Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. Februar 2006
Aktenzeichen: 26 W (pat) 27/04

(BPatG: Beschluss v. 22.02.2006, Az.: 26 W (pat) 27/04)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die Eintragung der Marke 302 36 083

"Aadamo Sports", die nach einer auf Antrag des Markeninhabers erfolgten Teillöschung noch für die Waren

"Sportartikel, Sportartikelzubehör sowie deren Teile, soweit in Klasse 28 enthalten"

eingetragen ist, ist Widerspruch erhoben worden aus der für die Waren

"Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, nämlich Taschen und andere nicht an die aufzunehmenden Gegenstände angepasste Behältnisse sowie Kleinlederwaren, insbesondere Geldbeutel, Brieftaschen, Schlüsseltaschen; Häute und Felle; Reise- und Handkoffer, Rucksäcke, Handtaschen, Aktentaschen, Kleidersäcke für die Reise; Regenschirme; Sonnenschirme und Spazierstöcke; Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen"

eingetragenen älteren Marke 301 59 932

"ADAMO".

Die Markenstelle hat wegen des Widerspruchs die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet, weil zwischen den Marken Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG bestehe. Zur Begründung hat sie ausgeführt, auch nach der erfolgten Teillöschung wiesen die Waren der angegriffenen Marke zumindest eine entfernte Ähnlichkeit mit denen der Widerspruchsmarke auf. In den Auslagen von Sportgeschäften und Sportabteilungen großer Kaufhäuser sowie in Sportkatalogen fänden sich auch Kollektionen von Bekleidungsstücken und Schuhen, die oft mit dem Logo eines Sportartikelherstellers bedruckt seien. Für den Verbraucher liege es nahe, bei den entsprechend gekennzeichneten Produkten auf eine identische betriebliche Herkunft zu schließen. Weiterhin bestehe eine Ähnlichkeit der mit der angegriffenen Marke beanspruchten Waren mit den Waren "Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, nämlich Taschen und andere nicht an die aufzunehmenden Gegenstände angepasste Behältnisse", weil die Waren der angegriffenen Marke auch Behältnisse für Sportartikel umfassten. Die beiderseitigen Waren wiesen insoweit zumindest den gleichen Verwendungszweck und Einsatzbereich sowie die gleiche Beschaffenheit auf. Auch die Marken seien ähnlich, weil die angegriffene Marke durch das Wort "Aadamo" geprägt werde. Der weitere Markenbestandteil "Sports" sei für Sportartikel beschreibend. Da das Wort "Aadamo" mit der Widerspruchsmarke eine hochgradige klangliche Ähnlichkeit aufweise, bestehe zumindest in dieser Richtung Verwechslungsgefahr.

Hiergegen wendet sich der Markeninhaber mit der Beschwerde. Er ist der Ansicht, es bestehe schon deshalb keine Verwechslungsgefahr, weil die Waren der angegriffenen Marke nach der von ihm erklärten Teillöschung keine Ähnlichkeit mehr mit den Waren der Widerspruchsmarke aufwiesen. Da selbst Waren, die unter denselben Oberbegriff fielen, nicht zwingend ähnlich seien, stelle der Umstand, dass die Waren hier verschiedenen Warenklassen angehörten, zumindest ein Indiz für fehlende Warenähnlichkeit dar. Der 27. Senat des Bundespatentgerichts habe bereits festgestellt, dass Sportgeräte und Bekleidungsstücke nicht ähnlich seien. Der Umstand, dass die fraglichen Waren jeweils im Sport einsetzbar seien, sei für die Beurteilung der Warenähnlichkeit nicht maßgeblich. Insbesondere führe auch die Tatsache, dass im Zusammenhang mit dem Verkauf von Sportartikeln auch Sportbekleidung angeboten würde, nicht dazu, dass die angesprochenen Verkehrskreise die Bekleidungsstücke dem Sportartikelhersteller zuordneten. Soweit es sich um den angesprochenen Verkehrskreisen unbekannte Marken handele, sei nach einer Entscheidung des 28. Senats des Bundespatentgerichts in der Sache 28 W (pat) 99/95 "Banesto" davon auszugehen, dass Bekleidung und Sportwaren auseinander gehalten werden könnten, weil getrennte Vertriebswege bestünden. Die Widerspruchsmarke genieße allenfalls regionale Bekanntheit. Nur bei erhöhter Bekanntheit einer Marke mit überdurchschnittlicher Kennzeichnungskraft müsse die ihr gegenüberstehende Marke einen normalen Abstand einhalten. Deshalb reiche die Hinzufügung des Bestandteils "Sports" hier aus, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen. Dieser Bestandteil verschmelze mit dem Wort "Aadamo" zu einem Gesamtbegriff, so dass nicht von einer Prägung der angegriffenen Marke durch das Wort "Aadamo" ausgegangen werden könne. Der Markeninhaber beantragt sinngemäß die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Zurückweisung des Widerspruchs.

Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie ist der Ansicht, an der Ähnlichkeit der Marken könne kein Zweifel bestehen, weil das in der angegriffenen Marke enthaltene Wort "Sports" glatt warenbeschreibend und der diese Marke folglich prägende Bestandteil "Aadamo" mit der Widerspruchsmarke klanglich identisch sei. Es bestehe sogar die Gefahr, dass das Wort "Sports" die Verwechslungsgefahr noch erhöhe, weil der Verkehr zu der Annahme gelangen könne, es handele sich bei den unter der angegriffenen Marke vertriebenen Waren um das Sportartikelangebot der Widersprechenden. Die Markenstelle sei auch zutreffend von einer Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren ausgegangen. Der vom Markeninhaber angeführte Beschluss des 28. Senats sei nicht einschlägig, weil dort Sportgeräte und Bekleidungsstücke verglichen worden seien, während der Markeninhaber den weiteren Oberbegriff "Sportartikel" beanspruche. Unternehmen wie Adidas, Puma oder Nike böten neben Sportartikeln auch Bekleidung und Schuhe an, und zwar mittlerweile auch rein modische Bekleidung, die nicht nur bei der Ausübung eines Sports getragen werde. Auch im Übrigen seien die Feststellungen der Markenstelle zur Warenähnlichkeit zutreffend, weil der Übergang zwischen an die aufzunehmenden Gegenstände nicht angepassten Behältnissen und daran angepassten Behältnissen insbesondere bei Sportrucksäcken und Sporttaschen fließend sei.

II Die zulässige Beschwerde des Markeninhabers ist unbegründet. Zwischen den beiderseitigen Marken besteht, wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

Die Gefahr von Verwechslungen im Sinne der vorstehend genannten Bestimmung ist unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH GRUR 1998, 387 - Sabl/Puma). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke. Ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken kann durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren oder eine erhöhte Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH GRUR 1998, 922, 923 - Canon).

Ausgehend von diesen Grundsätzen besteht zwischen den beiderseitigen Marken zumindest eine unmittelbare klangliche Verwechslungsgefahr.

Die Waren, für die die angegriffene Marke nach der auf Antrag des Markeninhabers erfolgten Teillöschung noch eingetragen ist, weisen eine markenrechtlich relevante Ähnlichkeit mit einem Teil der Waren der Widerspruchsmarke auf. Die Warenbegriffe "Sportartikel" bzw. "Sportartikelzubehör" stellen sehr weite Warenoberbegriffe dar, die zwar durch den Zusatz "soweit in Klasse 28 enthalten" eine inhaltliche Beschränkung erfahren, mit der insbesondere Sportbekleidung vom Schutz ausgenommen wird. Wenngleich durch diese Einschränkung auf Sportartikel der Klasse 28 eine mögliche Warenidentität mit Bekleidungsstücken, Schuhwaren, und Kopfbedeckungen ausgeschlossen wird, besteht dennoch mit diesen eine mindestens mittlere Ähnlichkeit; denn die im Verzeichnis der Widerspruchsmarke enthaltenen Warenoberbegriffe "Bekleidungsstücke; Schuhwaren; Kopfbedeckungen" umfassen auch solche, die u. a. für die Ausübung eines Sports bestimmt oder geeignet sind. Die Herstellungsbetriebe dieser Waren sind häufig dieselben wie diejenigen von Sportartikeln der Klasse 28. Beispielhaft sei an dieser Stelle auf die Sortimente der Firmen "Adidas", "Puma", "Nike", "Reebok" und "Head" verwiesen, die sowohl beide Warengruppen herstellen (lassen) als auch unter derselben Marke vertreiben. Die fraglichen Waren begegnen sich auch in den Verkaufsstätten häufig unmittelbar nebeneinander. Zudem handelt es sich bei Sportbekleidungsstücken, Sportkappen und Sportschuhen, die sämtlich vom Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke umfasst werden, sowie bei Sportartikeln und Sportartikelzubehör um einander ergänzende Waren i. S. d. einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (GRUR 1998, 922, 923, Nr. 23 - Canon).

