Oberlandesgericht Stuttgart:
Urteil vom 26. Oktober 2006
Aktenzeichen: 2 U 222/05

(OLG Stuttgart: Urteil v. 26.10.2006, Az.: 2 U 222/05)

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Vorsitzenden der 41. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 29.11.2005 wie folgt

abgeändert:

1. Die Beklagte wird unter Androhung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, verurteilt, die Benutzung der Bezeichnung ... und/oder der Internet-Domain ... im geschäftlichen Verkehr zum Bewerben und zum Vertrieb von Puppen, Puppenhäusern und Puppenausstattungen - sei es als geschäftliche Bezeichnung, sei es zur Kennzeichnung dieser Waren - zu unterlassen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin allen Schaden zu ersetzen hat, der dieser aus bisherigen Handlungen der Beklagten nach Ziff. 1 entstanden ist und noch entstehen wird.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Klägerin 40%, die Beklagte 60%.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die jeweilige Gegenseite vor der Vollstreckung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.

V. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert II. Instanz: 65.000 EUR

(Antrag Ziff. II [Unterlassung]: 50.000 EUR; Ziff. III [Auskunft]: 5.000 EUR; Ziff. IV [Feststellung der Schadensersatzpflicht]: 10.000 EUR)

Gründe

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und hat in der Sache teilweise Erfolg.

A.

Die Klägerin nimmt die Beklagte in II. Instanz zuletzt noch auf Unterlassung der Benutzung von Kennzeichen sowie auf Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht in Anspruch. Ihren zunächst auch in II. Instanz noch weiterverfolgten Auskunftsantrag hat sie in der mündlichen Verhandlung vom 14.09.2006 zurückgenommen.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

Die Klägerin, deren Aktivlegitimation nicht mehr streitig sei, genieße den Schutz der geschäftlichen Bezeichnung ... für den Geschäftsbetrieb eines Marionettentheaters und eines Film- und Fernsehproduktionsunternehmens. Eine Benutzung der Bezeichnung ... oder ... seitens der Klägerin für einen Shop sei nicht anzunehmen. Denn Inhaberin des als ... bezeichneten Shops in den Räumlichkeiten des Marionettentheaters bzw. des ... sei eine Frau ....

Die beiden sich gegenüberstehenden Bezeichnungen ... und ... stimmten in dem Wortbestandteil ... überein, der als prägend anzusehen sei, da einerseits einer geografischen Angabe keine ein zusammengesetztes Zeichen prägende Bedeutung zukomme und andererseits die Bezeichnung ... zwar eine beschreibende Angabe für ein Behältnis zur Aufbewahrung von Puppen, nicht jedoch für ein Marionettentheater bzw. ein Filmproduktionsunternehmen oder ein Ladengeschäft, in dem Puppen angeboten würden, darstelle. Dabei sei die Bezeichnung ... im Hinblick auf die Bedeutung im übertragenen Sinne als schwach kennzeichnend anzusehen. Soweit die Klägerin die Bezeichnung ... in Alleinstellung für ihren Geschäftsbetrieb benutze, geschehe dies im Wesentlichen in Zusammenhang mit der Benutzung der vollständigen Bezeichnung ..., weshalb den geografischen Angaben ... bzw. ... eine das Gesamtzeichen mitprägende Bedeutung beizumessen sei.

Beide Bezeichnungen stünden sich zum einen im Hinblick auf die unterschiedlichen geografischen Angaben, zum anderen im Hinblick auf die unterschiedlichen Geschäftsbereiche - Marionettentheater bzw. Filmproduktion einerseits, Ladengeschäft, spezialisiert auf den Verkauf von Puppen, Puppenhäusern und Zubehör andererseits - nicht verwechslungsfähig gegenüber, sodass ein Unterlassungsanspruch nach § 15 Abs. 2, Abs. 4 MarkenG nicht in Betracht komme. Im Hinblick auf die unterschiedlichen geografischen Angaben seien auch eine unmittelbare Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne und eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne durch Annahme organisatorischer oder wirtschaftlicher Zusammenhänge zwischen den mit ... bzw. ... bezeichneten Geschäftsbetrieben zu verneinen.

Bekanntheitsschutz nach § 15 Abs. 3 MarkenG könne aufgrund des Vorbringens der Klägerin allenfalls der Bezeichnung ..., nicht jedoch der Bezeichnung ... in Alleinstellung zukommen. Und selbst dieses erscheine für den Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung fraglich, da sich die Bekanntheit der geschäftlichen Bezeichnung ... und auch der in deutlich geringerem Umfang benutzten Bezeichnung ... bei den angesprochenen Verkehrskreisen, also den derzeitigen Verbrauchern, aufgrund mangelnden Vortrags der Klägerin nicht feststellen lasse. Hierauf komme es aber nicht entscheidend an, weil sich ein unlauteres Verhalten, etwa Rufausbeutung, nicht herleiten lasse.

Markenrechtlicher Verwechslungsschutz im Warenähnlichkeitsbereich Marionetten bzw. Puppen (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) bestehe für die Marken ... bzw. ... gegenüber der geschäftlichen Bezeichnung ... schon deshalb nicht, weil nicht ersichtlich sei, dass die Klägerin ihre Marken für Marionetten und Puppen i. S. v. § 26 MarkenG benutzt habe. Die von ihr für Marionettentheateraufführungen verwendeten Marionetten, die möglicherweise in den Verkauf gelangt seien, seien nicht mit dieser Marke gekennzeichnet; gleiches gelte für die im Shop von Frau ... angebotenen Puppen. Soweit die Marken für die Dienstleistungen eines Marionettentheaters oder Filmproduktion benutzt worden seien, sei eine Ähnlichkeit mit dem auf den Verkauf von Puppen und Puppenhäusern gerichteten Geschäftsbetrieb der Beklagten zu verneinen.

Markenrechtlicher Bekanntheitsschutz nach § 14 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 MarkenG bestehe im Hinblick auf die obigen Ausführungen nicht.

Ebenso seien auch keine Auskunftsansprüche nach § 19 MarkenG und keine Schadensersatzansprüche nach §§ 14 Abs. 6; 15 Abs. 5 MarkenG gegeben.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin , mit der diese vorbringt:

Der Klägerin stünden die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz zu, weil die Beklagte sowohl gegen § 15 als auch gegen § 14 MarkenG verstoßen habe.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts seien die Benutzung der geschäftlichen Bezeichnungen ... und ... für den in den Räumlichkeiten des Marionettentheaters bzw. des ...museum betriebenen Shop ... einschließlich des zugehörigen Online-Shops der Klägerin zuzurechnen. Denn dessen Inhaberin ... betreibe den Shop mit Zustimmung der Klägerin im Rahmen einer ihr als Familienmitglied eingeräumten Lizenz. Auch sei dieser Shop räumlich der Klägerin zugeordnet und stehe sachlich in unmittelbarem Zusammenhang mit deren Leistungen, da dort Produktionen der Klägerin und hierauf bezogene Merchandising-Waren vertrieben würden.

Fehlerhaft sei die Auffassung des Landgerichts, dass es sich bei der Bezeichnung ... um eine beschreibende Angabe handele, der geringe Unterscheidungskraft zukomme. Tatsächlich gebe es das Wort ... ausweislich der einschlägigen Wörterbücher und Lexika als Sachbegriff in der deutschen Sprache nicht. Entgegen der Meinung des Landgerichts komme diesem Begriff daher eine umfassende originäre Unterscheidungskraft zu. Dass dieser eine hohe, auf das Unternehmen der Klägerin hinweisende Kennzeichnungskraft habe, werde auch dadurch bestätigt, dass bei Eingabe dieses Begriffs in die Internet-Suchmaschine Google unzählige Treffer erzielt würden, die fast ausnahmslos auf die Klägerin und deren Leistungen verweisen würden (K 6). Auch aus den von der Klägerin vorgelegten zahlreichen Presseberichten ergebe sich, dass die Presse bei Berichterstattungen über Auftritte und Produktionen der Klägerin deren Namen häufig auf den Begriff ... reduziere. Angesichts dieser hohen Kennzeichnungskraft des Begriffs ... und der beachtlichen Branchennähe zwischen einem Puppentheater einerseits, einem Puppenladen andererseits seien die geografischen Zusätze ... bzw. ... in beiden geschäftlichen Bezeichnungen nicht geeignet, die bestehende unmittelbare Verwechslungsgefahr auszuräumen.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts handele es sich bei den Bezeichnungen ... und ... auch um bekannte geschäftliche Bezeichnungen i.S.v. § 15 Abs. 3 MarkenG. Das Landgericht habe insoweit die Beweislast verkannt. Wie es selbst festgestellt habe, habe es sich bei dem Unternehmenskennzeichen ... in der Vergangenheit um eine bekannte geschäftliche Bezeichnung gehandelt. Daher sei es nun Sache der Beklagten, substantiiert darzulegen und zu beweisen, warum dies gegenwärtig nicht mehr der Fall sein solle - hierzu fehle es aber an Vortrag und Beweisantritt der Beklagten.

