Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 2. April 2001
Aktenzeichen: AnwZ (B) 33/00

(BGH: Beschluss v. 02.04.2001, Az.: AnwZ (B) 33/00)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 2. April 2001 (Aktenzeichen AnwZ (B) 33/00) das Gesuch des Antragstellers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen einen früheren Beschluss des Anwaltsgerichtshofs Baden-Württemberg wurde als unzulässig verworfen. Der Antragsteller muss die Kosten des Rechtsmittels tragen und der Gegenseite die entstandenen außergerichtlichen Auslagen erstatten. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wurde auf 100.000 DM festgesetzt.

Der Antragsteller, ein Rechtsanwalt, hatte seine Zulassung wegen Vermögensverfalls verloren. Sein Antrag auf gerichtliche Entscheidung wurde vom Anwaltsgerichtshof abgelehnt. Der Beschluss wurde ihm ordnungsgemäß zugestellt. Der Antragsteller reichte jedoch eine Wiedereinsetzungsgesuch ein und legte gleichzeitig das zulässige Rechtsmittel/Rechtsbehelf ein.

Das Gericht wies die sofortige Beschwerde als unzulässig zurück. Der Antragsteller hatte die Beschwerdefrist von zwei Wochen versäumt. Es wurde festgestellt, dass der Beschluss ordnungsgemäß zugestellt wurde, obwohl der Antragsteller angab, keine entsprechende Mitteilung erhalten zu haben. Der Beweis der Zustellung wurde durch eine Urkunde erbracht, die Zeugnis über die Benachrichtigung im Briefkasten des Antragstellers ablegte. Der Antragsteller konnte nicht nachweisen, dass er die Mitteilung unverschuldet nicht erhalten hatte. Das Gericht wies auch darauf hin, dass die Beschwerde in der Sache selbst keinen Erfolg gehabt hätte.

Insgesamt wurde der Antrag des Antragstellers auf Wiedereinsetzung abgelehnt und die Beschwerde als unzulässig verworfen. Der Antragsteller muss die Kosten des Rechtsmittels tragen und der Gegenseite die entstandenen Auslagen erstatten.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BGH: Beschluss v. 02.04.2001, Az: AnwZ (B) 33/00


Tenor

Das Gesuch des Antragstellers, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde zu gewähren, wird zurückgewiesen.

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des I. Senats des Anwaltsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 20. April 2000 wird als unzulässig verworfen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 100.000 DM festgesetzt.

Gründe

I.

Der im Jahre 1940 geborene Antragsteller ist seit 1984 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit Verfügung vom 19. November 1999 hat die Antragsgegnerin die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO n.F. widerrufen. Den Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Anwaltsgerichtshof zurückgewiesen. Dieser Beschluß wurde dem Antragsteller am 26. April 2000 durch Niederlegung zugestellt. Mit einem am 26. Mai 2000 beim Anwaltsgerichtshof eingegangenen Schriftsatz hat der Antragsteller Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Rechtsmittelfrist erbeten und zugleich das "zulässige Rechtsmittel/Rechtsbehelf" eingelegt.

II.

Die an sich statthafte sofortige Beschwerde (§ 42 Abs. 1 Nr. 3 BRAO) ist wegen Versäumung der zweiwöchigen Beschwerdefrist (§ 42 Abs. 4 BRAO) als unzulässig zu verwerfen; denn das form- und fristgerecht eingereichte Wiedereinsetzungsgesuch des Antragstellers ist nicht begründet.

1. Der angefochtene Beschluß ist dem Antragsteller wirksam zugestellt worden.

a) Nach der für Anträge auf gerichtliche Entscheidung in Zulassungssachen geltenden Verfahrensordnung richtet sich die Zustellung der Entscheidung nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung (§§ 40 Abs. 4, 42 Abs. 6 BRAO i.V. mit § 16 Abs. 2 Satz 1 FGG). Danach war eine Zustellung durch Niederlegung bei der Poststation L. gemäß § 182 Abs. 1 ZPO zulässig, weil der Postbote den Antragsteller in seiner Wohnung nicht angetroffen hatte. Eine solche Zustellung ist in gültiger Weise vollzogen, sobald die Sendung niedergelegt und eine schriftliche Mitteilung über die Niederlegung in der bei gewöhnlichen Briefen üblichen Weise, im allgemeinen durch Einlegung in den Briefkasten des Adressaten, abgegeben worden ist.