Dasselbe gilt entsprechend auch für die Ähnlichkeit von Sportartikeln und Sportartikelzubehör der Klasse 28 mit Taschen und Rucksäcken aus dem Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke. Letztgenannte umfassen, wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, auch Sporttaschen und Sport-, Wander- und Bergsteigerrucksäcke, die häufig von denselben Unternehmen hergestellt und unter derselben Marke angeboten werden wie Sportartikel der Klasse 28. Auch insoweit besteht also eine mindestens durchschnittliche Ähnlichkeit der Waren.

Dem Umstand, dass die beiderseitigen Waren unterschiedlichen Klassen der amtlichen Klasseneinteilung zugeordnet sind, kommt demgegenüber allenfalls eine erste indizielle Bedeutung, jedoch bei häufig gleichen Herstellungs- und Vertriebsstätten und dem Charakter als einander ergänzende Waren keine maßgebliche, die Ähnlichkeit ausschließende Bedeutung zu (Art. 9 Abs. 2 TLT - Trademark Law Treaty/Markenrechtsvertrag vom 27. Oktober 1995, HABM-ABl. 1998, 288; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Auflage, § 9 Rdn. 83).

Der Senat weicht mit der vorliegenden Entscheidung auch nicht von Vorentscheidungen anderer Senate des BPatG ab, in denen die Ähnlichkeit von Sportgeräten und Bekleidungsstücken verneint worden ist; denn der Markeninhaber beansprucht Schutz nicht nur für Sportgeräte, sondern für den weitergehenden Warenoberbegriff "Sportartikel", der mit u. a. Behältnissen zur Aufnahme von Sportgeräten (Taschen, Rucksäcke o. ä.) und sonstiger Sportausrüstung auch Gegenstände umfasst, die den Waren, für die die Widerspruchsmarke eingetragen ist, deutlich näher stehen als Sportgeräte.

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist von Haus aus normal. Für eine nachträgliche Schwächung oder Steigerung der Kennzeichnungskraft dieser Marke liegen keine Anhaltspunkte vor.

Die Marken weisen in ihrem maßgeblichen Gesamteindruck in klanglicher Hinsicht auch eine sehr große Ähnlichkeit auf. Zwar nimmt der Durchschnittsverbraucher eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf die verschiedenen Einzelheiten. Deshalb sind die fraglichen Marken für die Beurteilung ihrer Ähnlichkeit jeweils als Ganzes miteinander zu vergleichen. Dies schließt jedoch nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer mehrgliedrigen Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (EuGH MarkenR 2005, 438, 440, Rdn. 28 f. - THOMSON LIFE). Sofern eine aus mehreren Elementen bestehende Marke neben einem normal kennzeichnungskräftigen Bestandteil einen glatt warenbeschreibenden Bestandteil enthält und die einzelnen Bestandteile sich nicht zu einem zusammengehörigen betrieblichen Herkunftshinweis verbinden, kommt regelmäßig dem kennzeichnungskräftigen Bestandteil innerhalb der Gesamtmarke eine selbständig kennzeichnende, den Gesamteindruck der kombinierten Marke prägende Stellung zu (BGH GRUR 2002, 342, 344 ASTRA/ ESTRA-PUREN). So liegt der Fall auch hier.

Dass das normal kennzeichnungskräftige, weil weder beschreibende noch originalitätsschwache Wort "Aadamo" innerhalb der angegriffenen Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung innehat, weil der weitere Wortbestandteil "Sports" der angegriffenen Marke als Angabe über die Art und die Bestimmung der fraglichen Waren zur betrieblichen Herkunftskennzeichnung nicht beizutragen vermag, steht außer Frage. Die Bezeichnung "Aadamo Sports" stellt auch keinen Gesamtbegriff dar, weil es eine Sportart mit dem Namen "Aadamo" nicht gibt. Das den Gesamteindruck der angegriffenen Marke prägende Wort "Aadamo" weist mit der Widerspruchsmarke eine bis zur Identität reichende Ähnlichkeit auf, weil der Doppelvokal "Aa" am Wortanfang in der Regel nur als ein langer Vokal gesprochen werden wird. Angesichts dieser hochgradigen klanglichen Ähnlichkeit der Marken, der normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sowie der mittleren bis hochgradigen Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren besteht die Gefahr, dass der maßgebliche Durchschnittskäufer dieser Waren die Marken bei mündlichen Bestellungen i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG verwechselt. Die Beschwerde des Markeninhabers kann daher keinen Erfolg haben.

Für eine Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens aus Billigkeitsgründen (§ 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG) besteht keine Veranlassung.






BPatG:
Beschluss v. 22.02.2006
Az: 26 W (pat) 27/04


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