Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. Januar 2009
Aktenzeichen: 15 W (pat) 337/04

(BPatG: Beschluss v. 22.01.2009, Az.: 15 W (pat) 337/04)

Tenor

Das Patent 199 22 578 wird widerrufen.

Gründe

I Auf die am 17. Mai 1999 beim Deutschen Patentund Markenamt eingereichte Patentanmeldung ist das Patent 199 22 578 mit der Bezeichnung

"Verfahren zur Herstellung einer mehrschichtigen Tablette, insbesondere Reinigungsmitteltablette, sowie danach herstellbares Produkt"

erteilt worden. Veröffentlichungstag der Patenterteilung in Form der DE 199 22 578 C2 ist der 24. Dezember 2003.

Die erteilten Patentansprüche lauten:

Gegen die Erteilung des Patents hat die H... AG & Co. KGaA mit Schriftsatz vom 19. März 2004, vorab eingegangen über FAX am 22. März 2004, Einspruch eingelegt.

Die Einsprechende stützt sich im Verlauf des Verfahrens auf eine Vielzahl von Dokumenten, darunter die D17 EP 055 100 A1 D22 WO 99/06522 A1 und D27 "Pharmaceutical Dosage Forms: Tablets", H. A. Liebermann, L. Lachman, MARCEL DEKKER, INC., New York and Basel, 1980, Vol. 1, S. 187 -224.

Die Einsprechende macht sinngemäß geltend, dass das Verfahren und die Tablette wie in Patentanspruch 1 und Patentanspruch 10 beansprucht, gegenüber dem Stand der Technik nicht mehr neu sowie durch eine offenkundige Vorbenutzung neuheitsschädlich getroffen seien und auch nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhten.

Die Patentinhaberin widerspricht dem Vorbringen der Einsprechenden in allen Punkten und verteidigt in der mündlichen Verhandlung vom 22. Januar 2009 das Streitpatent mit einem Hauptantrag und vier Hilfsanträgen.

Der Hauptantrag beinhaltet 12 Patentansprüche, wobei Anspruch 1 und die nebengeordneten Ansprüche 6, 8, 9 und 11 folgenden Wortlaut haben:

1. Verfahren zur Herstellung einer Tablette mit wenigstens einer ersten und einer zweiten Schicht mit den folgenden Schritten:

a) Einbringen einer ersten abgemessenen Menge einer ersten teilchenförmigen Zusammensetzung in eine Formvertiefung einer Tablettenpresse;

b) Pressen der ersten abgemessenen Menge mit einem ersten Preßdruck mittels eines Preßstempels, der auf seiner Preßfläche mindestens eine Vorwölbung aufweist, um eine erste gepreßte Schicht herzustellen, die in ihrer oberen Fläche eine der (den) Vorwölbung(en) auf dem Preßstempel entsprechende Vertiefung(en) aufweist;

c) Einbringen einer zweiten abgemessenen Menge einer zweiten teilchenförmigen Zusammensetzung auf die erste gepreßte Schicht in der Formvertiefung der Tablettenpresse; undd) Pressen der zweiten abgemessenen Menge mit einem zweiten Preßdruck mittels des Preßstempels, um eine zweite gepreßte Schicht mit einer entsprechenden Vertiefung(en) in ihrer oberen Fläche herzustellen, dadurch gekennzeichnet, dass die Vertiefung(en) in der obersten Schicht durch Einbringen einer oder mehrerer Formkörper verfüllt wird (werden).

6. Mehrschichtige Tablette, herstellbar nach einem der vorangehenden Ansprüche.

8. Verfahren zur Herstellung einer Tablette mit wenigstens einer ersten und einer zweiten Schicht mit den folgenden Schritten:

a) Einbringen einer ersten abgemessenen Menge einer ersten teilchenförmigen Zusammensetzung in eine Formvertiefung einer Tablettenpresse;

b) Pressen der ersten abgemessenen Menge mit einem ersten Preßdruck mittels eines Preßstempels, der auf seiner Preßfläche Vorwölbungen aufweist, um eine erste gepreßte Schicht herzustellen, die in ihrer oberen Fläche den Vorwölbungen auf dem Preßstempel entsprechende Vertiefungen aufweist;

c) Einbringen einer zweiten abgemessenen Menge einer zweiten teilchenförmigen Zusammensetzung auf die erste gepreßte Schicht in der Formvertiefung der Tablettenpresse; undd) Pressen der zweiten abgemessenen Menge mit einem zweiten Preßdruck mittels des Preßstempels, um eine zweite gepreßte Schicht mit entsprechenden Vertiefungen in ihrer oberen Fläche herzustellen, dadurch gekennzeichnet, dass die Vertiefungen in der obersten Schicht der Tablette durch Einfüllen einer gießfähigen, aushärtbaren Zusammensetzung verfüllt werden.

