Verwaltungsgericht Köln:
Beschluss vom 4. Juli 2007
Aktenzeichen: 6 L 127/07

(VG Köln: Beschluss v. 04.07.2007, Az.: 6 L 127/07)

Gründe

I.

Die Antragstellerin betreibt den Internet-Auftritt „ „. Auf dieser Homepage findet sich ein Hinweis unter anderem auf die Internet-Seiten „ „, „ „, „ „ und „ „, durch deren „Ankli- cken" man unmittelbar auf die letztgenannten Seiten gelangt. Dort kann man online verschiedene Sportwetten der o.g. Anbieter abschließen. Die Veranstalter der vorge- nannten Sportwetten besitzen in Nordrhein-Westfalen keine Erlaubnis nach dem Sportwettengesetz NRW.

Mit Allgemeinverfügung vom 22.05.2006 untersagte die Antragsgegnerin die Werbung für Sportwetten, die nicht von der Westdeutschen Lotterie GmbH & Co OHG (Westlotto) angeboten werden, im Internet auf der Homepage eines Inhaltsan- bieters mit Sitz in Nordrhein-Westfalen. Zugleich wurde die sofortige Vollziehung an- geordnet und für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000 EUR angedroht.

Gegen diese Verfügung erhob die Antragstellerin am 17.07.2006 Widerspruch, den die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 15.01.2007, zugestellt am 18.01.2007, zurückwies.

Am 26.01.2007 hat die Antragstellerin um die Gewährung vorläufigen Rechts- schutzes nachgesucht. Zur Begründung führt sie aus: Die Antragsgegnerin sei für den Erlass der Allgemeinverfügung nicht zuständig, denn die Antragstellerin betreibe einen Teledienst und keinen Mediendienst. Sie unterhalte nur einen Chatroom zum Diskutieren von Wettchancen und Ergebnissen und Möglichkeiten. In diesem Forum würden lediglich Meinungen zu Sportwetten ausgetauscht. Der Individualcharakter der Meinungen stünde im Vordergrund. Die sofortige Vollziehung der Allgemeinver- fügung sei im Übrigen nicht dringlich. Die hier in Rede stehenden Fragen seien völlig offen und auch in der Rechtsprechung hoch umstritten. So habe das Verwaltungsge- richt Köln z.B. in dem Verfahren 6 L 958/06 die aufschiebende Wirkung eines Wider- spruchs gegen die streitige Allgemeinverfügung wiederhergestellt, weil das Sportwet- tengesetz NRW gegen den im EG-Vertrag festgelegten Grundsatz der Dienstleis- tungsfreiheit verstoße. In dem Verfahren 1 K 5910/05 habe das Verwaltungsgericht Köln den Rechtsstreit über die Rechtmäßigkeit einer Ordnungsverfügung der Stadt Köln, mit der die weitere Durchführung und Vermittlung von Sportwetten untersagt worden sei, gemäß § 94 VwGO ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegt. Auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe im Verfahren 7 CS 06.2495 entschieden, dass das Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst die Bayerische Landeszentrale für neue Medien nicht anwei- sen dürfe, Werbung für Sportwetten in den von ihr verantworteten Programmen zu unterbinden. Vor diesem Hintergrund entstünden keine unabwendbaren Nachteile, wenn zunächst die Entscheidung des Gerichtshofes abgewartet werde. Dies gelte um so mehr, als der Widerspruchsbescheid erst ein halbes Jahr nach Widerspruchs- erhebung erlassen worden sei.

Am 16.02.2007 hat die Antragstellerin außerdem Klage gegen die in Rede ste- hende Allgemeinverfügung erhoben.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Allge- meinverfügung der Antragsgegnerin vom 22.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.01.2007 hin- sichtlich der Regelung in Ziffer 1. der Verfügung wiederher- zustellen und hinsichtlich der Regelung in Ziffer 3. der Verfü- gung anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie trägt zur Begründung vor: Die Antragsgegnerin sei für den Erlass der Verfü- gung zuständig. Bei dem Internetangebot der Antragstellerin handele es sich um ei- nen Mediendienst und nicht um einen Teledienst, da die redaktionelle Gestaltung im Vordergrund stehe und die Seite sich an die Allgemeinheit richte. Die Untersagungs- verfügung sei auch materiell rechtmäßig. Dies habe das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 22.11.2006 - 13 B 1803/06 - bes- tätigt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge sowie auf die Ge- richtsakte in dem Verfahren 6 K 575/07 Bezug genommen.

II.

Der Antrag ist jedenfalls unbegründet.

Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs oder der Klage ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. anordnen. Dabei ist im Rahmen der Interessenabwägung zu prüfen, ob das öffentliche Vollzugsinteresse oder das private Interesse an der aufschiebenden Wirkung überwiegt. An der Vollziehung einer offensichtlich rechtswidrigen Maßnahme kann kein öffentliches Interesse bestehen; ist die zu vollziehende Maßnahme offensichtlich rechtmäßig, kann das private Interesse am Aufschub der Vollziehung als gering veranschlagt werden, so dass regelmäßig, jedenfalls aber bei Dringlichkeit das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs bei der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO allein möglichen summarischen Prüfung nicht abschließend abschätzen, bedarf es einer Abwägung aller relevanten Umstände, um zu ermitteln, wessen Interesse für die Dauer des Hauptsacheverfahrens der Vorrang gebührt.

Nach diesen Maßstäben geht die Interessenabwägung sowohl auf der Grundlage des bis zum 28.02.2007 maßgeblichen Mediendienste-Staatsvertrages (MDStV) vom 27. Juni 1997 (GV NRW S. 158) in der Fassung des Achten Rundfunkänderungs- staatsvertrages vom 08.03.2005 (GV NRW S. 192) als auch auf der Grundlage des am 01.03.2007 in Kraft getretenen Staatsvertrages für Rundfunk und Telemedien (RStV) vom 31.08.1991 (GV NRW S. 408) in der Fassung des Neunten Rundfunkän- derungsstaatsvertrages vom 30.01.2007 (GV NRW S. 107) zu Lasten der Antragstel- lerin aus.

1. Gemessen an dem bis zum 28.02.2007 geltenden Recht erweist sich die Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin vom 22.05.2006 nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage als rechtmäßig. Hierzu und unter anderem auch zu der von der Antragstellerin problematisierten Zuständigkeit der Antragsgegnerin hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in seinem Beschluss vom 22.11.2006 - 13 B 1803/06 -, zitiert nach www.nrwe.de, Folgendes ausgeführt:

„1. Hinsichtlich der Zulässigkeit der gewählten Handlungsform der Allgemeinverfügung bestehen, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, keine durchgreifenden Bedenken.