Das Landgericht habe auch übersehen, dass die unstreitige Benutzung der Klagemarken für Marionettenspiele den Markenschutz nach § 14 MarkenG nicht nur für die Dienstleistung Marionettenspiele, sondern für den gesamten geschützten Ähnlichkeitsbereich von Dienstleistungen und Waren aufrechterhalten habe. Es liege ein Höchstmaß an Kennzeichenähnlichkeit vor. Zwischen den Dienstleistungen ... und den Waren Puppenhäuser und zugehörige Puppen bestehe eine so große Ähnlichkeit, dass die zeichenrechtliche Übereinstimmung evident sei und daher auch ein Unterlassungsanspruch nach § 14 MarkenG bestehe.

Falsch sei auch die Auffassung des Landgerichts, dass die Beklagte die Bekanntheit und den Ruf der klägerischen Geschäftsbezeichnungen nicht unlauter ausnutze. Dass die Beklagte ihre Geschäftsbezeichnung unter bloßer Abänderung des Ortsnamens von der Klägerin übernommen habe, sei offensichtlich und werde auch seitens der Beklagten nicht bestritten. Indiziert werde dies im übrigen auch durch den hohen Bekanntheitsgrad der klägerischen Kennzeichnung auch im Osten Deutschlands. Im übrigen vertreibe die Beklagte ja keine Kisten, in die man Puppen legen könne, sondern Puppenhäuser, sodass sich für die Beklagte statt der Bezeichnung ... eher eine Geschäftsbezeichnung wie ... o. ä. angeboten hätte. Stattdessen habe die Beklagte die Kennzeichnung der Klägerin übernommen, um sich den bekannten Klang und das Image dieses Kennzeichens geschäftlich zunutze zu machen. Irgendein anderer Gesichtspunkt als die Ausnutzung der Bekanntheit und des guten Rufes des klägerischen Kennzeichens sei für die Übernahme seitens der Beklagten nicht ersichtlich. Ein weiteres Indiz für die unlautere Rufausbeutung sei auch, dass die Beklagte den vorliegenden Rechtsstreit an die große Glocke der Öffentlichkeit hänge, indem sie die Presse eingeschaltet habe. Ebenso werde die Unlauterkeit dadurch bestätigt, dass die Beklagte während der laufenden rechtlichen Auseinandersetzung ihr Kennzeichen ... als Marke zur Eintragung gebracht habe.

Die Klägerin hat in II. Instanz zunächst beantragt:

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 29.11.2005 abgeändert.

II. Die Beklagte wird unter Androhung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, verurteilt, die Benutzung der Bezeichnung ..., insbesondere in der Form ... und/oder in Gestalt der Internet-Domain-Form ... im geschäftlichen Verkehr zum Bewerben und zum Vertrieb von Marionetten, Puppen, Puppenhäusern und Puppenausstattungen (sei es als geschäftliche Bezeichnung, sei es zur Kennzeichnung von Waren) zu unterlassen.

III. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft über den Umfang bisher begangener Handlungen nach Ziff. II zu erteilen.

IV. Es wird festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin allen Schaden zu ersetzen hat, der dieser aus Handlungen der Beklagten nach Ziff. II bisher entstanden ist und noch entstehen wird.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 14.09.2006 hat die Klägerin den Auskunftsantrag (= Ziff. III) mit Zustimmung der Beklagten zurückgenommen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

und verteidigt das angefochtene Urteil als richtig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das in den Sitzungsniederschriften protokollierte mündliche Parteivorbringen Bezug genommen.

B.

I.

1. Gegenstand des Unterlassungsantrags (= Antrag Ziff. II) und des in seiner Formulierung an diesen anknüpfenden Antrags auf Feststellung der Schadensersatzpflicht (= Antrag Ziff. IV) ist nach der Antragsfassung die Benutzung der Bezeichnung ...  und zwar

- in der Form ...,- in der Domain-Form ...,- in sonstiger, nicht diesen beiden ausdrücklich genannten Beispielen entsprechender Form, wobei der Antrag sowohl eine isolierte Verwendung der Bezeichnung ... als auch jede von den genannten Beispielen abweichende Verwendung mit anderen Zusätzen umfasst.

Aus dem Sachvortrag der Klägerin ergibt sich jedoch lediglich, dass die Beklagte die Bezeichnungen ... und ... verwendet hat. Nur hinsichtlich der - von der Beklagten nicht bestrittenen - Verwendung dieser beiden Bezeichnungen ist daher die für den Unterlassungsanspruch nach §§ 14 Abs. 5, 15 Abs. 4 MarkenG erforderliche Wiederholungsgefahr gegeben. Nur hinsichtlich der Verwendung dieser beiden Bezeichnungen kommen aufgrund bereits erfolgter Verletzungshandlungen auch Schadensersatzansprüche nach §§ 14 Abs. 6; 15 Abs. 5 MarkenG in Betracht.

Demgegenüber hat die Klägerin bezüglich einer Verwendung der Bezeichnung ... in Alleinstellung oder aber in zusammengesetzter Form mit anderen, als den o. g. Zusätzen keinerlei Erstverstoß dargelegt, so dass eine Wiederholungsgefahr ausscheidet. Sie hat auch keine Umstände behauptet, die eine Erstbegehungsgefahr bezüglich solcher Benutzungen begründen könnten. Insoweit kommen daher weder Unterlassungs- noch, mangels bisheriger Verletzungshandlungen, Schadensersatzansprüche in Betracht. Soweit sich die Anträge Ziff. II und IV gegen die Benutzung anderer Kennzeichen als ... und ... richten bzw. sich auf solche Verletzungshandlungen stützen, sind sie daher - worauf der Senat in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat - teilweise abzuweisen .

2. a) Soweit die Klägerin von der Beklagten verlangt, es zu unterlassen, die angegriffenen Bezeichnungen auch zum Bewerben und zum Vertrieb von Marionetten zu verwenden (Antrag Ziff. II), fehlt es bislang an dem Beweis einer Erstverletzung und der Darlegung einer Erstbegehungsgefahr. Die Beklagte hat bereits in erster Instanz bestritten, dass sie Marionetten veräußere (Bl. 12, Abs. 1; Bl. 56, Abs. 3). Die Klägerin hat Beweis hierfür nicht angetreten. Allerdings sind auf der von Klägerseite vorgelegten Internetwerbung fünf im Schaufenster der Beklagten hängende Marionetten zu erkennen (Bl. 28). Auf dieses Lichtbild hat sich die Klägerin jedoch für die ihr obliegende Beweisführung nicht bezogen. Im Übrigen kann es sich auch um bloße Dekorationsstücke gehandelt haben, wie die Beklagte vorträgt (Bl. 54). Hinsichtlich der Verwendung der angegriffenen Kennzeichen für das Bewerben und den Vertrieb von Marionetten kommen daher Unterlassungsansprüche nach §§ 14 Abs. 5, 15 Abs. 4 MarkenG nicht in Betracht.

b) Gleiches gilt mangels nachgewiesener Verletzungshandlungen (durch das Bewerben und den Vertrieb von Marionetten) auch für Schadensersatzansprüche nach §§ 14 Abs. 6, 15 Abs. 5 MarkenG.

Auch insoweit sind die Anträge Ziff. II und IV teilweise abzuweisen , worauf der Senat in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat.

3. Hinsichtlich der Verwendung der Bezeichnungen  ...  und  ...  zum Bewerben und zum Vertrieb von Puppen, Puppenhäusern und Puppenhausausstattungen bestehen hingegen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung (s. nachfolgende Ausführungen unter II und III) sowie auf Schadensersatz (s. nachfolgende Ausführungen unter IV).

II. Antrag Ziff. II:

Unterlassung der Verwendung der Bezeichnung ...