9. Verfahren zur Herstellung einer Tablette mit wenigstens einer ersten und einer zweiten Schicht mit den folgenden Schritten:

a) Einbringen einer ersten abgemessenen Menge einer ersten teilchenförmigen Zusammensetzung in eine Formvertiefung einer Tablettenpresse;

b) Pressen der ersten abgemessenen Menge mit einem ersten Preßdruck mittels eines Preßstempels, der auf seiner Preßfläche Vorwölbungen aufweist, um eine erste gepreßte Schicht herzustellen, die in ihrer oberen Fläche den Vorwölbungen auf dem Preßstempel entsprechende Vertiefungen aufweist;

c) Einbringen einer zweiten abgemessenen Menge einer zweiten teilchenförmigen Zusammensetzung auf die erste gepreßte Schicht in der Formvertiefung der Tablettenpresse; undd) Pressen der zweiten abgemessenen Menge mit einem zweiten Preßdruck mittels des Preßstempels, um eine zweite gepreßte Schicht mit einer entsprechenden Vertiefungen in ihrer oberen Fläche herzustellen, dadurch gekennzeichnet, dass die Vertiefungen in der obersten Schicht durch Einbringen und anschließendes Pressen einer teilchenförmigen Zusammensetzung verfüllt werden.

11. Mehrschichtige Tablette, herstellbar nach einem der vorangehenden Ansprüche 8 bis 10.

Der Hilfsantrag I umfasst 10 Patentansprüche, wobei der Anspruch 1 und die nebengeordneten Ansprüche 4, 6, 7 und 9 folgendermaßen lauten:

1. Verfahren zur Herstellung einer Tablette mit wenigstens einer ersten und einer zweiten Schicht mit den folgenden Schritten:

a) Einbringen einer ersten abgemessenen Menge einer ersten teilchenförmigen Zusammensetzung in eine Formvertiefung einer Tablettenpresse;

b) Pressen der ersten abgemessenen Menge mit einem ersten Preßdruck mittels eines Preßstempels, der auf seiner Preßfläche mindestens eine Vorwölbung aufweist, um eine erste gepreßte Schicht herzustellen, die in ihrer oberen Fläche eine der (den) Vorwölbung(en) auf dem Preßstempel entsprechende Vertiefung(en) aufweist;

c) Einbringen einer zweiten abgemessenen Menge einer zweiten teilchenförmigen Zusammensetzung auf die erste gepreßte Schicht in der Formvertiefung der Tablettenpresse; undd) Pressen der zweiten abgemessenen Menge mit einem zweiten Preßdruck mittels des Preßstempels, um eine zweite gepreßte Schicht mit einer entsprechenden Vertiefung(en) in ihrer oberen Fläche herzustellen, dadurch gekennzeichnet, dass die Vertiefung(en) in der obersten Schicht durch Einbringen einer oder mehrerer Formkörper verfüllt wird (werden) und der (die) Formkörper in der (die) Vertiefung(en) mit einem Kleber fixiert wird (werden).

4. Mehrschichtige Tablette, herstellbar nach einem der vorangehenden Ansprüche.

6. Verfahren zur Herstellung einer Tablette mit wenigstens einer ersten und einer zweiten Schicht mit den folgenden Schritten:

a) Einbringen einer ersten abgemessenen Menge einer ersten teilchenförmigen Zusammensetzung in eine Formvertiefung einer Tablettenpresse;

b) Pressen der ersten abgemessenen Menge mit einem ersten Preßdruck mittels eines Preßstempels, der auf seiner Preßfläche Vorwölbungen aufweist, um eine erste gepreßte Schicht herzustellen, die in ihrer oberen Fläche den Vorwölbungen auf dem Preßstempel entsprechende Vertiefungen aufweist;

c) Einbringen einer zweiten abgemessenen Menge einer zweiten teilchenförmigen Zusammensetzung auf die erste gepreßte Schicht in der Formvertiefung der Tablettenpresse; undd) Pressen der zweiten abgemessenen Menge mit einem zweiten Preßdruck mittels des Preßstempels, um eine zweite gepreßte Schicht mit einer entsprechenden Vertiefungen in ihrer oberen Fläche herzustellen, dadurch gekennzeichnet, dass die Vertiefungen in der obersten Schicht der Tablette durch Einfüllen einer gießfähigen, aushärtbaren Zusammensetzung verfüllt werden.

