Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. September 2003
Aktenzeichen: 20 W (pat) 38/03

(BPatG: Beschluss v. 15.09.2003, Az.: 20 W (pat) 38/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Anmeldung P 198 56 231.4-35 "Satellitenkonstellation sowie System und Verfahren zur Überwachung von Flugzeugen" wurde vom Patentamt mit Beschluss vom 21. Januar 2003 zurückgewiesen, weil der mit dem Anspruch 1 beanspruchte Gegenstand sich im Weltraum befinde und hinsichtlich des Patentschutzes internationales Recht berühre. Für derartige Gegenstände sei das Patentamt wegen des Territorialprinzips (§§ 9 und 10 PatG) nicht zuständig.

Im Prüfungsbescheid vom 10. August 1999 waren zuvor neben den vorstehenden Argumenten ua die Druckschriften

(2) US 5 793 813,

(6) Alcatel Telecom Rundschau, Ausgabe Telecom 95, 1995 S 58 bis 62 und

(7) WO 98/21 839 A1 genannt und dem Gegenstand des ursprünglichen Anspruchs 1 die Neuheit abgesprochen worden.

Die Anmelderin stellt den Antrag, den Beschluss aufzuheben und das Patent auf der Grundlage der Patentansprüche vom 16. Dezember 1999 zu erteilen.

Der Anspruch 1 lautet:

"1. Satellitenkonstellation mit einer Vielzahl von nicht geostationären Satelliten (1, 2, 3, 4) vorwiegend in niedrigen Bahnen, zur Übertragung von Daten, wobei die Bahnen (10, 20, 30) der Satelliten (1, 2, 3, 4) und ihre Verteilung so ausgelegt sind, daß Übertragungskanäle (5a, 5b, 5c, 6b) zwischen einer Vielzahl von in der Luft befindlichen Flugzeugen (21, 22, 23, 24) und einer oder mehreren Kontrollstationen (7) am Boden bereitgestellt werden, dadurch gekennzeichnet, daß die Satelliten (1, 2, 3, 4) ein System zur Übertragung hoher Datenraten in einem Breitbandkanal aufweisen."

II Die Beschwerde hat im Ergebnis keinen Erfolg.

1. Soweit das Amt in dem angefochtenen Beschluss die Anmeldung mit der Begründung zurückgewiesen hat, die Satellitenkonstellation nach Anspruch 1 befinde sich im Weltraum, berühre damit internationales Recht und sei daher nicht dem nationalen Patentschutz zugänglich, fehlt es an einer Rechtsgrundlage nach dem Patentgesetz.

Die Zurückweisungsgründe sind vielmehr abschließend in § 48 PatG aufgeführt und umfassen im wesentlichen die fehlende Patentfähigkeit nach §§ 1 bis 5 PatG.

Aufgrund der vom Prüfer angeführten Unzuständigkeit des Deutschen Patent- und Markenamts für den beanspruchten Gegenstand kann daher die Anmeldung nicht zurückgewiesen werden.

Genügt der Anmeldungsgegenstand den Anforderungen der §§ 1 bis 5 PatG, besitzt er also technischen Charakter, ist er vom Patentschutz nicht ausdrücklich ausgeschlossen, ist der beanspruchte Gegenstand insbesondere neu, erfinderisch und gewerblich anwendbar und sind auch die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen, insbesondere nach § 34 PatG, für die Erteilung des Patents erfüllt, hat diese unabhängig von der weiteren Problematik zu erfolgen, ob, wie und wo eine Verwertung des Schutzrechts erfolgt. Dass das Amt sich grundsätzlich nicht mit Verwertungsfragen zu befassen hat, zeigt sich auch in der eng auszulegenden Ausnahmevorschrift des § 2 Nr 1 PatG, die inhaltlich dem Art 27 Abs 2 TRIPS entspricht.

Lediglich ergänzend sei darauf hingewiesen, dass der vom Prüfer als (1) herangezogene Aufsatz in GRUR 1999, 1ff - auch wenn dort einzelne missverständliche Formulierungen insoweit einen Zusammenhang zwischen Erteilungsverfahren und Verwertung des Patents suggerieren könnten - sich lediglich mit den Wirkungen eines bereits erteilten Patents (Satellitenbetrieb im Weltraum) befasst und somit für den vorliegenden Fall unbeachtlich ist.

2. Anspruch 1 ist jedoch nicht gewährbar, weil sein Gegenstand nicht patentfähig ist; er ergab sich am Anmeldetag für den Fachmann in naheliegender Weise aus (2).

Die Druckschrift (2) beschreibt eine Satellitenkonstellation mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1 (Fig 2, Anspruch 1, Sp 1 Z 38 bis 45, Sp 2 Z 60 bis 67).

Die Satelliten arbeiten zwar nur mit einem Schmalbandkanal, weil eine Übertragung relativ geringer Datenmengen für die anfallenden Daten als ausreichend angesehen wird (Sp 5 Z 31 bis 40). Es liegt aber im Bereich fachmännischen Handelns, bei Bedarf, wenn hohe Datenraten übertragen werden sollen, auf einen Breitbandkanal auszuweichen.

Diese Beurteilung wird im übrigen durch (6) und (7) belegt. Es besteht der Wunsch, Fluggästen während des Fluges in Echtzeit Audio- und Videoprogramme anzubieten. Dies geschieht mit Hilfe eines satellitengesteuerten Systems ((7) Anspruch 1 und 2). In einem solchen System mit nicht geostationären Satelliten in niedrigen Umlaufbahnen stellt man den Zugang zu Multimediadiensten durch Verbindung mit terrestrischen Breitbandnetzen her, (6).

Dr. Anders Obermayer Martens Dr. Zehendner Fa






BPatG:
Beschluss v. 15.09.2003
Az: 20 W (pat) 38/03


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