Oberlandesgericht Hamm:
Beschluss vom 20. Januar 2011
Aktenzeichen: III-3 Ws 399-402/10

(OLG Hamm: Beschluss v. 20.01.2011, Az.: III-3 Ws 399-402/10)

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird als unbegründet verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen

der Angeschuldigten hat die Staatskasse zu tragen.

Gründe

I.

Die Abteilung für Wirtschaftskriminalität der Staatsanwaltschaft Bielefeld ermittelt seit September 2007 aufgrund eines Verdachtsprüfungsvermerks des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Bielefeld vom 14.09.2007 zunächst gegen die Angeschuldigten S2 und S3 wegen des Verdachts des Kapitalanlagebetruges gemäß § 264a StGB. Grundlage des seinerzeitigen Anfangsverdachts war die Tatsache, dass die Angeschuldigten S2 und S3 als Gesellschafter sowie der Angeklagte S2 als Geschäftsführer der H2 GmbH tätig waren. Die H GmbH beteiligte sich seit Ende 2002 als Komplementärin an H4 Kommanditgesellschaften und seit Ende 2005 an H5 Kommanditgesellschaften. Nach Gründung der H6 mit Sitz in Luxemburg am 10.05.2007 beteiligte sich Diese Gesellschaft als Geschäftsführungsgesellschaft an rund 500 luxemburgischen Leasinggesellschaften in der Rechtsform einer S.a.r.l. & Cie. S.e.c.s., also einer GmbH & Co.KG nach luxemburgischen Recht. Geschäftsführer und Gesellschafter waren die Angeklagten S2 und S3. Das Geschäftsmodell Dieser Gesellschaften sah so aus, dass private Investoren angeworben wurden, die sich als Kommanditisten an deutschen bzw. luxemburgischen Kommanditgesellschaften beteiligten und hierbei vielfach Einlagen bei den Rendite Leasing Fondsgesellschaften im Bereich von 150.000 € und bei den luxemburger Gesellschaften von bis zu 175.000 € im Gesellschaftsvertrag vereinbarten und später vielfach auch einzahlten. Bei der ersten Einzahlung wurde eine von den Anlegern zu leistende sogenannte Konzeptionsgebühr in Höhe von 15.000 € zuzüglich eines Agios in Höhe von fünf Prozent der Bareinlage oder pauschal 5.000 € in Abzug gebracht. Die Konzeptionsgebühr floss den Geschäftsführungsgesellschaften zu. Zudem wurden Vergütungen für die Führungstätigkeit der Geschäftsführungs GmbH in den einzelnen Kommanditgesellschaften vereinbart. Verbunden mit den Einzahlungen der Kommanditanteile war im Regelfall eine Investitionsentscheidung des oder der Kommanditisten, die in den jeweiligen Fondsgesellschaften allein stimmberechtigt waren, in eine oder mehrere Investitionsmöglichkeiten, die von der H GmbH offeriert wurden. Neben Investitionen in den Vertrieb sogenannter Baktinettenständer der T7 GmbH erfolgten vielfach Investitionen in die Aufstellung sogenannter Medieneinheiten, die die Fondsgesellschaften von der Q GmbH T3 zunächst kauften und sogleich an die Q GmbH zurückverleasten. Geschäftsführerin der Q GmbH war die Angeschuldigte M2, während der Angeschuldigte M3 ihr Lebensgefährte ist, der über nicht aufgeklärte rechtliche Verbindungen zur Q GmbH verfügte und sich insbesondere an der Vermarktung der Medieneinheiten beteiligte. Bei den Medieneinheiten handelte es sich um großformatige Plasmafernseher, die von der Q GmbH mit einem sogenannten Medienrechner, auf den eine von Q programmierte Software aufgespielt wurde, versehen wurden. Rund 2.000 Dieser Medieneinheiten wurden in Deutschland aufgestellt. Die Geschäftsidee war, dass das Aufstellen Dieser Medieneinheiten dazu dienen sollte, insbesondere Werbung und anderen Medieninhalte, die in elektronischer Form über das Mobilfunknetz auf die Medienrechner der jeweiligen Medieneinheiten aufgespielt werden konnten, an werbewirksamen Standorten, wie zum Beispiel in Gaststätten, zu verbreiten. Für die jeweiligen Kommanditisten der Fondsgesellschaften sollte sich die Investition nach den von der H GmbH herausgegebene Prospekten, die während des Betriebes Dieses Geschäftsmodells mehrfach in Details geändert wurden, während der Laufzeit des Investments von 48 Monaten in mehrfacher Hinsicht rentieren: Zum Einen hatten die Kommanditgesellschaften jeweils nur rund ein Drittel des Kaufpreises der Medieneinheiten aus dem Eigenkapital zu finanzieren, da in Höhe von rund zwei Dritteln des Kaufpreises jeweils ein Lieferantenkredit durch die Q GmbH gewährt wurde. Zudem war die Zahlung der Darlehnsraten durch die Fondsgesellschaften an die Zahlung der Leasingraten durch die Q GmbH gekoppelt. Da die Summe der Leasingraten nach dem Geschäftsmodell nach Ablauf der vorgesehenen Investmentzeit den Kaufpreis unter Berücksichtigung einer Rücknahmeverpflichtung hinsichtlich des Leasinggutes zu einem zuvor festgelegten Restwert von in der Regel 10 % des Kaufpreises durch die Q GmbH überstiegen hätte, war Dies als Erlös der jeweiligen Fondsgesellschaft vorgesehen. Zudem wurde - zumindest in allgemeiner Form - den Anlegern das Geschäftsmodell im Hinblick auf die Schaffung steuerlicher Vorteile in Form von Abschreibungsmöglichkeiten durch die Bildung von Ansparrücklagen gemäß § 7 Einkommensteuergesetz nahegebracht.