7. Verfahren zur Herstellung einer Tablette mit wenigstens einer ersten und einer zweiten Schicht mit den folgenden Schritten:

a) Einbringen einer ersten abgemessenen Menge einer ersten teilchenförmigen Zusammensetzung in eine Formvertiefung einer Tablettenpresse;

b) Pressen der ersten abgemessenen Menge mit einem ersten Preßdruck mittels eines Preßstempels, der auf seiner Preßfläche Vorwölbungen aufweist, um eine erste gepreßte Schicht herzustellen, die in ihrer oberen Fläche den Vorwölbungen auf dem Preßstempel entsprechende Vertiefungen aufweist;

c) Einbringen einer zweiten abgemessenen Menge einer zweiten teilchenförmigen Zusammensetzung auf die erste gepreßte Schicht in der Formvertiefung der Tablettenpresse; undd) Pressen der zweiten abgemessenen Menge mit einem zweiten Preßdruck mittels des Preßstempels, um eine zweite gepreßte Schicht mit einer entsprechenden Vertiefungen in ihrer oberen Fläche herzustellen, dadurch gekennzeichnet, dass die Vertiefungen in der obersten Schicht durch Einbringen und anschließendes Pressen einer teilchenförmigen Zusammensetzung verfüllt werden.

9. Mehrschichtige Tablette, herstellbar nach einem der vorangehenden Ansprüche 6 bis 8.

Der Hilfsantrag II beinhaltet 7 Patentansprüche, die den gleichen Wortlaut wie die Patentansprüche 1 bis 7 des Hauptantrags haben.

Der Hilfsantrag III beinhaltet 5 Patentansprüche, die den gleichen Wortlaut wie die Patentansprüche 1 bis 5 des Hilfsantrags I haben.

Der Hilfsantrag IV beinhaltet 5 Patentansprüche, die den gleichen Wortlaut wie die Patentansprüche 8 bis 12 des Hauptantrags in der angegebenen Reihenfolge haben.

Die Patentinhaberin vertritt die Ansicht, dass der Patentgegenstand gegenüber den in der mündlichen Verhandlung erörterten Druckschriften DE 199 09 271 (D9), DE 198 34 172 A1 (D10) sowie der EP 055 100 A1 (D17), EP 224 128 A2 (D18), WO 99/06522 A1 (D22), Veröffentlichung aus HORIZONT Nr. 18 vom 6. Mai 1999 (D25), Calgonit Anzeige aus der Lebensmittelzeitung Nr. 19 vom 14. Mai 1999 (D26) und der "Pharmaceutical Dosage Forms: Tablets", H. A. Liebermann, L. Lachman, MARCEL DEKKER, INC., New York and Basel, 1980, Vol. 1, S. 187-224 (D27), neu sei und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Insbesondere sei im Stand der Technik nirgendwo auch nur ein Hinweis gegeben, dass an der Grenzfläche zwischen den Schichten der Tablette eine Mulde ist.

Die D27 offenbare keine Tabletten mit Vertiefungen in einer ersten und einer weiteren, zweiten Schicht. In der D27 seien zwar Press-Stempel mit Gravuren offenbart. Damit ließen sich aber keine Mulden im Sinne des Streitpatents herstellen. Die Mulde müsse nämlich groß genug sein, um den Formkörper, der eine definierte, jederzeit reproduzierbar herstellbare Form aufweise, aufzunehmen. Die bessere Verzahnung der Schichten, die gemäß D27 durch die Verpressung mittels Stempel mit Gravur erzielt würde, sei dort als Nachteil beschrieben, da dadurch die Schichten schlechter voneinander getrennt werden könnten -vgl. S. 217 mittlerer Abs. Der Hinweis auf S. 219 Abs. 1 bezüglich der besseren Bindung der Schichten sei deshalb nicht aussagekräftig.

Die D22 betreffe Tabletten mit einem verpressten und einem nicht verpressten Bereich -vgl. Anspr. 1 -, d. h. einschichtige Tabletten. Der Fachmann entnehme der D22 die Lehre, dass mehrschichtige Tabletten Nachteile aufweisen. Da durch die Verpressung mehrerer Schichten die untere(n) Schicht(en) mehrfach und dadurch dichter verpresst würde(n), sei die Auflösung dieser Schicht(en) gegenüber der/den oberen Schicht(en) geringer -vgl. dazu D22 S. 2 Zn. 4 bis 8.

