der Patentanspruch 1 enthält in dieser Fassung auch konkretere Angaben in Hinsicht auf die Auswertung der Ortskoordinaten und der Körperkoordinaten von Personen. Diese sollen vom Eintritt jeder Person bis zu ihrem Austritt aus dem Rezeptionsraum an Hand der Körperumrisse sowie Körperteilumrisse und der daraus gebildeten Schwerpunkte ermittelt werden.

Eine solche Vorgehensweise ist dem Fachmann ebenfalls durch die Ausführungen in der DE 196 41 000 C2 nahegelegt. Den Ansprüchen 4 und 5 dieser Druckschrift entsprechend werden im Rezeptionsraum (hier: Personenschleuse) die Umrisse der Personen ermittelt und richtungsorientiert gespeichert, mithin die Körper- bzw Körperteilumrisse erfasst und aus diesen die Schwerpunkte gebildet, um die Lage und Richtung der Personen zu bewerten.

Dass beim Gegenstand der DE 196 41 000 C2 besondere Restriktionen hinsichtlich der Bewegungsrichtungen der Personen gestellt wären, die den Fachmann davon abhielten, das dort für Personenschleusen vorgeschlagene Verfahren auch auf andere Räume zu übertragen, wie die Anmelderin geltend macht, kann nicht erkannt werden.

Sonach beruht auch das Verfahren zur Erfassung und Analyse des Rezeptionsverhaltens von Personen nach dem Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag nicht auf erfinderischer Tätigkeit, so dass auch der Hilfsantrag abzulehnen ist.

Bei dieser Sachlage war die Beschwerde der Anmelderin gegen den Zurückweisungsbeschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 T des Deutschen Patent- und Markenamts zurückzuweisen.

Dr. Fritsch Dr. Schmitt Richter Bertl ist verhindert; er gehört seit dem 23.7.04 dem BPatG nicht mehr an.

Dr. Fritsch, 3.8.04 Prasch Hu






BPatG:
Beschluss v. 17.06.2004
Az: 17 W (pat) 13/03


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