Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. Dezember 2000
Aktenzeichen: 10 W (pat) 67/00

(BPatG: Beschluss v. 04.12.2000, Az.: 10 W (pat) 67/00)

Tenor

1. Der Antrag der Antragsteller vom 2. Oktober 2000 auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller.

Gründe

I Am 30. November 1995 sind im Markenregister des Patentamts der Antragsteller zu 2) und D... als Inhaber der Marke 2 912 542 "Ballermann 6" eingetragen worden. Die Marke ist geschützt für Waren der Klassen 32, 33 und 42.

Der Anteil des Antragstellers zu 2) an der Marke 2 912 542 ist mehrfach übertragen worden, zuletzt auf die Antragstellerin zu 1), die insoweit am 4. Januar 2000 Umschreibungsantrag gestellt hat.

Hinsichtlich des Anteils von D... hat die I... Service GmbH (im folgenden I... GmbH) am 11. Dezember 1999 Umschreibung auf sich beantragt und zum Nachweis des Rechtsübergangs einen "dinglichen Übertragungsvertrag" vom 19. Juli 1998 in Verbindung mit einer schuldrechtlichen Vereinbarung vom 18. November 1999 vorgelegt, aus der sich die Zustimmung des D... zu der Umschreibung ergibt.

Mit Eingabe vom 10. Dezember 1999 hat der Antragsteller zu 2) dem Patentamt mitgeteilt, daß er von der beabsichtigten Umschreibung des Anteils D... auf die I... GmbH erfahren habe und dieser widerspreche. Er besitze an dem Markenanteil von D... Pfändungspfandrechte wegen Kostenerstattungsansprüchen aufgrund Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen des AG H... vom 2. Januar 1996 - Az: 8 M 5460/95 - und des AG A... vom 26. November 1997 - Az: 9 M 906/97. Außerdem sei am 9. Dezember 1999 wegen weiterer Kostenerstattungansprüche ein dinglicher Arrest in das Vermögen des D... verbunden mit einer Pfändung seines Anteils an der Marke erwirkt worden. Dieser besitze daher keine Verfügungsbefugnis über seinen Markenanteil.

Die I... GmbH hat mit Schriftsatz vom 6. Juni 2000 mitgeteilt, daß die beiden Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse nunmehr aufgehoben worden seien und vollstreckbare Ausfertigungen der entsprechenden Beschlüsse des AG H... vom 21. März 2000 - Az: 8 M 5460/95 - und des AG A... vom 18. Mai 2000 - Az: 9 M 906/97 - vorgelegt. Dem Umscheibungsantrag sei daher stattzugeben.

Mit Verfügung vom 18. September 2000 hat das Patentamt die Marke 2 912 542 umgeschrieben auf 1. E...

gemäß Umschreibungsantrag vom 4.1.2000 2. I... Servicegemäß Umschreibungsantrag vom 10.12.1999.

gleichzeitig die Antragsteller zu 1) und 2) sowie die I... GmbH von der Umschrei- bung benachrichtigt. Dem Antragsteller zu 2) teilte das Patentamt ferner mit, daß die von ihm durch Beschlüsse des AG A... jeweils vom 16. Dezember 1999 (Az: 9 C 358/99 und 9 C 347/99) erwirkten Arrestpfändungen des Anteils D... an der Marke 2 912 542 seien nach der Übertragung des Markenanteils auf die I... GmbH erfolgt und hätten die Umschreibung nicht hindern können.

Die Antragstellerin zu 1) hat beim Patentamt gegen die Umschreibung des Anteils D... auf die I... GmbH am 20. September 2000 Erinnerung eingelegt mit dem Antrag, die Umschreibung bis 22. September 2000 rückgängig zu machen und ... D... wieder als Mitinhaber der Marke einzutragen. Sie hält die Umschreibung für verfahrensfehlerhaft, weil sie vom Patentamt in Kenntnis der Verfügungsbeschränkung vorgenommen worden sei, der D... hinsichtlich seines Markenanteils aufgrund der Arrestpfändungen unterworfen gewesen sei. Auf jeden Fall hätte das Patentamt dem Antragsteller zu 2) als Arrestpfandgläubiger vor der Umschreibung Gelegenheit zur Stellungnahme geben müssen und sich bei der Umschreibung nicht - wie geschehen - allein auf die unzutreffenden Ausführungen der I... GmbH zu der Rechtslage bezüglich der Arrestpfändungen stützen dürfen. Durch die grob fahrlässige Umschreibung des Markenanteils D... entstehe der Antragstellerin zu 1) ein Schaden in etwa sechsstelliger Millionenhöhe.