2. Es spricht nach gegenwärtiger Sach- und Rechtslage vieles dafür, dass Ziffer 1 der Allgemeinverfügung, die die Werbung für private Sportwettenveranstalter auf der Homepage eines Inhaltsanbieters mit Sitz in Nordrhein-Westfalen untersagt, (insgesamt) rechtmäßig ist. Abschließend beurteilen lässt sich die Rechtmäßigkeit der Allgemeinverfügung insoweit allerdings schon mit Blick auf die Komplexität der in den Blick zu nehmenden Rechtsfragen und der nicht zuletzt mit der Nutzung des Internets verbundenen Vielgestaltigkeit der tatsächlichen Gegebenheiten nicht.

a) Die unter Ziffer 1 der Allgemeinverfügung getroffene Anordnung ge- nügt dem verfahrensrechtlichen Bestimmtheitsgebot (vgl. § 37 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW)).

Hiernach muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Dies setzt voraus, dass insbesondere für den Adressaten des Verwaltungsakts die von der Behörde getroffene Regelung so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar ist, dass er sein Verhalten danach richten kann. Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts muss sich allerdings nicht unmittelbar und ausschließlich aus dem Entscheidungssatz ergeben. Es reicht aus, wenn sich die Regelung aus dem gesamten Inhalt des Bescheides, insbesondere seiner Begründung, sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne weiteres erkennbaren Umständen unzweifelhaft erkennen lässt.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 03. Dezember 2003 - 6 C 20.02 -, BVerwGE 119, 282 (284), vom 25. April 2001 - 6 C 6.00 -, BVerwGE 114, 160 (164), und vom 29. September 1992 - 1 C 36.89 -, Buchholz 451.45 § 16 HwO Nr. 8.

Hieran gemessen ist die unter Ziffer 1 der Allgemeinverfügung getroffene Anordnung, wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat, nicht zu beanstanden. Ergänzend ist anzuführen, dass sich der Verfügung nach ihrem Gesamtinhalt und unter Berücksichtigung der Vorgeschichte sowie der auch den Adressaten der Verfügung bekannten Umstände, die die Antragsgegnerin zum Erlass der Verfügung veranlasst haben, mit hinreichender Klarheit entnehmen lässt, dass ausschließlich die Werbung für private Sportwettenveranstalter untersagt wird. Zwar deuten die Formulierungen der Entscheidungssätze der Verfügung nicht darauf hin, dass die Antragsgegnerin zwischen der Werbung für private Sportwettenveranstalter und der Werbung für staatliche Wettanbieter anderer Bundesländer differenziert hat. Unter Berücksichtigung der Begründung der Verfügung sowie der ihren Adressaten bekannten und das Sportwettengeschäft im Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung und auch aktuell prägenden Gesamtumstände war ihr jedoch auch aus der Sicht ihrer Adressaten ohne weiteres zu entnehmen, dass ausschließlich die Werbung für private Sportwettenveranstalter untersagt worden ist.

Nach den Gesamtumständen war - wie nicht zuletzt die Begründung der angefochtenen Verfügung erkennen lässt - ein Einschreiten gegen in Nordrhein- Westfalen ansässige Anbieter von Internetinhalten wegen de- ren Werbung für private Sportwettenveranstalter veranlasst. Anlass für ein Einschreiten gegen die Werbung für staatliche Wettanbieter anderer Bun- desländer durch in Nordrhein-Westfalen ansässige Anbieter von Internet- inhalten bestand demgegenüber bereits mit Blick auf den am 01. Juli 2004 in Kraft getretenen Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland (Lot- teriestaatsvertrag - LoStV) vom 13. Februar 2004 (GVBl. NRW S. 315) nicht. Dieser Vertrag gilt nach den Regelungen im nordrheinwestfälischen Gesetz zur Ausführung des Staatsvertrages zum Lotteriewesen in Deutschland (Lotterieausführungsgesetz - LoAG) vom 16. November 2004 (GV NRW S. 686) unmittelbar.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 02. August 2006 - 1 BvR 2677/04 -.

Dass der Regelungsgehalt des Lotteriestaatsvertrages jedenfalls den Unternehmen bekannt ist, die unmittelbar oder - wie die Adressaten der Allgemeinverfügung - über die Werbung mittelbar mit dem Sportwettenge- schäft befasst sind, drängt sich auf.

Ziel des Staatsvertrages (vgl. § 1 LoStV) ist es, 1. den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken, insbesondere ein Ausweichen auf nicht erlaubte Glücksspiele zu verhindern, 2. übermäßige Spielanreize zu verhindern, 3. eine Ausnutzung des Spieltriebs zu privaten oder gewerblichen Gewinnzwecken auszuschließen, 4. sicherzustellen, dass Glücksspiele ordnungsgemäß und nachvollziehbar durchgeführt werden, und 5. sicherzustellen, dass ein erheblicher Teil der Einnahmen aus Glücksspielen zur Förderung öffentlicher oder steuerbegünstigter Zwecke im Sinne der Abgabenord- nung verwendet wird.

Gemäß § 2 Satz 1 LoStV regeln die Länder mit diesem Staatsvertrag die Veranstaltung, die Durchführung und die gewerbliche Vermittlung von öffentlichen Glücksspielen, zu denen auch zufallsabhängige Sportwetten zählen (vgl. § 3 Abs. 1 LoStV).

Nach § 5 Abs. 1 LoStV haben die Länder im Rahmen der Zielsetzungen des § 1 die ordnungsrechtliche Aufgabe, ein ausreichendes Glücksspielangebot sicherzustellen. Auf gesetzlicher Grundlage können sie diese Aufgabe selbst, durch juristische Personen des öffentlichen Rechts oder durch privatrechtliche Gesellschaften, an denen juristische Personen des öffentlichen Rechts unmittelbar oder mittelbar maßgeblich beteiligt sind, erfüllen (§ 5 Abs. 2 LoStV). Diesen ist ein Tätigwerden als Veranstalter oder Durchführer nur in dem Land gestattet, in dem sie ihre Aufgabe nach § 5 Abs. 2 LoStV wahrnehmen (vgl. § 5 Abs. 3 LoStV). Das hierin zum Ausdruck kommende Regionalitätsprinzip ist Ausfluss der ordnungsrechtlichen Zuständigkeit der Länder in ihrem Gebiet. Hierdurch soll auch eine unerwünschte faktische Wettbewerbssituation bei Glücksspielen mit besonderem Gefährdungspotenzial, zu denen u.a. Sportwetten zählen, vermieden werden. Glücksspiele dürfen die in § 5 Abs. 2 LoStV Genannten in einem anderen Land nur mit Zustimmung dieses Landes veranstalten oder durchführen (vgl. § 5 Abs. 3 LoStV). Damit wird klargestellt, dass das Verbot des länderübergreifenden Tätigwerdens nicht gilt, wenn das betroffene Land mit dem Tätigwerden einverstanden ist.

Vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung NRW zu dem Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland (Lotterie- staatsvertrag - LoStV) und dem Staatsvertrag über die Regi- onalisierung von Teilen der von den Unternehmen des deut- schen Lotto- und Totoblocks erzielten Einnahmen, LT- Drucksache 13/5365, Anlage "Erläuterungen zum Staatsver- trag zum Lotteriewesen in Deutschland".

