Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. Juni 2002
Aktenzeichen: 26 W (pat) 105/01

(BPatG: Beschluss v. 26.06.2002, Az.: 26 W (pat) 105/01)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die Eintragung der Marke 398 25 393 siehe Abb. 1 am Endefür die Waren

"32: Alkoholische Getränke; Fruchtgetränke; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken"

ist Widerspruch erhoben worden aus der für die Waren

"Alkoholfreie Getränke, insbesondere stille oder kohlensäurehaltige Wässer, Fruchtgetränke, Fruchtsäfte sowie Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; Speiseeis; konserviertes Obst und Gemüse; Konfitüren, Fruchtsaucen"

eingetragenen älteren Marke 397 36 661 Abb. 2 am Ende Die Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 16. Juli 1999 den Widerspruch sowie mit Beschluss vom 23. März 2001 die Erinnerung der Widersprechenden zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, es bestehe keine Verwechslungsgefahr zwischen den Marken, weil diese weder identisch noch ähnlich seien. Auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die angegriffene Marke zum Teil für die gleichen Waren beansprucht werde wie die Widerspruchsmarke, sei der Abstand der Marken zueinander in klanglicher Hinsicht und auch in allen sonstigen Richtungen ausreichend groß. In ihrer Gesamtheit sei eine Ähnlichkeit der Marken offensichtlich nicht gegeben, weil der in der Widerspruchsmarke enthaltene Wortbestandteil "LAROSHELL" in der angegriffenen Marke keine Entsprechung habe. Das gleiche gelte umgekehrt für das in der angegriffenen Marke enthaltene Wort "Bärchen". Eine Ähnlichkeit der Marken käme nur unter der Voraussetzung in Betracht, dass das in beiden Marken übereinstimmend enthaltene Wort "KINDERPARTY" in beiden Marken selbständig kollisionsbegründend sei. Dies sei jedoch zu verneinen, weil es sich bei diesem Begriff um eine beschreibende Angabe über die Bestimmung der Waren handele, der zumindest eine erhebliche Kennzeichnungsschwäche aufweise, während der Verkehr das Phantasiewort "LAROSHELL" nicht außer acht lassen werde. Die Tatsache, dass in beiden Marken ein Bärenmotiv enthalten sei, könne eine Ähnlichkeit der Marken ebenfalls nicht begründen, weil die Widersprechende keinen Schutz für dieses Motiv beanspruchen könne, das auf dem vorliegenden Warengebiet ein beliebtes Werbemotiv sei, und sich die Bärenabbildungen in beiden Marken durch verschiedene Einzelheiten, wie z.B. die Anzahl der Bären und ihre Haltung, hinreichend voneinander unterschieden. Hinzu komme, dass auch die Bärenabbildungen innerhalb der Gesamtmarken nicht selbständig kollisionsbegründend seien, weil auch insoweit das Phantasiewort "LAROSHELL" nicht vernachlässigt werde. Für eine Kostenauferlegung zu Lasten der Widersprechenden bestehe keine Veranlassung, weil angesichts des Umstandes, dass in beiden Marken auch übereinstimmende oder ähnliche Wort- und Bildelemente enthalten seien, die Widerspruchseinlegung nicht als prozessual sorgfaltswidriges Verhalten bewertet werden könne.

Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. Sie ist der Ansicht, angesichts der teilweise bestehenden Identität der beiderseitigen Waren reichten die Unterschiede der Marken nicht aus, um Verwechslungen zu verhindern. Die Markenstelle habe insbesondere den prägenden Charakter der in den Marken enthaltenen Bärenmotive sowie des Begriffs "Kinderparty" fälschlich verneint. Dieser sei für die beiderseitigen Waren nicht beschreibend, weil er keinen Rückschluss auf den Charakter des Getränks erlaube. Es sei auch unzutreffend, dass es sich bei der Abbildung von Bären um ein beliebtes Werbemotiv handele. Die von der Markeninhaberin angeführten Drittmarken mit Bärenmotiven seien nicht geeignet, die Kennzeichnungskraft dieses Markenbestandteils der Widerspruchsmarke in Frage zu stellen oder als Indiz für einen Originalitätsmangel dieses Motivs zu dienen, weil über die Benutzung dieser Marken nichts bekannt sei und ein Großteil der Drittmarken auch nicht im engsten Ähnlichkeitsbereich der beiderseitigen Waren liege. Es seien die übereinstimmenden Bildbestandteile, die beide Marken in besonderer Weise prägten. Dabei entspreche der in der angegriffenen Marke abgebildete Bär in der äußeren Gestaltungsform und insbesondere der Kopfform fast identisch dem in der Widerspruchsmarke dargestellten Bären. Insbesondere Kinder als die angesprochenen Verbraucher orientierten sich eher an den Bild- als an den Wortbestandteilen von Marken und würden diese daher leicht verwechseln.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 16. Juli 1999 und 23. März 2001 aufzuheben und wegen des Widerspruchs aus der Marke 397 36 661 die Löschung der Marke 398 25 393 anzuordnen sowie der Markeninhaberin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und der Widersprechenden die Verfahrenskosten aufzuerlegen.