Am 2. Oktober 2000 haben die Antragsteller zu 1) und 2) beim Bundespatentgericht unter Benennung der I... GmbH als Antragsgegnerin den Erlaß einer einstweiligen Verfügung mit dem Ziel beantragt, die Umschreibung des Markenanteil D... rückgängig zu machen bis über die Erinnerung entschieden sei.

Zur Begründung tragen sie vor, daß es ihnen wegen der Dringlichkeit der Sache nicht zuzumuten sei, bis zur Entscheidung über die Erinnerung zu warten. Es werde daher bei dem für die Entscheidung über die Hauptsache zuständigen Bundespatentgericht gemäß § 82 Abs. 1 MarkenG iVm § 937 Abs. 1 ZPO beantragt, einstweilen den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen und D... wieder in die Rolle einzutragen. Die Umschreibung des Markenanteils D... auf die I... GmbH sei rechtswidrig erfolgt, weil wegen der ständig auf dem Markenanteil lastenden Pfändungspfandrechte aufgrund der zugunsten des Antragstellers zu 2) ausgebrachten Arreste ein Veräußerungsverbot gemäß §§ 135, 136 ZPO bestanden habe. D... sei daher im Zeitpunkt der Übertragung seines Anteils an der Marke nicht verfügungsbefugt gewesen. Das Patentamt habe es darüber hinaus auch versäumt, den Antragstellern vor der Umschreibung rechtliches Gehör zu gewähren. Durch die Eintragung der I... GmbH entstehe die Vermutungswirkung ihrer Rechtsinhaberschaft, die sie in die Lage versetze, Lizenzverträge über die Marke abzuschließen. Damit wirke die I... GmbH als Lizenzgeberin mittelbar an Markenverletzungen mit, denn sie bemühe sich gegenwärtig massiv darum, Lizenznehmer zu finden, welche "Ballermann"-Gaststätten eröffneten. Gegen solche Betriebe habe sich die Antragstellerin zu 1) in der Vergangenheit bereits mehrfach im Wege einstweiliger Verfügungen erfolgreich gewehrt. Die Untersagung werde erschwert, wenn die ISD ebenfalls Lizenzen an der Marke "Ballermann 6" vergebe.

Der Antragsteller zu 2) trägt ferner vor, daß er durch Erklärung vom 18. August 2000 seine gesamten Forderungen gegen D... aus den Ko- stenerstattungsansprüchen, die Grundlage der vom Amtsgericht A... am 16. Dezember 1999 verfügten Arreste (Az: 9 C 347/99 und 9 C 358/99) seien, an die Antragstellerin zu 1), abgetreten habe. Schließlich macht er noch geltend, daß er mit Schriftsatz vom 16. November 2000 gegenüber D... die dingliche Übertragung des Markenanteils auf die I... GmbH gemäß §§ 3, 4 AnfG angefochten habe.

Die Antragsteller beantragen, 1. als Mitinhaber der Marke 2 912 542 wird neben Frau Annette Engelhardt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Erinnerung vom 20. September 2000 wieder D... ein- getragen;

hilfsweise, 1a) die Eintragung des Mitinhabers "I... GmbH" an der Marke 2 912 542 wird bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Erinnerung vom 20. September 2000 für unzulässig erklärt, weiterhin hilfsweise, 1b) die Rechtsbeschwerde zur Klärung folgender Rechtsfragen zuzulassen:

