Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Dezember 2001
Aktenzeichen: 30 W (pat) 219/00

(BPatG: Beschluss v. 17.12.2001, Az.: 30 W (pat) 219/00)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in einem Beschluss vom 17. Dezember 2001 (Aktenzeichen 30 W (pat) 219/00) entschieden, dass der Widerspruch aus der Marke 926 581 gegen die Marke 2 907 423 erfolgreich ist. Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hatte den Widerspruch zuvor zurückgewiesen. Die Widersprechende hatte daraufhin Beschwerde eingelegt.

Das Gericht kommt zu dem Schluss, dass Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Marken besteht. Die Waren, für die die Marken eingetragen sind, weisen größtenteils große Ähnlichkeit auf. Sogar bei den Waren, die nicht direkt identisch sind, gibt es eine enge Ähnlichkeit. Das Gericht nimmt an, dass die ältere Marke eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft besitzt und somit einen normalen Schutzumfang hat. Der Bestandteil "aar" in der älteren Marke wird als charakteristisch angesehen und weist auf die Widersprechende als Inhaberin der älteren Marke hin.

Das Gericht stellt fest, dass die angegriffene Marke dem Widerspruchszeichen deutlich ähnlicher ist als andere Marken der Widersprechenden. Es ist daher wahrscheinlich, dass der Verkehr die angegriffene Marke mit der Widersprechenden in Verbindung bringt. Da es sich bei dem Bestandteil "aar" auch um die Firmenbezeichnung der Widersprechenden handelt, wird ein gedankliches Inverbindungbringen der Marken noch wahrscheinlicher.

Der Beschluss der Markenstelle wird daher aufgehoben und die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet. Es fallen keine Kosten an.

Dr. Buchetmann Voit Schramm Fa




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 17.12.2001, Az: 30 W (pat) 219/00


Tenor

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 17. Mai 2000 aufgehoben, soweit darin der Widerspruch aus der Marke 926 581 zurückgewiesen worden ist.

Wegen der Gefahr von Verwechslungen mit der Marke 926 581 wird die Löschung der Marke 2 907 423 angeordnet.

Gründe

I.

In das Markenregister eingetragen ist unter der Nr 2 907 423 die Bezeichnung Aarti, nach Teillöschungen wegen Widersprüchen aus anderen Marken nur noch für die Waren

"Babykost; Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide; Herbizide".

Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der rangälteren, seit 1995 für die Waren

"Seifen; Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel; pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie chemische Erzeugnisse für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für Kinder und Kranke; Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von Unkraut und schädlichen Tieren"

eingetragenen Marke 926 581 aar, deren Schutzdauer zuletzt 1993 verlängert worden ist.

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch Beschluß des Prüfers den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, auch angesichts einer teilweisen Warenidentität sei der Markenabstand ausreichend. Der weitere Wortbestandteil "ti" der angegriffenen Marke trete hinreichend hervor. Eine assoziative Verwechslungsgefahr bestehe nicht, da Silbe "Aar" innerhalb der jüngeren Marke nicht als selbständiger Stammbestandteil begriffen werden könne.

Die Widersprechende hat Beschwerde eingelegt. Zur Begründung führt sie im wesentlichen aus, die phonetischen Unterschiede durch den weiteren Wortbestandteil "ti" genügten nicht, da diese zusätzliche Silbe nur einen geringen Raum einnehme. Es bestehe neben einer klanglichen auch eine schriftbildliche Verwechslungsgefahr. Zudem sei die Silbe "aar" in der älteren Marke der Stammbestandteil einer Zeichenserie. Die Widersprechende verfüge über eine Reihe weiterer, auch benutzter Marken mit dem Stammbestandteil "aar". Hinzu komme, daß "aar" auch die Firmenbezeichnung der Widersprechenden sei.

Die Widerspruchsmarke ist gemäß Antrag vom 2. Juni 2000 nach der Beschwerdeeinlegung im vorliegenden Verfahren gemäß Verfügung vom 10. Juli 2000 auf die Beschwerdeführerin umgeschrieben worden.

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig. Nach § 28 Abs 2 MarkenG konnte die jetzige Beschwerdeführerin nach Eingang des Umschreibungsantrages als Rechtsnachfolgerin Beschwerde vor dem Bundespatentgericht erheben.

2. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

a) Die jetzige Inhaberin des Widerspruchszeichens ist richtige Verfahrensbeteiligte. Der Umstand der Rechtsnachfolge in das Widerspruchszeichen ist dem Verfahrensbevollmächtigten der Markeninhaberin spätestens durch die Schriftsätze der Gegenseite im Beschwerdeverfahren bekannt geworden. Da er hiergegen keinen Widerspruch erhoben hat, wird entsprechend § 267 ZPO eine Einwilligung in den Beteiligtenwechsel vermutet.

b) Es besteht Verwechslungsgefahr iSv § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Nach der maßgeblichen Registerlage stehen sich zum größeren Teil identische Waren gegenüber. Soweit "Babykost" keine unmittelbare Entsprechung in den Widerspruchswaren aufweist, liegt eine enge Ähnlichkeit zu den dortigen "diätetischen Erzeugnissen für Kinder und Kranke" vor, da beide Waren besondere ernährungsphysiologische Gegebenheiten berücksichtigen. Zwischen den im Warenverzeichnis der angegriffenen Marke weiter enthaltenen Fungiziden und den Desinfektionsmitteln der Widerspruchsmarke besteht unproblematisch eine deutliche Warenähnlichkeit. Diese Warensituation bedingt grundsätzlich strenge Anforderungen an den Markenabstand.

Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte hat der Senat eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft und damit einen normalen Schutzumfang der Widerspruchsmarke zugrunde gelegt. Der Umstand, daß "aar" dichterisch für "Adler" steht, führt mangels eines beschreibenden Anklangs zu keiner Schwächung der Kennzeichnungskraft.

Der unter diesen Umständen gebotene besonders deutliche Abstand wird von der angegriffenen Marke nicht eingehalten. Dabei kann die Frage einer klanglichen Verwechslungsgefahr dahinstehen, da die Voraussetzungen einer mittelbaren Verwechslungsgefahr vorliegen.

Zwar reicht das Vorhandensein eines übereinstimmenden Elements in beiden Zeichen noch nicht zur Annahme einer mittelbaren Verwechslungsgefahr aus. Die Widersprechende hat indes schriftsätzlich und durch weitere Ausführungen sowie Übergabe von Unterlagen in der mündlichen Verhandlung dargetan, daß dem Stammbestandteil "aar" Hinweischarakter auf die Widersprechende als Inhaberin der älteren Marke zukommt und diesem Stammbestandteil damit eine Herkunftsfunktion zuzuweisen ist, so daß die ggf hinzutretenden weiteren Markenteile nur noch als Kennzeichen für bestimmte Waren aus dem Geschäftsbetrieb der Widersprechenden anzusehen sind (vgl Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 9 Rdn 210, 213 jeweils mwNachw).

Für diese Annahme spricht zum einen, daß der fragliche Bestandteil im Rahmen einer Zeichenserie Verwendung findet. So ist die Widersprechende ua Inhaberin der entsprechend gebildeten, rangbesseren Marken 2 098 500 "aargamma" und 2 105 095 "aar os". Sie hat durch die Vorlage von Rechnungen aus den Jahren 1992 bis 1995 sowie durch Auszüge aus der Präparateliste der Naturheilkunde für denselben Zeitraum dargetan, daß es sich insoweit nicht um bloße Registerrechte handelt, sondern die fraglichen Zeichen auch zur Produktkennzeichnung über einen geraumen Zeitraum Verwendung gefunden haben. Es ist daher von einer Gewöhnung des Verkehrs an diesen Stammbestandteil auszugehen.

Für die Annahme einer mittelbaren Verwechslungsgefahr spricht weiter, daß die angegriffene Marke dem Widerspruchszeichen wesentlich näher kommt als die vorgenannten weiteren Marken der Widersprechenden. Der Verkehr wird daher eher geneigt sein, in Kenntnis des Markenspektrums der Widersprechenden ihr auch die angegriffene Marke zuzuordnen.

Weiteres Gewicht enthält der übereinstimmende Stammbestandteil dadurch, daß es sich hierbei um die Firmenbezeichnung der Widersprechenden handelt und deshalb ein gedankliches Inverbindungbringen der sich gegenüberstehenden Marken in gesteigertem Umfang nahegelegt ist (BGH GRUR 1969, 357, 359 - Sihl).

Eine Kostenauferlegung (§ 71 Abs 1 MarkenG) ist nicht veranlaßt.

Dr. Buchetmann Voit Schramm Fa






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Az: 30 W (pat) 219/00


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