Sie ist der Auffassung, die Widersprechende habe sachlich nicht widerlegen können, dass die in beiden Marken enthaltene Bezeichnung "Kinderparty" für die darunter angebotenen Getränke eine Bestimmungsangabe sei, die nicht selbständig schutzfähig oder doch zumindest kennzeichnungsschwach sei. Die Widersprechende könne auch keinen selbständigen Motivschutz für die wegen zahlreicher Drittmarken originalitätsschwache bildliche Darstellung von Bären beanspruchen. Die hartnäckige Verfolgung einer rechtsirrigen Meinung zur Verwechslungsgefahr rechtfertige es, der Widersprechenden die dadurch verursachten Kosten aufzuerlegen.

II Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Zwischen den beiderseitigen Marken besteht keine Verwechslungsgefahr i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

Die Frage der Verwechslungsgefahr i.S.d. genannten Vorschrift ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH GRUR 1998, 387, 389 - Sabèl/Puma). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke. Ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken kann durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH GRUR 1998, 922, 923 - Canon).

Hiervon ausgehend muss angesichts des Umstandes, dass die angegriffene Marke Schutz für Waren eingetragen ist, für die auch die Widerspruchsmarke geschützt ist, sowie bei Berücksichtigung der von Haus aus normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zwischen den Marken ein deutlicher Abstand bestehen, um eine Verwechslungsgefahr verneinen zu können. Dieser deutliche Abstand ist jedoch, wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, in jeder Richtung gewahrt.

Insgesamt bieten die beiderseitigen Marken mit den in ihnen enthaltenen, voneinander abweichenden Wortelementen wie "Bärchen" bzw. "LAROSHELL" und "TORKELLEREI" dem Verkehr ausreichende Anhaltspunkte für ein sicheres Auseinanderhalten. Eine Verwechslungsgefahr wäre gleichwohl dann zu bejahen, wenn das in beiden Marken enthaltene Wort "KINDERPARTY" oder die in ihnen enthaltenen Darstellungen von Bären innerhalb beider Marken eine eigenständig kennzeichnende Funktion innehätten und diese übereinstimmenden Markenelemente deshalb geeignet wären, die Erinnerung an das jeweilige Gesamtzeichen wachzurufen. Dies kann jedoch zumindest im Hinblick auf das beiden Marken gemeinsame Wort "KINDERPARTY" deshalb nicht angenommen werden, weil es sich bei diesem Begriff um eine eindeutige, für den Verkehr sofort als solche verständliche Angabe über die Eignung und Bestimmung der darunter angebotenen Getränke handelt.