Der Klägerin steht gegen die Beklagte gem. §§ 14 Abs. 2 Nr. 2, Nr. 3, Abs. 5; 15 Abs. 2, Abs. 3, Abs. 4 MarkenG ein Anspruch darauf zu, dass diese es unterlässt, die Bezeichnung ... im geschäftlichen Verkehr zum Bewerben und zum Vertrieb von Puppen, Puppenhäusern und Puppenausstattungen, sei es zur Kennzeichnung von Waren, sei es als geschäftliche Bezeichnung zu verwenden.

1. Unterlassung der Verwendung der Bezeichnung ... zur Kennzeichnung von Waren, § 14 Abs. 2 Nr. 2 und 3, Abs. 5 MarkenG

Die Beklagte hat durch die Verwendung des Kennzeichens ... gegen § 14 Abs. 2 Nr. 2 und 3 MarkenG verstoßen. Aufgrund dieses Erstverstoßes besteht Wiederholungsgefahr, sodass die Klägerin schon deshalb Unterlassung der Benutzung dieses Zeichens zur Kennzeichnung der von der Beklagten im Rahmen ihres Geschäftsbetriebes vertriebenen Puppen, Puppenhäuser und Puppenausstattungen verlangen kann, § 14 Abs. 5 MarkenG. Im Übrigen hat die Beklagte noch vor Klageerhebung die Wortmarke ... zur Eintragung angemeldet, wodurch auch Erstbegehungsgefahr begründet wurde (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., Vor §§ 14-19 Rdnr. 59), worauf die Klage, wie die sach- und interessengerechte Auslegung des Klagevorbringens ergibt, hilfsweise ebenfalls gestützt sein soll.

a) Aktivlegitimation:

Unstreitig sind die beiden Inhaber der Klägerin, die unter ihrer Einzelfirma klagen, im Wege der Rechtsnachfolge gem. § 27 MarkenG Inhaber der streitgegenständlichen Marken

- Nr. 2000540, Wortmarke ..., mit Priorität gem. § 6 Abs. 1, Abs. 2 MarkenG vom 08.12.1990 (K 1) , - Nr. 2003367, Wortmarke ..., mit Priorität vom 08.12.1990 (K 2), - Nr. 39713177.1, Wort-/Bildmarke ... mit Priorität vom 24.03.1997 (K 3) und - Nr. 1006581, Wort-/Bildmarke ... mit Priorität vom 10.05.1980 (K 4)

geworden.

b) Rechtserhaltende Benutzung der Klagemarken:

aa) Ansprüche aus der Wortmarke ..., Nr. 2000540 , kann die Klägerin gem. § 25 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 MarkenG nicht geltend machen, da sie auf die von der Beklagten erhobene Einrede der fehlenden Benutzung hin (Schriftsatz vom 30.03.2005, Bl. 12, Abs. 5) nicht substantiiert dargelegt und bewiesen hat, dass sie diese Marke innerhalb der letzten fünf Jahre vor Erhebung der Klage (03.03.2005), also ab 03.03.2000 bis 03.03.2005 i. S. v. § 26 MarkenG ernsthaft benutzt hat.

(1) Zu einer markenmäßigen Verwendung dieser Marke in der eingetragenen Form (... in Alleinstellung) hat die Klägerin überhaupt nichts vorgetragen und auch keinerlei Beweis angetreten.

(2) Soweit die Klägerin unstreitig unter ihrer Wortmarke ..., Nr. 2003367, jedenfalls die geschützten Waren/Dienstleistungen bespielte Ton- und Bildträger sowie Organisation und Durchführung von Marionettenspielen, auch zum Zweck der Verfilmung und der Ausstrahlung in Fernsehprogrammen vertrieben bzw. erbracht hat, handelt es sich nicht um die Benutzung der Marke ... in einer Form, die von der Eintragung abweicht, jedoch den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändert, § 26 Abs. 3 MarkenG.

Von einer solchen, den kennzeichnenden Charakter nicht verändernden Benutzung kann nur dann ausgegangen werden, wenn der Verkehr die eingetragene und die benutzte, geänderte Form als ein und dasselbe Zeichen ansieht (BGH GRUR 2002, 167, 168 - Bit/Bud; GRUR 2005, 515 - FERROSIL). Wird die eingetragene Form durch die Hinzufügung eines Bestandteils geändert, ist daher maßgeblich, ob der Verkehr dem hinzugefügten Bestandteil keine eigene maßgebende kennzeichnende Wirkung beimisst und trotz des durch den Zusatz begründeten Unterschieds die benutzte Bezeichnung mit der eingetragenen Marke gleichsetzt (BGH GRUR 2005, 515 - FERROSIL). Dies gilt auch dann, wenn die Marke in der geänderten Form, in der sie benutzt worden ist, ebenfalls eingetragen worden ist, § 26 Abs. 3 S. 2 MarkenG.

Vorliegend misst der Verkehr dem Bestandteil ... durchaus eine eigene kennzeichnende Wirkung bei, da der Verkehr Produkte oder Dienstleistungen, die nicht nur mit dem Begriff ..., sondern zusätzlich auch noch mit dem vorangestellten geografischen Zusatz ... gekennzeichnet sind, eindeutig der Klägerin zuordnet. Zwar weist die isolierte Bezeichnung ... - wie noch näher dargestellt wird - eine besondere Kennzeichnungskraft auf, aufgrund derer viele Verkehrsteilnehmer mit diesem Begriff (als Abkürzung von ...) die Klägerin und ihre Produkte verbinden. Andererseits zeigen jedoch die von Beklagtenseite vorgelegten Internetausdrucke (B 9, B 13.1 bis B 14.5), dass auch andere Gewerbetreibende den Begriff ... in Verbindung mit anderen Zusätzen verwenden, was jedenfalls Verkehrsteilnehmern, die sich für deren Produkte interessieren oder z.B. im Internet mit dem Suchbegriff ... recherchiert haben, bekannt ist. Für den Verkehr wird die eindeutige Zuordnung zur Klägerin daher erst durch den Zusatz ... geschaffen. Er versteht unter den Bezeichnungen ... und ... deshalb nicht ein und dasselbe Kennzeichen.

(3) Aus diesem Grunde stellt auch eine etwaige Verwendung der Wort-/Bildmarken ..., Nrn. 39713177.1 und 1006581, durch die Klägerin keine rechtserhaltende Benutzung der eingetragenen Marke ..., Nr. 2000540, i. S. v. §§ 25, 26 Abs. 3 MarkenG dar.

(4) Soweit der Begriff ... als Bestandteil der Internet-Domain ... des Shops ... verwendet wird, weicht diese geänderte Form ebenfalls von der eingetragenen Marke ab, ohne dass ersichtlich wäre, dass der Verkehr beide Zeichen als ein und dasselbe Zeichen ansieht. Auch diese Verwendung stellt daher keine rechtserhaltende Benutzung der Marke ... gem. §§ 25, 26 Abs. 3 MarkenG dar.

Rechte aus dieser Wortmarke nach § 14 MarkenG kann die Klägerin daher nicht mehr geltend machen.

bb) Hinsichtlich der übrigen Marken der Klägerin hat die Beklagte die Einrede der fehlenden Benutzung nach §§ 25 Abs. 2, 26 MarkenG nur hinsichtlich der geschützten Waren  Marionetten  (= Wortmarke ..., Nr. 2003367, und Wort-/Bildmarke ..., Nr. 39713177.1) und  Spielzeug, Puppen (= Wort-/Bildmarke Nr. 39713177.1) erhoben (Klageerwiderung, S. 3 = Bl. 12). Bezüglich dieser Waren hat die Klägerin eine rechtserhaltende Benutzung der genannten Marken nicht nachgewiesen.

(1) Die Benutzung einer für Waren eingetragenen Marke wirkt nur dann rechtserhaltend, wenn sie deren Hauptfunktion entspricht, dem Verkehr die Ursprungsidentität der Ware zu garantieren, indem sie ihm ermöglicht, diese Ware von solchen anderer Herkunft zu unterscheiden (BGH GRUR 2005, 1048, 1049 - OTTO; GRUR 2006, 150, 151 [Rdnr. 9] - NORMA). Dazu ist nicht erforderlich, dass die Marke unmittelbar an der Ware angebracht oder mit ihr verbunden ist. Der genannten Unterscheidungsfunktion kann vielmehr durch die übliche und wirtschaftlich sinnvolle Verwendung der Marke für die Ware, für die sie eingetragen ist, genügt werden (BGH, ebd.). Eine rechtserhaltende Benutzung der Marke für die eingetragenen Waren liegt jedoch dann nicht vor, wenn das Zeichen ausschließlich als Unternehmenskennzeichen und nicht zumindest zugleich auch als Marke für die konkret vertriebene Ware verwendet wird (BGH, ebd., sowie GRUR 2003, 428, 430 - BIG BERTHA).