Ein Einschreiten der Antragsgegnerin wäre vor diesem Hintergrund insoweit nur dann veranlasst gewesen, wenn in Nordrhein-Westfalen ansässige Anbieter von Internetinhalten für staatliche Wettanbieter anderer Bundesländer geworben hätten, die ohne Einverständnis des Landes Nordrhein-Westfalen in Nordrhein-Westfalen Sportwetten anbieten. Das war indes weder im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Allgemeinverfügung noch in der Folgezeit der Fall.

Ob und inwieweit mit Blick auf den Beschluss des Bundeskartellamts vom 23. August 2006 (B 10 - 92713 - Kc - 148/05) etwaige kartellrechtliche Erwägungen einer Beschränkung oder Untersagung der Werbung für staatliche Wettanbieter anderer Bundesländer entgegenstehen, kann vor diesem Hintergrund dahingestellt bleiben.

b) Ermächtigungsgrundlage der Untersagung der Werbung für private Sportwettenveranstalter ist § 22 Abs. 2 Sätze 1 und 2 i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 2 des Mediendienste-Staatsvertrages (MDStV) vom 27. Juni 1997 (GV NRW S. 158) in der Fassung des Art. 8 des Achten Rundfunkände- rungsstaatsvertrages vom 08. März 2005 (GV NRW S. 192 (198)).

c) Die Antragsgegnerin ist als Aufsichtsbehörde nach § 22 Abs. 5 MDStV i.V.m. § 1 der Zuständigkeitsverordnung für Mediendienste vom 01. Juli 1997 (GV NRW S. 184) in der Fassung der Änderungsverordnung vom 28. Februar 2003 (GV NRW S. 84) sachlich und örtlich zuständig für den Erlass der auf § 22 Abs. 2 Sätze 1 und 2 MDStV gestützten Allgemeinverfügung vom 22. Mai 2006.

d) Die materiellrechtlichen Voraussetzungen des § 22 Abs. 2 Sätze 1 und 2 i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 2 MDStV liegen vor. Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 MDStV trifft die zuständige Aufsichtsbehörde, sofern sie einen Verstoß gegen die Bestimmungen des Mediendienste-Staatsvertrages mit Aus- nahme - der hier nicht einschlägigen - § 10 Abs. 3, § 11 Abs. 2 und 3, §§ 14, 16 bis 20 MDStV feststellt, die zur Beseitigung des Verstoßes erforder- lichen Maßnahmen gegenüber dem Anbieter (vgl. § 22 Abs. 2 Satz 1 MDStV). Sie kann nach § 22 Abs. 2 Satz 2 MDStV insbesondere Angebo- te untersagen und deren Sperrung anordnen. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 MDStV, bei dessen Missachtung ein Vorgehen der Aufsichtsbehörde nicht nach § 22 Abs. 2 Satz 1 MDStV ausgeschlossen ist, sind die Vorschriften der allgemeinen Gesetze einzuhalten.

aa) Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 22 Abs. 2 Satz 1 MDStV sind gegeben. Die Adressaten der Allgemeinverfügung haben durch ihre Werbung für private Sportwettenveranstalter als verantwortliche Diensteanbieter i.S.d. § 6 Abs. 1 i.V.m. § 3 Satz 1 Nr. 1 MDStV gegen § 11 Abs. 1 Satz 2 MDStV verstoßen. Denn sie erfüllen durch einen sol- chen Internetauftritt den (objektiven) Straftatbestand des § 284 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 des Strafgesetzbuches (StGB). Die von ihnen betriebene Werbung für private Sportwettenveranstalter stellt Werbung für in Nordrhein- Westfalen unerlaubte Glücksspiele dar.

Bei den Sportwetten der von den beworbenen Unternehmen veranstalteten Art handelt es sich um u.a. in Nordrhein-Westfalen unerlaubte Glücksspiele i.S.d. § 284 Abs. 1 StGB.

Vgl. zuletzt OVG NRW, Beschluss vom 28. Juni 2006 - 4 B 961/06 -, EuZW 2006, 603.

Ob eine strafrechtliche Verurteilung dieser Unternehmen und hieran gegebenenfalls anknüpfend auch der Adressaten der Allgemeinverfügung möglich ist, ist insoweit ohne Bedeutung. Die Beantwortung dieser Frage bleibt den Strafgerichten überlassen.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 -, NJW 2006, 1261 (1267, Rdnr. 159); OVG NRW, Beschluss vom 28. Juni 2006, a.a.O., S. 604; Bayerischer VGH, Be- schluss vom 14. September 2006 - 24 CS 06.2132 -; OVG Hamburg, Beschluss vom 09. Oktober 2006 - 1 Bs 204/06 - .

Es bedarf daher auch keines Eingehens auf die Frage, welche Bedeu- tung den Schlussanträgen des Generalanwalts beim Europäischen Ge- richtshof vom 16. Mai 2006 in den verbundenen Rechtssachen C-338/04, C-359/04 und C-360/04 für die Beurteilung der Strafbarkeit beizumessen ist.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Oktober 2006 - 2 BvR 2023/06 -, juris.

Die (Fort-) Geltung des § 284 StGB hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 28. März 2006 nicht in Frage gestellt. Zwar hat es festgestellt, dass das bayerische Staatsmonopol für Sportwetten in seiner derzeitigen Ausgestaltung gegen Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verstößt, weil es nicht konsequent an dem Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren und der Begrenzung der Wettleidenschaft ausgerichtet ist (a.a.O., S. 1264 ff., RdNrn. 120 ff.). Es hat jedoch davon abgesehen, die Vorschriften über das staatliche Wettmonopol und dessen Durchsetzung für nichtig zu erklären. Vielmehr hat es die bisherige Rechtslage für eine Übergangszeit bis zu einer gesetzlichen Neuregelung, für die es eine Frist bis zum 31. Dezember 2007 gesetzt hat, mit bestimmten, auf die Bekämp- fung der Wettsucht gerichteten Maßnahmen für weiter anwendbar erklärt und ausdrücklich hinzugefügt, dass das gewerbliche Veranstalten von Wetten durch private Wettunternehmen und die Vermittlung von Wetten, die nicht vom Freistaat Bayern veranstaltet werden, weiterhin als verboten angesehen und ordnungsrechtlich unterbunden werden dürfen (a.a.O., S. 1267, RdNrn. 146 ff.). Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat nach § 31 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 13 Nr. 8a des Bundesverfassungsge- richtsgesetzes (BVerfGG) Gesetzeskraft.

Zwischenzeitlich hat das Bundesverfassungsgericht klargestellt, dass die im Urteil vom 28. März 2006 formulierten verfassungsrechtlichen Aussagen in gleicher Weise auf die Rechtslage in Nordrhein-Westfalen zutreffen. Auch das Land Nordrhein-Westfalen ist danach gehalten, den Bereich der Sportwetten nach Maßgabe der Gründe des Urteils vom 28. März 2006 neu zu regeln und einen verfassungsgemäßen Zustand entweder durch eine konsequent am Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren ausgerichtete Ausgestaltung des Sportwettenmonopols oder eine gesetzlich normierte und kontrollierte Zulassung gewerblicher Sportwettangebote durch private Wettunternehmen herzustellen.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 02. August 2006 - 1 BvR 2677/04 -.