b) Der Antragsteller behauptet, eine derartige Mitteilung nicht erhalten zu haben. Der Postzusteller hat jedoch in der über die Zustellung aufgenommenen Urkunde bezeugt, die entsprechende Benachrichtigung in den Hausbriefkasten eingelegt zu haben. Dieser Vermerk hat auch dann, wenn er von einem Bediensteten der Deutschen Post AG ausgestellt wird, die Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde im Sinne des § 418 ZPO (§ 195 Abs. 2 Satz 3 ZPO), begründet also den vollen Beweis der in der Urkunde bezeichneten Tatsachen.

Der Beweis kann durch Gegenbeweis entkräftet werden (§ 418 Abs. 2 ZPO). Dabei genügt bloße Glaubhaftmachung nicht. Die Unrichtigkeit der in der Urkunde bezeugten Tatsachen muß zur vollen Überzeugung des Gerichts bewiesen werden (BGH, Beschluß vom 16. Februar 1984 -IX ZB 172/83, VersR 1984, 442, 443; vom 30. Oktober 1997 -VII ZB 19/97, NJW 1998, 461). Die Beweiserhebung vollzieht sich nach den Regeln des sogenannten Freibeweises. Im Einzelfall kann die erforderliche Überzeugung des Gerichts daher auch durch eine eidesstattliche Versicherung des Beweisführers oder anderer Personen begründet werden (BGH, Beschluß vom 17. April 1996 -XII ZB 42/96, NJW 1996, 2038; vom 30. Oktober 1997, aaO).

Dem Antragsteller ist der Beweis, daß ihm die angefochtene Entscheidung nicht ordnungsgemäß zugestellt wurde, jedoch nicht gelungen. Er hat lediglich erklärt, er leere und kontrolliere die Briefkastenanlage regelmäßig; im vorliegenden Fall habe er eine Benachrichtigung nicht erhalten. Dieser Vortrag, dessen Richtigkeit der Antragsteller unter Berufung auf den geleisteten Diensteid als Rechtsanwalt versichert hat, vermag schon die Möglichkeit nicht auszuschließen, daß der Rechtsanwalt infolge einer jetzt nicht mehr aufklärbaren Ursache die Mitteilung zwischen den übrigen Briefen nicht bemerkt und versehentlich vernichtet hat. Für eine Widerlegung des durch die Zustellungsurkunde erbrachten Beweises reicht daher die Versicherung des Antragstellers nicht aus.

2. Der Antragsteller hat auch nicht hinreichend glaubhaft gemacht, daß er von der Mitteilung ohne sein Verschulden keine Kenntnis erlangt hat. Ihm kann daher nicht nach § 22 Abs. 2 Satz 1 FGG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden.

Anders als in dem vom Bundesgerichtshof am 15. Juni 1994 (IV ZB 6/94 - NJW 1994, 2898) entschiedenen Fall hatte der Antragsteller infolge der Ankündigung des Anwaltsgerichtshofs in der mündlichen Verhandlung vom 1. April 2000, die Entscheidung werde den Beteiligten zugestellt, Veranlassung, besondere Sorgfalt darauf zu verwenden, daß er von allen bei ihm eingegangenen Poststücken Kenntnis erhielt. Die Darstellung des Antragstellers zeigt insoweit keine Tatsachen auf, die es überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen, daß er die Mitteilung unverschuldet nicht gefunden hat. Das Vorbringen des Antragstellers läßt sich zwar nicht ausschließen. Es vermag jedoch keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür zu begründen, daß er ohne sein Verschulden nicht rechtzeitig von der Zustellung Kenntnis erhalten hat.

III.

Der Senat weist im übrigen darauf hin, daß die vom Antragsteller nicht begründete Beschwerde auch in der Sache keinen Erfolg gehabt hätte.

Hirsch Fischer Basdorf Ganter Kieserling Wüllrich Hauger






BGH:
Beschluss v. 02.04.2001
Az: AnwZ (B) 33/00


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