(2) Zum Nachweis der rechtserhaltenden Benutzung hat sich die Klägerin nur auf das Internet-Angebot des Online-Shops (K 7, Bl. 90 = B 3) der ... bezogen. Bei den dort angebotenen Plüsch-Puppen ... und ... handelt es sich um Spielzeug und Puppen im Sinne der Markeneintragung. Diese Puppen sind jedoch nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Beklagten nicht mit der Marke ..., sondern unstreitig mit Etiketten versehen, die auf andere Hersteller (...; CE EBO) hinweisen. Soweit sich auf der Homepage des Online-Shops neben der Anschrift des Inhabers und der Darstellung der Lieferbedingungen die Abbildung einer Holzkiste mit der Aufschrift ... befindet (= Bl. 90), versteht der durchschnittlich informierte, verständige und sorgfältige Verbraucher dies allenfalls als Firmen- oder Geschäfts(ober)bezeichnung, nicht aber als Produktkennzeichnung - dies zum einen aufgrund des konkreten Kontextes, in dem die Darstellung steht (Angaben zum Unternehmen), zum anderen aber auch aufgrund des Umstandes, dass etwa die unter der Rubrik Artikel dargestellte Puppe ... im Rahmen des Internetangebots deutlich sichtbar mit dem Produktkennzeichen ..., das auf einen anderen Hersteller hinweist, versehen ist. Der Verkehr geht daher aufgrund der Internetwerbung davon aus, dass im Rahmen des Online-Shops, der von dem Shop ... unterhalten wird, der seinerseits unter der Unternehmensoberbezeichnung ... tätig ist, Produkte anderer Herkunft vertrieben werden (ähnlich wie bei einem Versandhandelsgeschäft oder Supermarkt wie ... oder ..., vgl. die o.g. BGH-Entscheidungen).

(3) Eine Benutzung der Marke für Waren/Dienstleistungen, die mit den eingetragenen Waren/Dienstleistungen nur ähnlich i. S. v. §§ 9, 14 MarkenG sind, wirkt nicht rechtserhaltend i. S. v. § 26 MarkenG (Ingerl/Rohnke, § 26 Rdnr. 77). Eine rechtserhaltende Benutzung der Marken ..., Nr. 2003367 und 39713177.1, für die Waren Marionetten, Spielzeug und Puppen lässt sich daher entgegen der Klägerin nicht damit begründen, dass die Marken für Marionettenspiele genutzt worden seien, die diesen Waren ähnlich seien.

Bezüglich der geschützten Waren Marionetten, Spielzeug und Puppen ist eine rechtserhaltende Markenbenutzung daher nicht nachgewiesen, sodass diese Waren bei der Entscheidung, ob Verletzungsansprüche nach § 14 MarkenG gegeben sind, nicht als geschützte Waren zu berücksichtigen sind, § 25 Abs. 2 Satz 3 MarkenG.

c) Rechtsverletzende Benutzung der Marke ...

Unstreitig hat die Beklagte die Bezeichnung ... schon vor Eintragung ihrer Wortmarke im geschäftlichen Verkehr als Firma, also als Unternehmenskennzeichen, § 5 Abs. 2 MarkenG, verwendet und tut dies bis zum heutigen Tag. Verwendet aber der Verletzer ein Zeichen als Unternehmenskennzeichen, so liegt darin stets auch eine rechtsverletzende, weil auch markenmäßige Benutzung i. S. v. § 14 Abs. 2 MarkenG, weil die firmenmäßige Verwendung des Zeichens zugleich die Produkte des Unternehmens mittelbar ihrer betrieblichen Herkunft nach kennzeichnet (zum WZG: BGH GRUR 1984, 354, 356 - Tina-Spezialversand II; GRUR 1983, 764, 765 - Haller II; zum MarkenG: Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 14 MarkenG Rdnr. 52; Ingerl/Rohnke, § 14 Rdnr. 110). Insoweit gelten also andere Grundsätze als für die rechts erhaltende Benutzung (Ingerl/Rohnke, § 14 Rdnr. 31).

d) § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG:

Die Beklagte hat durch die markenmäßige Benutzung des Kennzeichens ... gegen § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG verstoßen. Denn wegen der hohen Kennzeichnungskraft der Wortmarke ..., Nr. 2003367, der Ähnlichkeit des Zeichens ... mit dieser Wortmarke und der Ähnlichkeit der durch beide Zeichen erfassten Waren und Dienstleistungen besteht für das Publikum zumindest eine sog. mittelbare Verwechslungsgefahr i. S. v. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

Aus den ebenfalls geschützten Wort-/Bildmarken ..., Nr. 39713177.1 und 1006581, ergibt sich vorliegend jedenfalls kein weiterreichender Schutz, da hinsichtlich dieser keine größere Verwechslungsgefahr als hinsichtlich der Wortmarke ... besteht. Auf nähere Ausführungen zu diesen Wort-/Bildmarken wird daher verzichtet.

aa) Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr i. S. v. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren/Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, sodass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren/Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann (ständige Rechtsprechung, vgl. BGH GRUR 2004, 598 - Kleiner Feigling; GRUR 2004, 600, 601 - d-c-fix/CD-FIX; GRUR 2004, 865, 866 - Mustang). Beruft sich der Verletzer, wie vorliegend die Beklagte, darauf, dass das von ihm verwendete Zeichen seinerseits Kennzeichnungsschutz aufgrund der Eintragung als Marke genieße, kommt es für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr (im Rahmen der Prüfung des Unterlassungsanspruchs) auf den Zeitpunkt der Anmeldung des jüngeren Zeichens an (BGH GRUR 2003, 1044, 1045 - Kelly), hier also auf den Stand zum 08.01.2005 (= Anmeldung der Wortmarke der Beklagten).

bb) Die Wortmarke der Klägerin ... wies zu diesem Zeitpunkt eine sehr hohe Kennzeichnungskraft auf.

(1) Von Haus aus kommt der Wortmarke eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu. Zwar lehnt sie sich durch die geografische Angabe ... und den Bestandteil ... an beschreibende Angaben an. Andererseits ist jedoch zu sehen, dass der an eine beschreibende Angabe erinnernde Begriff ... nach gängigem Sprachgebrauch nicht zur Bezeichnung von Marionettentheatern, Marionettenaufführungen und Ton- oder Filmaufzeichnungen solcher Produktionen verwendet wird. Die Verwendung der Bezeichnung ... (in Kombination mit der geografischen Angabe ...) ist daher durchaus originell, auffallend und somit von Haus aus durchschnittlich kennzeichnungskräftig.

(2) Zum Beurteilungszeitpunkt hatte die Klagemarke jedoch eine sehr hohe Kennzeichnungskraft, weil es sich um eine (sehr) bekannte Marke i. S. v. § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG handelt.

Bekannt i. S. v. § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG ist eine Marke dann, wenn sie einem bedeutenden Teil des Publikums bekannt ist, das von den durch die Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen betroffen ist, also je nach den vermarkteten Waren oder Dienstleistungen der breiten Öffentlichkeit oder einem speziellen Publikum, z. B. einem bestimmten Milieu. Nicht erforderlich ist, dass die Marke einem bestimmten Prozentsatz des in dieser Weise definierten Publikums bekannt ist. Vielmehr sind bei der Prüfung der Bekanntheit alle relevanten Umstände des Falls zu berücksichtigen, also insbesondere die Marktanteile der Marke, die Intensität, die geografische Ausdehnung und die Dauer ihrer Benutzung sowie der Umfang der Investitionen, die das Unternehmen zu ihrer Förderung getätigt hat (EuGH GRUR Int. 2000, 73 [Rdrn. 23 ff] - Chevy; BGH GRUR 2002, 340, 341 - Fabergé).

