Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. Mai 2003
Aktenzeichen: 32 W (pat) 139/02

(BPatG: Beschluss v. 21.05.2003, Az.: 32 W (pat) 139/02)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 30 - vom 15. März 2002 aufgehoben.

Gründe

I.

Die Anmeldung der Marke

"HAPPY HOUR"

für die Waren Zuckerwaren, insbesondere Bonbons und Dragees, bestehend aus und/oder unter Verwendung von Schaumzucker, Fruchtgummi, Lakritze und Gelee (ausgenommen für medizinische Zwecke), ist durch Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts zurückgewiesen worden, weil das Zeichen nicht unterscheidungskräftig sei (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) und weil es zur Merkmalsbezeichnung i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dienen könne. In dem Beschluss wird ausgeführt, bei "HAPPY HOUR" handele es sich - wie auch eine Internetrecherche ergeben habe - um eine mittlerweile üblich gewordene Bezeichnung für einen besonders preisgünstigen Warenvertrieb oder für besonders preiswerte Dienstleistungen kurz vor Geschäftsschluss oder zu bestimmten umsatzarmen Tageszeiten. In Bezug auf die hier beanspruchten Waren beschreibe die Angabe Erzeugnisse, die für einen Absatz in "HAPPY HOUR"-Zeiten bestimmt und geeignet seien bzw. deren Konsum dem Abnehmer eine "HAPPY HOUR" bereite. Breiteste Verkehrskreise, denen die Bedeutung des angemeldeten Zeichens bekannt sei, würden in ihm nur einen Hinweis auf eine preisgünstige Erwerbsmöglichkeit der so gekennzeichneten Waren entnehmen, nicht jedoch einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft. Dasselbe gelte für die Verkehrskreise, die mit "HAPPY HOUR" einen persönlichen Glückszustand verbinden.

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zur Begründung trägt diese vor, "HAPPY HOUR" bezeichne keine Warenmerkmale, sondern nur eine Verkaufsmodalität. Für die beanspruchten Waren sei eine derartige Angebotsgestaltung eher unattraktiv. Die Angabe könne auch nicht dahingehend interpretiert werden, dass Waren speziell für "HAPPY HOUR"-Zeiten bestimmt seien. Auch eine Deutung, wonach die so bezeichneten Waren dem Konsumenten eine fröhliche Stunde bereiteten, beziehe sich nicht auf eine Eigenschaft des Produkts, sondern auf die Einstellung des Kunden zu dem Produkt. Im Zusammenhang mit einer konkreten Ware besitze die angemeldete Marke über ausreichende Unterscheidungskraft.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. März 2002 aufzuheben und die Eintragung der angemeldeten Marke anzuordnen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der angemeldeten Marke kann die Eintragung in das Markenregister nicht versagt werden. Insbesondere besteht weder das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) noch das einer Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

a) Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (st. Rspr., vgl. BGH, BlPMZ 2002, 85 - Individuelle).

Unterscheidungseignung in dem genannten Sinn kann der angemeldeten Marke nicht abgesprochen werden. Auch der Teil des Publikums, der den wörtlichen Sinngehalt von "HAPPY HOUR" ("glückliche Stunde") oder die übertragene Bedeutung dieses Ausdrucks als Hinweis auf (tages-) zeitlich befristete Sonderangebote erkennt, wird in dem Zeichen keinen Sachhinweis auf bestimmte Eigenschaften der so bezeichneten Waren sehen. Waren, die im Rahmen eines happyhour-Verkaufs zu verbilligten Preisen angeboten werden, unterscheiden sich üblicherweise nicht von denen, die außerhalb des happyhour-Zeitraums zu normalen Preisen verkauft werden. Wenn Waren mit "HAPPY HOUR" gekennzeichnet werden, wird dies daher nicht als Hinweis auf happyhour-Preise verstanden werden. Dies gilt unabhängig davon, dass happyhour-Verkäufe bei den hier beanspruchten Zuckerwaren - anders als z.B. bei Backwaren, bei denen in der Stunde vor Ladenschluss z.T. Preisnachlässe gewährt werden - nicht üblich sind.

Vielmehr wird man in dem Zeichen der Anmeldung eine werbemäßige Anpreisung i.d.S. sehen, dass einem der Genuss der Zuckerwaren eine glückliche Stunde beschere bzw. eine ohnehin glückliche Stunde noch zusätzlich versüße. Derartigen Anpreisungen kann die erforderliche (Mindest-) Unterscheidungskraft nicht von vornherein abgesprochen werden. Vielmehr kommt es darauf an, ob sie über ihren bloßen Werbecharakter hinaus auch als Hinweis auf einen bestimmten Betrieb aufgefasst werden (vgl. BGH, WRP 2000, 300, 301 - Partner with the Best). In der Alltagssprache wird die Wortfolge "HAPPY HOUR" nicht stets als solche aufgenommen und verstanden. Was ihre Verwendung in der Werbesprache anbelangt, so dient sie dort häufig als Hinweis auf (tages-) zeitlich befristete Preisnachlässe für bestimmte Waren oder Dienstleistungen. Dagegen kann eine auf Waren oder Dienstleistungen selbst bezogene anpreisende Verwendung von "HAPPY HOUR" nicht nachgewiesen werden. Es ist demnach nicht davon auszugehen, dass der Verkehr diese Angabe nur als werbeübliche Anpreisung versteht. Vielmehr wird er ihr eine über das reine Wortverständnis hinausgehende Aussage beimessen, weshalb es sich verbietet, dem Zeichen jegliche Unterscheidungskraft abzusprechen (vgl. BGH, MarkenR 1999, 349, 351 - YES; MarkenR 1999, 351, 354 - FOR YOU).

b) Die angemeldete Marke fällt auch nicht unter § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Danach sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen nach Art, Beschaffenheit, Menge, Bestimmung, Wert, geografischer Herkunft, Zeit der Herstellung der Waren bzw. Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale dienen (vgl. BGH GRUR 2002, 64 - Individuelle). Eine Benutzung von "HAPPY HOUR" zur Bezeichnung der beanspruchten Waren kann nicht nachgewiesen werden. Diese Wortfolge enthält auch keine konkret warenbezogene beschreibende Sachaussage, die auf eine bestimmte, für den Verkehr bedeutsame Eigenschaft der Ware selbst Bezug nimmt. Die bloße Möglichkeit, "HAPPY HOUR" als Werbeschlagwort auf dem in Frage stehenden Warengebiet einzusetzen, stellt kein Eintragungshindernis i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dar (vgl. BGH 1999, 351, 353 - FOR YOU).

Winkler Rauch Sekretaruk Ju






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Az: 32 W (pat) 139/02


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