Die Vermarktung des Geschäftsmodells erfolgte weit überwiegend durch die Inanspruchnahme von Finanzvermittlern. Hauptvertriebler war seit etwa 2003 der Zeuge T als Verantwortlicher der D2 GmbH. Bei dem Zeugen T handelt es sich um einen 1963 geborenen Speditions- und Versicherungskaufmann. Später war auch der Zeuge L als Geschäftsführer der W GmbH als weiterer Hauptvermittler neben dem Zeugen T mit der Vermarktung beschäftigt. Bei dem Zeugen L handelt es sich um einen 1947 geborenen Einzelhandelskaufmann. Über bestehende Netzwerke und Kooperationsverträge wurden von den Hauptvermittlern weitere Finanzvermittler wie die Zeugen B4, T5, B3, T6, X, F3 und L2 in die Vermittlung eingebunden. Bei jedem Geschäftsabschluss, also der erfolgreichen Gründung einer Fondsgesellschaft, erhielten zumindest die Haupt- und Untervermittler Provisionen, die im Fall des Zeugen L 12.000 € betrug. Die Geschäftstätigkeit der H GmbH bzw. der luxemburgischen Managementgesellschaft endete faktisch mit der Inhaftierung der Angeschuldigten S2 und S3 am 15.05.2008 aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Bielefeld vom 06.05.2008. In der Folgezeit geriet auch die Q GmbH in Insolvenz, da sie ausstehende Leasingsverpflichtungen nicht mehr erfüllen konnte.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

Durch Beschluss vom 20. November 2008 - 3 OBL 80 und 81/08 OLG Hamm - hat der Senat die Haftbefehle und den Haftfortdauerbeschluss des Landgerichts Bielefeld vom 14. August 2008, durch den der den Beschuldigten S3 betreffende Haftbefehl neu gefasst worden war, aufgehoben. Zur Begründung hat der Senat seinerzeit ausgeführt, dass nach dem damaligen Stand der Ermittlungen dringender Tatverdacht hinsichtlich eines Kapitalanlagebetruges gemäß § 264a StGB aufgrund der Herausgabe eines Prospektes "H Rendite Leasing" in Jahr 2005 bestand, während hinsichtlich der Herausgabe des Vorgängerprospektes der "H4" im Jahr 2002 zum Zeitpunkt der Haftentscheidung des Senats bereits Verjährung eingetreten war. Hinsichtlich der H5 ergebe sich der dringende Tatverdacht daraus, dass die Angeschuldigten S2 und S3 in dem herausgegebenen Prospekt unrichtige vorteilhafte Angaben gemacht und nachteilige Tatsachen verschwiegen hätten. Das Verleasen von speziell auf die Bedürfnisse der Leasingnehmerin Q GmbH, an deren Bonität erhebliche Zweifel bestünden, zugeschnittenen Leasinggegenständen auf Grundlage eines "Saleandleaseback-Verfahrens" trage das von den Angeschuldigten in den von ihnen herausgegebenen und zu verantwortenden Prospekten angepriesene Geschäftsmodell nicht, sondern vereitele den Vertragszweck der Renditeerzielung. Der Senat hat aber aus Gründen der Verhältnismäßigkeit angesichts des seinerzeit in Rede stehenden Tatbestandes des § 264a StGB mit einer Straferwartung von Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren die Haftbefehle aufgehoben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den genannten Senatsbeschluss Bezug genommen.

In der Folgezeit wurden die Angeschuldigten S2 und S3 aufgrund der Haftbefehle des Amtsgerichts Bielefeld vom 20. November 2008 erneut inhaftiert. Grundlage Dieser Haftbefehle war die veränderte rechtliche Wertung des den Angeschuldigten vorgeworfenen Tatgeschehens, dahingehend, dass ihnen 600 Taten des gewerbsmäßigen Betruges zur Last gelegt wurde. Sie hätten als Geschäftsführer der H6 in Luxemburg 600 luxemburgische Kommanditgesellschaften im Mai und Juni 2007 gegründet. Das Geschäftsmodell habe vorgesehen, die Kommanditeinlagen in Höhe von mindestens 25.000 € nach Abzug der Konzeptionsgebühr und Verwaltungsentgelte zur Anschaffung von Plasmabildschirmen zu investieren. Diese seien in der Folgezeit bei der Q GmbH angeschafft und im Rahmen des Saleand-Lease-Back-Verfahrens zur kommerziellen Nutzung überlassen worden. Prospektgemäß hätten hierdurch erhebliche Renditen bei den Kommanditgesellschaften erwirtschaftet werden sollen. Auf Seiten der Leasingnehmerin Q GmbH hätten sich jedoch durch die Verfahrensweise erhebliche finanzielle Verpflichtungen ergeben, die die Q GmbH nicht habe erfüllen können, da sie über keine weitere Geschäftsaktivität verfügt habe. Dies sei den Angeschuldigten S2 und S3 aufgrund ihrer Erkenntnisse aus der Geschäftstätigkeit mit früher gegründeten H4 Gesellschaften sowie den ihnen zugänglich gemachten Jahresabschlüssen der Q GmbH und der Einsicht in das laufende Geschäftskonto bekannt gewesen.

Diese Haftbefehle hat der Senat durch Beschluss vom 25. November 2008 - 3 OBL 80 und 81/08 OLG Hamm - aufgehoben, da es sich in den neuen Haftbefehlsvorwürfen um Dieselben Taten im Sinne des § 121 StPO handelte wie sie bereits Gegensstand der durch Senatsbeschluss vom 20. November 2008 aufgehobenen Haftbefehle waren. Wegen der weiteren Einzelheiten der Gründe wird auf den genannten Senatsbeschluss Bezug genommen.

Schließlich hat der Senat durch Beschluss vom 08. Dezember 2009 - 2 Ws 226/09 OLG Hamm - auf eine Beschwerdeentscheidung des Landgerichts Bielefeld vom

28. Mai 2009 die Arrestbeschlüsse des Amtsgerichts - Ermittlungsrichter - Bielefeld vom 05. Juni und 01. August 2008 aufgehoben, durch Y der dingliche Arrest in Höhe von zunächst 2,9 Millionen, später 3,19 Millionen Euro in das Gesellschaftsvermögen der H6 zur Sicherung der den Verletzten aus den Straftaten erwachsenen zivilrechtlichen Ansprüche angeordnet worden war. Anlass war, dass der Angeschuldigte S3 am 06. März 2008 versucht hatte, 600.000 € von einem bei der Dresdner Bank in Luxemburg geführten Konto der seinerzeitigen Beschwerdeführerin auf sein Privatkonto bei der Sparkasse I2 zu transferieren. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, dass zum Entscheidungszeitpunkt in der Gesamtschau der bisherigen und seinerzeit neuen Ermittlungsergebnisse ein dringender Tatverdacht hinsichtlich eines Kapitalanlagebetruges bzw. eines gewerbsmäßigen Betruges nicht festzustellen sei. Da es einen zur Vermarktung des H Modells in Luxemburg entworfenen Anlageprospekt nicht gegeben habe, fehle es bereits an dem maßgeblichen Tatbestandsmerkmal des § 264a StGB. Auch hinsichtlich eines Betruges im Sinne des § 263 StGB lasse sich ein dringender Tatverdacht nicht feststellen. Zwar lägen gewichtige Anhaltspunkte dafür vor, dass die Angeschuldigten S2 und S3 als Geschäftsführer der H6 ein auf Täuschung aufgebauendes Anlagemodell vertrieben, welches nicht nur objektiv völlig unrealistisch gewesen sei und den Anlegern nicht die in Aussicht gestellte Renditmöglichkeit geboten habe, sondern durch die Zusammenarbeit mit der Q GmbH auf einem SchneeballSystem beruht habe und deshalb mit einem für die Anleger nicht überschaubaren Verlustrisiko verbunden gewesen sei. Allerdings fehle es an konkreten Erkenntnissen über die Tathandlungen der Angeschuldigten, das installierte Vertriebsnetz und die Rollenverteilung zwischen den Angschuldigten einerseits und den Anlageberatern andererseits. Darüber hinaus seien weitere Feststellungen zu den einzelnen Betrugsfällen, insbesondere zur Täuschung sowie zu dem Vorstellungs- und Erwartungshorizont der Kapitalanleger erforderlich. Unter Bezugnahme auf den Beschluss des BGH vom 29. Juli 2009 - NStZ 2010, 103 - hat der Senat ausgeführt, dass es sich bei Betrug nicht um ein sogenanntes Organisationsdelikt handelt. Geschützes Rechtsgut des § 263 StGB sei das individuelle Vermögen, nicht dagegen die Wirtschaftsordnung, der Kapitalanlagemarkt oder andere Gemeininteressen. Daher seien konkrete Feststellungen zur Verwirklichung der einzelnen Tatbestandsmerkmale sowie grundsätzlich auch zu den Einzelakten einer Betrugsserie zu treffen. Wegen der Einzelheiten wird auf den genannten Senatsbeschluss Bezug genommen.