Die Klägerin betreibt unter der Bezeichnung ... bereits seit Februar 1946 ein Marionettentheater. Sie hat - unstreitig - unter dieser Bezeichnung zahlreiche Marionettenspiele produziert und aufgeführt, von diesen Produktionen wiederum weit über 1.000 Fernsehfilme hergestellt, die seit den fünfziger Jahren im Inland wie auch im Ausland ausgestrahlt wurden und sich großer Beliebtheit gerade bei Kindern erfreuten. Bis heute werden, was gerichtsbekannt ist und auch durch die von Klägerseite vorgelegten Presseberichte (Bl. 112, 195, 198 ff) belegt wird, die Produktionen unter der Marke ... nicht nur im Fernsehen ausgestrahlt, sondern auch in Form zahlreicher Film- und Tonträger vertrieben. Die Marke ... ist daher einem bedeutenden Teil des Publikums bekannt und deshalb für weite Kreise geradezu ein Synonym für d a s Marionettentheater. Dass dieser hohe Bekanntheitsgrad der Marke ... bis heute fortbesteht, wird durch die vorgelegten zahlreichen Presseveröffentlichungen aus jüngerer Zeit (s.o.) belegt, die nicht nur über die Aufführungen der Klägerin berichten, sondern z.T. auch im Rahmen der Berichterstattung oder Kommentierung bezüglich anderer Ereignisse, wie etwa politischer oder kultureller Themen, in ironischer Weise auf die Marke der Klägerin Bezug nehmen und daher deren allgemeine Bekanntheit voraussetzen. Bestätigt wird der sehr hohe Bekanntheitsgrad auch dadurch, dass der Begriff ... sogar in gängige Lexika aufgenommen worden ist. Dass die Umsätze der Klägerin in jüngster Zeit deutlich zurückgegangen sein sollen, wie die Beklagte vorbringt, und ihre Produktionen vor der Wiedervereinigung im DDR-Fernsehen nicht ausgestrahlt wurden, ändert nichts daran, dass die Bezeichnung ... aufgrund der jahrzehntelangen Ausstrahlung der Produktionen der Klägerin, vor allem im westdeutschen Fernsehen, und ihrer außerordentlich großen Beliebtheit bis heute der breiten Öffentlichkeit in besonderem Maße bekannt ist.

Dass zum Beurteilungszeitpunkt eine ins Gewicht fallende Schwächung dieser sehr hohen Kennzeichnungskraft der Marke ... dadurch eingetreten war, dass auf dem Markt Drittzeichen, die dem Klagezeichen aufgrund der Verwendung des Bestandteils ... ähnlich nahe kamen wie das Verletzerzeichen, in erheblichem Umfang für gleiche oder eng benachbarte Waren und Dienstleistungen oder Branchen verwendet wurden (vgl. zu diesen Voraussetzungen der Schwächung durch Verwendung von Drittzeichen: Ingerl/Rohnke, § 14 Rdnr. 398-399 m. w. N.), hat die Beklagte, die insoweit die Darlegungs- und Beweislast trägt (Ingerl/Rohnke, § 14 Rdnr. 136 m. w. N.), weder hinreichend substantiiert dargelegt noch bewiesen. Zwar hat sie zum Nachweis der Schwächung Internetangebote der Anbieter ... (B 10 - Kasperletheater), ... (B 11 - Kasperletheater), ... (B 12.1 - Puppen), ... (B 13.1 - Puppentheater), ... (B 13.2 - Katzen, daher keine Waren- und Branchenähnlichkeit mit den hier streitgegenständlichen Waren/Dienstleistungen), ... (B 13.3 - Puppen), ... (B 13.4 - Test-Dummys für Auto-Crash-Versuche, daher keine Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit), ... (B 13.5 - Puppen und Spielzeug), ... (B 13.6 - politisches Puppentheater) und ... (B 13.8 - Verkauf von Puppen, Puppen, Bastelzubehör) vorgelegt und sich auch auf eine Google-Trefferliste (B 14.1 - 14.4) bezogen, der sich allerdings die Gegenstände der jeweiligen Treffer nur unvollständig entnehmen lassen. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass Zeichen, die wie die Klagemarke über eine erhebliche Verkehrsgeltung verfügen, gegenüber einer Schwächung durch Drittzeichen zwar nicht völlig immun, jedoch wesentlich widerstandsfähiger als Marken mit nur durchschnittlicher Kennzeichnungskraft sind (Ingerl/Rohnke, § 14 Rdnr. 405 m. w. N.). Dass die von der Beklagten genannten Drittzeichen, soweit sie überhaupt einen identischen oder ähnlichen Waren- und Dienstleistungsbereich betreffen, aufgrund der Dauer und Intensität ihrer Nutzung geeignet gewesen wären, die seit Jahrzehnten genutzte und der breiten Bevölkerung durch die Ausstrahlung zahlreicher Fernesehsendungen und den Vertrieb von Film- und Tonträgern nachhaltig bekannt gewordene Klagemarke in ihrer Kennzeichnungskraft in relevanter Weise zu schwächen, lässt sich dem Vortrag der Beklagten nicht einmal ansatzweise entnehmen. Es fehlt an jeglicher Darlegung, wie lange und in welcher Intensität diese Drittzeichen genutzt und in welchem Umfang sie dem Publikum bekannt geworden sind. Es spricht schon nach den vorgelegten Internetausdrucken viel dafür, dass die vorgetragenen Drittzeichen von Kleinanbietern mit bloß regionaler Bedeutung genutzt werden und schon deshalb nicht geeignet sind, die bekannte Marke der Klägerin zu schwächen (vgl. Ingerl/Rohnke, § 14 Rdnr. 404 m. w. N.).

cc) Zwischen den Zeichen ... und ... besteht eine durchschnittliche Zeichenähnlichkeit .

Bei der Prüfung der Zeichenähnlichkeit ist von dem das Kennzeichenrecht beherrschenden Grundsatz auszugehen, dass es auf den jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen ankommt (std. Rechtsprechung: BGH GRUR 2000, 167, 169 - Bit/Bud; GRUR 2004, 236, 237 - Davidoff II; GRUR 2004, 865, 866 - Mustang). Das schließt es aber nicht aus, dass einem einzelnen Zeichenbestandteil unter Umständen eine besondere, das gesamte Zeichen prägende Kennzeichnungskraft beizumessen und deshalb bei einer Übereinstimmung der Zeichen in den jeweils prägenden Bestandteilen die Gefahr einer Verwechslung der beiden Gesamtbezeichnungen zu bejahen ist. Dies setzt jedoch voraus, dass die anderen Bestandteile im Rahmen des Gesamteindrucks weitgehend in den Hintergrund treten. Nicht ausreichend ist es danach, dass der übereinstimmende Bestandteil für den Gesamteindruck des Zeichens lediglich mitbestimmend ist. Dies gilt unabhängig davon, ob die prioritätsältere Marke oder das angegriffene Zeichen die zusätzlichen Bestandteile aufweist (BGH GRUR 2003, 880, 881 - City Plus; GRUR 2004, 865, 866 - Mustang). Zu berücksichtigen ist bei der Beurteilung der Markenähnlichkeit außerdem der Erfahrungssatz, dass der Verkehr die jeweiligen Bezeichnungen regelmäßig nicht gleichzeitig wahrnimmt und miteinander vergleicht und deshalb die übereinstimmenden Merkmale in einem undeutlichen Erinnerungseindruck stärker ins Gewicht fallen als die Unterschiede (BGH GRUR 2003, 1044, 1046 - Kelly; GRUR 2004, 236, 237 - Davidoff II).

Dass die Wortmarke ... in ihrer Kennzeichnungskraft allein durch den Bestandteil ... geprägt wird und der geografische Zusatz ... im Rahmen des Gesamteindrucks völlig in den Hintergrund tritt, lässt sich nicht feststellen. Erst die Verbindung beider Bestandteile ergibt, wie bereits ausgeführt, für den Verkehr den eindeutigen Herkunftshinweis auf die Klägerin. Allerdings kommt dem Bestandteil ... für die Kennzeichnungskraft des Gesamtzeichens ein höheres Gewicht zu, was sich schon daran zeigt, dass der Verkehr ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Presseberichte (Bl. 112 ff) dazu neigt, das in hohem Maße bekannte Kennzeichen der Klägerin auf seinen Bestandteil ... zu verkürzen. Da beide Kennzeichen in diesem prägenden Bestandteil ... vollständig übereinstimmen und sich auch insoweit entsprechen, als diesem Bestandteil jeweils der Name einer Stadt mit gleicher Silbenzahl vorangestellt ist, andererseits aber der Verkehr wahrnimmt, dass jeweils unterschiedliche Stadtnamen vorangestellt sind, ist insgesamt von einer durchschnittlichen Zeichenähnlichkeit auszugehen.

dd) Bezüglich der durch beide Zeichen bezeichneten Waren bzw. Dienstleistungen besteht eine nur geringe Ähnlichkeit, jedoch keine absolute Unähnlichkeit, die eine Verwechslungsgefahr von vornherein ausschließen würde.