Letztlich bedarf die Frage, ob die übereinstimmenden Markenteile, nämlich das Wort "KINDERPARTY" sowie die Abbildung eines bzw zweier Bären, eine normale oder nur eine deutlich reduzierte Kennzeichnungskraft aufweisen jedoch im vorliegenden Fall keiner abschließenden Entscheidung. Voraussetzung für die Annahme einer eigenständig kennzeichnenden Funktion der genannten Markenteile ist nämlich weiterhin, dass die übrigen, nicht übereinstimmenden Markenteile in den Marken nur eine untergeordnete Bedeutung haben (BGH MarkenR 2000, 20, 21 f. - RAUSCH/ELFI RAUCH). Davon kann aber insbesondere auf Seiten der Widerspruchsmarke nicht ausgegangen werden. Bei den in ihr enthaltenen Angaben "TORKELLEREI" und "LAROSHELL" handelt es sich nämlich um Angaben, die für die beanspruchten Waren keinen beschreibenden Begriffsinhalt aufweisen, und die - was in besonderem Maße für das Wort "LAROSHELL" gilt - innerhalb der Marke als die eigentliche Kennzeichnung erscheinen, zumal das Wort "LAROSHELL" auf Grund seiner Schriftgröße und halbkreisförmigen Darstellung innerhalb der Widerspruchsmarke sofort ins Auge fällt. An den beiden vorgenannten Wörtern, die in der angegriffenen Marke keine Entsprechung finden, wird sich der Verkehr zumindest mit orientieren, was bei Zugrundelegung der o.a. Grundsätze zur Ähnlichkeit von kombinierten Marken (BGH aaO - RAUSCH / ELFI RAUCH) zur Verneinung der Markenähnlichkeit und damit auch zur Verneinung der Verwechslungsgefahr führen musste, ohne das es einer abschließenden Entscheidung über die Kennzeichnungskraft des Wortes "KINDERPARTY" bzw des in der Widerspruchsmarke verwendeten Bärenmotivs bedurfte.

Für eine Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt der gedanklichen Verbindung der Marken liegen keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte vor. Die Widersprechende hat insbesondere nicht vorgetragen, dass sie weitere Marken mit Bärenmotiven im Verkehr verwendet, die für den Verkehr den Schluss nahe legen könnten, die angegriffene Marke gehöre zu einer von ihr benutzten Markenserie. Auch sonst sind keine Umstände ersichtlich, die einen hinreichend sicheren Schluss auf eine gemeinsame unternehmerische Verantwortung der Widersprechenden für beide Marken zuließen. Bei dieser Sach- und Rechtslage konnte die Beschwerde der Widersprechenden keinen Erfolg haben.

Für die von beiden Parteien beantragte Auferlegung der Verfahrenskosten auf die jeweils andere Verfahrensbeteiligte bestand keine Veranlassung.

Im markenrechtlichen Widerspruchsverfahren hat jede Partei die ihr entstandenen Kosten grundsätzlich selbst zu tragen (§ 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG). Für ein Abweichen von diesem Grundsatz bedarf es stets besonderer Umstände, die dann gegeben sind, wenn ein Verhalten eines Beteiligten vorliegt, das mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu vereinbaren ist (BGH GRUR 1972, 600, 601 - Lewapur). Von einer solchen prozessualen Sorgfaltspflichtverletzung ist auszugehen, wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen oder kaum Aussicht auf Erfolg bietenden Situation sein Interesse an dem Erhalt oder dem Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht (BPatG Mitt 1977, 73, 74). Von einem solchen Verhalten der Inhaberin der angegriffenen Marke kann schon auf Grund des Umstandes, dass ihre Rechtsauffassung im Ergebnis durch den vorliegenden Beschluss bestätigt worden ist, nicht die Rede sein. Aber auch die Erhebung des Widerspruchs und der Beschwerde seitens der Widersprechenden kann angesichts der in beiden Marken übereinstimmend bzw in ähnlicher Form enthaltenen Wort- und Bildbestandteile sowie des Umstands, dass die Marken für die gleichen Waren benutzt werden sollen, nicht als prozessual sorgfaltswidrig bewertet werden, da die Verwechslungsgefahr zwischen beiden Marken auf Grund dieser Umstände durchaus diskussionsfähig war.

Von einer unverzüglichen Zustellung des weiteren Schriftsatzes der Inhaberin der angegriffenen Marke vom 25. Juni 2002, der mit diesem Beschluss zugestellt wird, wurde abgesehen, weil der in ihm enthaltene Vortrag für die vorliegende Entscheidung nicht erheblich war und auf die getroffene Entscheidung deshalb keinen Einfluss haben konnte. In einem solchen Fall ist die Zustellung des entsprechenden Schriftsatzes in Verbindung mit der getroffenen Entscheidung zulässig (BGH GRUR 1967, 292 -Zwillingspackung; GRUR 1978, 99 - Gleichstromfernspeisung).

Kraft Eder Reker Bb Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/26W(pat)105-01.1.3.gif Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/D9348.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 26.06.2002
Az: 26 W (pat) 105/01


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