Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. Juli 2005
Aktenzeichen: 17 W (pat) 333/03

(BPatG: Beschluss v. 12.07.2005, Az.: 17 W (pat) 333/03)

Tenor

Das Patent DE 199 03 548 wird widerrufen.

Gründe

I.

Auf die am 29. Januar 1999 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Patentanmeldung 199 03 548 wurde ein Patent mit der Bezeichnung

"Einrichtung und Verfahren zur terminplanabgestimmten Reiseplanung"

erteilt. Veröffentlichungstag der Patententerteilung ist der 10. April 2003.

Gegen das Patent ist ein Einspruch erhoben worden. Die Einsprechende hat die in § 21 Abs 1 PatG genannten Widerrufsgründe geltend gemacht und unter Hinweis auf von ihr genannte Druckschriften ausgeführt, dass der Gegenstand des Patents weder neu sei noch auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.

Die Einsprechende stellt den Antrag, das Patent zu widerrufen.

Der Patentinhaber hat sich zur Sache weder schriftlich geäußert, noch ist er zum Termin für die mündliche Verhandlung erschienen. Anträge hat er nicht gestellt.

Der erteilte Patentanspruch 1 lautet:

"Einrichtung zur terminplanabgestimmten Reiseplanung, umfassend eine Eingabeeinheit (2) zum Eingeben von Reiseparametern einer zu planenden Reise, einen Terminspeicher (3), in welchem alle Termine wenigstens eines Benutzers der Einrichtung gespeichert sind, einen Verkehrsmittel- und/oder -wege-Speicher (5), in welchem von Verkehrsleistungsträgern angebotene Verkehrsmittel und/oder -wege gespeichert sind, eine Steuereinheit (4), welche auf den Verkehrsmittel- und/oder -wege-Speicher (5) zugreifen und in Abhängigkeit von den eingegebenen Reiseparametern rein verkehrstechnisch mögliche Verkehrsmittel und/oder -wege ermitteln kann, eine Komparatoreinheit (6) zum Identifizieren ausgewählter Verkehrsmittel und/oder -wege durch Vergleichen der eingegebenen oder konkretisierter Reiseparameter und/oder der rein verkehrstechnisch möglichen Verkehrsmittel und/oder -wege einerseits mit den Terminen des Benutzers andererseits, so dass Terminkollisionen ermittelbar sind, undeine Anzeigeeinheit (7) zum Anzeigen des Ergebnisses des mittels der Komparatoreinheit (6) durchgeführten Vergleichs, wobei die zu einem von dem Benutzer der Einrichtung und/oder einem Verkehrsleistungsträger als zu buchend und/oder als gebucht bestätigten Verkehrsmittel- und/oder -weg zugehörigen Reisedaten automatisch mittels der Steuereinheit (4) in dem Terminspeicher (3) speicherbar sind."

Hinsichtlich der weiteren Patentansprüche wird auf die Patentschrift verwiesen.

II.

Der Einspruch ist zulässig, da er frist- und formgerecht erhoben sowie nach Maßgabe des § 59 Abs 1 Satz 4 PatG begründet worden ist. Er führt zum Widerruf des Patents, da jedenfalls die Lehre zur terminplanabgestimmten Reiseplanung gemäß dem Anspruch 1 nicht auf technischem Gebiet liegt und somit keine dem Patentschutz zugängliche Erfindung iSd § 1 PatG ist.

1. Das Streitpatent betrifft nach den nebengeordneten Ansprüchen 1, 2 und 6 Einrichtungen zur terminplanabgestimmten Reiseplanung sowie nach den nebengeordneten Ansprüchen 10, 12 und 13 Verfahren zur automatisierten, terminplanabgestimmten Reiseplanung.

In der Streitpatentschrift wird einleitend geschildert, dass es bekannt sei, die Planung einer Reise mit Hilfe eines Computers durchzuführen, der bspw über das Internet auf zentrale Verkehrsmittel- und Verkehrswege-Datenbanken zugreifen und mit dem die Reise auch gebucht werden könne. Als nachteilig wird dabei herausgestellt, dass insbesondere im Fall von Geschäftsreisen eine Abstimmung mit dem eigenen Terminkalender erfolgen müsse, die zeitaufwändig und fehlerträchtig sei. Entsprechend sei es Aufgabe des Patentgegenstandes, eine Einrichtung zur terminplanabgestimmten Reiseplanung und ein Verfahren zur automatisierten, terminplanabgestimmten Reiseplanung zu schaffen, welche bzw. welches einerseits Terminkollisionen mit anderen Terminen bei der Reiseplanung zuverlässig vermeide und andererseits die Führung des eigenen Terminkalenders erleichtere (vgl Abs 0002 und 0004 des Streitpatents).

2. Mit dem Anspruch 1 wird zur Lösung dieser Aufgabenstellung eine Einrichtung vorgeschlagen, die aus Eingabeeinheit, Anzeigeeinheit, Steuereinheit, Komparatoreinheit und Speichern für Verkehrsmittel- und/oder -wege bzw Terminen wenigstens eines Benutzers besteht. In Hinsicht auf die Ausgestaltung der einzelnen Einheiten oder ihr Zusammenwirken in technischer Hinsicht enthält der Anspruch keine weiteren Angaben.