aa) Ist die Beantragung einer einstweiligen Verfügung beim BPatG zulässig, wennaaa) in der Markenrolle eine objektiv unrichtige Umschreibung erfolgte und/oderbbb) der neu eingetragene Marken(-Mit)Inhaber vorhersehbar diese Umschreibung zum Abschluß (weiterer) Lizenzverträge verwenden wird und/oderbb) eine anderweitige Rechtshängigkeit bezüglich der Wirksamkeit der Pfändung der Marke 2 912 542 besteht.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung sowie den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, daß das Bundespatentgericht zwar einstweilige Verfügungen erlassen könne. Die Antragsteller hätten vorliegend jedoch nicht glaubhaft gemacht, daß ihnen ein Verfügungsanspruch auf Wiedereintragung von D... als Mitinhaber der Marke 2 912 542 zustehe. Dessen Verfügungsbeschränkung sei mit der Aufhebung der Pfändungspfandrechte durch Beschlüsse des AG H... vom 21. März 2000 (Az: 8 M 5460/95) und des AG A... vom 18. Mai 2000 (Az: 9 M 906/97) weggefallen. Damit habe die am 19. Juli 1998 erfolgte, zunächst schwebend unwirksame Übertragung des Miteigentumsanteils an die I... GmbH volle Wirkung erlangt. Die späteren, in Vollzug der dinglichen Arreste des AG A... vom 16. Dezember 1999 erfolgten Pfändungen des Miteigentumsanteils von D... beträfen andere Forderungen, denen nicht der Rang der früheren Pfändungspfandrechte zukomme. Die Umschreibung sei daher zu Recht erfolgt. Die Antragsteller hätten auch keine Tatsachen für eine Dringlichkeit der beantragten Maßnahme vorgetragen, die im übrigen auch deshalb unzulässig sei, weil sie die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehme.

II Der beantragte Erlaß einer einstweiligen Verfügung ist sowohl nach dem Haupt-, als auch nach dem Hilfsantrag unstatthaft.

1. Die Antragsteller haben in der mündlichen Verhandlung klargestellt, daß ihr Hauptantrag nicht auf die - in die Zuständigkeit der Zivilgerichte fallende - Verurteilung der Antragsgegnerin zur Erteilung der Einwilligung in die Rückumschreibung der Marke 2 912 542 auf D... gerichtet ist. Vielmehr soll das Patentamt verpflichtet werden, D... einstweilen - bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Erinnerung - wieder als Mitinhaber in das Markenregister einzutragen.

Ausgehend von diesem Begehren bestehen bereits erhebliche Zweifel, ob das Patentgericht für die Entscheidung über den Antrag auf einstweilige Verfügung überhaupt zuständig ist. Das für den Erlaß einer einstweiligen Verfügungen zuständige Gericht ist nach der gemäß § 82 Abs. 1 MarkenG entsprechend anzuwendenden Vorschrift des § 937 Abs. 1 ZPO das für die Entscheidung in der Hauptsache zuständige Gericht bzw das Gericht, bei dem das Hauptsacheverfahren anhängig ist. Das Umschreibungsverfahren ist vorliegend beim Patentamt anhängig, das jedoch als Verwaltungsbehörde für den Erlaß einstweiliger Verfügungen nicht zuständig ist. Auch das Patentgericht kann nicht als das in der Hauptsache zuständige Gericht angesehen werden, weil es nach § 66 Abs. 1 MarkenG über Beschwerden gegen die Beschlüsse der Markenstellen und Markenabteilungen des Deutschen Patentamts entscheidet. Bei dem Beschwerdeverfahren handelt es sich um ein echtes Rechtsmittelverfahren , mit dem eine zweite - nunmehr gerichtliche - Tatsacheninstanz eröffnet wird (vgl BGH GRUR 1969, 562 "Appreturmittel"; 1995, 333, 337 "Aluminium -Trihydroxid"; 1998, 938, 939 "DRAGON"). Damit unterscheidet sich das Patentgericht von den Verwaltungsgerichten, die gemäß § 123 Abs. 2 VwGO das für den Erlaß einstweiliger Anordnungen zuständige Gericht erster Instanz bilden. Anträge, über die das Patentgericht in erster Instanz zu entscheiden hat, betreffen nur Nebenverfahren, wie Anträge auf Kostenentscheidung nach Rücknahme der Beschwerde (§ 71 Abs. 1 MarkenG), Anträge auf Festsetzung der Kosten des Beschwerdeverfahren (§ 71 Abs. 5 MarkenG) oder Anträge auf Einsicht in die Beschwerdeakten (§ 82 Abs. 3 MarkenG). Nach Auffassung des Senats bestehen daher keine Anhaltspunkte, die für eine Zuständigkeit des Patentgerichts zur Entscheidung über den nach Haupt- und Hilfsantrag beantragten Erlaß einer einstweiligen Verfügung sprechen könnten.