Soweit das Bundesverfassungsgericht im Urteil vom 28. März 2006 für die Übergangszeit verlangt hat, dass ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Be- kämpfung der Wettsucht einerseits und der tatsächlichen Ausübung des staatlichen Monopols andererseits dadurch herzustellen ist (a.a.O., S. 1267, Rdnr. 157), dass

- damit begonnen wird, das bestehende Wettmonopol konsequent an einer Bekämpfung der Wettsucht und einer Begrenzung der Wettleidenschaft auszurichten,

- der Staat die Übergangszeit nicht zu einer expansiven Vermarktung von Wetten nutzt,

- bis zur Neuregelung die Erweiterung des Angebots staatlicher Wettveranstaltungen sowie eine Werbung, die über sachliche Informationen zur Art und Weise der Wettmöglichkeit hinausgehend gezielt zu Wetten auffordert, unterbleibt sowie

- im Rahmen der staatlichen Lotterieveranstaltungen umgehend aktiv über die Gefahren des Wettens aufzuklären ist (a.a.O., S. 1267, Rdnr. 160),

ist diesen Maßgaben in Nordrhein-Westfalen genügt.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. Juni 2006, a.a.O., S. 604.

Das Innenministerium NRW hat mit Schreiben vom 19. April 2006 der Westdeutschen Lotterie GmbH & Co. OHG eine Vielzahl von Maßnahmen aufgegeben, die den in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts angesprochenen Gesichtspunkten ausreichend Rechnung tragen. Hin- sichtlich des Wettangebots ist angeordnet worden, dass Wetten nicht auf Halbzeitergebnisse, rote Karten, Platzverweise sowie Eckstöße etc. abge- schlossen werden dürfen und grundsätzlich keine Live-Wetten angeboten werden. Die Werbung soll auf Informationen zur Art und Weise der Wett- möglichkeiten ohne Aufforderungscharakter (Animationssprüche, emotio- nale Bilder etc.) beschränkt werden, wobei TV- und Radiowerbung, Ban- denwerbung in den Stadien, Trikotwerbung, Gewinnspiele zu Oddset in den Medien, Oddset-Werbung über Großplakate und Werbeterminals so- wie die Durchführung von Promotion-Aktionen auf Messen, Jahrmärkten etc. generell verboten sind. Die Vertriebskanäle sollen auf das Annahme- stellennetz und das Internet beschränkt werden. Oddset-Wetten sollen künftig nur noch über Kundenkarten abgeschlossen werden können. Beim Vertrieb über das Internet soll eine Begrenzung des Spieleinsatzes pro Woche und Kundenkonto auf 250,00 EUR vorgesehen werden. Wetten durch SMS und interaktives TV sind demgegenüber verboten. Weiterhin sind der Westdeutschen Lotterie GmbH & Co. OHG vielfältige Maßnah- men zur Suchtprävention aufgegeben worden: Auf den Spielscheinen sind ein Hinweis auf die Suchtgefahr sowie Telefonnummern von Suchtbera- tungsstellen aufzudrucken. Entsprechende Hinweise sind in das Internet- Angebot aufzunehmen. Auch in den Annahmestellen sowie auf jeder In- formation zur Oddset-Wette und bei Werbemaßnahmen ist auf die Sucht- gefahr hinzuweisen. In den Annahmestellen soll sichergestellt werden, dass hohe Spieleinsätze erfasst werden. Weiterhin soll ein Verfahren ent- wickelt werden, dass eine Begrenzung der Spieleinsätze in den Annah- mestellen je Spielauftrag und Kunde vorsieht und bei Verdachtsmomenten Maßnahmen bis hin zum Ausschluss von der Spielteilnahme ermöglicht. Das Vertriebspersonal in den Annahmestellen soll schließlich in den Be- reichen Sucht, Geldwäsche und Begleitkriminalität geschult werden. Aus- weislich des Berichts der Westdeutschen Lotterie GmbH & Co. OHG vom 06. Juni 2006 an das Innenministerium NRW werden die geforderten Maßnahmen im Rahmen ihrer zeitlichen Realisierbarkeit auch umgesetzt. Die Wettgegenstände sind entsprechend der Aufforderung des Innenmi- nisteriums begrenzt worden, ebenso wie die grundsätzlich untersagten Werbemaßnahmen eingestellt und die nach Maßgabe des Schreibens des Innenministeriums noch erlaubte Werbung inhaltlich überprüft und korri- giert worden sind. Das Alter der Wetter, die im Internet Wetten abschlie- ßen, wird geprüft. Auch sind die Vertriebskanäle gemäß dem Schreiben des Innenministeriums begrenzt und eine Vielzahl von Maßnahmen zur Suchtprävention ergriffen bzw. erarbeitet worden.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. Juni 2006, a.a.O., S. 604.

Anhaltspunkte dafür, dass nicht unverzüglich die - den Forderungen des Bundesverfassungsgerichts entsprechenden - erforderlichen Schritte eingeleitet worden sind, sind vor diesem Hintergrund nicht erkennbar.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. Juni 2006, a.a.O., S. 604.

Die Bemühungen, den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zeit- nah nachzukommen, sind offenbar. Vereinzelt auftretende Anfangsschwierigkeiten und Überwachungsdefizite sind ohne Gewicht. Das Bundesverfassungsgericht ist ersichtlich davon ausgegangen, dass seine Vorgaben nicht ohne eine Übergangsfrist umzusetzen sind. Eine übergangslose Umsetzung der Vorgaben wäre schon deshalb nicht zu realisieren, weil bestehende Verpflichtungen nicht ohne weiteres kurzfristig gelöst werden können und die durchzuführenden komplexen Verwaltungsverfahren einen nicht unerheblichen Arbeits- und Zeitaufwand bedingen. Auch die Koordination und Überwachung der Reduzierung des Werbeverhaltens in Bezug auf Oddset- Wetten bedürfen zwangsläufig einer gewissen Umsetzungszeit.

Dahingestellt bleiben kann, ob die Glücksspielpolitik insgesamt, mithin insbesondere auch hinsichtlich des Lotteriewesens, konsequent auf das Ziel der Begrenzung der Spielleidenschaft ausgerichtet ist. Die verschie- denen Glücksspielarten bergen unterschiedliche Gefährdungspotenziale in sich, denen auf verschiedene Weise begegnet werden kann. Das staatli- che Sportwettenmonopol ist geeignet, zur Begrenzung der Wettleiden- schaft und zur Bekämpfung der Wettsucht beizutragen. Diese Eignung entfällt noch nicht deshalb, weil - was hier nicht aufzuklären und zu ent- scheiden ist - die Maßnahmen, die zur Begrenzung der Werbung für das Lotto-Spiel ergriffen worden sind, möglicherweise noch nicht konsequent an dem Ziel der Begrenzung der Spielleidenschaft ausgerichtet sind.