Die weiteren im Anspruch enthaltenen Anweisungen beziehen sich auf Arbeitsschritte, die von der Einrichtung ausgeführt werden, damit die Reiseplanung terminplanabgestimmt erfolgen kann, also Kollisionen mit anderen Terminen vermieden werden. Zu diesem Zweck werden an der Eingabeeinrichtung eingegebene Reiseparameter (bspw Ausgangs- und Zielort, gewünschter Ankunftszeitpunkt, Verweildauer, vgl Abs 0071 der Patentschrift) von der Steuereinheit unter Verwendung von (Fahrplan-) Daten über verschiedene Verkehrsmittel- und/oder -wege ausgewertet und die möglichen Reisealternativen ermittelt. Unter den möglichen Reisealternativen werden durch Vergleiche mit den schon vorhandenen Terminen des Benutzers diejenigen Alternativen identifiziert, die nicht mit anderen Terminen kollidieren. Die solcherart identifizierten Reisealternativen werden angezeigt, worauf der Benutzer seine Auswahl treffen kann und die ausgewählte Reisealternative, ggf nach Rückfrage beim Verkehrsleistungsträger, gebucht wird. Die gebuchte Reisealternative wird als neuer Termin im Speicher vermerkt.

Es ist nachvollziehbar, dass durch die Abstimmung mit den anderen Terminen des Benutzers Terminkollisionen bei der Reiseplanung vermieden werden.

3. Die Lehre des Patentanspruchs 1 liegt jedoch nicht auf technischem Gebiet.

Seinem Wortlaut nach ist der Anspruch 1 auf eine Einrichtung gerichtet, der für sich gesehen zweifellos technischer Charakter zukommt. Die Frage, ob ein angemeldeter Patentanspruch die erforderliche Patentfähigkeit aufweist, darf aber nach den Feststellungen des Bundesgerichtshofs in der Entscheidung "Suche fehlerhafter Zeichenketten" nicht allein nach der Kategorie dieses Anspruchs und unabhängig davon beantwortet werden, was nach der beanspruchten Lehre im Vordergrund steht (vgl GRUR 2002, 143, 145, re Sp). Was das Erfordernis der Technizität anbelangt, ist die Patentfähigkeit einer Lehre, auch wenn sie sich der elektronischen Datenverarbeitung bedient und vorrichtungsmäßig eingekleidet ist, nur dann zu bejahen, wenn die Lösung eines konkreten technischen Problems gelehrt wird (vgl BGH in GRUR 2005, 143, 144, re Sp).

Eine konkrete technische Problemstellung kann in der angestrebten Vermeidung von Terminkollisionen bei der Planung einer Reise aber nicht erkannt werden. Diese Problemstellung liegt auf geschäftlichem oder organisatorischem, nicht aber auf technischem Gebiet.

Eine konkrete technische Problemstellung ergibt sich auch nicht implizit aus den in Anspruch genannten Lösungsmerkmalen. Die im Anspruch genannten Einheiten deutet ein Datenverarbeitungsfachmann als Bestandteile eines Computers und schließt deshalb auf den Einsatz eines Computers zur Ausführung der Reiseplanung. Dieser Umstand kann aber den technischen Charakter der Lehre des Anspruchs nicht stützen. Denn, wie der Bundesgerichtshof in "Suche fehlerhafter Zeichenketten" ausführt (vgl GRUR 2002, 143, Leitsatz 1 und 144, re Sp), kann eine beanspruchte Lehre nicht schon deshalb als patentierbar angesehen werden, weil sie bestimmungsgemäß den Einsatz eines Computers erfordert.

Aber auch die im Anspruch im einzelnen genannten Merkmale lassen keine Eigenheit erkennen, die implizit auf eine konkrete technische Problemstellung hinweist. So verbirgt sich bspw hinter dem Merkmal "Terminspeicher" nicht etwa eine Ausbildung eines Speichers mit besonderen technischen Eigenschaften, sondern lediglich ein (üblicher) Speicher, in dem Termindaten gespeichert werden. Ebenso verhält es sich mit der Komparatoreinheit zum Identifizieren ausgewählter Verkehrsmittel. Hier findet sich weder im Anspruch noch in der Beschreibung ein Hinweis auf eine technische Eigenheit eines Komparators und damit auf eine dieser möglicherweise zugrunde liegende konkrete technische Problemstellung, sondern nur die Angabe, dass Reise- und Verkehrsparameter mit Terminen des Benutzers verglichen werden sollen.

Die Einrichtung zur terminplanabgestimmten Reiseplanung nach dem Patentanspruch 1 liegt daher nicht auf technischem Gebiet und ist deshalb keine dem Patentschutz zugängliche Erfindung.

4. Der Patentinhaber hat sein Patent - mangels anderer Anträge - allein in der erteilten Fassung verteidigt. Der Senat ist an diesen Antrag gebunden und kann über diesen Antrag nur einheitlich entscheiden (vgl BGH in GRUR 89, 103 - Verschlussvorrichtung für Gießpfannen - ).

Nachdem die Einrichtung zur terminplanabgestimmten Reiseplanung nach dem erteilten Anspruch 1, wie dargelegt, keine dem Patentschutz zugängliche Erfindung ist, war das Patent zu widerrufen.

Dr. Fritsch Prasch Eder Baumgardt Ju






BPatG:
Beschluss v. 12.07.2005
Az: 17 W (pat) 333/03


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