2. Selbst wenn aber die Zuständigkeit der Patentgerichts unterstellt wird, ist den Anträgen jedenfalls deshalb der Erfolg zu versagen, weil sie nicht statthaft sind.

a) Wie sich bereits aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, sind einstweilige Verfügungen im Markengesetz nicht vorgesehen. Auch in den anderen, Registerrechte des gewerblichen Rechtsschutzes betreffenden Gesetzen (Patent-, Gebrauchsmuster-, Geschmacksmuster-, Halbleiterschutz- und Sortenschutzgesetz) finden sich mit Ausnahme der in dem Verfahren wegen Erteilung einer Zwangslizenz gemäß § 85 Abs. 1 PatG bzw § 20 GebrMG gestatteten einstweiligen Verfügung keine Vorschriften über die Zulässigkeit eines vorläufigen Rechtsschutzes im patentamtlichen oder patentgerichtlichen Verfahren.

b) Der Erlaß einstweiliger Verfügungen kommt aber auch über eine gemäß § 82 Abs. 1 MarkenG entsprechende Anwendung der Bestimmungen der §§ 935 ff ZPO nicht in Betracht, denn die Vorschrift des § 82 Abs. 1 MarkenG ist ihrem Sinn und Zweck nach keine Rechtsgrund-, sondern nur eine Rechtsfolgeverweisung. Sie gestattet es daher nicht, Rechtsmittel und sonstige Rechtsinstitute der Zivilprozeßordnung, die vom Gesetzgeber nicht in das Markengesetz aufgenommen worden sind, in das patentgerichtliche Verfahren einzuführen. Mit der Verweisung auf die verfahrensrechtlichen Grundsätze der Zivilprozeßordnung in § 82 Abs. 1 MarkenG ist lediglich die Möglichkeit einer ergänzenden Heranziehung für den Fall geschaffen worden, daß sich die Verfahrensvorschriften über das Patentgericht als lückenhaft erweisen und die Besonderheiten des patentgerichtlichen Verfahrens einer entsprechenden Anwendung nicht entgegenstehen. Dies hat der Gesetzgeber bei der Einrichtung des Bundespatentgerichts durch das 6. Überleitungsgesetz vom 23. März 1961 ausdrücklich betont (vgl Begründung zu dem Gesetzentwurf, BlPMZ 1961, 140, 155). Die Übertragung zivilprozeßrechtlicher Anfechtungsmöglichkeiten auf das patentgerichtliche Verfahren wird von der Rechtsprechung daher als unstatthaft erachtet (vgl BGH GRUR 1997, 577 "Drahtelektrode"; 1979, 696 "Kunststoffrad").

Nur die Wiederaufnahme des Verfahrens entsprechend § 580 ZPO ist in Einzelfällen als Ausdruck eines allgemeingültigen Rechtsgedankens sowohl im patentgerichtlichen als auch im patentamtlichen Verfahren zugelassen worden (vgl Benkard, PatG, 5. Aufl., § 79 Rdn 79). Auch die entsprechende Anwendung der Vorschriften der §§ 114 ZPO über die Prozeßkostenhilfe im markenrechtlichen Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren hat der Bundesgerichtshof neuerdings als zulässig erachtet (GRUR 1999, 998 "Verfahrenskostenhilfe"), obwohl der Gesetzgeber - ebenso wie ausdrücklich bereits für Warenzeichensachen (vgl Begründung zum 5. Überleitungsgesetz, BlPMZ 1953, 295, 298 re Sp) - auch bei der Neuregelung des Markengesetzes davon abgesehen hat, Bestimmungen über die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe aufzunehmen, wie sie allen anderen Gesetzen betreffend Registerrechte des gewerblichen Rechtsschutzes enthalten sind (§§ 129 ff PatG ff, § 21 Abs. 2 GebrMG, § 10b GschmMG, § 11 Abs. 2 HalblSchG; § 36 SortenschG). Ob der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu entnehmen ist, daß die zivilprozeßrechtlichen Bestimmungen generell auch bei fehlendem Rechtsgrund in den Spezialgesetzen entsprechend angewendet werden können und die Zulässigkeit der Anwendung ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Besonderheiten des patentgerichtlichen Verfahrens zu beurteilen ist, kann vorliegend indessen dahingestellt bleiben, denn einstweilige Verfügungen, die auf die Verpflichtung des Patentamts zur Vornahme einer Verfügung im Markenregister gerichtet sind, widersprechen in jedem Fall den Besonderheiten des patentgerichtlichen Verfahrens.

