Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 24. Juli 2015
Aktenzeichen: AnwZ (Brfg) 30/15

(BGH: Beschluss v. 24.07.2015, Az.: AnwZ (Brfg) 30/15)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 24. Juli 2015 (Aktenzeichen AnwZ (Brfg) 30/15) entschieden, dass der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung zurückgewiesen wird. Zudem wurde der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs der Freien und Hansestadt Hamburg als unzulässig verworfen. Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt der Kläger. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wurde auf 50.000 € festgesetzt.

In den Gründen des Beschlusses wird ausgeführt, dass die Frist zur Begründung des Zulassungsantrags gemäß § 112e Satz 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) in Verbindung mit § 124a Abs. 4 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zwei Monate beträgt und mit der Zustellung des vollständigen Urteils beginnt. Da die Klägerseite die Frist versäumt hat, wird der Antrag als unzulässig verworfen. Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, dass die dem Urteil beigefügte Rechtsmittelbelehrung unvollständig gewesen sei, da diese korrekt war.

Des Weiteren wird der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgelehnt. Nach § 112e Satz 2 BRAO in Verbindung mit § 60 Abs. 1 und § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt, wenn jemand ohne eigenes Verschulden daran gehindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Jedoch fehlt es hier an einer unverschuldeten Fristversäumung, da der Prozessbevollmächtigte des Klägers hätte erkennen können, dass eine Fristverlängerung nicht in Betracht kommt. Die VwGO sieht für die Frist zur Begründung des Zulassungsantrags keine solche Möglichkeit vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO in Verbindung mit § 154 Abs. 2 VwGO, während die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO basiert.

Der Beschluss des Bundesgerichtshofs erging nach vorangegangener Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs der Freien und Hansestadt Hamburg vom 7. April 2015 (II ZU 5/13).




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BGH: Beschluss v. 24.07.2015, Az: AnwZ (Brfg) 30/15


Tenor

Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird zurückgewiesen.

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 8. April 2015 an Verkündungsstatt zugestellte Urteil des II. Senats des Anwaltsgerichtshofes der Freien und Hansestadt Hamburg wird als unzulässig verworfen.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beklagte hat mit Bescheid vom 3. Dezember 2012 die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO) widerrufen. Die hiergegen gerichtete Klage hat der Anwaltsgerichtshof abgewiesen. Das Urteil wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 8. April 2015 zugestellt. Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 8. Mai 2015 hat der Kläger die Zulassung der Berufung beantragt und mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 8. Juni 2015 einen Antrag auf Verlängerung der Frist zur Begründung des Zulassungsantrags gestellt. Mit Verfügung des Vorsitzenden vom 9. Juni 2015 wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass die Frist zur Begründung des Zulassungsantrags einer Verlängerung nicht zugänglich ist. Gleichzeitig wurde auf die anzunehmende Unzulässigkeit des Zulassungsantrags hingewiesen. Mit am 8. Juli 2015 eingegangenem Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten hat der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und den Zulassungsantrag begründet.

II.

1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist gemäß § 112e Satz 2 BRAO i.V.m. § 124a Abs. 5 Satz 1, § 125 Abs. 2 Satz 1 VwGO als unzulässig zu verwerfen, da der Kläger die Antragsbegründungsfrist versäumt hat. Diese beträgt nach § 112e Satz 2 BRAO i.V.m. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des vollständigen Urteils. Danach lief die Begründungsfrist am 8. Juni 2015 ab.

Ohne Erfolg beruft sich der Kläger darauf, dass die dem angefochtenen Urteil beigefügte Rechtsmittelbelehrung unvollständig gewesen sei. Zwar beginnt die Frist für ein Rechtsmittel nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, das Gericht, bei dem der Rechtsbehelf anzubringen ist, dessen Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich belehrt worden ist (§ 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 58 Abs. 1 VwGO). Die dem angefochtenen Urteil beigefügte Rechtsmittelbelehrung war aber zutreffend. Entgegen der Auffassung des Klägers musste nach dem insoweit völlig eindeutigen Wortlaut des § 58 Abs. 1 VwGO kein Hinweis darauf erteilt werden, dass eine Verlängerung der Frist zur Begründung des Zulassungsantrags nicht möglich ist (BGH, Beschluss vom 5. September 2012 - AnwZ(Brfg) 27/12, juris Rn. 3). Die am 8. Juli 2015 eingegangene Antragsbegründung war damit verspätet.

2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bleibt ohne Erfolg.

Gemäß § 112e Satz 2 BRAO i.V.m. § 60 Abs. 1, § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt, wenn jemand ohne sein Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Unverschuldet ist eine Fristversäumung nur, wenn sie bei Anwendung der Sorgfalt, die unter Berücksichtigung der konkreten Sachlage im Verkehr erforderlich war und dem Kläger vernünftigerweise zugemutet werden konnte, nicht zu vermeiden war (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Februar 2015 - AnwZ (Brfg) 53/14, juris Rn. 3 m.w.N.). Das Verschulden seines Vertreters wird dem Kläger gemäß § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 173 Satz 1 VwGO, § 85 Abs. 2 ZPO zugerechnet.

An einer unverschuldeten Fristversäumung fehlt es hier. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hätte bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt erkennen können, dass eine Fristverlängerung nicht in Betracht kommt. Nach § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO i.V.m. § 57 Abs. 2 VwGO, § 224 Abs. 2 ZPO können gesetzliche Fristen nur in den besonders bestimmten Fällen verlängert werden. Die VwGO sieht aber für die Frist zur Begründung des Zulassungsantrags (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) - anders als bei der Frist zur Begründung einer zugelassenen Berufung (§ 124a Abs. 3 Satz 3 VwGO) - keine solche Möglichkeit vor. Eine Verlängerung kommt damit nicht in Betracht (BGH, Beschlüsse vom 5. September 2012 - AnwZ(Brfg) 27/12, juris Rn. 6; vom 10. Februar 2015 - AnwZ(Brfg) 53/14, juris Rn. 4; Schmidt-Räntsch in Gaier/ Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 2. Aufl., § 112e BRAO Rn. 71, jeweils m.w.N.).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO.

Kayser Roggenbuck Lohmann Martini Kau Vorinstanz:

AGH Hamburg, Entscheidung vom 07.04.2015 - II ZU 5/13 -






BGH:
Beschluss v. 24.07.2015
Az: AnwZ (Brfg) 30/15


Link zum Urteil:
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