Während des seinerzeit laufenden Beschwerdeverfahrens hatte die Staatsanwaltschaft Bielefeld unter dem 14. September 2009 Anklage gegen die Angeschuldigten wegen gewerbsmäßigen Betruges zum Nachteil der Anleger von 148 H4, 147 H5 und 100 luxemburgischen H Gesellschaften erhoben. Die für das Hauptverfahren zuständige erste große Strafkammer des Landgerichts Bielefeld hat durch die genannte Anklageschrift deren Informations- und Umgrenzungsfunktion als nicht gewahrt angesehen, da die irrtumsbedingte Vermögensverfügung als Anknüpfungspunkt für die Tatvorwürfe unklar und eine Darstellung der Täuschungshandlung in Bezug auf den einzelnen Anleger sowie die Darlegung von dessen Vorstellung erforderlich sei. Mit Verfügung vom 06. Oktober 2009 hat die Staatsanwaltschaft Bielefeld die Anklage zurückgenommen und ist erneut in die Ermittlungen eingetreten. Diese bestanden im wesentlichen in der Versendung standardisierter Fragebögen, die Anlegern mit Anschreiben vom 08. Oktober 2009 (Blatt 2127 ff. Band XI der Akten) vorgelegt wurden. Zudem wurde mit Schreiben vom 21. Dezember 2009 ein ähnlicher Fragebogen an die in die Vermarktung eingebundenen Vermittler versandt (Blatt 2369 Band XII der Akten).

Unter dem 03.03.2010 hat Y Staatsanwaltschaft erneut Anklage gegen die Angeschuldigten erhoben und wirft nunmehr den Angeschuldigten S2 und S3 gewerbsmäßigen Betrug in 356 Fällen vor, und zwar zum Nachteil vom 136 Anlegern, die in 127 Rendite-Leasing-KGs investierten, und 220 Anlegern, die in luxemburgische Gesellschaften investierten. Hierbei sollen die Angeschuldigten S2 und S3 acht Finanzvermittler und zwei Endkunden von Rendite Leasing Fonds KGen, dreizehn Vermittler von luxemburgischen Kommanditgesellschaften hinsichtlich der Konzeptionsgebühr sowie zwei Finanzvermittler und vier Endkunden hinsichtlich ihrer Investmententscheidung in luxemburgische Fondsgesellschaften unmittelbar getäuscht haben. Hinsichtlich der übrigen angeklagten Fälle sollen die Angeschuldigten S2 und S3 als mittelbare Täter gehandelt haben.

Die Angeschuldigten M2 und S4 sollen in 174 Fällen Beihilfe zum Betrug geleistet haben, und zwar hinsichtlich der 136 Anleger in Rendite Leasing Fonds Gesellschaften und der 38 Anleger in luxemburgische Fondsgesellschaften, die eine Anlageentscheidung getroffen hatten. Hinsichtlich der unmittelbar getäuschten Anlageberater wird auf die Liste Seite 94a der Anklage (Blatt 2731 Band XIV der Akten), hinsichtlich der unmittelbar getäuschten Endkunden auf die Liste Seite 95 der Anklage (Blatt 2132 Band XIV) Bezug genommen.

Durch Beschluss vom 9. Juli 2010 hat die Wirtschaftsstrafkammer die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt und Diese Entscheidung im Wesentlichen mit der fehlenden Konkretisierung der einzelnen Tathandlungen der Angeschuldigten begründet. Ferner sei aufgrund des Ermittlungsergebnisses eine ausreichende Tatsachengrundlage für die Beurteilung der Vorstellungen der Kapitalanleger bei Abschluss der Gesellschaftsverträge nicht erkennbar. Die Staatsanwaltschaft schließe aus der Erfolglosigkeit des Geschäftsmodells auf den Betrugsvorsatz der Angeschuldigten ohne angesichts des Bestreitens der Angeschuldigten - soweit sie sich eingelassen haben - die erforderlichen objektiven Tatsachen mitzuteilen, aus denen auf Betrugsvorsatz geschlossen werden könne. Hinsichtlich der Angaben der Angeschuldigten gegenüber den Anlagevermittlern, deren Vorstellungen und den Vorstellungen der Kapitalanleger hätten auch die eingeholten schriftlichen Auskünfte nicht zu einem solchen Erkenntnisgewinn geführt, dass sie als Beurteilungsgrundlage ausreichend wären. Im Hinblick darauf, dass zur Vervollständigung des Sachverhaltes nicht einzelne Beweiserhebungen, sondern im Grundsatz die weitgehende Durchführung von neuen Ermittlungen erforderlich sei, um möglicherweise die Vorstellungen der Anleger zu ermitteln, hat das Landgericht die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt. Wegen des weiteren Inhalts der angefochtenen Entscheidung wird auf die Beschlussgründe Bezug genommen.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, der sofortigen Beschwerde der Staatsanwaltschaft Bielefeld stattzugeben und den angefochtenen Beschluss aufzuheben sowie die Eröffnung des Hauptverfahrens zu beschließen. In der Beschwerdebegründung hat die Staatsanwaltschaft Bielefeld, der sich die Generalstaatsanwaltschaft angeschlossen hat, im Wesentlichen ausgeführt, dass das Geschäftsmodell der Q GmbH bereits zum Zeitpunkt der Insolvenz des "Vorgängerunternehmens" T4 GmbH gescheitert gewesen sei. Angesichts der Tatsache, dass den Angeschuldigten Diese Fakten bekannt gewesen seien, sei von der Kenntnis der Angeschuldigten von der Erfolglosigkeit des Geschäftsmodells bereits seit dem Beginn der Vermarktung der Rendite Leasing Fonds Gesellschaften auszugehen.