Vgl. OVG Hamburg, a.a.O..

Die Verbotsnorm des § 284 StGB setzt das Fehlen einer Erlaubnis voraus und nimmt damit entsprechend der föderalen Struktur der Bundes- republik hin, dass die Veranstaltung von Glücksspielen von Land zu Land unterschiedlich zu beurteilen sein kann, nämlich danach, ob eine Erlaubnis erteilt wurde oder nicht. Soweit die Erlaubnis reicht, liegt kein Verstoß gegen die Verbotsnorm des § 284 StGB vor. Die Veranstaltung von privaten Sportwetten ist, selbst wenn ein Anspruch auf die Erteilung einer Erlaubnis besteht, erst zulässig, wenn eine solche erteilt worden ist.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2006 - 6 C 19.06 -, NVwZ 2006, 1175 (1178, RdNrn. 49 f.); BGH, Urteil vom 14. März 2002 - I ZR 279/99 -, NJW 2002, 2175 (2176).

Private Sportwettenveranstalter sind nicht im Besitz einer Erlaubnis für ein sich u.a. auf Nordrhein-Westfalen erstreckendes Wettangebot.

Die Erteilung einer Erlaubnis nach nordrheinwestfälischem Recht kommt ohnehin nicht in Betracht. Zwar kann die Landesregierung Wettunternehmen für sportliche Wettkämpfe zulassen (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 Sportwettengesetz (SportwettG) vom 03. Mai 1955 (GV NRW S. 84), zuletzt geändert durch Art. 78 des Gesetzes zur Befristung des Landesrechts NRW vom 18. Mai 2004 (GV NRW S. 248 (256)). Träger des Wettunternehmens kann jedoch nur eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine juristische Person des privaten Rechts sein, deren Anteile überwiegend juristischen Personen des öffentlichen Rechts gehören (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 SportwettG).

Die privaten Sportwettenveranstaltern in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union erteilten Erlaubnisse gelten in Nordrhein-Westfalen ebenso wenig wie die einigen Sportwettenveranstaltern aufgrund des Gewerbegesetzes der Deutschen Demokratischen Republik vom 06. März 1990 (GBl. DDR I S. 138) erteilten Gewerbegenehmigungen aus dem Jahre 1990.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2006, a.a.O., RdNrn. 51 ff..

Dem steht nicht entgegen, dass die Sportwetten im Internet angeboten werden. Veranstalten im Sinne des § 284 Abs. 1 StGB bedeutet, dass je- mand verantwortlich und organisatorisch den äußeren Rahmen für die Ab- haltung des Glücksspiels schafft und der Bevölkerung dadurch den Ab- schluss von Spielverträgen ermöglicht.

Vgl. BGH, Urteil vom 28. November 2002 - 4 StR 260/02 -, GewArch 2003, 332 (333); BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2006, a.a.O., Rdnr. 46.

Veranstaltungsort eines Glücksspiels ist jeder Ort, an dem dem Publi- kum die Möglichkeit einer Beteiligung an dem Spiel verschafft wird. Diese den §§ 9 Abs. 1, 284 Abs. 1 StGB zu Grunde liegende Begriffsbestimmung bezieht in das Veranstaltungsgeschehen zutreffend den Ort ein, an dem das Wettgeschäft nach der Ausgestaltung des Wettangebots im konkreten Fall zustande kommen soll. So ist anerkannt, dass etwa ein ausländischer Glücksspielveranstalter, der Wettscheine nach Deutschland versendet und Wetten von dort auf dem Postwege, per Telefax oder telefonisch entgegennimmt, auch in Deutschland ein Glücks- spiel veranstaltet.

Vgl. BGH, Urteil vom 14. März 2002, a.a.O., S. 2175.

Entsprechendes gilt, wenn der Veranstalter auf einer Internetseite die Möglichkeit eröffnet, sich am Glücksspiel zu beteiligen. In diesem Fall wird das Glücksspiel auch an dem Ort veranstaltet, wo der Internetnutzer das Wettangebot annimmt.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. Mai 2004 - 4 B 2096/03 -, GewArch 2004, 339 (340); OVG Bremen, Beschluss vom 07. September 2006 - 1 B 273/06 -.

Dass der Veranstalter sein Angebot nicht an bestimmte Internetnutzer richtet, ist unerheblich. Er will durch das Einstellen des Angebots ins Inter- net jedem Wettinteressierten, mithin auch demjenigen, der sich in Nord- rhein-Westfalen aufhält, die Teilnahme an dessen Aufenthaltsort ermögli- chen.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Mai 2004, a.a.O., und vom 05. Dezember 2003 - 4 B 1987/03 -, juris.

Festzustellen ist nach alledem, dass die Adressaten der Allgemeinverfügung durch ihre Werbung für private Sportwettenveranstalter als verantwortliche Diensteanbieter i.S.d. § 6 Abs. 1 i.V.m. § 3 Satz 1 Nr. 1 MDStV gegen § 11 Abs. 1 Satz 2 MDStV i.V.m. § 284 Abs. 4 StGB verstoßen haben. Die beworbenen Unternehmen, die über das Internet u.a. in Nordrhein-Westfalen Sportwetten anbieten, verfügen über die dort erforderliche Erlaubnis nicht und veranstalten damit in Nordrhein-Westfalen ein unerlaubtes Glücksspiel. Der Adressatenkreis der von den Diensteanbietern betriebenen Werbung ist schon mit Blick auf die technischen Gegebenheiten des Internets unbeschränkt. Sie richtet sich auch an Wettkunden in Nordrhein-Westfalen, dem Sitz der von der Allgemeinverfügung betroffenen Diensteanbieter.

Die Untersagung der Werbung für private Sportwettenveranstalter, die nicht in der Bundesrepublik Deutschland, sondern in einem anderen EU- Mitgliedstaat ansässig sind, begegnet unter Berücksichtigung der Vorga- ben des Gemeinschaftsrechts ebenfalls keinen durchgreifenden Beden- ken.

Abzustellen ist diesbezüglich nicht (allein) auf die als verfassungswidrig erkannte gesetzliche Ausgestaltung des staatlichen Wettmonopols, sondern auf die vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 28. März 2006 (a.a.O.) verbindlich festgelegte Übergangsrechtslage.

Vgl. VGH Baden Württemberg, Beschuss vom 28. Juli 2006 - 6 S 1987/05 -, juris; OVG Bremen, a.a.O.; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 28. September 2006 - 6 B 10895/06 -, juris.

Das auch nach der vom Bundesverfassungsgericht festgelegten Über- gangsrechtslage fortbestehende staatliche Wettmonopol greift allerdings in die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit (vgl. Art. 43, 48 und 49 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG)) der privaten Sportwettenveranstalter ein.

