Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. Mai 2000
Aktenzeichen: 15 W (pat) 18/98

(BPatG: Beschluss v. 08.05.2000, Az.: 15 W (pat) 18/98)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelder wird der Beschluß der Prüfungsstelle für Klasse G 01 N des Deutschen Patentamts vom 10. November 1997 aufgehoben und das Patent erteilt.

Bezeichnung: Vorrichtung zur massenspektrometrischen Analyse von Oberflächen Anmeldetag: 13. September 1996 Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:

Patentansprüche 1 bis 5, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 8. Mai 2000, Beschreibung Spalten 1 bis 7, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 8. Mai 2000, 3 Blatt Zeichnungen Figuren 1, 2 und 5, eingegangen am 13. September 1996.

Gründe

I.

Die am 13. September 1996 eingereichte Patentanmeldung P 196 37 480.4-52 betrifft die

"Massenspektrometrische Analyse von Oberflächen".

Sie wurde von der Prüfungsstelle für die Klasse G 01 N des Deutschen Patentamts mit Beschluß vom 10. November 1997, der sich auf die Gründe des Bescheids vom 13. Mai 1997 bezieht, zurückgewiesen. Dem Beschluß lagen damit die Patentansprüche 1 bis 23 der ursprünglichen Unterlagen zugrunde. Die Patentansprüche 1 und 17 hatten folgenden Wortlaut:

"1. Vorrichtung zur massenspektrometrischen Analyse von Substanzen in der Oberfläche einer Probe (12) eines Festkörpers, umfassend - eine Laserstrahlquelle zum Verdampfen mindestens eines Teils der Oberfläche, und - ein Massenspektrometer zur massenspektrometrischen Analyse der verdampften Substanzen (5)

gekennzeichnet durch, einen Umlenkspiegel (4, 14) zum Umlenken von, in einer Richtung im wesentlichen parallel zur Oberfläche auf den Umlenkspiegel auftreffender Laserstrahlung (3) in Richtung auf die Oberfläche.

17. Verfahren zur massenspektrometrischen Analyse von Substanzen in der Oberfläche der Probe (12) eines Festkörpers, bei welchem die Oberfläche mindestens zum Teil durch Laserstrahlung verdampft wird und die verdampften Substanzen (5) einem Massenspektrometer zugeführt werden, dadurch gekennzeichnet, daß die Laserstrahlung im wesentlichen parallel zur Probenoberfläche auf einen oberhalb der Probe (12) angeordneten Umlenkspiegel (4, 14) gerichtet und durch diesen in Richtung auf die Probe umgelenkt wird."

Die Zurückweisung der Patentanmeldung wurde im wesentlichen damit begründet, daß die Entwicklung der beanspruchten Vorrichtung gegenüber dem Stand der Technik, wie er in

(1) DE 34 39 287 C2 beschrieben ist, auf keiner erfinderischen Tätigkeit beruhe. Weiterhin wurde im Beschwerdeverfahren als relevanter Stand der Technik genannt:

(2) US 42 08 585 und

(3) B. Spengler in Analusis, Bd 20, 1992, Seiten 91 bis 101 insbesondere Figur 7.

Gegen den Beschluß der Prüfungsstelle haben die Patentanmelder Beschwerde eingelegt und beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Patent zu erteilen auf der Grundlage der Patentansprüche 1 bis 5, Beschreibung Spalten 1 bis 7, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung, und drei Blatt Zeichnungen mit Figuren 1, 2 und 5, eingegangen am 13. September 1996.

Die geltenden Patentansprüche 1 bis 5 lauten:

"1. Vorrichtung zur massenspektrometrischen Analyse von Substanzen in der Oberfläche einer Probe (12) eines Festkörpers, umfassend - ein Massenspektrometer zur massenspektrometrischen Analyse der durch Einwirkung von Laserstrahlung (3) auf die Oberfläche verdampften Substanzen (5) und - einen Off-Axis-Parabolspiegel (4) zum - Umlenken von, in einer Richtung im wesentlichen parallel zur Probenoberfläche auf den Umlenkspiegel (4) auftreffender Laserstrahlung (3) in Richtung auf die Probenoberfläche, und zum - gleichzeitigen Fokussieren der Laserstrahlung (3) auf einen Punkt der Probenoberfläche, wobei der Off-Axis-Parabolspiegel (4) derart angeordnet ist, daß der Winkelbereich des auf der Probenoberfläche auftreffenden Strahlungsbündels den Normalenvektor der Probenoberfläche umfaßt, und - der Off-Axis-Parabolspiegel (4) eine Öffnung (6) für den Durchtritt der durch die Laserstrahlung (3) verdampften Substanzen (5) in Richtung auf das Massenspektrometer aufweist.

2. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß

- zwischen dem Umlenkspiegel (4) und der Probenoberfläche eine für die Laserstrahlung (3) durchlässige Scheibe (7) derart angeordnet ist, daß der Umlenkspiegel (4) vor den durch die Laserstrahlung (3) verdampften Substanzen (5) geschützt ist, wobei - in der Scheibe (7) eine Öffnung (8) für den Durchtritt der durch die Laserstrahlung (3) verdampften Substanzen (5) in Richtung auf das Massenspektrometer vorgesehen ist.

3. Vorrichtung nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß

- die Scheibe (7) in eine Trennwand (9) zwischen Bereichen unterschiedlichen vakuumtechnischen Druckes im Massenspektrometer integriert ist.

4. Vorrichtung nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß

- das Massenspektrometer ein Flugzeit-Massenspektrometer ist,

- die Probe (12) in Beschleunigungsrichtung der Ionenoptik des Flugzeit-Massenspektrometers gesehen, sich hinter der Ionenoptik befindet,

- der Normalenvektor der Probenoberfläche im wesentlichen parallel zur Beschleunigungsrichtung der Ionenoptik des Flugzeit-Massenspektrometers weist, und - in der hinteren Elektrode (21) der Ionenoptik des Flugzeit-Massenspektrometers ein Durchtritt (26) für die verdampften Substanzen (5) vorgesehen ist.

5. Vorrichtung nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß

- der Umlenkspiegel (4) in die Rückseite der in Beschleunigungsrichtung der Ionenoptik des Flugzeit-Massenspektrometers gesehen, hinteren Elektrode (21) integriert oder auf dieser montiert ist."

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

1. Die Beschwerde ist frist- und formgerecht eingelegt worden und zulässig (PatG § 73). Sie ist mit den nunmehr geltenden Unterlagen auch erfolgreich.

2. Bezüglich der ausreichenden Offenbarung der geltenden Patentansprüche 1 bis 5 bestehen keine Bedenken, da deren Merkmale aus den ursprünglichen Unterlagen herleitbar sind. Die Merkmale des Patentanspruchs 1 finden sich in den ursprünglichen Ansprüchen 1, 2 und 5 in Verbindung mit Seite 9, Absatz 3 der ursprünglichen Beschreibung. Die Merkmale der Patentansprüche 3 bis 5 sind in den ursprünglichen Ansprüchen 7 bis 9, 13, 14 und 16 offenbart.

3. Die beanspruchte Vorrichtung ist neu, da in keiner der relevanten Druckschriften alle Merkmale des Patentanspruchs im Zusammenhang beschrieben sind. So fehlt in den Druckschriften (1) DE 34 39 287 C2 und (3) B. Spengler in Analusis Bd 20, 1992, Seiten 91 bis 101 ein fokussierender Umlenkspiegel, während in (2) US 42 08 585 die auf den Umlenkspiegel auftreffende Laserstrahlung nicht im wesentlichen parallel zur Probenoberfläche verläuft.

4. Die Entwicklung der beanspruchten Vorrichtung beruht auch auf der erforderlichen erfinderischen Tätigkeit.

Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung zur Analyse von Substanzen in der Probenoberfläche eines Festkörpers, zB einer Dünnschicht-Chromatographie-Platte. Dabei muß die zu analysierende Substanz aus der Oberfläche desorbiert, ionisiert und zB in einen Massenspektrometer zur Analyse eingebracht werden. Die Anmelderin sieht es bei den bekannten Vorrichtungen und Verfahren als nachteilig an, daß durch die bekannte Anordnung von zB Probe, Ionenquelle Transportgasstrom und Massenspektrometer ua die Empfindlichkeit der Messungen beeinflußt bzw das Massenspektrometer übersättigt würde. Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, eine Vorrichtung anzugeben, die nur in geringem Maße oder besser gar nicht das elektrische Feld in der Ionenquelle eines Flugzeitmassenspektrometers beeinflußt und welche erlaubt, mit einzelnen Laserschüssen kontrollierte Mengen, gegebenenfalls nur sehr geringe Substanzmengen von der zu untersuchenden Oberfläche, insbesondere von Dünnschicht-Chromatographie-Platten abzutragen. Außerdem soll damit bei örtlich aufgelöster Untersuchung von Oberflächen eine hohe laterale Ortsauflösung gewährleistet sein. Insbesondere soll mit nur geringen abgetragenen Substanzmengen eine hohe Empfindlichkeit im Massenspektrometer gewährleistet sein und gleichzeitig die Massenauflösung nicht beeinträchtigt sein.

Gelöst werden soll diese Aufgabe gemäß Patentanspruch 1 durch eine Vorrichtung die folgende Merkmale umfaßt:

1. Ein Massenspektrometer zur Analyse der durch Laserstrahlung verdampften Substanzen, 2. einen Off-Axis-Parabolspiegel zum 2.1 Umlenken von, in einer Richtung im wesentlichen parallel zur Probenoberfläche auf den Umlenkspiegel (4) auftreffender Laserstrahlung (3) in Richtung auf die Probenoberfläche, und zum 2.2 gleichzeitigen Fokussieren der Laserstrahlung (3) auf einen Punkt der Probenoberfläche.