Bei der Beurteilung der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren und Dienstleistungen kennzeichnen. Hierzu gehören insbesondere die Art der Waren und Dienstleistungen, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte. In die Beurteilung einzubeziehen ist, ob die Waren bzw. Dienstleistungen regelmäßig von denselben Unternehmen oder unter ihrer Kontrolle hergestellt werden oder ob sie beim Vertrieb Berührungspunkte aufweisen, weil sie in denselben Verkaufsstätten angeboten werden. Dabei kann Waren- oder Dienstleistungsunähnlichkeit nur angenommen werden, wenn trotz (unterstellter) Identität oder großer Ähnlichkeit der Marken die Annahme einer Verwechslungsgefahr wegen des Abstands der Waren von vornherein ausgeschlossen ist (BGH GRUR 2001, 507, 508 - EVIAN/REVIAN; GRUR 2003, 428 [Juris-Rz. 62] - BIG BERTHA; GRUR 2004, 600, 601 - d-c-fix/CD-FIX). Abzustellen ist dabei hinsichtlich der Klagemarke nur auf die Waren, für die die Marke Schutz genießt und nach Ablauf der Benutzungsschonfrist auch benutzt wird (BGH GRUR 2003, 428 [Juris-Rz. 62]).

Vorliegend stehen sich somit auf Seiten der Klägerin die durch die Klagemarke ..., Nr. 2003367, geschützten Waren/Dienstleistungen bespielte Ton- und Bildträger; Produktion, Organisation und Durchführung von Marionettenspielen, auch zum Zweck der Verfilmung und der Ausstrahlung in Fernsehprogrammen, für die die Klägerin ihre Marke rechtserhaltend genutzt hat, und auf Seiten des Beklagten-Zeichens die Waren Puppen, Puppenhäuser und Puppenhauszubehör, für die dieses genutzt wurde und wird, gegenüber. Zwischen diesen Waren/Dienstleistungen besteht ein deutlicher Abstand, da es sich um völlig unterschiedliche Produkte handelt. Sie werden auch nicht in denselben Verkaufsstätten angeboten. Die Beklagte betreibt ein Einzelhandelsgeschäft, in dem sie keine Produkte der Klägerin veräußert. Sie beliefert auch nicht andere Verkaufsstätten, die ihrerseits die geschützten Waren der Klägerin (zum Beispiel Ton- oder Filmaufzeichnungen) im Sortiment haben.

Andererseits bestehen jedoch auch gewisse Berührungspunkte. Die Waren/Dienstleistungen beider Parteien dienen zu einem ganz wesentlichen Teil, wenn auch in unterschiedlicher Weise, der Unterhaltung von Kindern, richten sich also zumindest in bedeutendem Umfang an denselben Abnehmerkreis. Die Klägerin setzt im Rahmen ihrer geschützten Aufführungen Puppen (Marionetten) ein, wenn auch andere als diejenigen, die die Beklagte vertreibt. Trotz des deutlichen Warenabstandes kann daher für die angesprochenen Verbraucher aufgrund dieser Berührungspunkte und in Anbetracht der Übereinstimmung beider Zeichen in dem deutlich prägenden Bestandteil ... der Eindruck entstehen, dass zwischen der Klägerin und der Beklagten eine organisatorische oder lizenzrechtliche Verbindung bestehe, etwa dergestalt, dass die Beklagte aufgrund einer lizenzrechtlichen Vereinbarung mit der Klägerin Puppen vertreibe, die das Erscheinungsbild der von der Klägerin verwendeten Marionetten aufwiesen, oder auch Imitationen bestimmter typischer Requisiten, die die Klägerin im Rahmen ihrer Aufführungen einsetze. Eine absolute Waren- und Dienstleistungsunähnlichkeit, die jegliche, auch mittelbare Verwechslungsgefahr ausschließt, kann daher nicht angenommen werden. Vielmehr besteht eine geringe Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit.

dd) Bei Berücksichtigung der sehr hohen Kennzeichnungskraft der Wortmarke ..., der durchschnittlichen Zeichenähnlichkeit aufgrund der Übereinstimmung in dem deutlich prägenden Wortbestandteil ... und der geringen Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit ist insgesamt eine Verwechslungsgefahr zu bejahen. Allerdings kann eine unmittelbare Verwechslungsgefahr nicht angenommen werden, da sich die Wortmarke ... dem Verkehrsbewusstsein gerade in dieser Zusammensetzung eingeprägt hat und daher davon auszugehen ist, dass dem durchschnittlich informierten, verständigen und sorgfältigen Verbraucher der Unterschied der geografischen Voranstellung ... bzw. ... auffällt und er deshalb nicht auf den Gedanken kommt, es könne sich bei den gekennzeichneten Produkten der Beklagten um solche der Klägerin (und umgekehrt) handeln.

Jedoch besteht zumindest die ausreichende abstrakte Gefahr, dass ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verbraucher aufgrund der hohen Kennzeichnungskraft der klägerischen Marke und der Übereinstimmung in dem originellen, deutlich prägenden Wortbestandteil ..., auf den Gedanken verfällt, die Beklagte könne mit der Klägerin in der unter cc) beschriebenen Weise organisatorisch oder lizenzrechtlich verbunden sein. Soweit nach Rechtsprechung des BGH diese Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn voraussetzt, dass sich die ältere Marke zu einem Hinweis auf das Unternehmen des Markeninhabers entwickelt hat, diese also zugleich Unternehmenskennzeichen ist (BGH GRUR 2004, 598, 599 - Kleiner Feigling), ist dies vorliegend erfüllt. Denn die ältere Marke der Klägerin wird von dieser - unstreitig - seit Jahrzehnten als Unternehmenskennzeichen i. S. v. § 5 Abs. 2 MarkenG benutzt.

Es besteht daher jedenfalls eine mittelbare Verwechslungsgefahr i. S. v. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

e) § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG:

Auch hat die Klägerin gegen den Bekanntheitsschutz, den die Klagemarke analog § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG genießt, verstoßen.

aa) Ihrem Wortlaut nach greift die Bestimmung des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG zwar nur dann ein, wenn die Waren und Dienstleistungen, für die die Klagemarke Schutz genießt, und diejenigen, für die das Verletzerzeichen benutzt wird, einander nicht ähnlich sind. Die Bestimmung ist jedoch analog anzuwenden, wenn ein mit der bekannten Marke identisches oder ihr ähnliches (Verletzer-) Zeichen für Waren/Dienstleistungen benutzt wird, die unter das Waren-/Dienstleistungsverzeichnis der Klagemarke fallen oder diesen Waren/Dienstleistungen ähnlich sind (BGH GRUR 2004, 235, 238 - Davidoff II in Anknüpfung an EuGH GRUR 2003, 240, 242 [Rdnr. 30] - Davidoff/Gofkid; GRUR 2004, 598, 599 - Kleiner Feigling; GRUR 2005, 163, 165 - Aluminiumräder). Dabei gelten für die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit i. S. v. § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG keine anderen Maßstäbe als bei der Prüfung dieses Tatbestandsmerkmals im Rahmen des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG (BGH GRUR 2004, 594, 597 - Ferrari-Pferd).

bb) Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen unter d) ergibt, handelt es sich bei der Wortmarke ... um eine bekannte Marke i. S. v. § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG; zwischen ihr und dem angegriffenen Zeichen der Beklagten besteht Zeichenähnlichkeit.

cc) Durch die Verwendung ihres Zeichens ... nutzt die Beklagte die Wertschätzung und die Unterscheidungskraft der bekannten Marke der Klägerin aus; ob daneben auch noch eine Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft vorliegt, kann daher dahingestellt bleiben.

(1) Eine Ausnutzung der Wertschätzung der bekannten Marke liegt dann vor, wenn ein Wettbewerber sich mit der Kennzeichnung seiner Waren der Klagemarke angenähert hat, um Gütevorstellungen, die der Verkehr mit den unter dieser vertriebenen Erzeugnissen verbindet, für sich auszunutzen (BGH GRUR 1985, 550, 553 - DIMPLE; GRUR 2000, 875, 877 - Davidoff; GRUR 2005, 583, 584 - Lila-Postkarte). Grundvoraussetzung für eine Rufausnutzung in diesem Sinne ist die Übertragbarkeit des guten Rufes (Ingerl/Rohnke, § 14 Rdnr. 850). Sie setzt außerdem eine gewisse Originalität des geschützten Kennzeichens voraus, die jedoch auch durch eine höhere Bekanntheit oder einen starken Rufinhalt kompensiert werden kann (Ingerl/Rohnke, § 14 Rdnr. 851).

