Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. April 2005
Aktenzeichen: 26 W (pat) 179/04

(BPatG: Beschluss v. 20.04.2005, Az.: 26 W (pat) 179/04)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die noch für die Waren

"Kunststoffbehälter, soweit in Klasse 20 enthalten, zur Belieferung von Industriebetrieben, die diese Behälter befüllen und verschließen"

am 10.1.2000 eingetragene Marke 399 64 955 EMSAFE ist Widerspruch erhoben aus der seit 23.11.1983 ua für die Waren

"tragbare Behälter und Geschirre für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder plattiert)"

geschützten Marke 1 056 281 Emsa.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat die Einrede der Nichtbenutzung erhoben, worauf die Widersprechende zwei eidesstattliche Versicherungen sowie weitere Unterlagen eingereicht hat.

Die Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen.

Aufgrund der von der Inhaberin der angegriffenen Marke zulässigerweise bestrittenen Benutzung der älteren Marke könne im vorliegenden Fall nur von einer Benutzung der Widerspruchsmarke für "tragbare Behälter und Geschirre für Haushalt und Küche" ausgegangen werden. Eine weitergehende rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke habe die Widersprechende nicht glaubhaft gemacht. Diese unter die Klasse 21 fallenden Waren umfassten nicht die - ausdrücklich der Klasse 20 zugeordneten - für die Industrie bestimmten Kunststoffbehälter der angegriffenen Marke, die offenbar als Verpackungen dienten. In Anbetracht der unterschiedlichen Abnehmerkreise und Einsatzzwecke der beiderseitigen Waren sei von deutlich voneinander abgesetzten Produktgruppen auszugehen, so dass sich entgegen der Auffassung der Widersprechenden keine identischen Waren gegenüberstünden. Die vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen, die angegebenen Umsatzzahlen für "Frischhaltedosen" sowie die eher geringen Werbeaufwendungen belegten keine gesteigerte Verkehrsbekanntheit der Widerspruchsmarke, weshalb an den Markenabstand nur durchschnittliche Anforderungen zu stellen seien, denen die angegriffene Marke in jeder Richtung gerecht werde. In schriftbildlicher Hinsicht seien die beiden zusätzlichen Buchstaben "FE" am Ende der jüngeren Marke nicht zu übersehen, zumal diese mit sechs Buchstaben wesentlich länger erscheine als die lediglich vier Buchstaben umfassende ältere Marke. Auch klanglich hebe sich die angegriffene Marke hinreichend vom Gegenzeichen ab. Wegen des darin enthaltenen geläufigen englischen Worts "safe" (= "sicher") sei bei ihm überwiegend mit einer englischen Aussprache wie "emseif" bzw "imseif" zu rechnen, so dass sich deutliche Abweichungen in den Vokalfolgen und infolge des zusätzlichen "f" am Ende der jüngeren Marke ergäben. Zudem trage die in "EMSAFE" enthaltene begriffliche Stütze zur sicheren Unterscheidbarkeit der Vergleichswörter bei. Diese sei auch bei buchstabengetreuer "deutscher" Aussprache der angegriffenen Marke gewährleistet. Einer etwaigen mittelbaren Verwechslungsgefahr stehe entgegen, dass innerhalb des Wortes "EMSAFE" nicht "EMSA", sondern "SAFE" als Einheit hervortrete.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Ihrer Ansicht nach sind die Waren "tragbare Behälter und Geschirre für Haushalt und Küche" ihrer Marke den Waren der jüngeren Marke unbedenklich ähnlich, denn es handele sich jeweils um (Kunststoff-)Behälter, die befüllt und verschlossen werden könnten, wobei den Bestimmungsangaben allenfalls untergeordnete Bedeutung zukomme. Aufgrund der eingereichten Benutzungsunterlagen und der Umsatzstärke der Marke "Emsa" komme ihr im Haushaltswarenbereich ein gesteigerter Schutzumfang zu. An den Abstand der jüngeren Marke seien deshalb erhöhte Anforderungen zu stellen, denen diese nicht gerecht werde. Die Gefahr von Verwechslungen ergebe sich daraus, dass die Widerspruchsmarke identisch in der angegriffenen Marke enthalten sei. Das zusätzliche Zeichenende "FE" werde erfahrungsgemäß wenig beachtet, verschluckt, als Hinweis auf eine weitere Produktlinie oder als Sortimentsbezeichnung angesehen. Im Hinblick auf eine Vielzahl eingetragener Marken mit dem Bestandteil "Emsa" bestehe auch eine assoziative Verwechslungsgefahr. Demgemäß beantragt die Widersprechende die Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse und Stattgabe ihres Widerspruchs.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt die Zurückweisung der Beschwerde. Sie verweist darauf, dass ihre Kunststoffbehälter als Umverpackung an Industriebetriebe vertrieben würden, während die Haushaltswaren der Widersprechenden ausschließlich von privaten Endverbrauchern bezogen würden. Aus den eingereichten Benutzungsunterlagen gehe die behauptete gesteigerte Verkehrsbekanntheit der Widerspruchsmarke nicht hervor. An den Markenabstand seien daher auch nur normale Anforderungen zu stellen, den die jüngere Marke einhalte, weil die Kennzeichnung "EMSA" nicht selbständig in der angegriffenen Marke in Erscheinung trete. Eine Benutzung der von der Widersprechenden geltend gemachten Markenserie werde bestritten. Die angegriffene Einwortmarke passe zudem nicht in die Serie der von der Widersprechenden angeführten Zweiwortmarken.

II.