Die D17 zeige insgesamt einschichtige Tabletten. Im Übrigen weise Figur 11 in D17 auch keine Vertiefung an der Grenzfläche zwischen zwei Tablettenteilen auf.

Die Patentinhaberin stellt den Antrag,

"das Patent beschränkt aufrecht zu erhalten auf Grundlage der Patentansprüche 1 bis 12 gemäß Hauptantrag, hilfsweise auf Grundlage der Patentansprüche 1 bis 10 gemäß Hilfsantrag I, hilfsweise auf Grundlage der Patentansprüche 1 bis 7 gemäß Hilfsantrag II, hilfsweise auf Grundlage der Patentansprüche 1 bis 5 gemäß Hilfsantrag III, hilfsweise auf Grundlage der Patentansprüche 1 bis 5 gemäß Hilfsantrag IV, sämtliche überreicht in der mündlichen Verhandlung, Beschreibung und Zeichnung wie Patentschrift".

Die Einsprechende beantragt, das Patent vollumfänglich zu widerrufen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II 1) Das Bundespatentgericht bleibt auch nach Wegfall des § 147 Abs. 3 PatG für die Entscheidung über die Einsprüche zuständig, die in der Zeit vom 1. Januar 2002 bis zum 30. Juni 2006 eingelegt worden sind (BGH, GRUR 2007, 859 -Informationsübermittlungsverfahren I und BGH, GRUR 2007, 862 -Informationsübermittlungsverfahren II, Bestätigung BGH, GRUR 2009, 184 -Ventilsteuerung).

2) Der rechtzeitig und formgerecht eingelegte Einspruch ist zulässig. Er führt zu dem im Tenor angegebenen Ergebnis.

3) Bezüglich der Offenbarung der Patentansprüche 1 bis 12 nach Hauptantrag, 1 bis 10 nach Hilfsantrag I, 1 bis 7 nach Hilfsantrag II, 1 bis 5 nach Hilfsantrag III sowie 1 bis 5 nach Hilfsantrag IV bestehen keine Bedenken. Diese Patentansprüche finden ihre Grundlage in den Ansprüchen 1 bis 11 gemäß Streitpatenschrift, entsprechend den Patentansprüchen 1 bis 10 vom Anmeldetag.

4) Der zuständige Fachmann ist hier ein regelmäßig mit der Entwicklung von Waschund Reinigungsmitteln betrauter Diplomchemiker mit langjähriger Praxis und besonderen Kenntnissen auf dem Gebiet der Formulierung von Waschmitteln.

5) Die Neuheit des beanspruchten Verfahrens kann unerörtert bleiben, denn dieses Verfahren ist zumindest aus dem Stand der Technik i. V. m. dem Können und Wissen des Fachmanns nahegelegt und beruht deshalb nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Daher erübrigt sich auch ein Nachgehen der offenkundigen Vorbenutzung.

6) Der Gegenstand des Streitpatents betrifft ein Verfahren zur Herstellung einer Tablette mit wenigstens einer ersten und einer zweiten Schicht, sowie ein danach herstellbares Produkt.

Gemäß den Ausführungen in der Patentschrift stellt sich bei Tabletten mit wenigstens zwei Schichten das Problem, dass die Verbindung zwischen den einzelnen Schichten ausreichend stabil sein muss, um eine Lösung der Schichten voneinander bei Lagerung und Transport der mehrschichtigen Tabletten zu verhindern. Die Ursachen für das Lösen der Schichten voneinander können vielfältig sein, z. B. unterschiedliche Volumenausdehnungen der einzelnen Schichten, Reaktionen an der Grenzfläche zwischen den Schichten, etc. Es ist daher von essentieller Bedeutung, die Zusammensetzungen der einzelnen Schichten genau aufeinander abzustimmen und die Drücke beim Pressen der einzelnen Schichten genau einzustellen. Die Entwicklung und Herstellung stabiler mehrschichtiger Tabletten ist daher zeitund kostenaufwendig sowie empfindlich gegenüber der Veränderung von internen und externen Parametern im Prozess -vgl. Abs. [0005] des Streitpatents.

Ausgehend davon liegt dem Streitpatent die Aufgabe zugrunde, die Herstellung stabilerer mehrschichtiger Tabletten zu ermöglichen, bei denen in weit geringerem Umfang als bisher eine Lösung der einzelnen Schichten voneinander auftritt -vgl. Abs. [0006].