2.3 Der Off-Axis-Parabolspiegel ist derart angeordnet, daß der Winkelbereich des auf der Probenoberfläche auftreffenden Strahlungsbündels den Normalenvektor der Probenoberfläche umfaßt, und 2.4 weist eine Öffnung für den Durchtritt der durch die Laserstrahlung (3) verdampften Substanzen (5) in Richtung auf das Massenspektrometer auf.

Der hier angesprochene Fachmann ist ein Diplomphysiker mit mehrjähriger Berufserfahrung auf dem Gebiet der Massenspektrometrie und Teilchenanalyse. Sollte er keine profunde Kenntnis in der Laseroptik haben, wird er einen entsprechenden Fachmann zurate ziehen. Diesem Durchschnittsfachmann sind aus den Literaturstellen (1) bis (3) Vorrichtungen bekannt, bei denen mittels Laserstrahlen von Probenoberflächen Substanzen verdampft werden, die anschließend in einem Massenspektrometer, einem heute üblicherweise eingesetzten Analysator, analysiert werden.

In der Druckschrift (3), Figur 7 wird zwar der Laserstrahl, wie in der beanspruchten Vorrichtung, parallel zur Probenoberfläche herbeigeführt, trifft dann jedoch durch eine Sammellinse auf einen planaren Umlenkspiegel, so daß ein elliptischer Brennpunkt entsteht, aus dem die sekundären Teilchen senkrecht zur Oberfläche abgezogen werden. Der Nachteil hierbei ist die mehrteilige Optik und eine durch den Strahlengang bedingte elliptische Oberfläche des Brennpunktes. Bei der Vorrichtung gemäß der Druckschrift (1) trifft der parallel zur Probenoberfläche verlaufende Laserstrahl auf einen oberhalb der Probe befindlichen ebenen Umlenkspiegel und von dort durch eine Sammellinse senkrecht auf die Probe (Figur 3). Sowohl der ebene Umlenkspiegel als auch die Sammellinse haben in der Mitte eine Öffnung, so daß die im Brennpunkt erzeugten Sekundärteilchen senkrecht zur Probenoberfläche in den Analysator gelangen können. Mit diesem bekannten Aufbau, kann zwar ein elliptischer Brennpunkt, wie er zB gemäß (3) entsteht, vermieden werden, jedoch ist auch hier eine zweiteilige durchbohrte Optik aus planarem Umlenkspiegel und Sammellinse nötig, die in der Herstellung und Ausrichtung aufwendig ist. Die Vorrichtung, die in der Druckschrift (2) beschrieben ist, hat bereits den Vorteil, daß hier der planare Spiegel und die Sammellinse, wie sie aus (1) und (3) bekannt sind, durch einen sphärischen fokussierenden Spiegel ersetzt wird. Jedoch mußte damit wieder auf den Vorteil der Vorrichtung gemäß (1) verzichtet werden, daß ein möglichst kleiner, nicht elliptischer Brennpunkt auf der Probenoberfläche entsteht. Außerdem bedingt die rückseitige Einkopplung des Laserstrahls einen langen Abstand des Umlenkspiegels zur Probenoberfläche, was wiederum die Bildung eines kleinen Brennpunktes erschwert.

Erst die Anmelder haben erkannt, daß durch einen anspruchsgemäßen Strahlengang, der erfindungsgemäß durch einen mit einer Öffnung versehenen Off-Axis-Parabolspiegel ermöglicht wird, sowohl ein einfacher Aufbau, als auch ein möglichst kleiner kreisrunder Brennpunkt verwirklicht werden kann. Durch diese Anordnung ist es möglich, daß das elektrische Feld in der Ionenquelle des Massenspektrometers, wenn überhaupt, dann nur im geringen Maße beeinflußt wird und daß damit nur sehr geringe Substanzmengen von der Probenoberfläche abgetragen werden.

Anregungen für diesen erfindungsgemäßen Aufbau der beanspruchten Vorrichtung sind dem genannten Stand der Technik somit nicht zu entnehmen. Die anderen, von der Anmelderin in der Beschreibungseinleitung genannten Druckschriften liegen vom Anmeldungsgegenstand noch weiter entfernt.

Die beanspruchte Vorrichtung, über dessen gewerbliche Anwendbarkeit keine Zweifel bestehen, ist daher patentfähig und der Patentanspruch 1 gewährbar. Mit ihm die untergeordneten Patentansprüche 2 bis 5, die vorteilhafte Ausgestaltungen der beanspruchten Vorrichtung betreffen.

Vorsitzender Richter Dr. Kahr ist wegen Urlaub an der Unterschriftsleistung verhindert Dr. Niklas Dr. Niklas Dr. Jordan Schroeter Mr/prö






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