Die zulässige Beschwerde erweist sich in der Sache als unbegründet, denn auch nach Auffassung des Senats besteht zwischen den sich gegenüberstehenden Marken keine Verwechslungsgefahr iSd § 9 Abs. 1 Nr 2 MarkenG.

Die Gefahr markenrechtlich erheblicher Verwechslungen ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH GRUR 1998, 387 - Sabèl/Puma). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (EuGH GRUR 1998, 922 - Canon).

Die von der Widersprechenden auf die zulässige Nichtbenutzungseinrede der Markeninhaberin eingereichten Unterlagen belegen eine Benutzung der Widerspruchsmarke für "tragbare Behälter und Geschirre aus Kunststoff für Haushalt und Küche", was die Inhaberin der angegriffenen Marke auch nicht mehr in Zweifel zieht.

Bei der Beurteilung der Warenähnlichkeit ist im vorliegenden Fall von einer Ähnlichkeit der vorgenannten Haushaltswaren und den "Kunststoffbehältern zur Belieferung von Industriebetrieben" der jüngeren Marke auszugehen. Beide Produkte werden von Kunststoff verarbeitenden Betrieben hergestellt und dienen der Verpackung oder Aufbewahrung von Speisen oder Lebensmitteln. Dennoch unterscheiden sich ihre Einsatzzwecke insoweit erheblich, als die von der Widersprechenden vertriebenen Haushaltswaren für den privaten Gebrauch, die Produkte der Markeninhaberin ihrem Wesen nach dagegen für die Lebensmittelindustrie (zB als Joghurtbecher) bestimmt sind. Damit unterscheiden sich die Abnehmer der beiderseitigen Produkte erheblich - ein Umstand, der die Warenähnlichkeit vermindert (vgl. dazu Ströbele/Hacker MarkenG, 7. Aufl., § 9 Rdnr. 107). Selbst wenn zugunsten der Widersprechenden aufgrund der vorgetragenen langjährigen und umfangreichen Benutzung ihrer Marke von einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen wird, sind an den Abstand der Vergleichsmarken deshalb nur durchschnittliche Anforderungen zu stellen, denen die angegriffene Marke in ausreichendem Maße gerecht wird.

Entgegen der von der Widersprechenden vertretenen Auffassung besteht zwischen den Vergleichsmarken "EMSAFE" und "Emsa" in keiner Richtung eine markenrechtlich erhebliche Verwechslungsgefahr: Im schriftbildlichen Gesamteindruck unterscheidet sich die angegriffene, nur dreisilbige Marke von der zweisilbigen Widerspruchsmarke durch die zusätzliche Mehrsilbe "FE" am Wortende und damit durch die abweichende Buchstabenzahl (6 gegenüber 4) hinreichend deutlich.

Bei der Beurteilung des klanglichen Gesamteindrucks kommt es vorrangig auf die Silbenzahl und die Vokalfolge an. Insoweit stehen sich das dreisilbige "emsafe" (deutsch ausgesprochen) oder "emseif" bzw "imseif" (englisch ausgesprochen) und das zweisilbige "emsa" gegenüber. In beiden Fällen reichen die Mehrsilbe "fe" oder die unterschiedlichen Endsilben (seif/sa) für die klangliche Unterscheidbarkeit aus.

Entgegen der Ansicht der Widersprechenden kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der angesprochene Verkehr - hier die Einkäufer von Betrieben der Lebensmittelindustrie - das zusätzliche Zeichenende "FE" etwa nur als (beschreibenden) Hinweis auf eine weitere Produktlinie oder Sortimentsbezeichnung der unter der Marke "Emsa" vertriebenen Produkte auffassen und dieses daher gegenüber dem weiteren Markenbestandteil "EMSA" in einer Weise zurücktritt, dass es für den Gesamteindruck der angegriffenen Marke vernachlässigt werden könnte (vgl. dazu BGH GRUR 2000, 233 - RAUSCH/ELFI RAUCH). Hiergegen spricht vor allem, dass der angesprochene Verkehr den Zeichenteil "...SAFE" aufgrund seines erkennbaren Sinngehalts (sicher; Schließfach, Tresor) als Einheit werten wird, was vorrangig für eine gedankliche Trennung der jüngeren Marke in "EM-SAFE" spricht und eine Zerlegung in die Silben "Emsa - fe" praktisch ausschließt.

Soweit sich die Widersprechende unter Hinweis auf eine Vielzahl eingetragener Marken mit dem Bestandteil "Emsa" beruft, vermögen diese eine assoziative Verwechslungsgefahr nicht zu begründen. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat eine Benutzung dieser Kennzeichnungen bestritten. Da die Widersprechende jedoch keine Angaben hierzu gemacht hat, kann nicht von der Existenz einer derartigen Zeichenserie ausgegangen werden (vgl. dazu Ströbele/Hacker MarkenG, 7. Aufl. § 9 Rdnr 474). Es kommt hinzu, dass es sich bei den genannten "Serienzeichen" um Mehrwortmarken handelt, während die jüngere Marke in einem Wort geschrieben wird, weshalb sich eine gedankliche Verbindung ohnehin nicht aufdrängt. Soweit die Widerspruchsmarke auch als Teil der Firmenkennzeichnung verwendet wird, reicht auch dieser Umstand angesichts des geschlossenen Eindrucks von "EMSAFE" nicht aus, eine mittelbare Verwechslungsgefahr zu begründen.

Der Beschwerde musste deshalb der Erfolg versagt werden.

Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs 1 MarkenG bestand kein Anlaß.

Albert Eder Kraft Ju






BPatG:
Beschluss v. 20.04.2005
Az: 26 W (pat) 179/04


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