c) Ordnet das Patentamt in einer mit der Erinnerung (§ 64 MarkenG) oder der Beschwerde bzw Durchgriffsbeschwerde (§ 66 Abs. 1 und 3 MarkenG) anfechtbaren Entscheidung die Vornahme einer Verfügung in dem Markenregister an, darf es diese erst mit der Rechtskraft der Entscheidung ausführen. Dasselbe gilt, wenn das Patentamt eine Verfügung - wie vorliegend eine Umschreibung - im Markenregister vorgenommen hat, deren Rückgängigmachung im Wege der Erinnerung oder der Beschwerde beantragt wird. Auch in diesem Fall ist es dem Patentgericht nicht gestattet, bereits vor Einlegung der Beschwerde oder im Laufe des Beschwerdeverfahrens unter Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache eine einstweilige Verfügung zu erlassen, die das Patentamt verpflichtet, die von dem Anntragsteller begehrte Verfügung im Markenregister vorzunehmen. Die Gewährung eines einstweiligen Rechtsschutzes durch Eintragung, Löschung oder (Rück-) Umschreibung einer Marke widerspricht dem Wesen des Registerrechts, das im Interesse der Allgemeinheit und insbesondere der Wettbewerber eine größtmögliche Rechtssicherheit von Eintragungen in einem öffentlichen Register gewährleisten muß. Eintragungen, die nur vorläufig erfolgen und je nach dem Ausgang des Hauptsacheverfahrens wieder rückgängig gemacht werden müssen, sind im markenrechtlichen Registerverfahren daher nicht statthaft.

d) Auch im zivilrechtlichen Verfahren können kennzeichenrechtliche oder außerkennzeichenrechtliche Ansprüche auf Eintragung, Löschung oder Umschreibung einer Marke nicht im Wege einer einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden, weil die für den entsprechenden Vollzug im Markenregister erforderliche Eintragungs-, Löschungs- oder Umschreibungsbewilligung des Beklagten gemäß § 894 ZPO erst bei Rechtskraft des Urteils als abgegeben gilt (vgl Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl., Rdn. 50 vor § 935; Zöller, ZPO, 21.Aufl., § 940 Rdn. 9). Es ist kein Grund ersichtlich, denjenigen, der im Wege einer einstweiligen Verfügung die Anordnung einer Eintragung, Löschung oder (Rück-)Umschreibung einer Marke durch das Patentamt begehrt, besser zu stellen als den Kläger in einem zivilrechtlichen Verfahren.

e) Soweit sich die Antragsteller zur Stützung ihrer gegenteiligen Ansicht auf die Zulässigkeit der Eintragung von Vormerkungen oder Widersprüchen im Grundbuch im Wege einer einstweiligen Verfügung berufen (§§ 885 Abs. 1, 899 Abs 1 BGB), handelt es sich um Vermerke, die einer Eintragung hinzugefügt werden und gerade keine Löschung oder Rückgängigmachung einer vorhandenen Eintragung darstellen.

Auch die Vorschrift des § 16 HGB, die in besonderen Fällen die Bindung des Registergerichts an rechtskräftige oder vollstreckbare Entscheidungen - auch einstweilige Verfügungen - des Prozeßgerichts vorsieht, kann vorliegend nicht als Vergleich herangezogen werden. Nach § 16 Abs. 1 HGB ist es zulässig, die Einwilligung eines von mehreren an der Anmeldung einer Eintragung im Handelregister Beteiligten durch eine von dem Prozeßgericht erlassene einstweilige Verfügung zu ersetzen, an die das Registergericht gebunden ist. Stimmen die übrigen Beteiligten zu, hat es die Eintragung vorzunehmen. Nach § 16 Abs. 2 HGB kann die Vornahme einer Eintragung im Handelsregister durch eine von dem Prozeßgericht erlassene einstweilige Verfügung für unzulässig erklärt werden. In diesem Fall darf das Registergericht die Eintragung nicht gegen den Widerspruch desjenigen vornehmen, der die einstweilige Verfügung erwirkt hat. Die Vorschrift des § 16 HGB ermöglicht somit keine uneingeschränkte Verfügung einer Registereintragung, wie sie von den Antragstellern gemäß Hauptantrag begehrt wird. Im übrigen ist § 16 Abs. 2 HGB auch nur bei einer drohenden Eintragung anwendbar. Hat eine Eintragung bereits stattgefunden, kann sie nicht im Wege der einstweiligen Verfügung nachträglich für unzulässig erklärt oder gar gelöscht werden (vgl Schlegelberger, HGB, 5. Aufl., § 16 Rdn 12).