Vgl. EuGH, Urteil vom 06. November 2003 - C-243/01 - (Gambelli u.a.), Slg. 2003, I 13076 (13097, Rdnr. 59); VGH Baden Württemberg, a.a.O.; Hessischer Verwaltungsge- richtshof, Beschluss vom 14. September 2006 - 11 TG 1653/06 -.

Nach den vom Europäischen Gerichtshof aufgestellten Grundsätzen kann ein solcher Eingriff in die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit nur aufgrund des Vorbehalts der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Ge- sundheit in Art. 46 Abs. 1 EG oder aus zwingenden Gründen des Allge- meininteresses gerechtfertigt sein. Der Europäische Gerichtshof erkennt hierbei grundsätzlich das Bedürfnis der Mitgliedstaaten an, die Veranstal- tung von Wetten und Glücksspielen aus Gründen des Gemeinwohls zu beschränken oder sogar zu verbieten und mit Hilfe der Einnahmen aus Lotterien und Wetten im Allgemeininteresse liegende Vorhaben zu finan- zieren. Zugleich hat er den Mitgliedstaaten ein Ermessen zur Festlegung der Erfordernisse zugebilligt, die sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben. Er fordert jedoch, dass die Beschränkun- gen geeignet sein müssen, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beitragen. Diese Maßnahmen müssten tatsächlich dem Ziel dienen, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern. Die Finanzierung sozialer Aktivitäten durch Einnahmen aus monopolisierten staatlichen Veranstaltungen oder mit Hilfe einer Abgabe auf die Einnahmen aus ge- nehmigten privaten Spielen dürfe nur eine erfreuliche Nebenfolge, nicht aber der eigentliche Grund der betriebenen restriktiven Politik sein. Ferner dürften die Einschränkungen nicht über das hinausgehen, was zur Errei- chung der im Interesse der Allgemeinheit verfolgten Ziele notwendig sei. Weiterhin dürften diese Regelungen nicht in diskriminierender Weise an- gewendet werden.

Vgl. EuGH, Urteil vom 06. November 2003, a.a.O., S. 13097 f., RdNrn. 60 ff.; Hessischer Verwaltungsgerichtshof, a.a.O.; Bayerischer VGH, a.a.O..

Es ist Sache des jeweiligen nationalen Gesetzgebers zu prüfen, ob die nationale Regelung angesichts ihrer konkreten Anwendungsmodalitäten tatsächlich den Zielen Rechnung trägt, die sie rechtfertigen könnten, und ob die mit ihr auferlegten Beschränkungen nicht außer Verhältnis zu diesen Zielen stehen.

Vgl. EuGH, Urteil vom 06. November 2003, a.a.O., S. 13101, RdNrn. 75 f..

Angesichts der vom Bundesverfassungsgericht für die Zeit bis zum 31. Dezember 2007 verbindlich festgelegten Übergangsrechtslage, die - wie dargelegt - in Nordrhein-Westfalen tatsächliche Anstrengungen und Ver- änderungen bewirkt hat, die dieser Übergangsrechtslage genügen, ist ein vorübergehendes Festhalten an der gegenwärtigen Einschränkung der Veranstaltung von Sportwetten mit den gemeinschaftsrechtlichen Anforde- rungen, die der Europäische Gerichtshof insbesondere im Urteil vom 06. November 2003 (a.a.O., RdNrn. 60 ff.) konkretisiert hat, noch verein- bar.

Vgl. auch Kruis, Anm. zum Beschluss des OVG NRW vom 28. Juni 2006 - 4 B 961/06 -, EuZW 2006, 606, und zu vergleichbaren Sach- und Rechtslagen in anderen Bundesländern u.a.: VGH Baden Württemberg, a.a.O.; OVG Bremen, a.a.O.; Bayerischer VGH , a.a.O.; OVG Rheinland- Pfalz, a.a.O.; OVG Hamburg, a.a.O..

Dem steht nicht entgegen, dass die normativen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts für die Übergangszeit zwar - ihrem Charakter als Übergangsregelung entsprechend - hinter denen zurückbleiben, die der Gesetzgeber bis zum Ende der Übergangszeit wird beschließen müssen, wenn er am staatlichen Monopol für Sportwetten festhalten will. Sie begründen, gerade weil sie die Umsetzung eines weiter gehenden Gesamtkonzepts ermöglichen sollen, eine (Übergangs-) Rechtslage, die in kohärenter und systematischer Weise das Ziel verfolgt, die Spiel- und Wettsucht einzudämmen. Die normativen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts sind nicht nur geeignet, dieses Ziel zu erreichen, sondern auch erforderlich. Die Zulassung der Veranstaltung privater Sportwetten während der Übergangszeit würde nämlich die Verwirklichung eines konsequent auf die Bekämpfung der Spielsucht ausgerichteten und daher gemeinschaftsrechtlich zulässigen Konzepts er- heblich erschweren.

OVG Bremen, a.a.O.

Es wäre eine Situation gegeben, die wegen des Fehlens hinreichender Eindämmung der Wettsucht und fehlender Eingrenzung der Wettleiden- schaft einer Gefahr für die nationalstaatlichen Schutzbelange des Art. 46 EG gleichkäme, die in ihrem Fortbestand auch nach einer gesetzlichen Neuregelung nicht oder kaum gestoppt werden könnte.

Diesbezüglich folgt auch aus der Entscheidung des Europäischen Ge- richtshofs in der Rechtssache Lindman,

vgl. EuGH, Urteil vom 13. November 2003 - C-42/02 - (Lindman), Slg. 2003, I 13543,

nichts anderes. Zwar findet sich dort (vgl. S. 13552, RdNrn. 25 f.) der Hinweis, dass die Rechtfertigungsgründe, die von einem Mitgliedstaat in Bezug auf die Schwere der Gefahren, die mit dem Betreiben von Glücksspielen verbunden sind, geltend gemacht werden können, von einer Untersuchung zur Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der von diesem Staat erlassenen beschränkenden Maßnahmen begleitet werden müssen. Eine auch insoweit aufschlussreiche Untersuchung liegt jedoch bereits vor. Prof. Dr. rer. nat. Gerhard Meyer und Dipl.-Psych. Tobias Hayer vom Institut für Psychologie und Kognitionsforschung der Universität Bremen haben das Gefährdungspotenzial von Lotterien und Sportwetten untersucht und dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen im Mai 2005 einen umfassenden Abschlussbericht (http://www.mags.nrw.de/pdf/gesundheit/gefaehrdungspotenzial.pdf) vor- gelegt. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 (a.a.O., S. 1263, Rdnr. 99) beruht im Übrigen ebenfalls auf wissen- schaftlichen Untersuchungen zum Gefährdungspotenzial von Sportwetten.

