Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. Juni 2003
Aktenzeichen: 33 W (pat) 78/02

(BPatG: Beschluss v. 24.06.2003, Az.: 33 W (pat) 78/02)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist gegen die Eintragung der für die Waren und Dienstleistungen

"Baumaterialien (nicht aus Metall); transportable Bauten (nicht aus Metall), insbesondere Vordächer, hergestellt aus Holz- und/oder Kunststoff-Verbundteilen und Hauseingangsverbreiterungen aus Kunststoff; wärmedämmende und schallhemmende Kunststoffplatten als Einbauwandelemente; Haustür- und Garagentorfüllungen, insbesondere solche aus Polyester oder anderen Kunststoffen;

Bauglas, insbesondere Verglasungen für Haustüren; (sämtliche vorgenannten Waren der Klasse 19 ohne Ausdehnung auf feuerfeste Steine und feuerfeste Massen); Baumaterialien aus Metall, insbesondere Tür- und Tor-Beschläge sowie aus Aluminium-Verbundteilen hergestellte Vordächer; Installation und Montage von transportablen Bauten, insbesondere von Haustür- und Garagentorfüllungen, Haustür-Vorbauten und -Verbreiterungen sowie von Vordächern".

registrierten Marke 396 18 322 Cronalaufgrund der für die Waren

"Fenster, Türen und Fassaden aus Kunststoff; Profile für Fenster, Türen und Fassaden aus Kunststoff; Dichtungen aus Gummi und Kunststoff; Schlosserwaren, wie Beschläge und Verstärkungsprofile aus Metall (Klasse 6, 17, 19)"

am 28. Juni 1996 eingetragenen Marke 396 11 078 CORONA am 26. April 1997 Widerspruch erhoben worden.

Die Markenstelle für Klasse 19 hat mit Beschluß vom 9. Februar 1998 den Widerspruch zurückgewiesen und diese Entscheidung mit Erinnerungsbeschluß vom 28. Januar 2002 bestätigt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, daß die sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen zwar teilweise im Identitätsbereich lägen. Trotz des insoweit erforderlichen strengen Maßstabes sei der Markenabstand noch eingehalten. Insbesondere bestehe keine klangliche Verwechslungsgefahr. Zwar stimmten die Marken in den Buchstaben "crona-" vollständig überein, sie unterschieden sich aber deutlich durch den zusätzlichen Vokal "o" der Widerspruchsmarke und den Schlußkonsonanten "l" der angegriffenen Marke. Durch diesen zusätzlichen Vokal ergebe sich zum einen eine andere Vokalfolge, zum anderen stehe damit ein dreisilbiges Wort einem zweisilbigen Wort gegenüber.

Eine begriffliche Ähnlichkeit, die grundsätzlich zu einer Verwechslungsgefahr führen könne, scheide aus. Der Markenbegriff "CORONA" stamme zwar aus dem Lateinischen und bedeute "Krone". Es sei aber bereits zweifelhaft, ob dieser Begriffsinhalt einem entscheidungserheblichen Teil des Verkehrskreises bekannt sei, da es sich nicht um ein gängiges allgemeines Fremdwort handle. Zumindest könne aber der Argumentation nicht gefolgt werden, wonach auch bei der angegriffenen Marke "Cronal" begriffliche Anklänge an das Wort "Krone" aufzufinden seien.

Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde der Widerspechenden. Sie trägt vor, daß der erforderliche Markenabstand im vorliegenden Fall nicht eingehalten werde. Dabei sei zu berücksichtigen, daß besonders Fachkreise aus dem Handwerk den Abnehmern der Produkte beider Verfahrensbeteiligten zuzurechnen seien. Es sei daher von ungünstigen Übermittlungsbedingen in stark lärmbelasteter Umgebung auszugehen. In einer solchen Situation könnten die Unterschiede der Marken kaum wahrgenommen werden, insbesondere, da das zweite "o" in "Corona" nur eine Wiederholung des ersten "o" darstelle. Demgegenüber komme das Endungsl von "Cronal" praktisch kaum zu Gehör.

Nachdem die Markeninhaberin im Verfahren vor dem Bundespatentgericht die Nichtbenutzungseinrede erhoben hat, hat die Widersprechende Benutzungsunterlagen und insbesondere eine eidesstattliche Versicherung des Leiters der Patentabteilung vorgelegt.

Die Widersprechende beantragt, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Er hat nach Vorlage der Benutzungsunterlagen die Benutzung für Kunststofffenster- und -Türsysteme, bestehend aus Profilen, Zubehör und Beschlägen sowie für Fenster und Türen unstreitig gestellt.

Er trägt vor, daß insbesondere eine klangliche Verwechslungsgefahr nicht bestehe. Die sich gegenüberstehenden Marken unterschieden sich hinsichtlich Vokalfolge sowie Sprech- und Betonungsrhythmus. Auch die Wortanfänge seien unterschiedlich, das "l" am Wortende der angegriffenen Marke werde nicht verschliffen.

