Landgericht Wuppertal:
Urteil vom 25. März 2003
Aktenzeichen: 1 O 539/02

(LG Wuppertal: Urteil v. 25.03.2003, Az.: 1 O 539/02)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann

die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleis

tung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrags ab

wenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in sel-

ber Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist Rechtsanwalt und begehrt mit seiner Klage von der Beklagten die Unterlassung der Zusendung von Faxwerbung, welche vermehrt an seine beruflich und privat genutzten Faxgeräte gesandt wurden.

Bei der Beklagten handelt es sich um einen sog. Carrier, an den von der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post 0190er Mehrwertdienstnummern mit dem Rufnummernblock 827 vergeben wurden. Für diesen Mehrwertdienstnummernblock übernimmt die Beklagte die sogenannte technische Betreuung. Sie hat im Wege der abgeleiteten Zuteilung diesen Rufnummernblock durch das Hinzufügen weiterer Ziffern an Dritte weitergegeben, die entgeltpflichtige Inhalte am Markt anbieten(sog. Inhalteanbieter). Mit dieser abgeleiteten Zuteilung geht das Recht an der Rufnummer an den Inhalteanbieter über, wobei die Beklagte für die Vergabe nur eine Pauschale für den tatsächlichen Verwaltungsaufwand verlangen darf. Ferner besteht für die Beklagte keine Möglichkeit der Rücknahme der Rufnummer.

Hinsichtlich der von der Beklagten erbrachten Telekommunikationsdienstleistung beschränkt sich diese darauf, sicherzustellen, dass Anrufer aus dem öffentlichen Telefonnetz die von dem Inhalteanbieter angebotenen Dienste oder Leistungen erreichen können, indem sie den Anruf zum Inhalteanbieter weiterleitet. Die Beklagte hat jedoch keinen Einfluss auf den Inhalt der konkreten Verbindung oder den angebotenen Dienst. Das Recht an der einmal erworbenen Nummer erlaubt es dem Inhalteanbieter auch, den Dienstleistungsvertrag bei der Beklagten zu kündigen und dieselbe Dienstleistung bei einem anderen Carrier zu beziehen.

Im vorliegenden Fall geht es um Faxwerbungen, die der Kläger von der Firma L GmbH als Inhalteanbieter erhalten hat. L GmbH hatte die ihr zugeteilte Rufnummer aus einem Rufnummernblock der Beklagten erhalten und sandte vermehrt Faxe an die Faxgeräte des Klägers, in denen der Kläger aufgefordert wurde unter Benutzung der 0190 827 XXX - Rufnummern entgeltlich Infomaterial per Fax von ihr zu beziehen.

Anlass für den vorliegenden Rechtsstreit ist die Faxwerbung, die der Kläger am 03.11.2002 und 17.11.2002 erhalten hatte.

Nachdem am 03.11.2002 das Fax beim Kläger eingegangen war, untersagte der Kläger der Beklagten mit Schreiben vom 04.11.2002 die weitere Zusendung von Faxwerbung. Daraufhin erhielt er von ihr am 06.11.2002 ein Fax, in dem ihm u.a. mitgeteilt wurde, dass die streitgegenständliche Rufnummer an L GmbH weitergeleitet worden sei und dass solche Werbefaxe unstreitig nicht ihren Ursprung im Netz der Beklagten haben.

Des weiteren übersandte sie dem Kläger eine Adresse der L GmbH und teilte ihm mit, dass sie diese aufgefordert habe, den Beklagten aus ihrem Faxwerbeverteiler zu streichen.

Trotzdem ging am 17.11.2002 erneut eine entsprechende Faxwerbung beim Kläger ein.

Der Kläger vertritt die Ansicht, er könne die Beklagte als Störerin wegen wettbewerbsrechtlicher Verstöße aus UWG und nach § 1004 BGB analog auf Unterlassung in Anspruch nehmen, da sie aufgrund der Vergabe der Rufnummernblöcke zumindest mittelbar die Störung verursacht habe. Im übrigen obliege der Beklagten die Pflicht, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um weitere Faxwerbungen zu verhindern. Er beruft sich insoweit auf den neu eingeführten § 13 a TKV. Er habe sich nicht unmittelbar an L GmbH wenden können, da es ihm trotz Mitteilung durch die Beklagte nicht möglich gewesen sei, deren tatsächliche ladungsfähige Adresse zu ermitteln. Im übrigen nimmt er Bezug auf eine Entscheidung des Landgericht Hamburg vom 14.01.2003, wodurch es der L GmbH untersagt wurde, ohne Einverständnis des Empfängers Faxwerbung zu versenden.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, aus dem Bereich der ihr durch die Regulierungsbehörde für Telekommunikationseinrichtungen zugeteilten Mehrwertdienstnummern selbst oder durch Kunden, denen sie diese Nummern weitergab, dem Antragsteller auf seine Rufnummern 0202 8701698 und ....1 461955 unverlangt Telefaxwerbung zuzusenden oder deren Zusendung zu dulden;