f) Die Bestimmung des § 16 Abs. 2 HGB zeigt, daß der Gesetzgeber nicht einmal bei Eintragungen im Handelsregister, die für gutgläubige Dritte die Vermutung ihrer Richtigkeit begründen und daher im Falle ihrer Unrichtigkeit mit erheblichen Gefahren für den Rechtsverkehr verbunden sein können, die nachträgliche Erklärung als unzulässig im Wege der einstweiligen Verfügung zugelassen hat. Um so mehr gilt dies für Eintragungen im Markenregister, denen nach § 28 Abs. 1 MarkenG nur eine - widerlegbare - Legitimationswirkung zugunsten des als Inhaber Eingetragenen zukommt, so daß weder ein Gutglaubensschutz besteht noch der materiellberechtigte Inhaber daran gehindert ist, seine Rechte aus der Marke geltend zu machen. Ausgehend hiervon ist vorliegend auch der hilfsweise gestellte Antrag, die Eintragung der I...-GmbH als Mitinhaberin der Marke 2 912 542 bis zur Entscheidung über die von der Antragstellerin zu 1) eingelegte Erinnerung für unzulässig zu erklären, nicht statthaft.

3. Die nach Haupt- und Hilfsantrag gestellten Anträge sind daher zu verwerfen. Lediglich ergänzend bleibt zur Frage der Zulässigkeit der Anträge zu bemerken, daß der Anspruch auf Rückumschreibung einer Marke oder eines Markenanteils nach der "Marpin"-Entscheidung (BGH BlPMZ 1969, 60) grundsätzlich nur dann besteht, wenn die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 580 ZPO) vorliegen oder die Umschreibung unter Verletzung des rechtlichen Gehörs eines Verfahrensbeteiligten vorgenommen worden ist (vgl auch BPatGE 41, 192).

Steht einem Markeninhaber das Eigentum an einer Marke mit einem weiteren Inhaber gemäß § 741 BGB nur gemeinschaftlich nach Bruchteilen zu (vgl BGH GRUR 2000, 1028 "Ballermann 6"), kann er nicht als Beteiligter des Umschreibungsverfahrens angesehen werden, weil jeder Teilhaber nach § 747 Satz 1 BGB berechtigt ist, über seinen Anteil frei zu verfügen und (im Außenverhältnis) auch Lizenzen zu vergeben, ohne daß dem anderen Teilhaber das Recht zusteht, dagegen Einwendungen zu erheben. Damit hat er auch keinen Anspruch, vor der Umschreibung des Anteils des Mitinhabers gehört zu werden.

Was den Inhaber eines Pfändungspfandrechts an einer Marke betrifft, ist dieser selbst dann, wenn das Recht nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG im Markenregister eingetragen ist, nicht ohne weiteres als Beteiligter des Umschreibungsverfahrens anzusehen (vgl auch Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 1998, § 29 Rdn 12). Der Grund hierfür ist darin zu sehen, daß der Pfändungspfandgläubiger die Umschreibung einer Marke - ungeachtet der ihm gegenüber gemäß §§ 857, 829 Abs 1 ZPO iVm §§ 135, 136 BGB relativ unwirksamen Verfügung über die Marke - nicht hindern kann, wenn die formellen Umschreibungsvoraussetzungen gemäß § 27 Abs 3 MarkenG iVm § 31 MarkenV vorliegen (vgl dazu bereits MuW 1912, 303). Dementsprechend hat der Gesetzgeber die Umschreibung gemäß § 27 Abs 3 MarkenG auch nicht an die Zustimmung des Pfandgläubigers geknüpft, im Gegensatz zu dem Markenverzicht, der die Löschung nach § 48 Abs. 2 MarkenG nur mit Zustimmung der als Inhaber eines Rechts an der Marke eingetragenen Person rechtfertigt.

III Die Kosten des Verfahrens, das ein echtes Streitverfahren ist (vgl dazu Busse, PatG, 5. Aufl., § 80 Rdn 17 mwNachw), haben die Antragsteller gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG aus Billigkeitsgründen zu tragen.

IV Die von den Antragstellern angeregte Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil sie nicht statthaft ist. Der Senat hat über die einstweilige Verfügung zwar in Form eines Beschlusses entschieden, weil ihm der Erlaß von Urteilen nach dem Markengesetz verwehrt ist. Der Beschluß ist jedoch nicht in einem Beschwerdeverfahren als Entscheidung über eine Beschwerde der Antragsteller ergangen. Er erfüllt damit nicht die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 83 Abs. 1 MarkenG.

Bühring Dr. Schermer Schuster Pr






BPatG:
Beschluss v. 04.12.2000
Az: 10 W (pat) 67/00


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