Im zweiten Tatkomplex liege das strafbare Verhalten der Angeschuldigten bereits darin, dass in 182 Fällen der vereinnahmten Konzeptionsgebühr keine Gegenleistungen gegenüber gestanden hätten, da Y vertraglich vereinbarten Investionspartner zur Investition der Kommanditeinlage nicht zur Verfügung gestanden hätten. Die Nachermittlung durch die Versendung und Auswertung der Fragebögen habe zu einer hinreichenden Konkretisierung im Sinne des Tatverdachtes geführt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung vom 9. August 2010 (Blatt 3005 ff. Band XV), vom 09.09.2010 (Blatt 3026 ff Band XV) und vom 28. Oktober 2010 (Blatt 3088 ff. Band XV ) Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die Wirtschaftsstrafkammer hat die Eröffnung des Hauptverfahrens zu Recht abgelehnt, da ein hinreichender Tatverdacht im Sinne der Anklagevorwürfe nicht besteht.

Nach § 203 StPO eröffnet das Gericht das Hauptverfahren, wenn nach dem Ergebnis des vorbereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig erscheint. Als hinreichender Tatverdacht wird die bei vorläufiger Tatbewertung bestehende Wahrscheinlichkeit einer späteren Verurteilung angesehen (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl. 2010, Rdnr. 2 zu § 203 StPO). Diese Wahrscheinlichkeit einer späteren Verurteilung besteht nach dem Ermittlungsergebnis nicht.

1.)

Nach dem Ergebnis der Ermittlungen kann der Angeschuldigte S3 trotz seiner bestreitenden Einlassung als faktischer Geschäftsführer der H3 GmbH angesehen werden. Zwar ist er nicht zum Geschäftsführer bestellt, jedoch hat er sich nach dem Ergebnis der Ermittlungen wie ein solcher verhalten, wofür es eine Vielzahl von Anhaltspunkten gibt. Dass er zunächst als Fünfzigprozentiger Anteilseigner erhebliches Interesse an der Gewinnmaximierung des Unternehmens hatte, liegt auf der Hand. Bei einem der zur Akte gelangten H Rendite Leasing Prospekte aus Mai 2007 wird er auf Seite 23 Dieses Prospekts als Geschäftsführer der H GmbH bezeichnet. Nach dem Ermittlungsergebnis wurde diese Eintragung in späteren Prospekten entfernt, jedoch spricht dies als gewichtiges Indiz für eine jedenfalls beabsichtigte Geschäftsführerbestellung. Bei der geschäftlichen Tätigkeit der H GmbH hat er sich auch wie ein Geschäftsführer verhalten. Nach den Zeugenaussagen verschiedener Vermittler war er auf einer nicht näher feststellbaren Anzahl von Anlageveranstaltungen, bei denen durch die Hauptvermittler anderen Finanzvermittlern das H-Konzept vorgestellt wurde, nicht nur zugegen, sondern hat auch Vorträge gehalten. Gegenüber dem Zeugen G3, der in erheblichem Umfang in Rendite Leasing Gesellschaften investiert hat, hat er das H-Konzept erläutert. Insbesondere hat er aber nach der Aussage der Zeugin T2, der damaligen Justitiarin der H-Unternehmensgruppe (Blatt 1567ff. Band VIII) gemeinsam mit dem Mitangeschuldigten S2 Einstellungsgespräche geführt. Sie hat den Angeschuldigten S3 wie einen Geschäftsführer wahrgenommen. Nach der Aussage der Zeugin E, die seinerzeit als Büromitarbeiterin in der Geschäftsführungs GmbH tätig war, war der Angeschuldigte S3 weitgehend in das Tagesgeschäft eingebunden und hat auch mit ihr Ende Mai 2005 ein Einstellungsgespräch geführt. Erst später wurde nach Aussage der Zeugin E das Einstellungsgespräch mit dem offiziell Personalverantwortlichen, dem Angeschuldigten S2, geführt. die Dokumentenmappe, in der sich auch jeweils die Eingangspost befunden habe, habe sowohl dem Angeschuldigten S3 als auch dem Angeschuldigten S2, und zwar in Dieser Reihenfolge, vorgelegt werden müssen. In Diesem Zusammenhang habe es am 19.01.2007 auch eine E-Mail an die Beschäftigten gegeben (Blatt 1622 Band VIII), in der es sinngemäß heißt, dass Y allgemeine Verwaltung gemeinsam betreut werde. Die Abgrenzung der Arbeitsbereiche würden die Angeschuldigten S2 und S3 untereinander klären und eine Vertretung in Abwesenheit des einen sei für den jeweils anderen gewährleistet.

2.)

Die Prämisse der Staatsanwaltschaft, die Angeschuldigten hätten ein Schneeballsystem etabliert, hat sich nach dem Ergebnis der Ermittlungen nicht mit hinreichender Sicherheit bestätigt. Eine Definition des Schneeballsystems findet sich in § 16 Abs. 2 UWG, in dem ein Verbot der progressiven Kundenwerbung zum Nachteil von Verbrauchern normiert ist. Nach dem Gesetzeswortlaut macht sich strafbar, wer es im geschäftlichen Verkehr unternimmt, Verbraucher zur Abnahme von Waren, Dienstleistungen oder Rechten durch das Versprechen zu veranlassen, sie würden entweder vom Veranstalter selbst oder von einem Dritten besondere Vorteile erlangen, wenn sie andere zum Abschluss gleichartiger Geschäfte veranlassen, die ihrerseits nach der Art Dieser Werbung derartige Vorteile für eine entsprechende Anwerbung weiterer Abnehmer erlangen sollen. Zwar schützt Diese Norm ausdrücklich nur Verbraucher, jedoch lässt sich dem Tatbestand eine Definition eines Schneeballsystems entnehmen. Bei der verbotenen progressiven Kundenwerbung beruht es darauf, dass ein Kunde typischerweise in ein System einbezogen wird, in dem er eine Ware erwirbt, für Diese aber keinen Verwendungszweck hat und deshalb gezwungen ist, sie an noch zu werbende weitere Abnehmer weiterzuverkaufen. Ein Verdienst ist also grundsätzlich nur durch die Neuanwerbung weiterer Kunden ohne Eigeninteresse an dem Verkauf des eigentlichen Produktes erzielbar und lässt sich tatsächlich nur in weiteren Provisionen realisieren (vgl. Sossnitza, Unlauterer Wettbewerb Gesetz, 12. Aufl. 2010, Rdnr. 34 zu § 16 UWG mit weiteren Nachweisen).