2. für jeden Fall der Zuwiderhandlung der Beklagten ein Ordnungsgeld in Höhe von 250.000,00 EUR oder, falls dies nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft in Höhe von 6 Monaten anzudrohen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt zunächst vor, zu der Faxwerbung am 17.11.2002 sei es nur deshalb gekommen, weil es intern zu Informationsüberschneidungen gekommen sei.

Sie meint, es fehle für den geltend gemachten Anspruch bereits an der Wiederholungsgefahr, da unstreitig seit dem 17.11.2002 keine entsprechende Faxwerbung mehr an die Faxgeräte des Klägers gesandt worden seien. Im übrigen habe sie unstreitig erst im Rahmen der Klageerhebung erfahren, dass dem Kläger nach dem 03.11.2002 ein weiteres Fax zugegangen sei.

Des weiteren müsse sich der Kläger mit seinem Begehren an L GmbH wenden, da diese allein für die Faxwerbung verantwortlich sei. Allein der Umstand, dass sie Rufnummernblöcke an L GmbH vergebe, stelle keine ihr ursächlich zurechenbare Handlung für die beim Kläger eingetretenen Belästigungen dar.

Von dem Verfahren gegen L GmbH vor dem Landgericht Hamburg habe sie erst im Laufe des hiesigen Rechtsstreits erfahren.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte gerichtet auf Unterlassung der Zusendung oder Duldung der Zusendung unverlangter Faxwerbung.

1.

Es besteht kein Unterlassungsanspruch gem. §§ 1, 13 II Nr. 1 UWG, da der Beklagten die Zusendung der streitgegenständlichen Faxwerbung an den Kläger nicht als Störerin zugerechnet werden kann.

Das bloße Zurverfügungstellen einer Mehrwertdienstrufnummer für das Anfordern beworbenen Informationsmaterials begründet keine Störerhaftung für die rechtswidrige Zusendung der unerwünschten Faxwerbung.

Für das Gericht ist im vorliegenden Fall kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass die Beklagte bei der Versendung der streitgegenständlichen Werbefaxe mitgewirkt hat. Der Vorwurf beschränkt sich überwiegend darauf, dass die Beklagte der Fa. L GmbH als Inhalteanbieter die 0190 827 - Rufnummer als Faxnummer zur Verfügung gestellt hat, welche der Kläger auf deren Betreiben nutzen soll, um Informationsmaterial von ihr zu beziehen.

Zwar haftet nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auch derjenige als Störer eines Dritten, der an dessen rechtswidriger Störung dergestalt beteiligt ist, dass er in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitwirkt, wobei als Mitwirkung auch die Unterstützung oder Ausnutung der Handlung eines eigenverantwortlichen Dritten ausreicht. Jedoch ist dann erforderlich, dass der Inanspruchgenommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hat.

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ergibt sich, dass die Beklagte nicht als Störerin anzusehen ist.

Sie selbst hat keine adäquat kausale Handlung für die unerwünschte Faxwerbung vorgenommen, da sie die Zusendungen weder veranlasst noch ihre technischen Einrichtungen für den Versand zur Verfügung gestellt hat.

Die Vermietung von Mehrwert-Faxnummern reicht nicht aus, um einen adäquaten Tatbeitrag zur erfolgten Störung zu begründen, vielmehr stellt dies lediglich die Überlassung eines Inkassoinstruments dar, das sowohl wettbewerbskonform als auch wettbewerbswidrig eingesetzt werden kann.