Abweichendes kann auch insoweit schließlich nicht aus den Schlussanträgen des Generalanwalts beim Europäischen Gerichtshof vom 16. Mai 2006 in den verbundenen Rechtssachen C-338/04, C-359/04 und C-360/04 - unabhängig von deren Unverbindlichkeit - hergeleitet werden. Seiner Äußerung (vgl. Rdnr. 130), die Behörden eines Mitgliedstaates, in dem die Dienstleistung erbracht werde, müssten von der Integrität eines Wettanbieters aus einem anderen Mitgliedstaat ausgehen, wenn er die dort geltenden Anforderungen erfülle, kann nicht entnommen werden, dass er die Auffassung vertritt, die Nichtanerkennung einer in einem Mit- gliedstaat erteilten Wettkonzession durch einen anderen Mitgliedstaat ver- stoße generell gegen Gemeinschaftsrecht. Rückschlüsse auf die hier rele- vante Problematik einer verhältnismäßigen Begrenzung der Wettleiden- schaft und Bekämpfung der Wettsucht lässt die Äußerung des General- anwalts nicht zu.

OVG Hamburg, a.a.O.; OVG Rheinland-Pfalz, a.a.O..

Die mit dem Verbot, private Sportwetten anzubieten, verbundene Beeinträchtigung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit ist auch verhältnismäßig.

Vgl. zum Erfordernis der Verhältnismäßigkeit: EuGH, Urteil vom 09. März 1999 - C-212/97 - (Centros), Slg. 1999, I 1459 (1495, Rdnr. 34).

Der deutsche Staat kann insbesondere nicht darauf vertrauen, dass das jeweilige am Sitz des Veranstalters von privaten Sportwetten geltende Recht die mit deutschem Recht verfolgten Belange hinreichend schützt.

Die derzeitige (Übergangs-)Rechtslage verstößt demzufolge nicht ge- gen Gemeinschaftsrecht. Vor diesem Hintergrund kann dahingestellt bleiben, ob das im deutschen wie im Gemeinschaftsrecht geltende all- gemeine Prinzip der Rechtssicherheit es gebietet,

so OVG NRW, Beschluss vom 28. Juni 2006, a.a.O., S. 605,

die Rechtsfolgen einer Kollision mit höherrangigem Recht zu beschränken, um unerträgliche Konsequenzen einer sonst eintretenden Regelungslosigkeit zu vermeiden.

Vgl. VGH Baden-Württemberg, a.a.O..

Auf die Überprüfung allein dieser Frage war der Senat im Übrigen, wie die Antragstellerin meint, nicht mit Blick auf § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO be- schränkt. Zu klären war im Beschwerdeverfahren vielmehr - wie gesche- hen - die übergreifende Rechtsfrage, ob die Untersagung der Werbung für private Sportwettenveranstalter, die nicht in der Bundesrepublik Deutsch- land, sondern in einem anderen EU- Mitgliedstaat ansässig sind, mit den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts vereinbar ist. Der Senat ist insoweit nicht gehindert, die erörterte Rechtsauffassung, wonach die Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht gegeben ist, zu vertreten, obwohl diese Rechtsauffassung von derjenigen abweicht, die die Antragsgegnerin im Rahmen ihrer Beschwerdebegründung in Anknüpfung an den genannten Beschluss des 4. Senats des beschließenden Gerichts vom 28. Juni 2006 dargelegt hat.

Für eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 234 EG zur Vorabentscheidung ist kein Raum. Eine Vorlagepflicht nach Art. 234 EG besteht im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO grundsätzlich ohnehin nicht.

Vgl. EuGH, Urteil vom 24. Mai 1977 - Rs 107/76 - (Hoff- mann-La Roche/Centrafarm), Slg. 1977, 957 (972, Rdnrn. 5 f.); BVerfG, Beschluss vom 29. November 1991 - 2 BvR 1642/91 -, NVwZ 1992, 360.

Es besteht auch nicht ausnahmsweise eine Pflicht zur Vorlage wegen der "Suspendierung primären Gemeinschaftsrechts". Der Senat stützt seine Rechtsauffassung vorliegend nicht auf die Annahme, das primäre Gemeinschaftsrecht sei für eine Übergangszeit in Nordrhein-Westfalen nicht anwendbar. Er geht - wie dargelegt - vielmehr davon aus, dass die derzeitige (Übergangs-) Rechtslage in Nordrhein-Westfalen nach der im Eilverfahren gebotenen und möglichen Prüfung den vom Europäischen Gerichtshof aufgestellten Anforderungen an eine zulässige Beschränkung der Niederlassungs- und der Dienstleistungsfreiheit (noch) gerecht wird.

bb) Die Untersagung der Werbung für private Sportwettenveranstalter ist auch ermessensfehlerfrei erfolgt. Sie steht mit den Vorgaben des § 22 Abs. 2 Sätze 3 bis 5 MDStV, die die Befugnis zur Untersagung eines An- gebots insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit einschränken, in Einklang.

2. Die kraft Gesetzes sofort vollziehbare (vgl. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 8 Satz 1 des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsge- richtsordnung (AG-VwGO)) Zwangsgeldandrohung (vgl. Ziffer 3 der All- gemeinverfügung) entspricht den gesetzlichen Anforderungen (vgl. §§ 55 ff. des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein- Westfalen (VwVG NRW)).

II. Die vor diesem Hintergrund vorzunehmende Abwägung des öffentli- chen Vollzugsinteresses gegenüber dem Interesse der Antragstellerin, der Allgemeinverfügung bis zur abschließenden Entscheidung in der Hauptsache nicht nachkommen zu müssen, fällt zuungunsten der An- tragstellerin aus ..."

Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer entgegen ihrer früheren Rechtsprechung,

siehe insoweit z.B. VG Köln, Beschluss vom 14.08.2006 - 6 L 958/06 -,

aus Gründen der Rechtseinheitlichkeit und Rechtssicherheit an.

Auch mit Blick auf die von der Antragstellerin zitierte Entscheidung des Europäi- schen Gerichtshofes,

EuGH, Urteil vom 06.03.2007 - C-338/04, C-359/04 und C-360/04 -, NJW 2007, 1515,

ergibt sich keine für sie günstige Beurteilung. Der dieser Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt ist mit der im vorliegenden Fall gegebenen Situation nicht ver- gleichbar. In dem vorgenannten Urteil hat der Europäische Gerichtshof lediglich das italienische Konzessionsmodell überprüft, das sich maßgeblich von dem deutschen Monopolmodell unterscheidet. Eine Übertragung der Urteilsbegründung auf den vor- liegenden Fall kommt daher nicht in Betracht kommt. Entsprechendes gilt für die Auf- fassung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften im EU- Vertragsverletzungsverfahren und ihre Stellungnahme zum Entwurf eines Glück- spielstaatsvertrages. Insoweit handelt es sich um laufende Verfahren, die keine rechtliche Wirkung für das hier anhängige Verfahren entfalten.

2. Aber auch auf Grundlage des seit dem 01.03.2007 geltenden Rechts geht die Interessenabwägung zu Lasten der Antragstellerin aus. Für diesen Zeitraum lassen sich die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs im Verfahren des einstweiligen Rechts- schutzes zwar nicht abschließend abschätzen; bei Abwägung aller für den Fall rele- vanten Umstände ergibt sich jedoch, dass dem öffentlichen Interesse an der soforti- gen Vollziehung der Untersagungsverfügung gegenüber dem Aussetzungsinteresse der Antragstellerin für die Dauer des Hauptsacheverfahrens der Vorrang ge- bührt.