7) Zum Hauptantrag 7a) Diese Aufgabe soll nach dem Hauptantrag mit den Verfahren gemäß den Patentansprüchen 1, 8 und 9, sowie den Mitteln gemäß den Patentansprüchen 6 und 11 gelöst werden.

Mit Gliederungspunkten versehen lautet Patentanspruch 1 folgendermaßen:

Verfahren zur Herstellung einer Tablette mit wenigstens einer ersten und einer zweiten Schicht mit den folgenden Schritten:

(1) Einbringen einer ersten abgemessenen Menge einer ersten teilchenförmigen Zusammensetzung in eine Formvertiefung einer Tablettenpresse;

(2) Pressen der ersten abgemessenen Menge mit einem ersten Pressdruckmittels eines Press-Stempels,

(2.1) der auf seiner Pressfläche mindestens eine Vorwölbung aufweist, umeine erste gepresste Schicht herzustellen, die in ihrer oberen Fläche eineder (den) Vorwölbung(en) auf dem Press-Stempel entsprechende Vertiefung(en) aufweist;

(3) Einbringen einer zweiten abgemessenen Menge einer zweiten teilchenförmigen Zusammensetzung auf die erste gepresste Schicht in der Formvertiefung der Tablettenpresse; und

(4) Pressen der zweiten abgemessenen Menge mit einem zweiten Pressdruck

(4.1) mittels des Press-Stempels, um eine zweite gepresste Schicht mit einerentsprechenden Vertiefung(en) in ihrer oberen Fläche herzustellen,

(5) wobei die Vertiefung(en) in der obersten Schicht durch Einbringen eineroder mehrerer Formkörper verfüllt wird (werden).

Die WO 99/06522 A1 (D22) betrifft eine Waschmitteltablette, die eine verpresste Portionsmenge und eine nicht verpresste Portionsmenge umfasst -vgl. dort S. 1 Abs. 1. Dabei liegt der D22 sinngemäß das Problem zugrunde, dass Waschmitteltabletten, die üblicherweise mittels Tablettenpressen hergestellt werden, beiu. a. empfindlichen und reaktiven Bestandteilen Nachteile aufweisen. So können sie durch den Druck instabil oder desaktiviert werden oder, als Folge der druckbedingt größeren Nähe, miteinander reagieren -vgl. S. 1 Abs. 3 und 4 -, oder bei Mehrschichttabletten, sich schlechter auflösen -vgl. S. 2 Abs. 1. Auch die Auflösungsgeschwindigkeit der Tabletten soll, entsprechend der jeweiligen Anwendung, unterschiedlichen Anforderungen genügen -vgl. S. 2 Abs. 3 und S. 3 Abs. 1.

Ausgehend von dem beschriebenen Problem stellt sich in der D22 die Aufgabe, Waschmitteltabletten bereitzustellen, die die gewünschten unterschiedlichen Auflösungsgeschwindigkeiten der Portionsmengen aufweisen, wobei die Wirkung reaktiver und druckempfindlicher Portionsmengen erhalten bleibt -vgl. S. 2 Abs. 4 bis S. 3 Abs. 1. Gelöst wird diese Aufgabe in der D22 durch eine Waschmitteltablette, die a) eine verpresste Portionsmenge mit einer aktiven Waschmittelkomponente und b) eine nicht verpresste, unverkapselte Portionsmenge mit einer aktiven Waschmittelkomponente umfasst, wobei sich die nicht verpresste, unverkapselte Portionsmenge zumindest zum Teil in einer Mulde der verpressten Portionsmenge befindet -vgl. Anspruch 5. Als aktive Waschmittelkomponenten können alle üblichen Waschmittelbestandteile verwendet werden -vgl. S. 17 Abs. 2.

Die verpresste Portionsmenge mit zumindest einer aktiven Waschmittelkomponente kann durch alle bekannten Vorrichtungen hergestellt werden -vgl. S. 15 Abs. 3. Bevorzugt sollen modifizierte Tablettenpressen mit oberen und/oder unteren Press-Stempel(n) verwendet werden, die in der verpressten Portionsmenge eine oder mehrere Vertiefungen(n) erzeugen, die eine oder mehrere Mulden bilden -vgl. S. 15 Abs. 4 bis S. 16 Abs. 1. Der obere Press-Stempel muss demnach eine oder mehrere Vorwölbung(en) aufweisen. Gemäß den Beispielen 1 und 2 -vgl. S. 91 bis 95 -werden übliche Rundläufertablettenpressen mit den durch Vorwölbungen modifizierten Press-Stempeln zur Erzeugung von einschichtigen Muldentabletten eingesetzt.