Auch die den BGH-Entscheidungen vom 29.07.2009 (NStZ 2010, 103) und vom

18. Februar 2009 (NStZ 2009, 330) zugrunde liegenden Sachverhalte sind jeweils durch Tathandlungen gekennzeichnet, bei denen Geldmittel eingeworben und nicht vereinbarungsgemäß verwendet, sondern weitgehend dem Vermögen der Täter zugeführt wurden, während die fälligen Renditeansprüche von Altanlegern durch neu eingeworbene Investitionen von Neuanlegern beglichen wurden. Kennzeichen eines derartigen Aufbaus ist, dass es jeweils einen ermittelbaren Zeitpunkt gibt, an dem aus den Neuinvestitionen die Renditeerwartungen der Altanleger nicht mehr beglichen werden können. Die Frage, ob ein SchneeballSystem betrieben wurde, entfaltet Relevanz bei der Bewertung der Tatvorwürfe. Haben sich die Angeschuldigten entschlossen, nach dem vorbeschriebenen Muster zu verfahren, läge insgesamt nur ein Tatentschluss vor und im Bereich des Schadens wäre nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Verlustrisiko zum Zeitpunkt der Vermögensverfügung als endgültiger Schaden im Sinne des § 263 StGB anzusehen (vgl. dazu BGH, NStZ 2009, 330).

Nach dem Ergebnis der Ermittlungen lässt sich indes nicht feststellen, dass die Angeschuldigten in derartiger Weise verfahren wären. Vielmehr ist ermittelt, dass über 2000 Medieneinheiten bundesweit aufgestellt und überwiegend auch betrieben wurden. Die Ermittlungen lassen dabei im Wesentlichen offen, welches Schicksal die Medieneinheiten nach der Inhaftierung der Angeschuldigten S2 und S3 bzw. der Insolvenz der Q GmbH genommen haben. Eine Systematische Prüfung, die insbesondere wichtig für die Frage der Strafzumessung im Hinblick auf eine möglicherweise teilweise eingetretene Schadenskompensation wäre, ist unterblieben. Dass die Medieneinheiten nach der Insolvenz von Q nicht mehr betrieben worden wären oder - wie die Anklage meint - über keinen Restwert verfügten, lässt sich nicht feststellen. Nach den nicht näher überprüften Angaben der Verteidigung betreibt etwa der Zeuge G3 die Mediensysteme inzwischen selbst, vgl. Schriftsatz Dr. I3 vom 26.11.2008 (Blatt 1445 Band VII). Der Zeuge G3 ist zwar am 21. Januar 2009 (Blatt 1603 ff. Band VIII) vernommen, hierzu aber nicht befragt worden.

Die Kenntnis der Angeschuldigten S2 und S3 von der Erfolglosigkeit des Geschäftsmodells aus ihrer Teilnahme an einer Besprechung über das Schicksal der Anlagegüter der insolventen T4 GmbH zu schließen, entbehrt einer beweisbaren Tatsachengrundlage. Der Inhalt der von der Zeugin E geschilderten Besprechung in I2 ist nicht ermittelt.

Soweit der Angschuldigte S2 gemeinsam mit der Angeschuldigten M2, die entgegen der Darstellung der Anklage auch alleinverfügungsbefugt war - so der Inhalt der vom Zeugen C4 mitgeteilten Kontodaten (Blatt 1736 Band IX) - Zugriff auf das Geschäftskonto der Q GmbH hatte, lässt sich hieraus nicht schliessen, dass er zu einem bestimmten Zeitpunkt angesichts fehlender Buchungen von Werbeeinnahmen bösgläubig geworden wäre, zumal die Anklage einen solchen Zeitpunkt angesichts der Annahme, dass das Konzept von Anfang an betrügerisch war, nicht mitteilt. Hinzu kommt, dass der Angeschuldigte S2 eine Pflicht zur Überwachung der Kontobewegungen der Q GmbH nicht hatte.

Bereits seit der Festnahme der Angeschuldigten S2 und S3 haben sich zudem mehrere Interessengruppen zusammengefunden, um - offenbar konkurrierend zueinander - die Tätigkeit der deutschen bzw. luxemburgischen Geschäftsführungs GmbH zu übernehmen und die Investitionstätigkeit der Kommanditgesellschaften fortzusetzen, beispielsweise die D GmbH in C, die sich mit Schreiben vom 23.10.2008 über ihren ehemaligen Vermittler D4 an Kommanditisten wandte und ein Q ähnliches Produkt für ein "Digital-Signage-Konzept mit Netzwerkbetrieb" angeboten hat oder von den Hauptvertrieblern T4 und T gemeinsam mit der die Unternehmensführung GmbH konzipierte neue Geschäftsführungs-GmbH (Blatt 1651 ff. Band VIII) oder das Y2-Konzept vom 4. September 2008 zur "wirtschaftlichen Rettung der H-Engagement" (Blatt 1160 Band VI ).

Soweit die Anklage hinsichtlich des Schneeballsystems auf die fehlenden Werbeeinnahmen der Q GmbH abstellt, wurde einzig die Zeugin B als Geschäftsführerin der Q2 GmbH, einem Werbeunternehmen in L5, befragt. Die Zeugin hat angegeben, dem Werbeverbund "City Cards" angeschlossen zu sein, zu dem 24 Werbeagenturen bundesweit, unter anderem in I, C3, N und im Ruhrgebiet, gehörten. Im Juni 2006 sei es zu einem Kontakt mit dem Angeschuldigten M3 gekommen, wobei in der Folgezeit eine Zusammenarbeit vereinbart wurde, bei der die Aufstellung von insgesamt 6000 Bildschirmen, davon 2000 in möglichst kurzer Zeit, angestrebt worden sei.