Mit der in hohem Maße bekannten Marke (und Geschäftsbezeichnung) ... verbindet der Verkehr ein besonderes positives Produktimage, das geprägt ist durch den hohen Unterhaltungswert der klägerische Marionettenaufführungen, ihren kindgerechten Charakter und die auch ästhetisch ansprechende Gestaltung der eingesetzten Marionettenpuppen und sich bei erwachsenen Verbrauchern häufig vermischt mit einer angenehmen Rückerinnerung an die eigene Kinderzeit. Der Begriff ... ist daher in hohem Maß positiv besetzt, was auf die jahrzehntelangen Leistungen der Klägerin bei der Produktion, Organisation und Durchführung ihrer Marionettenspiele zurückzuführen ist.

Dieser gute Ruf der klägerischen Waren und Dienstleistungen kann auf die Produkte der Beklagten - Puppen, Puppenhäuser und Zubehör - ohne weiteres übertragen werden, da sich diese zumindest zu einem erheblichen Teil an denselben Abnehmerkreis, nämlich Kinder sowie Erwachsene, die die Produkte der Klägerin und der Beklagten für Kinder erwerben wollen, richten, und die beiderseitigen Waren und Dienstleistungen auch insoweit gemeinsame Berührungspunkte aufweisen, als der Verkehr durchaus in Betracht ziehen kann, dass die Beklagte aufgrund organisatorischer oder lizenzrechtlicher Vereinbarungen mit der Klägerin Produkte vertreibt, die den von dieser eingesetzten Puppen oder Requisiten entsprechen oder in hohem Maße ähnlich sind.

Indem die Beklagte im Rahmen ihres Zeichens gerade den besonders kennzeichnungskräftigen Bestandteil ... übernimmt, den der Verkehr häufig auch zur Abkürzung des klägerischen Zeichens verwendet, nähert sie sich diesem deutlich an und veranlasst die Verbraucher, zumindest unbewusst die besonderen Güte- und Sympathievorstellungen, die mit der ... verbunden sind, auch auf ihre Produkte zu übertragen. Sie nutzt damit für ihre eigenen Waren den guten Ruf der klägerischen Produkte aus, den sich die Klägerin durch jahrzehntelange Leistungen erarbeitet hat.

(2) Eine Ausnutzung der Unterscheidungskraft der Klagemarke liegt dann vor, wenn sich der Verletzer den Aufmerksamkeitswert der bekannten Marke zunutze macht (sog. Aufmerksamkeitsausbeutung), indem er durch sein Kennzeichen die Assoziation mit einer bekannten Marke verursacht und hierdurch ein besonderes Maß an Aufmerksamkeit weckt, das einer anderen (neuen) Kennzeichnung, die nicht die Erinnerung an ein dem Verkehr bekanntes Erzeugnis hervorruft, nicht zuteil würde (BGH GRUR 2000, 875, 877 - Davidoff; GRUR 2005, 583, 584 - Lila-Postkarte).

Auch dies ist hier der Fall. Indem die Beklagte gerade den die Marke und Geschäftsbezeichnung der Klägerin stark prägenden, originellen und von dieser seit Jahrzehnten verwendeten Bestandteil ..., den der Verkehr häufig zur Abkürzung der Klagemarke verwendet, übernommen hat, löst sie beim Verkehr eine Assoziation mit den bekannten Erzeugnissen der Klägerin aus und verschafft sich hierdurch für ihre eigenen Waren eine gesteigerte Aufmerksamkeit, die diesen nicht zuteil würde, wenn sie stattdessen eine neue, sich nicht an die bekannte Marke und Geschäftsbezeichnung der Klägerin anlehnende Produktbezeichnung gewählt hätte (z. B. ... o.ä.).

dd) Die Beklagte hat auch ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise gehandelt.

(1) Bei der Aufmerksamkeitsausbeutung, die hier vorliegt, ist regelmäßig von einem die Unlauterkeit begründenden Verhalten auszugehen (BGH GRUR 2005, 583, 584 - Lila-Postkarte). Auch hinsichtlich der Rufausbeutung spricht vorliegend alles für ein unlauteres Vorgehen der Beklagten, das allein von der Zielrichtung getragen ist, sich das positive Image der sehr bekannten Marke der Klägerin zunutze zu machen. Denn ein sonstiger, sachlich nachvollziehbarer Grund für die Wahl gerade der Geschäfts- und Produktbezeichnung ... ist nicht ersichtlich. Gerade der prägende Bestandteil ... bezeichnet, wenn er als beschreibende Angabe verwendet wird, nach dem gängigen Sprachgebrauch weder ein Geschäftslokal, in dem Puppen, Puppenhäuser und Zubehör vertrieben werden, noch diese Produkte selbst, sondern allenfalls ein Behältnis zur Aufbewahrung von Puppen. Dass ihr die Marke der Klägerin völlig unbekannt war und sie daher ihre Kennzeichnung völlig unabhängig von dieser in einem eigenen schöpferischen Akt erfunden hat, macht die Beklagte selbst nicht geltend und kann anhand des hohen Bekanntheitsgrades der klägerischen Marke auch ausgeschlossen werden. Soweit die Beklagte als Grund für die Wahl ihres Kennzeichens vorbringt, sie bewahre ihre Waren in Kisten auf, handelt es sich ersichtlich um eine vorgeschobene Begründung, die der Wahl dieses Kennzeichens nachträglich unterlegt wird. Jedenfalls auf den zum Nachweis dieser angeblich typischen Aufbewahrungsart vorgelegten Lichtbildern (B 15.1 - 15.3) lässt sich nicht erkennen, dass die Aufbewahrung der Waren der Beklagten in Kisten so prägend für das Erscheinungsbild ihres Gewerbebetriebs ist, dass die Beklagte allein deshalb auf die Wahl ihres Kennzeichens verfallen sein könnte. Auf diesen lässt sich erkennen, dass ein erheblicher Teil der Produkte in Vitrinen, auf Regalbrettern und in Schubladen aufbewahrt wird und allenfalls ein gewisser, für den Betrachter allerdings nicht dominierender Teil in flachen Kästen (nicht Kisten).

2. Unterlassung der Benutzung des Unternehmenskennzeichens ..., § 15 Abs. 2, 3 MarkenG.

Die Beklagte hat durch Verwendung ihres Unternehmenskennzeichens ... auch gegen § 15 Abs. 2, 3 MarkenG verstoßen, sodass die Klägerin wegen bestehender Wiederholungsgefahr nach § 15 Abs. 4 MarkenG Unterlassung der Verwendung dieses Unternehmenskennzeichens für den Vertrieb von Puppen, Puppenhäusern und Puppenausstattungen verlangen kann.

a) Dass die Klägerin die Bezeichnung ..., die Beklagte die Bezeichnung ... im geschäftlichen Verkehr jeweils als Unternehmenskennzeichen i. S. v. § 5 Abs. 2 MarkenG verwenden und das Kennzeichen der Klägerin aufgrund früherer Benutzung Priorität nach § 6 Abs. 3 MarkenG genießt, ist unstreitig.

b) Ob Verwechslungsgefahr im Sinne von § 15 Abs. 2 MarkenG vorliegt, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere unter Berücksichtigung der Zeichenähnlichkeit , der Kennzeichnungskraft der geschützten Bezeichnung und der sog. Branchennähe zu entscheiden. Dabei ist zu beachten, dass diese drei Faktoren zueinander dergestalt in Wechselwirkung stehen, dass ein hochgradigeres Vorliegen eines Faktors dazu führen kann, dass Verwechslungsgefahr auch bei einem geringeren Grade der Verwirklichung eines anderen Faktors zu bejahen ist (std. Rspr., vgl. BGH GRUR 1997, 468, 470 - NetCom; GRUR 1999, 492, 494 - Altberliner; GRUR 2001, 1161, 1162 - CompuNet/ComNet; GRUR 2002, 898 - defacto).