In D22 ist auch beschrieben, dass Tabletten mit mehreren verpressten Portionsmengen, d. h. mehreren Schichten, vorteilhaft sein können. So kann u. a. eine erste und eine zweite (und optional folgende) verpresste Schicht unterschiedliche aktive Waschmittelkomponenten oder deren Mischungen umfassen, die als Folge unterschiedliche Auflösungsgeschwindigkeiten aufweisen -vgl. S. 5 Abs. 2.

Bei zwei verpressten Schichten liegt dann eine zweischichtige Tablette vor, die zumindest auf ihrer oberen Schicht eine oder mehrere Vertiefungen aufweist. In diese Vertiefung(en) kann die nicht verpresste Portionsmenge u. a. in festem Zustand -vgl. S. 16 Abs. 2 -und vorgeformt -vgl. S. 8 Abs. 3, d. h. als Formkörper, eingebracht (verfüllt) werden.

Damit offenbart die D22 dem Fachmann aufgrund seines Fachwissens, ein Verfahren zur Herstellung einer Tablette, mit wenigstens einer ersten und einer zweiten Schicht, wobei eine Tablettenpresse eingesetzt wird. Dabei muss die erste abgemessene Zusammensetzung in eine Formvertiefung der Tablettenpresse eingebracht werden (Merkmal 1) -vgl. S. 92 Zn. 1 bis 2 -und anschließend mit einem ersten Pressdruck mittels eines Press-Stempels gepresst werden (Merkmal 2) -vgl. S. 92 Z. 3. Um eine zweite Schicht aufzupressen, muss er eine zweite abgemessene teilchenförmige Zusammensetzung auf die erste Schicht in der Formvertiefung der Tablettenpresse einbringen (Merkmal 3) und mit einem zweiten Pressdruck pressen (Merkmal 4). Um eine obere Schicht mit einer oder mehreren Vertiefung(en) zu erhalten, muss der Press-Stempel so geformt sein, dass eine oder mehrere Vertiefung(en) entsteht/entstehen; d. h. der Press-Stempel muss mindestens eine Vorwölbung aufweisen (Merkmal 2.1). Die Vertiefung(en) ist/sind dann durch Einbringen eines oder mehrerer Formkörper zu verfüllen (Merkmal 5).

Nicht offenbart ist in der D22 die Verpressung von zwei Schichten einer Tablette mit dem gleichen durch Vorwölbungen modifizierten Press-Stempel (Merkmal 4.1).

Ausgehend von der Herstellung zweischichtiger Muldentabletten mit Formkörper gemäß D22 hatte der Fachmann, der vor der streitpatentgemäßen Aufgabe stand, die Herstellung stabilerer mehrschichtiger Tabletten zu ermöglichen, aus der einschlägigen Druckschrift "Pharmaceutical Dosage Forms: Tablets", H. A. Liebermann, L. Lachman, MARCEL DEKKER, INC., New York and Basel, 1980, Vol. 1, S. 187 -224 (D27), die sich mit verpressten Schichttabletten befasst, Hinweise auf die Lösung der Aufgabe -vgl. Kapitel IV S. 214 f. "Layer-Tablets". Dort ist u. a. die Herstellung dreischichtiger Tabletten mit einer Rundläufertablettenpresse beschrieben -vgl. S. 215 unter B. "Layer-Tablet Presses" mit Fig. 11 auf S. 216. Dabei wird die erste teilchenförmige Zusammensetzung bei Position B (über einen Füllschuh) in die Formvertiefung der Tablettenpresse eingefüllt und bei Positionen D und E mit einem Press-Stempel vorgepresst (erste Schicht). Dann wird die zweite teilchenförmige Zusammensetzung bei Position H in die Formvertiefung auf die erste Schicht eingefüllt und mit dem gleichen Press-Stempel bei Positionen J und K vorgepresst (zweite Schicht). Anschließend wird die dritte teilchenförmige Zusammensetzung bei Position N in die Formvertiefung auf die erste und zweite Schicht eingefüllt und mit dem gleichen Press-Stempel bei Positionen P und Q verpresst (dritte Schicht).