Nach Angaben der Zeugin B sei es in der Folgezeit lediglich gelungen, den Dumont-Verlag als Werbekunden zu gewinnen. Sie könne ausschließen, dass es, mit Ausnahme der Firma "Novum" in I, einer anderen Werbeagentur des Cit-Cards-Verbundes gelungen sei, Werbepartner zum Betrieb der Medieneinheiten einzuwerben. Die Aussage der Zeugin B als richtig unterstellt, spricht dies zwar für geringe Werbeeinnahmen, nicht jedoch für ein fehlendes Bemühen bzw. eine Kenntnis vor allem der Angeschuldigten S2 und S3 von der Aussichtslosigkeit des Geschäftsmodells. Zudem sind die in den Poster-TV-Werbeunterlagen angesprochenen Werbekunden T6, F, A, G, G4, Flughafen T3 usw. nach dem Akteninhalt nicht zu einer möglichen Zusammenarbeit mit der Q GmbH befragt worden. Zwar ist die Tatsache, dass in den Geschäftsunterlagen der Q GmbH entsprechende Korrespondenz nicht aufgefunden wurde, ein Indiz für das Nichtvorhandensein bestehender Geschäftsverbindungen, ausgeschlossen ist dies indes dadurch nicht. Insbesondere besteht nach dem Ermittlungsergebnis eine Geschäftsbeziehung zur Firma F, die eine Vielzahl von Monitoren für die Medieneinheiten geliefert hat. Vor diesem Hintergrund ist auch die buchhalterische Bewertung der Kick Back-Zahlungen von LG als Werbeeinnahme kritisch zu hinterfragen. Da die Staatsanwaltschaft das tatsächlich auf den Medieneinheiten abgespielte Programm auch nicht stichpunktartig ermittelt hat, ist nicht ausgeschlossen, dass LG tatsächlich Werbung geschaltet hat bzw. die geleisteten Kick Back-Zahlungen im Zusammenhang mit Werbevereinbarungen standen. In einer möglichen Hauptverhandlung wäre jedenfalls angesichts der Behauptung der Angeklagten, dass es Werbeverbindungen zu den Firmen gegeben habe, mit entsprechenden Beweisanträgen zu rechnen, denen nachzugehen bereits die Sachaufklärungspflicht gebieten würde.

3.)

Die nach der Rechtsprechung des BGH, auf die der Senat bereits in seinem Beschluss vom 8. Dezember 2009 hingewiesen hat, erforderlichen Feststellungen zu den Tathandlungen der Angeschuldigten lassen sich nicht treffen.

Der Senat hat insoweit bereits erhebliche Zweifel, ob die Umgrenzungsfunktion der Anklage, insbesondere was die Tatvorwürfe der unmittelbaren Täterschaft der Angeschuldigten S2 und S3 angeht, gewahrt ist. Denn weder in der Konkretisierung noch im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen finden sich konkrete Ausführungen dazu, welche konkrete Tätigkeit welcher der beiden Angeschuldigten entfaltet hat, um die in den beiden Listen Seiten 94a und 95 der Anklage genannten Personen getäuscht und zu einer Vermögensverfügung gebracht zu haben. Zwar lässt sich der Anklage noch entnehmen, dass die Staatsanwaltschaft meint, im Grunde sei jede Tätigkeit der Angeschuldigten im Zusammenhang mit der Förderung des Umsatzes der Leasingfondsgesellschaften vom Anklagevorwurf erfasst, so dass sich die Angeschuldigten in allgemeiner Form an jeder Tat beteiligt hätten. Der konkrete Lebenssachverhalt hinsichtlich Ort, Zeit, anwesenden Personen, handelndem Täter und Inhalt der Täuschungshandlung ist aber zunächst in den Fällen der vorgeworfenen unmittelbaren Täterschaft nicht ansatzweise festzustellen. Dies macht es den Angeschuldigten unmöglich, sich - etwa durch eine Alibibeweisbehauptung - gegen die Vorwürfe zu verteidigen.

Aber auch hinsichtlich der Fälle der mittelbaren Täterschaft lässt sich eine Tathandlung der Angeschuldigten nicht konkretisieren. Soweit die Staatsanwaltschaft meint, bereits die Erstellung der verschiedenen Werbeprospekte und Musterverträge beinhalte die Tathandlung, so ist Dies nicht zutreffend. Wie der Senat bereits ausgeführt hat, haben die Ermittlungen gerade nicht ergeben, dass Investitionsentscheidungen alleine aufgrund der Aushändigung des Prospektes an eine größere Personenzahl erfolgt wären. Alle zur Sache vernommenen Anlagevermittler, die Zeugen T5, B3, L, B4, T6, T, X, F3 und L2, haben ausgesagt, dass in Werbeveranstaltungen den Finanzvermittlern das Konzept nahe gebracht wurde und Diese - selbstbestimmt - entscheiden konnten, ob sie das Investmentkonzept ihren Kunden anbieten wollten oder nicht. Der Anklage lässt sich nicht ansatzweise entnehmen, welche Angaben welcher einzelne Vermittler seinem Kunden hinsichtlich des H-Konzeptes gemacht hattee, insbesondere auch schon nicht, welche Vorstellungen sich die Vermittler selbst von dem Anlagekonzept machten. Die Zeugin X, eine als Finanzvermittlerin tätige 1966 geborene Friseurmeisterin, hat in ihrer Vernehmung vom 13.01.2010 ausdrücklich ausgeschlossen, dass einer ihrer Kunden direkt aufgrund der Angaben der Angeschuldigten S2 und S3 zu einer Anlagenentscheidung gekommen wäre (Blatt 2424ff. Band XIII).

Die Annahme, dass alle oder die überwiegende Zahl der Finanzvermittler "gutgläubig" gewesen sein könnten, liegt nach Auffassung des Senats fern. Der Zeuge T etwa war bereits seit 2003 als Vermittler tätig und schulte in eigener Verantwortung seine Untervermittler. Gleiches ist zu dem später hinzugetretenen Zeugen L festzustellen, der teilweise gemeinsam mit dem Zeugen T Werbeveranstaltungen organisierte, auf denen die Angeschuldigten S2 und / oder S3 gewissermaßen als "Gastredner" auftraten. Der Zeuge B4 hat in seiner Vernehmung erklärt, es habe eine mündliche Präsentation des Konzepts gegeben, die Unterlagen seien später ausgehändigt worden. Gleiches hat auch Y Zeugin T6 in ihrer Vernehmung bestätigt.

Soweit die Staatsanwaltschaft durch die Aussendung der Fragebögen die fehlenden Angaben der Vermittler und Anleger ermitteln wollte, genügt Dies nicht, um die Mängel der Anklage zu heilen. Dabei ist zunächst festzustellen, dass - worauf auch die Verteidigung bereits hingewiesen hat - die schriftliche Vernehmung eines Zeugen nach Nr. 67 RiStBV nur in geeigneten Fällen möglich ist. Eine solche Sachlage ist hier jedoch nach Auffassung des Senats nicht gegeben. Die Vielzahl der beteiligten Personen auf Vermittler- bzw. Anlegerseite, die wiederum teilweise mehrere Investments getätigt haben, verbietet es, durch einen standardisierten Fragebogen Vernehmungen durchzuführen. Zudem ist insbesondere auch problematisch, dass hier eine Zeugenbelehrung der Anleger, die vielfach im Verdacht von Steuerstraftaten stehen, ebenso wie eine Belehrung der Vermittler, die im Verdacht der Täterschaft oder Gehilfenschaft an Betrugstaten der Angeschuldigten S2 und S3 stehen können, nicht erfolgt ist.