Hinsichtlich dieser drei Faktoren gelten die Ausführungen zu § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG (II 1 d) entsprechend. Danach ist von einer sehr hohen Kennzeichnungskraft der geschäftlichen Bezeichnung ... auszugehen, da es sich um ein sehr bekanntes Unternehmenskennzeichen i. S. v. § 15 Abs. 3 MarkenG handelt, sowie von einer durchschnittlichen Zeichenähnlichkeit und einer geringen Branchennähe. Aufgrund der Wechselwirkung dieser Umstände besteht zumindest die Gefahr, dass der Verkehr irrtümlich nicht bestehende geschäftliche Zusammenhänge zwischen den beiden Unternehmen, sei es organisatorischer oder lizenzrechtlicher Art, annimmt, was als Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne im Rahmen des § 15 Abs. 2 MarkenG ausreicht (BGH GRUR 1995, 754, 756 - Altenburger Spielkartenverlag; GRUR 2002, 59, 64 - ISCO).

c) Ob § 15 Abs. 3 MarkenG entsprechend seinem Wortlaut nur dann anzuwenden ist, wenn keine Verwechslungsgefahr besteht (so wohl Ekey/Klippel/Pahlow, Markenrecht, 2003, § 15 MarkenG Rdnr. 63; Ingerl/Rohnke, § 15 Rdnr. 85), oder aber auch bei bestehender Verwechslungsgefahr (Fezer, § 15 MarkenG Rdnr. 19; parallel werden § 15 Abs. 2 und 3 MarkenG auch angewendet von OLG Hamburg GRUR 2001, 838, 840 - 1001buecher.de), kann dahingestellt bleiben, da schon aufgrund des Verstoßes gegen § 15 Abs. 2 MarkenG ein Unterlassungsanspruch gegeben ist. Geht man von einer parallelen Anwendbarkeit aus, so ist ein Verstoß aus den zu § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG dargestellten (II 1 e), hier entsprechend geltenden Gründen zu bejahen.

3. Verwirkung, Verjährung:

a) Verwirkung der Unterlassungsansprüche nach § 21 MarkenG kommt nicht in Betracht: nach § 21 Abs. 1 MarkenG nicht, weil die Marke der Beklagten nicht seit (mindestens) 5 Jahren eingetragen ist, nach § 21 Abs. 2 MarkenG nicht, weil die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht dargelegt hat, dass die Klägerin seit (mindestens) 5 Jahren Kenntnis von der rechtsverletzenden Benutzung hatte.

b) Verjährung nach § 20 MarkenG a.F. und § 20 MarkenG n.F. (i. V. m. § 165 Abs. 3 MarkenG, Art. 229 § 6 EGBGB) ist schon deshalb nicht eingetreten, weil die rechtsverletzenden Benutzungshandlungen, die Wiederholungsgefahr begründen, bis heute fortdauern (vgl. Ingerl/Rohnke, § 20 Rdnr. 14).

III. Klageantrag Ziff. II:

Unterlassung der Benutzung der Domain ...

Die Klägerin kann nach § 14 Abs. 2 Nr. 2, 3; Abs. 5; 15 Abs. 2, 3, 4 MarkenG auch Unterlassung der Benutzung der Domain ... zur Bewerbung und zum Vertrieb von Puppen, Puppenhäusern und Puppenausstattungen, sei es zur Kennzeichnung dieser Waren, sei es als geschäftliche Bezeichnung, verlangen, da die Beklagte entsprechende Erstverstöße begangen hat, die Wiederholungsgefahr begründen.

1. a) Indem die Beklagte diese Domainbezeichnung für ihre Homepage, auf der sie für ihren Gewerbebetrieb und die von ihr vertriebenen Produkte wirbt, verwendet hat, hat sie diese im geschäftlichen Verkehr zumindest mittelbar zur Kennzeichnung der von ihr vertriebenen Waren verwendet, sodass eine rechtsverletzende Benutzung i. S. v. § 14 Abs. 2 MarkenG vorliegt.

b) Zwischen der Wortmarke der Klägerin ... und der Domain-Bezeichnung der Beklagten besteht zumindest Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn, § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Hinsichtlich der hohen Kennzeichnungskraft der sehr bekannten klägerischen Marke und der, wenn auch geringen, Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit kann auf die obigen Ausführungen (II 1 d) Bezug genommen werden. Auch zwischen diesen beiden Zeichen besteht aus den o.g. Gründen durchschnittliche Zeichenähnlichkeit, da sie in dem überwiegend prägenden Bestandteil ... übereinstimmen, jedoch hinsichtlich des geografischen Zusatzes ... und ... voneinander abweichen. Dass die Bestandteile ... und ... miteinander verbunden und insgesamt klein geschrieben sind, wird vom Verkehr, da für Domain-Bezeichnungen typisch und technisch bedingt, nicht als ins Gewicht fallender Unterschied der Zeichen wahrgenommen. Unter Berücksichtigung der hohen Kennzeichnungskraft der klägerischen Marke, der durchschnittlichen Zeichenähnlichkeit und der geringen Waren- bzw. Dienstleistungsähnlichkeit ist aus den oben ausgeführten Gründen zumindest eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn gegeben.

c) Auch durch die Wahl der Domain ... hat die Beklagte die Wertschätzung und Unterscheidungskraft der Klagemarke aus den unter II 1 e genannten, hier entsprechend geltenden Gründen ausgenutzt, da sich auch diese Domain an die bekannte Marke der Klägerin anlehnt, § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG.

2. Durch die Verwendung der Domain für die Homepage, auf der sie für ihren Geschäftsbetrieb wirbt, hat die Beklagte diese zugleich als geschäftliche Bezeichnung benutzt. Hinsichtlich der bestehenden Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn nach § 15 Abs. 2 MarkenG und des Verstoßes gegen § 15 Abs. 3 MarkenG wird auf die obigen Ausführungen (II 2), die hier entsprechend gelten, verwiesen.

3. Verwirkung und Verjährung liegen nicht vor, vgl. II.3.

IV. Klageantrag Ziff. IV: Feststellung der Schadensersatzpflicht

1. Der Feststellungsantrag ist nur insoweit begründet, als er sich auf bereits begangene, nicht hingegen, soweit er sich auch auf zukünftige Verletzungshandlungen bezieht, die nach der Antragsfassung ebenfalls umfasst sind, sodass er insoweit teilweise abzuweisen ist (BGH GRUR 2000, 907, 908 - Filialleiterfehler; OLG München GRUR 1999, 765 - Schadensersatz und konkrete Verletzungsform; GRUR-RR 2002, 57 - Benetton Slide). Eine Auslegung dahingehend, dass sich der Antrag nur auf vergangene Verstöße beziehen soll, ist nicht möglich. Der Antrag knüpft hinsichtlich der Beschreibung der die Schadensersatzpflicht auslösenden Verletzungshandlungen uneingeschränkt an die Formulierung des Unterlassungsantrags (Ziff. 1) an und erfasst daher alle Verwendungen der Bezeichnung ... (isoliert oder mit anderen Zusätzen), also auch solche, die bislang überhaupt noch nicht erfolgt sind.

2. Aufgrund der geschilderten Verstöße durch die unter II und III geschilderten Verletzungshandlungen, die sie zumindest fahrlässig, wenn nicht vorsätzlich begangen hat, ist die Beklagte der Klägerin nach §§ 14 Abs. 6, 15 Abs. 5 MarkenG zum Schadensersatz verpflichtet, sodass dem Feststellungsantrag stattzugeben ist.

3. a) Hinreichende Anhaltspunkte, die für eine Verwirkung der Schadensersatzansprüche der Klägerin nach § 242 BGB sprechen könnten, hat die Beklagte nicht vorgetragen.

b) Verjährung nach § 20 MarkenG a.F. bzw. § 20 MarkenG n. F. (i.V.m. §165 Abs. 3 MarkenG, Art. 229 § 6 EGBGB) kommt nicht in Betracht. Die Beklagte, die insoweit die Darlegungs- und Beweislast trägt, hat nicht einmal ansatzweise vorgetragen, ab wann die Klägerin hinsichtlich welcher konkreten Einzelansprüche Kenntnis von der Verletzung ihres Rechts und der Person des Verpflichteten (§ 20 MarkenG a.F.) bzw. Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis hinsichtlich der anspruchsbegründenden Umstände und der Person des Schuldners (§§ 20 MarkenG n. F., 199 Abs. 1 BGB n. F.) hatte.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung gem. § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zuzulassen. Die von den Parteien vorgelegten Internetauszüge zeigen, dass offensichtlich auch noch andere Gewerbetreibende in ähnlicher Weise (... mit Zusatz) die Marke und Geschäftsbezeichnung der Klägerin verletzen, sodass Fragen zu entscheiden sind, die für eine unbestimmte Zahl ähnlicher Fälle von Bedeutung sein können.






OLG Stuttgart:
Urteil v. 26.10.2006
Az: 2 U 222/05


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/89d8164ea62f/OLG-Stuttgart_Urteil_vom_26-Oktober-2006_Az_2-U-222-05




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share