Auf S. 217 Abs. 4 in D27 wird dazu darauf hingewiesen, dass obere Stempel mit erhabener oder eingeprägter Oberfläche einen Verschluss zwischen den Schichten verursachen und diese so besser zusammenhalten. Auch auf S. 219 Abs. 1 wird dies nochmals hervorgehoben. Dort ist ausgeführt, dass obere Stempel mit Monogrammen oder anderen Markierungen (Vorwölbungen) die Haftung zwischen den Schichten verstärken, da sie wie Schlüssel und Schloss zwischen den Schichten wirken. Der Einwand der Patentinhaberin, dies sei bezüglich der Trennung der Schichten ein Nachteil, zieht hier nicht, da der Fachmann von der Aufgabenstellung den Aspekt des besseren Zusammenhalts der Schichten im Auge hat. Was sich schlechter trennen lässt, ist aber fester verbunden.

Der Fachmann hatte damit die Anregung, durch eine entsprechende Ausformung des Press-Stempels die Haftung zwischen den Schichten einer Schichttablette zu verbessern. Er hatte aus D27 auch den Hinweis, dazu Rundläufertablettenpressen zu verwenden. Es war deshalb für ihn naheliegend, die in D22 beschriebenen modifizierten Rundläufertablettenpressen mit Press-Stempeln mit mindestens einer Vorwölbung -vgl. Beispiele 1 und 2 S. 91 bis 94 -auch zur Herstellung von zweischichtigen Muldentabletten mit Formkörper(n) zu verwenden. Dabei wird zur Verpressung der Schichten der gleiche Press-Stempel verwendet (Merkmal 4.1).

Mithin beruht der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht auf erfinderischer Tätigkeit und ist nicht patentierbar.

7b) Der nebengeordnete Patentanspruch 8 unterscheidet sich von Patentanspruch 1 dadurch, dass Merkmal 2.1 wie folgt geändert wurden (die Änderung ist fett hervorgehoben):

(2.1) der auf seiner Pressfläche Vorwölbungen aufweist, um eine erste gepresste Schicht herzustellen, die in ihrer oberen Fläche eine den Vorwölbungen auf dem Press-Stempel entsprechende Vertiefungen aufweist;

Merkmal 5 wurde ersetzt durch Merkmal 5/1:

(5/1) wobei die Vertiefungen in der obersten Schicht der Tablette durch Einfüllen einer gießfähigen, aushärtbaren Zusammensetzung verfüllt werden.

Die D22 gibt dem Fachmann auch Hinweise bezüglich Merkmal 5/1. So ist dort beschrieben, dass die nicht verpressten Portionsmengen in fließbarer Form bevorzugt in die Mulden auf der (obersten) verpressten Schicht aufgebracht und dort durch Härten fixiert werden -vgl. S. 16 Abs. 4 bis S. 17 Abs. 1. Zu den andern Merkmalen 1 bis 4.1, auch dem geänderten Merkmal 2.1, wurde unter Abschnitt 7a, wo auch Press-Stempel mit mehreren Vorwölbungen abgehandelt wurden, bereits ausführlich Stellung genommen und ausgeführt, dass diese nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhen, so dass auch das Verfahren gemäß Patentanspruch 8 nahe liegt.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 8 beruht nicht auf erfinderischer Tätigkeit und ist damit nicht patentierbar.

7c) Der nebengeordnete Patentanspruch 9 unterscheidet sich von Patentanspruch 1 dadurch, dass Merkmal 2.1 wie folgt geändert wurden (die Änderung ist fett hervorgehoben):

(2.1) der auf seiner Pressfläche Vorwölbungen aufweist, um eine erste gepresste Schicht herzustellen, die in ihrer oberen Fläche eine den Vorwölbungen auf dem Press-Stempel entsprechende Vertiefungen aufweist;

Merkmal 5 wurde ersetzt durch Merkmal 5/2:

(5/2) wobei die Vertiefungen in der obersten Schicht durch Einbringen undanschließendes Pressen einer teilchenförmigen Zusammensetzung verfüllt werden.

Merkmal 5/2 umfasst das Aufbringen einer weiteren (hier dritten) teilchenförmigen Zusammensetzung auf eine zweischichtige Muldentablette und deren Verpressung zu einer Schicht, entsprechend der Herstellung einer Dreischichttablette. Die Hinzunahme dieses Merkmals 5/2 zu den übrigen Merkmalen 1 bis 4.1 kann eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen. Wie unter Abschnitt 7a schon ausgeführt wurde, war die Herstellung einer Dreischichttablette durch Verpressen bereits aus D27 bekannt -vgl. dort S. 215 unter B. "Layer-Tablet Presses" mit Fig. 11 auf S. 216. Ebenso beruht die Herstellung einer Muldentablette mit den Merkmalen 1 bis 1.4 nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Dazu wurde im Abschnitt 7a ausführlich Stellung genommen.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 9 beruht nicht auf erfinderischer Tätigkeit und ist nicht patentierbar.