Insbesondere vor dem Hintergrund, dass bei manchen Anlegern mehrere Personen in Gestalt von Haupt- bzw. Untervermittlern, teilweise unter Hinzuziehung der Angeschuldigten S2 und / oder S3, involviert waren, hätte jeder der Anleger zu dem Hintergrund seiner Investmententscheidung individuell befragt und dies den jeweils handelnden Vermittlern bzw. Untervermittlern vorgehalten werden müssen. Wie das Landgericht zu Recht meint, werfen die eingegangenen Antworten derart viele Fragen auf, dass diese nicht im Rahmen der Hauptverhandlung aufgeklärt werden können. Hinzu kommt, dass die Anklage auch insoweit keine Konkretisierung der Tathandlungen dahingehend enthält, welcher Vermittler gegenüber welchem Anleger wann welche Erklärung abgegeben hat. Die Anleger sind ebenso wie die Vermittler weit überwiegend auch gar nicht als Beweismittel benannt, so dass davon auszugehen ist, dass die Staatsanwaltschaft deren Angaben für nicht relevant hält.

Hinsichtlich der - theoretisch - möglichen Nachholung der Vernehmungen ergibt sich die erhebliche Frage der Verwertbarkeit, jedenfalls aber der Aussagekraft eventueller späterer Zeugenvernehmungen. Die Zeugen sind jedenfalls durch die teilweise suggestiv gestellten Fragen in den ausgesandten Fragebögen bereits in einer bestimmten Weise beeinflusst, beispielsweise hinsichtlich der angeblichen Tätigkeit der Firma T4 als angeblichem "Vorgängerunternehmen" der Q GmbH und der von dem Angeschuldigten M3 "verschuldeten" Insolvenz der T4 GmbH oder der angeblich verletzten Aufklärungspflichten der Angeschuldigten S2 und S3 hinsichtlich ihrer Kenntnis von der Insolvenz der T4 GmbH.

Auf die Vorstellung der Anleger kann auch nicht aus dem übrigen Ermittlungsergebnis geschlossen werden. Dies ergibt sich bereits daraus, dass es Anleger gibt, die zwar Kommanditgesellschaften gegründet haben, diese jedoch nicht mit einem Investment von Q-Produkten betreiben bzw. offensichtlich nicht auf die Tätigkeit der H GmbH angewiesen sind, wie z.B. der Zeuge G3. Hinsichtlich des Anlegers L5 hat der Zeuge G2 ausgesagt, Dieser betreibe den Fuhrpark seines Unternehmen über die ihm gehörende H5 Gesellschaft.

Zudem finden sich an mehreren Stellen der Akte Hinweise darauf, dass es Anleger gab, die ein Steuersparmodell suchten. So ergibt sich beispielsweise aus der Klage der Rechtsanwältin M aus abgetretenem Recht gegen die Angeschuldigten S2 und S3, verschiedene Steuerberater, insbesondere den Steuerberater B2 und den Finanzvermittler B4 vom 15.03.2010 (Blatt 2845ff. Band XV), dass sich jedenfalls der Zedent M, ein Anleger, an den dortigen Beklagten B4, wandte, der steueroptimierte Kapitalanlagen in Gestalt von H5 anbot. Ähnliches ergibt sich aus dem Urteil des Landgerichts Krefeld vom 15.07.2010 (Blatt 3014 ff. Band XV), durch das der Zeuge L bzw. die L GmbH & Co. KG zu einer Zahlung von 34.000 € an den Anleger Dr. S verurteilt wurde. Dieser Anleger hatte sich nach der Klageschrift vom Zeugen L dahingehend beraten lassen, dass eine Rendite KG zur Erzielung "sinnvoller Renditen" und der Verwirklichung "steuerlich negativer Ergebnisse bis zu 250 %" gegründet werden sollten. Gleiches ergibt sich aus dem Schriftsatz des Rechtsanwalts B2 vom 19.05.2010, mit dem er der Staatsanwaltschaft Bielefeld mitteilt, dass er den Anleger B5 gegen die Corus Invest Gruppe des Zeugen B4 vertrete, die gegenüber seinem Mandanten von einer "konservativ sicheren Anlage und darüber hinaus auch steuerlichen Abzugsfähigkeit" gesprochen habe.

Insofern erscheint fraglich, ob die möglicherweise tatsächlich nicht erheblichen Werbeeinnahmen von Q GmbH überhaupt ein entscheidendes Abwägungskriterium der Investoren waren. Dass es sich bei dem H Investment-Konzept gerade nicht um ein "konservatives Anlagekonzept" handelte, ergibt sich ohne weiteres aus den Prospekten und den Vorschlägen zur Investitionsplanung. Wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, findet sich darin der Hinweis, dass der Anleger mit einem Totalverlust seiner Investition rechnen muss.