Die angesprochenen Verkehrskreise würden sich anhand von Prospektmaterial, nicht auf lärmbelästigten Baustellen, sondern in Ruhe mit den Produkten befassen und diese bestellen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die Beschwerde ist nicht begründet. Zwischen den sich gegenüberstehenden Marken besteht keine Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Ob Verwechslungsgefahr besteht, hängt nach § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG von der Identität oder Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Marken einerseits und andererseits von der Identität oder Ähnlichkeit der von den beiden Marken erfaßten Waren ab, wobei von dem Leitbild eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschsnittsverbrauchers auszugehen ist (EuGH GRUR Int 1999, 734, 736 - Lloyd; BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHé/TISSERAND). Darüber hinaus sind alle weiteren Umstände zu berücksichtigen, die sich auf die Verwechslungsgefahr auswirken können, insbesondere die Kennzeichnungskraft der älteren Marke (EuGH aaO - Lloyd; BGH aaO - ATTACHÉ/TISSERAND; GRUR 1999, 995, 997 - HONKA). Dabei stehen die verschiedenen für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr heranzuziehenden Faktoren in einer Wechselwirkung, so daß zB ein geringerer Grad an Markenähnlichkeit durch eine höhere Kennzeichnungskraft der älteren Marke bzw durch einen höheren Grad an Warenähnlichkeit ausgeglichen werden kann (stRspr; BGH GRUR 2000, 603, 604 - Cetof/ETOP). Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend eine Verwechslungsgefahr nicht zu bejahen.

a) Die Markeninhaberin hat im Verfahren vor dem Bundespatentgericht die Einrede der Nichtbenutzung erhoben. Die Widersprechende hat daraufhin Benutzungsunterlagen vorgelegt, insbesondere eine eidesstattliche Versicherung des Leiters der Patentabteilung der Widersprechenden, in der Ausführungen zur Kennzeichnung von Kunststoff-Fenster- und -Türsystemen, bestehend aus Profilen, Zubehör und Beschlägen sowie für Fenster und Türen gemacht worden sind. Hinsichtlich dieser Waren hat die Markeninhaberin in der mündlichen Verhandlung vom 24. Juni 2003 die Benutzung ausdrücklich nicht mehr bestritten. Unter Zugrundelegung der unstreitig benutzten Waren der Widersprechenden ist von einer hochgradigen Warenähnlichkeit bis zur Warenidentität auszugehen.

b) Zugunsten der Widersprechenden geht der Senat ferner von einer normalen Kennzeichnungskraft der Marke der Widersprechenden aus. Anhaltspunkte für eine erhöhte Kennzeichnungskraft bestehen im vorliegenden Fall nicht. Zwar hat die Widersprechende im Zusammenhang mit ihrer eidesstattlichen Versicherung erhebliche Umsätze mit der streitgegenständlichen Marke dargetan. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berücksichtigung erhöhter Kennzeichnungskraft ist jedoch der Zeitpunkt der Anmeldung der jüngeren Marke (vgl BGH, GRUR 1961, 347 - Almglocke). Die jüngere Marke wurde im Jahre 1996 angemeldet, die dargelegten Umsätze der Widersprechenden beziehen sich jedoch auf die Jahre 2000 bis 2002.

c) Den insoweit erforderlichen größeren Abstand halten die beiden Marken - insbesondere in klanglicher Hinsicht - noch ein. Zwar enthalten beide Marken den gemeinsamen Bestandteil "rona". Hinsichtlich der Vokalfolgen und des Betonungsrhythmusses liegen jedoch so erhebliche Unterschiede vor, daß die angesprochenen Verkehrskreise, hier überwiegend professionelle Abnehmer, teilweise auch Endabnehmer, die Unterschiede zwischen den sich gegenüberstehenden Marken ohne weiteres erkennen werden.

Die Widerspruchsmarke enthält den zusätzlichen Vokal "o" durch den sich eine andere Vokalfolge, nämlich "ooa" im Vergleich zu "oa" ergibt, was gleichzeitig zur Folge hat, daß hier ein dreisilbiges einem zweisilbigen Wort gegenübersteht. Hinzu kommt der in der angegriffenen Marke vorhandene stimmhafte Konsonant "r" als zweiter Buchstabe, der am Wortanfang mehr Beachtung findet. Weiter endet die Widerspruchsmarke mit dem dunklen Vokal "a", die angegriffene Marke mit dem zwar klangschwachen "l", das aber nicht, wie die Widersprechende meint, untergeht. Denn wie bei vergleichbaren zweisilbigen Wörtern mit der Endung "-al", z.B. "Regal, legal, fatal, egal" folgt aus der Betonung auf dem letzten Vokal die Betonung und vollständige Aussprache des Wortendes der jüngeren Marke. Auch der Vertreter der Widersprechenden konnte auf Frage des Gerichts kein Beispiel nennen, in dem bei auf "al" endenden zweisilbigen Begriffen die Endsilbe unbetont bleibt. Demgegenüber wird die Widerspruchsmarke auf dem zweiten Vokal betont.

Zu berücksichtigen ist weiterhin, daß die Auswahl der mit der Marke versehenen Produkte nicht nur telefonisch erfolgt, sondern großen Teils unter Zuhilfenahme entsprechenden Prospektmaterials und nach Beratung. Auch ergeben sich keine Anhaltspunkte, daß die mündliche Übermittlung der Marken grundsätzlich im Zusammenhang mit besonders hohen Geräuschpegeln erfolgt. Gerade weil die angesprochenen Verkehrskreise größtenteils professionelle Abnehmer sind, gibt es keinen Grund dafür, daß entsprechende mündliche Gespräche durch besondere Lärmbelästigung gestört werden, da derartige Gespräche regelmäßig außerhalb des Produktionsprozesses oder der Montageabläufe abgewickelt werden.

Anhaltspunkte für eine schriftbildliche oder für eine begriffliche oder assoziative Verwechslungsgefahr bestehen nicht. Insbesondere kann bei der angegriffenen Marke "Cronal" nicht von einem beschreibenden Anklang an den Begriff "CORONA" ausgegangen werden, zumal das in der Widerspruchsmarke enthaltene erste "o" in der angegriffenen Marke fehlt.

Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlaß aus Gründen der Billigkeit einer der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs 1 MarkenG aufzuerlegen.

Winkler Baumgärtner Dr. Hock Cl






BPatG:
Beschluss v. 24.06.2003
Az: 33 W (pat) 78/02


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