Damit beruhen auch die mehrschichtigen Tabletten, hergestellt nach den obigen Verfahren nicht auf erfinderischer Tätigkeit und sind nicht patentierbar.

8) Zu den Hilfsanträgen:

8a) Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag I enthält zusätzlich zu den Merkmalen des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag folgendes Merkmal

(5.1) und der (die) Formkörper in der (die) Vertiefung(en) mit einem Kleber fixiert wird (werden).

In D22 ist ausgeführt, dass die nicht verpresste Portionsmenge durch Klebung auf der verpressten Schicht fixiert werden kann -vgl. S. 9 Zn. 4 bis 6. Nachdem in D22 auch Muldentabletten mit Formkörpern beschrieben sind -vgl. S. 8 le. Abs. -, war es für den Fachmann naheliegend, bei Bedarf, auch die Formkörper in den Vertiefungen mit einem Kleber zu fixieren. Damit beruht auch ein Verfahren mit Merkmal 5.1 in Verbindung mit den Merkmalen 1 bis 5 nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Zu den Merkmalen 1 bis 5 wurde unter Abschnitt 7a bereits ausführlich Stellung genommen und ausgeführt, dass diese nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhen.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag I beruht nicht auf erfinderischer Tätigkeit und ist nicht patentierbar.

Damit beruht auch die mehrschichtige Tablette, hergestellt nach dem obigen Verfahren nicht auf erfinderischer Tätigkeit und ist nicht patentierbar.

Die nebengeordneten Patentansprüche 6, 7 und 9 nach Hilfsantrag I entsprechen den nebengeordneten Patentansprüchen 8, 9 und 11 nach Hauptantrag. Zu ihnen wurde in Abschnitt 7 bereits Stellung genommen. Danach beruhen sie nicht auf erfinderischer Tätigkeit und sind nicht gewährbar.

8b) Die Patentansprüche 1 bis 7 des Hilfsantrags II haben den gleichen Wortlaut wie die Patentansprüche 1 bis 7 des Hauptantrags. Die Patentansprüche 1 bis 5 des Hilfsantrags III haben den gleichen Wortlaut wie die Patentansprüche 1 bis 5 des Hilfsantrags I. Die Patentansprüche 1 bis 5 des Hilfsantrags IV haben den gleichen Wortlaut wie die Patentansprüche 8 bis 12 des Hauptantrags in der angegebenen Reihenfolge.

Damit weisen die Patentansprüche der Hilfsanträge II bis IV keine über die Patentansprüche 1 bis 12 nach Hauptund 1 bis 10 nach Hilfsantrag hinausgehenden Merkmale auf, so dass es dem Gegenstand des Streitpatents auch in dieser beanspruchten Form an der erforderlichen erfinderischen Tätigkeit aus den vorstehend unter Abschnitten 7 und 8a ausgeführten Gründen mangelt, auf die deshalb vollumfänglich verwiesen wird.

9) Die Patentinhaberin hat in der mündlichen Verhandlung nach ausführlicher Erörterung der Sachlage abschließend einen Hauptund vier Hilfsanträge gestellt. Weitere Anhaltspunkte für ein stillschweigendes Begehren einer weiter beschränkten Fassung haben sich nicht ergeben. Infolgedessen hat die Patentinhaberin die Aufrechterhaltung des Patents erkennbar nur im Umfang eines Anspruchssatzes beantragt, der sowohl nach Hauptantrag als auch nach sämtlichen Hilfsanträgen zumindest einen nicht rechtsbeständigen Anspruch enthält. Deshalb war das Patent insgesamt zu widerrufen. Auf die übrigen Patentansprüche brauchte bei dieser Sachlage nicht gesondert eingegangen zu werden (BGH v. 27. Juni 2007 -C ZB 6/05, Informationsübermittlungsverfahren II; Fortführung von BGH v.

26. September 1996 -X ZB 18/95, GRUR 1997, 120, Elektrisches Speicherheizgerät).

Feuerlein Schwarz-Angele Zettler Lange Fa






BPatG:
Beschluss v. 22.01.2009
Az: 15 W (pat) 337/04


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