Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. März 2000
Aktenzeichen: 28 W (pat) 134/99

(BPatG: Beschluss v. 22.03.2000, Az.: 28 W (pat) 134/99)

Tenor

Auf die Beschwerde werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 10 - vom 29. Januar 1999 und vom 6. Juli 1999 aufgehoben und das Verfahren zur Prüfung der Verkehrsdurchsetzung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.

Gründe

I.

Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist das Wortzeichen H.E.L.P.

nach Änderung des Warenverzeichnisses nun für die Waren

"Apparate, Instrumente, Geräte zur Behandlung von Stoffwechselerkrankungen sowie dafür vorgesehene pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse und Präparate".

Die Markenstelle hat die Anmeldung zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

"Help" sei ein Wort des englischen Grundwortschatzes und mit der allgemeinen Übersetzung "Hilfe" den Verkehrskreisen bekannt. Es handele sich um ein warenanpreisendes Schlagwort in dem Sinne, daß die Waren eine Hilfe bzw ein Hilfsmittel für bestimmte Tätigkeiten darstellten. Selbst wenn der von der Anmelderin interpretierte Sinngehalt als Kürzel für "heparininduzierte extrakorporale LDL-Präzipitation" von den Verkehrskreisen erkannt werde, bestehe auch insoweit ein unmittelbarer Warenbezug. Aus diesem Grunde sei das angemeldete Zeichen freihaltebedürftig und entbehre auch jeglicher Unterscheidungskraft, zumal der Verkehr den verwendeten "Stolperpunkten", als weit verbreitetes Gestaltungsmittel der Produktwerbung, keine vom Wortsinn des angemeldeten Zeichens wegführende Bedeutung zumessen würde.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die nun beantragt, das Zeichen aufgrund Verkehrsdurchsetzung einzutragen.

Sie macht geltend, daß bis zum Anmeldetag mit "H.E.L.P." gekennzeichnete Medizinprodukte im Werte von etwa 163 Millionen umgesetzt wurden, für Werbemaßnahmen, die sich ausschließlich an das Fachpublikum der Ärzte richten, 1,5 Millionen aufgewendet wurden und die Anmelderin als einzige Anbieterin des Verfahrens "Heparininduzierte extrakorporale LDL-Präzipitation" eine Marktführerstellung im Bereich der Behandlung von Fettstoffwechselerkrankungen einnimmt.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nach Umstellung des Beschwerdeantrags auf Eintragung der Marke aufgrund Verkehrsdurchsetzung (§ 8 Abs 3 MarkenG) insoweit begründet, als die Sache zur Entscheidung über die behauptete Verkehrsdurchsetzung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen war (§ 70 Abs 3 Nr 3 MarkenG).

Beruft sich die Anmelderin im Beschwerdeverfahren auf Verkehrsdurchsetzung, so hat sie deren Voraussetzungen zunächst schlüssig darzulegen. Dies erfordert Angaben, aus denen sich ergibt, in welcher Form, für welche Waren, von wem, auf welchem Gebiet und in welchem Umfang sowie seit wann das angemeldete Zeichen im Verkehr nach Art einer Marke eingesetzt worden ist. Hierfür geeignete Belege sind insbesondere Warenkataloge, Preislisten, Werbematerial sowie Angaben über Umsätze und Werbeaufwendungen. Eine bedeutende Rolle können in diesem Stadium auch vom Anmelder in Auftrag gegebene Verkehrsbefragungen spielen. Sinn dieses Verfahrens ist es, zu verhindern, daß in von vornherein aussichtslosen Fällen arbeits- und kostenaufwendige Ermittlungen, insbesondere in Form amtlicher Befragungen durch das Patentamt angestellt werden, die erkennbar nicht zum Erfolg führen können. Das bedeutet aber umgekehrt, daß an die schlüssige Darlegung der Voraussetzungen einer Verkehrsdurchsetzung keine überzogenen Anforderungen gestellt werden dürfen, zumal andernfalls auch der Eintragungsanspruch des Anmelders nach § 33 Absatz 2 Markengesetz unterlaufen werden würde.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze reicht der Vortrag der Anmelderin aus, die behauptete Verkehrsdurchsetzung im Wege amtlicher Ermittlungen zu prüfen. So hat die Anmelderin durch eine Kundenumfrage gezeigt, daß die angesprochenen fachärztlichen Verkehrskreise das beanspruchte Zeichen überwiegend der Anmelderin zuordnen, wenn auch nicht übersehen werden darf, daß die Fragestellung in Ziffer 2 und 3 bereits den Zeichen-Aspekt vorwegnimmt, was allerdings für die hier zu treffende summarische Entscheidung unschädlich ist. Des weiteren hat die Anmelderin durch die Vorlage von Prospekten gezeigt, daß sie Geräte und Zubehör, die für das "H.E.L.P.-Verfahren" mit dem angemeldeten Zeichen gekennzeichnet sind, umfangreich herstellt und vertreibt. Da hohe Umsätze mit den beanspruchten Waren auch schon vor dem Anmeldetag getätigt wurden und nicht unerhebliche Werbeaufwendungen getätigt worden sind, erscheint die behauptete Verkehrsdurchsetzung durchaus im Bereich des Möglichen zu liegen, weshalb die Sache zur Durchführung eines Verkehrsdurchsetzungsverfahrens an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen war.

Stoppel Martens Sekretaruk Ko






BPatG:
Beschluss v. 22.03.2000
Az: 28 W (pat) 134/99


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