Hinsichtlich der angeklagten Fälle der vereinnahmten Konzeptionsgebühr der Luxemburger Gesellschaften, in denen eine Investition nicht mehr erfolgt ist, besteht kein hinreichender Tatverdacht eines Betruges aufgrund fehlender Gegenleistungen. Festzustellen ist zunächst, dass die sogenannte Konzeptionsgebühr bei allen gegründeten Fondsgesellschaften von der jeweiligen Geschäftsführungsgesellschaft vereinnahmt worden sein dürfte. Welche Vorstellungen die Kommanditisten sowohl der deutschen als auch der luxemburgischen Gesellschaften sich hinsichtlich des Grundes für das Anfallen des Entgeltes machten, ist nicht ermittelt. Es kann jedenfalls nicht ohne weiteres angenommen werden, dass unter "Konzeption" zu verstehen ist, dass die Geschäftsführungs GmbH dafür vergütet werden sollte, dass sie tatsächlich auf Investitionsmöglichkeiten hinwirkte, das heißt, dass sie für das Verdienen der Konzeptionsgebühr einen Erfolg schuldete. Das tatsächliche Vorhandensein von Investitionsmöglichkeiten zu jedem Zeitpunkt des Bestehens der Kommanditgesellschaft war jedenfalls nicht zugesichert. Nach einer nahe liegenden Interpretation handelt es sich - wie auch das Landgericht meint - schon bei der Konstruktion der Rendite Leasing Fonds KGs um eine Konzeption. Bei der konkreten Ausgestaltung der Rendite Leasing Fonds KGs beispielsweise wird nach dem Gesellschaftsvertrag der Kommanditist und nicht der Komplementär der Unternehmer im eigentlichen Sinne, da ersterer über die Verwendung des Gesellschaftsvermögens bestimmt. Die Komplementärgesellschaft hat kein eigenes Stimmrecht. Wie sich anhand des Anlegers L zeigt, war Diese Konstruktion offensichtlich auch abseits von Investitionsangeboten durch die Geschäftsführungs GmbH brauchbar. Hinzu kommt, dass nach dem Ergebnis der Ermittlungen den Anlegern klar sein musste, dass für die Vermittlung des H Geschäftsmodells ihre Finanzvermittler, die teilweise Untervermittler waren, vergütet werden würden. Dies konnte realistischerweise nur aus Konzeptionsgebühr und / oder erhobenem Agio geschehen. Wenn der Zeuge L für eine durch ihn erfolgte Vermittlung allein 12.000 € erwartete, waren Konzeptionsgebühr und Agio nahezu aufgezehrt allein durch die Bezahlung der Provision eines Vermittlers. Ob demgegenüber Y konkrete Ausgestaltung einer GmbH & Co. KG 15.000 € wert ist, beurteilt sich nach den Verhältnissen des Marktes und seiner Teilnehmer. Angesichts der Anlagen von bis zu 175.000 € ist jedenfalls ein konkretes Missverhältnis nicht ohne Weiteres festzustellen. Hinzu kommt, dass eine Reihe von Anlegern in mehrere Kommanditgesellschaften investiert haben, so dass Konzeptionsgebühr und Agio mehrfach anfielen. Dies spricht im Übrigen auch dafür, dass diese Anleger an der Generierung kurzfristiger Verluste interessiert waren, weil sie anderenfalls - unter nur einmaliger Zahlung der Konzeptionsgebühr - höhere Beträge in eine einzige Kommanditgesellschaft hätten investieren können.

Soweit die Anklage annimmt, dass es in den genannten Fällen der Luxemburger Gesellschaften keine konkreten Anlagemöglichkeiten mehr gab, lässt sich auch dies nicht feststellen bzw. lässt sich aus dem tatsächlichen Nichtvorhandensein solcher Anlagemöglichkeiten nicht auf einen Betrugsvorsatz der Angeklagten S2 und S3 schließen. Bereits seit dem Jahr 2007 lief eine - offensichtlich von einem oder mehreren Anlegern angestoßene - Kampagne im Internet gegen den Angeschuldigten S2 und die H-Unternehmensgruppe, was naturgemäß bei der Anwerbung weiterer Investmentmöglichkeiten nicht förderlich gewesen sein dürfte. Zudem hat etwa der Zeuge L2, der Y 144 Luxemburger KG gegründet hatte, in die sogenannten "V3", die auch von der H3 GmbH beworben wurden, investiert, wie er in seiner telefonischen Anhörung vom 29.01.2010 (Blattt 2475 ff. Band XIII) angegeben hat, wobei die Art des Investments unklar geblieben ist. Der Zeuge Dr. L4 hat in seiner Vernehmung vom 18.02.2009 (Blatt 1728 ff. Band IX) angegeben, dass die T7-GmbH nach der von ihr als positiv empfundenen Zusammenarbeit mit der H-Unternehmensgruppe im Frühsommer 2008 wegen einer weiteren Investitionsmöglichkeit im Gespräch war. Es sei zwar noch zu keinem Abschluss gekommen, jedoch sei es um die Finanzierung von Trinkwasseraufbereitungsanlagen gegangen. Zudem habe T7 an Gartenteichpumpen gearbeitet. Für Dieses Produkt habe man auch nach Risikofinanzierern gesucht. Allerdings sei das Konzept seinerzeit noch nicht weit gediehen gewesen.

Das Abstellen der Anklage auf die fehlende Bonität der Q GmbH ist in mehrfacher Hinsicht nicht zielführend im Hinblick auf die Bejahung eines hinreichenden Tatverdachtes. Bei der Bonität handelt es sich im Prinzip um das Ansehen eines Unternehmens, zu dem auch die Kreditwürdigkeit gehört. Dies erscheint als Kriterium für die Täuschung der Anlieger nicht maßgeblich. Zum einen kann sich die Bonität regelmäßig ändern, zum anderen ging es bei den getätigten Investitionen ja gerade darum, einem Unternehmen die Finanzierung der Expansion zu ermöglichen, ohne dass eine Drittfinanzierung außerhalb des Verhältnisses der Leasinggesellschaften zur Q erforderlich gewesen wäre. Ebensowenig ist die Feststellung der Eigenkapitalquote der Q GmbH für sich genommen eine aussagekräftige Größe. Die Eigenkapitalquote von Unternehmen variiert ganz erheblich nach der Größe der Unternehmen und nach der Art des hergestellten oder vertriebenen Produktes. Dabei wird das Eigenkapital je nach Kontext unterschiedlich bewertet, beispielsweise bei der Betrachtung des wirtschaftlichen Wertes einem Unternehmen gehörender bereits abgeschriebener Anlagegüter. Wie der Senat aus allgemein zugänglichen Quellen in Erfahrung gebracht hat, haben etwa Banken eine durchschnittliche Eigenkapitalquote von 8 %, was im Bereich der Eigenkapitalquote von Q liegt.

Nach alledem kann ein hinreichender Tatverdacht hinsichtlich der Angeschuldigten S2 und S3 nicht bejaht werden.

Ein hinreichender Tatverdacht gegen die Angeschuldigten M2 und M3 scheitert an der fehlenden Haupttat der Angeschuldigten S2 und S3.

Wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, erscheinen die Mängel der Anklage als im Zwischenverfahren nicht heilbar. Grundsätzlich müssten die Ermittlungen in wesentlichen Teilen, insbesondere hinsichtlich der Anleger und Vermittler, neu durchgeführt werden. Die Anklage in ihrer jetzigen Form geht vom ursprünglichen Ermittlungsansatz der Verdachtsanzeige, nämlich der Gestaltung eines Prospektes zum Kapitalanlagebetrug, aus. Selbst unterstellt, die Ermittlungen wären nachholbar, kann die Anklage nicht durch rechtliche oder tatschliche Hinweise in einem Eröffnungsbeschluss nachgebessert werden. In der Anklage fehlt die Konkretisierung der einzelnen Fälle völlig, so dass Hinweise auf eine Neugestaltung der Anklage hinauslaufen würden, Y von § 265 Abs. 1 StPO nicht mehr gedeckt ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 2 StPO.






OLG Hamm:
Beschluss v. 20.01.2011
Az: III-3 Ws 399-402/10


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/89a30282a1d9/OLG-Hamm_Beschluss_vom_20-Januar-2011_Az_III-3-Ws-399-402-10




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