Als Rechtsgrundlage der Allgemeinverfügung, die als Dauerverwaltungsakt zu qualifizieren ist und deshalb auch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung rechtmäßig sein muss, kommt ab dem 01.03.2007 nur noch § 59 Abs. 3 Sätze 1 und 2 RStV in der seit dem 01.03.2007 geltenden Fassung in Betracht. Hiernach trifft die Aufsichtsbehörde die zur Beseitigung des Verstoßes erforderlichen Maßnahmen gegenüber dem Anbieter, wenn sie einen Verstoß gegen die Bestimmungen mit Ausnahme der § 54, § 55 Abs. 2 und 3, § 56, § 57 Abs. 2 oder der Datenschutzbestimmungen des Telemediengesetzes feststellt. Sie kann insbesondere Angebote untersagen und deren Sperrung anordnen.

§ 59 Abs. 3 RStV ist mit der bis zum 28.02.2007 geltenden Ermächtigungs- grundlage (§ 22 Abs. 2 MDStV) mit der Maßgabe identisch, dass nach der Wortlaut der neuen Eingriffsermächtigung nicht mehr gegen Verstöße gegen die Vorschriften der allgemeinen Gesetze (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 2 RStV) eingeschritten werden kann. Dies hätte zu Folge, dass für die Allgemeinverfügung seit dem 01.03.2007 keine Rechtsgrundlage mehr bestehen würde. Ob die Formulierung der Vorschrift jedoch bewusst gewählt worden ist oder ob sie, etwa mit Blick auf die Gesetzesbegründung, wonach durch § 59 Abs. 3 Sätze 1 bis 5 RStV die bisherige Regelung aus § 22 Abs. 2 MDStV übernommen werden soll,

vgl. die Begründung zum Neunten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Neunter Rundfunkänderungsstaatsvertrag) - Landtagsdrucksache 14/3130,

auf einem bloßen redaktionellen Versehen beruht, kann bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung nicht aufgeklärt werden. Entsprechendes gilt hinsichtlich der sich gegebenenfalls an- schließenden Frage, wie sich ein - unterstelltes - redaktionelles Versehen auf die Rechtmäßigkeit der Verfügung auswirken würde. Diese Gesichtspunkte müssen da- her einer näheren Überprüfung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

Die demnach erforderliche allgemeine Interessenabwägung ergibt, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Verfügung dem privaten Aussetzungsinteresse der Antragstellerin auch auf der Grundlage des seit dem 01.03.2007 geltenden Rechts einstweilen vorgeht.

Dabei ist im Ausgangspunkt zu beachten, dass das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 28.03.2006 (a.a.O.) - wie bereits ausgeführt - ausdrücklich zuge- lassen hat, die Veranstaltung privater Sportwetten und damit auch die diese betref- fende Werbung während der vom Bundesverfassungsgericht vorgesehenen Über- gangszeit trotz der festgestellten Unvereinbarkeit des staatlichen Sportwettenmono- pols mit Art. 12 Abs. 1 GG als verboten anzusehen und zu unterbinden. Vorausset- zung ist insoweit lediglich, dass - wie in Nordrhein-Westfalen geschehen - das be- stehende staatliche Wettmonopol konsequent an den Vorgaben ausgerichtet wird, die das Bundesverfassungsgericht im vorgenannten Urteil aufgestellt hat, so dass gemäß der dortigen Übergangsregelung ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und Bekämpfung der Wettsucht ei- nerseits und der tatsächlichen Ausübung seines Monopols andererseits hergestellt wird.

Während der vom Bundesverfassungsgericht eingeräumten Übergangszeit be- steht an dem Sofortvollzug der Untersagung der Veranstaltung privater Sportwetten sowie der Untersagung der Werbung für private Sportwettenveranstalter ein besonderes und - da es um die Unterbindung strafbewehrten Verhaltens geht - auch besonders gewichtiges öffentliches Interesse. Nur so können die mit der Allgemeinverfügung verfolgten und vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 28.03.2006 (a.a.O.) ausdrücklich gebilligten Schutzzwecke, vor allem die Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht als besonders wichtiges Gemeinwohlziel, auch während der Übergangszeit sichergestellt werden. Angesichts dessen bedarf es zur Begründung des öffentlichen Vollzugsinteresses auch unter Berücksichtigung der materiell grundrechtsgewährleistenden Funktion effektiven Rechtsschutzes nicht der Benennung von konkreten Gefahren für das Allgemeinwohl, die mit der Werbung für private Sportwettenveranstalter durch die Antragstellerin verbunden sind.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 22.11.2006 - 13 B 1796/06 und 13 B 1803/06 -, zitiert nach www.nrwe.de, BVerfG, Beschluss vom 27.04.2005 - 1 BvR 223/05 -, NVwZ 2005, 1303 (1304).

Diesem öffentlichen Vollzugsinteresse stehen keine gleichrangigen Interessen der Antragstellerin an der einstweiligen Fortsetzung der Werbung für private Sportwettenveranstalter gegenüber. Ihr Vertrauen darauf, weiterhin für private Sportwettenveranstalter werben zu dürfen, ist auch angesichts etwaiger wirtschaftli- cher Nachteile nicht schutzwürdig. Es hätte sich ihr aufdrängen müssen, dass die Werbung für private Sportwettenveranstalter auf einer nicht hinreichend gesicherten Rechtsgrundlage beruht und diesbezügliche vertragliche Verpflichtungen und Investitionsentscheidungen vor diesem Hintergrund risikobehaftet sind. Außerdem ist schon mit Blick darauf, dass die Antragstellerin etwaige finanzielle Verluste bislang nicht beziffert hat, nicht ohne Weiteres erkennbar, dass die Einstellung der Werbung für private Sportwettenveranstalter mit einer erheblichen Beeinträchtigung ihrer wirtschaftlichen Interessen verbunden ist und eine - zumindest teilweise - Kompensation etwaiger Verluste durch den Abschluss anderweitiger Werbeverträge nicht realisiert werden kann.

OVG NRW, Beschlüsse vom 22.11.2006 - 13 B 1796/06 und 13 B 1803/06 -, zitiert nach www.nrwe.de.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 2 Gerichtskostengesetz. Die Kammer legt mangels zuverlässiger Anhaltspunkte für die Bemessung des wirtschaftlichen Interesses der Antragstellerin das Zweifache des gesetzlichen Auffangstreitwerts zu Grunde. Das angedrohte Zwangsgeld bliebt inso- weit außer Betracht.

Vgl. Ziffer 1.6.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 07./08.07.2004, DVBl. 2004, 1525 (1526).






VG Köln:
Beschluss v. 04.07.2007
Az: 6 L 127/07


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/945954605110/VG-Koeln_Beschluss_vom_4-Juli-2007_Az_6-L-127-07




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