Allein die Tatsache, dass die Beklagte ihren Mietzins aus den Einnahmen bezieht, die aus der Nutzung der Bestellfaxnummer durch den Kläger nach erfolgter wettbewerbswidriger Zusendung von Werbefaxen entstehen, reicht nicht aus, um ein gemeinschaftliches Vorgehen der L Gesellschaft und der Beklagten zu konstruieren. Solches wäre allenfalls dann anzunehmen, wenn die Beklagte einen höheren Mietzins als üblich verlangen würde und das erhöhte Entgelt Gegenleistung dafür wäre, um sich vor den Inhalteanbieter zu schalten und diesen davor zu schützen, dass er nach erfolgten Wettbewerbsverstößen nicht ermittelt werden kann (vgl. insoweit auch OLG Stuttgart, 2 U 121/00 veröffentlicht in OLGR 2000,74).

Hierzu ist vorliegend jedoch von Klägerseite nichts vorgetragen worden. Ferner spricht gerade gegen ein arbeitsteiliges Zusammenwirken, dass die Beklagte dem Kläger auf sein Schreiben vom 04.11.2002 die volle Adresse der L GmbH mitgeteilt hat. Der Umstand, dass der Kläger diese unter der dort angegeben Adresse bzw. Firmenbezeichnung nicht ermitteln konnte, ist der Beklagten nicht anzulasten.

Des weiteren ist zu berücksichtigen, dass der eindeutige Wettbewerbsverstoß in der unerwünschten Zusendung von Werbefaxen durch den Inhalteanbieter liegt und dabei die Überlassung der Mehrwertdienstrufnummer durch die Beklagte hinweggedacht werden kann, ohne dass dieses wettbewerbswidrige Verhalten entfiele. Denn wie die Beklagte unbestritten vorgetragen hat, erfolgt die Zusendung der unerwünschten Faxwerbung an den Kläger gerade nicht über einen Anschluss der Beklagten; die Faxwerbung selbst hat ihren Ursprung nicht im Netz der Beklagten.

Vielmehr wird die seitens der Beklagten dem Inhalteanbieter zur Verfügung gestellte Nummer erst dann in Anspruch genommen, wenn sich der Empfänger - vorliegend der Kläger - dazu entschlösse, das beworbene Informationsmaterial per Fax anzufordern.

Selbst durch das Abschalten der Mehrwertnummer kann die Beklagte den Wettbewerbsverstoß nicht verhindern, da das Versenden der Faxwerbung nicht über die Mehrwertnummer erfolgt.

Zu berücksichtigen ist an dieser Stelle ferner, dass die Beklagte zwar aufgrund des neu eingeführten § 13 a TKV, unverzüglich geeignete Maßnahmen zur zukünftigen Unterbindung des Rechtsverstoßes zu ergreifen hat, wenn sie gesicherte Kenntnis von einer rechtswidrigen Nutzung der von ihr vergebenen Mehrwertdienstrufnummer hat. Insbesondere hat sie nach erfolgloser Mahnung soweit möglich die missbräuchlich verwendete Rufnummer zu sperren, wenn sie gesicherte Kenntnis von einer wiederholten oder schwerwiegenden Zuwiderhandlung hat.

Im vorliegenden Fall hat die Beklagte allerdings bereits nach erstmaliger Mitteilung durch den Kläger, L GmbH dazu aufgefordert, den Kläger aus ihrer Verteilerliste zu streichen, was durchaus eine geeignete Maßnahme zur zukünftigen Unterbindung des Rechtsverstoßes darstellt.

Der Umstand, dass es am 17.11.2002 zu einer weiteren Faxwerbung gekommen ist, erfolgte nach Ansicht des Gerichts nur aufgrund eines internen Organisationsproblems und ist der Beklagten zudem auch erst im Laufe des hiesigen Verfahrens zur Kenntnis gebracht worden. Bis zum heutigen Tage ist es nicht mehr zu einer weiteren Störung unter Verwendung der streitgegenständlichen Rufnummer gekommen.

Insoweit ist auch davon auszugehen, dass eine Wiederholungsgefahr hinsichtlich des Rechtsverstoßes nicht besteht, zumal der L GmbH als unmittelbarer Störerin bereits mit Urteil vom 14.01.2003 des Landgerichts Hamburg die Versendung weiterer unerwünschter Faxwerbung verboten wurde.

2.

Aus denselben Gründen scheidet auch ein Anspruch gegen die Beklagte analog § 1004 I BGB aus.

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr.11, 711 ZPO.

Streitwert: 5.500,00 EUR






LG Wuppertal:
Urteil v. 25.03.2003
Az: 1 O 539/02


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