Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. Dezember 2005
Aktenzeichen: 28 W (pat) 130/05

(BPatG: Beschluss v. 21.12.2005, Az.: 28 W (pat) 130/05)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 21. Dezember 2005 (Aktenzeichen 28 W (pat) 130/05) entschieden, dass der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes - Markenstelle für Klasse 2 - vom 5. Juli 2005 aufgehoben wird und die Sache zur erneuten Entscheidung an die Markenstelle zurückverwiesen wird. Die Beschwerdegebühr wird erstattet.

Die Anmelderin hatte am 20. Dezember 2004 die Marke "solarprotect" für Waren und Dienstleistungen der Klassen 2, 42 und 40 angemeldet. Die Markenstelle beanstandete die Marke am "25. 0. 2005" (korrekt: 25. 4. 2005) in Bezug auf das Waren/Dienstleistungsverzeichnis. Die Anmelderin reagierte nicht auf den Beanstandungsbescheid. Am 5. Juli 2005 wurde die Anmeldung mit Beschluss zurückgewiesen. Die Anmelderin behauptete, weder den Beanstandungsbescheid noch den Beschluss erhalten zu haben. Nachdem die Anmelderin den Sachstand erfragt hatte, wurde ihr eine Kopie des Beanstandungsbescheids und des zurückweisenden Beschlusses ohne Rechtsmittelbelehrung zugesandt.

Die Anmelderin hat daraufhin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumnis und Beschwerde gegen den Beschluss vom 5. Juli 2005 eingelegt. Sie machte glaubhaft, dass weder der Beanstandungsbescheid noch der Beschluss ihr zugestellt worden waren.

Das Bundespatentgericht befand, dass die Beschwerde zulässig und begründet ist. Der Beschluss vom 5. Juli 2005 ist noch nicht zugestellt worden und somit noch nicht wirksam ergangen. Eine Heilung durch die nachträglich zugesandte Kopie ist nicht möglich, da mit der Zustellung des Beschlusses eine Rechtsmittelfrist beginnt. Zudem fehlte eine Rechtsmittelbelehrung. Die Markenstelle hätte nach Kenntnis des fehlenden Zugangs den Beanstandungsbescheid und gegebenenfalls einen Beschluss ordnungsgemäß zustellen müssen. Die Ansicht der Markenstelle, dass eine Wiedereinsetzung beantragt werden müsste, wurde als unerfindlich angesehen. Das Bundespatentgericht bemängelte auch, dass die Markenstelle trotz der falschen Information über die Notwendigkeit einer Beschwerdeeinlegung die Beschwerde nicht bearbeitet hat.

Aufgrund dieser erheblichen Verfahrensverstöße wird die Beschwerdegebühr zurückerstattet.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 21.12.2005, Az: 28 W (pat) 130/05


Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes - Markenstelle für Klasse 2 - vom 5. Juli 2005 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an die Markenstelle zurückverwiesen.

Die Beschwerdegebühr wird zurückerstattet.

Gründe

I.

Die Anmelderin hat am 20. Dezember 2004 die Marke "solarprotect" für Waren und Dienstleistungen der Klassen 2, 42 und 40 angemeldet. Mit Datum vom "25. 0. 2005" (richtig wohl "25. 4. 2005") ist die Marke - insbesondere in Hinblick auf die Fassung des Waren/Dienstleistungsverzeichnisses - beanstandet worden; dieser Bescheid ist ausweislich eines Vermerks am 24. April 2005 zur Poststelle gegangen. Die Anmelderin hat hierauf nicht erwidert. Am 5. Juli 2005 ist die Anmeldung mit Beschluss zurückgewiesen worden. Der Originalbeschluss trägt einen Vermerk "zu Poststelle Jena am 5. Juli 2005". Ein Zustellungsnachweis fehlt. Die Anmelderin behauptet, weder den Beanstandungsbescheid noch den Beschluss erhalten zu haben. Mit Schreiben vom 26. August 2005 bittet die Anmelderin um Mitteilung des Sachstandes. Nach einer Aktennotiz fand am gleichen Tag ein Telefonat der Markenstelle mit dem anwaltlichen Vertreter der Anmelderin statt, in dem diesem mitgeteilt wurde, dass die Rechtsmittelfrist für den Beschluss vom 5. Juli 2005 abgelaufen sei; es sei nur noch Wiedereinsetzung möglich. Anschließend ist der Anmelderin eine Kopie des Beanstandungsbescheides und des zurückweisenden Beschlusses - ohne Rechtsmittelbelehrung - formlos übersandt worden ("zur Post am 14. 9. 2005").

Mit Schriftsatz vom 29. September 2005 hat die Anmelderin unter Zahlung der Beschwerdegebühr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumnis gegen den Beanstandungsbescheid, und Versäumnis der Beschwerdefrist, sowie Beschwerde gegen den Beschluss vom 5. Juli 2005 eingelegt. Gleichzeitig legt sie eine Stellungnahme zur Beanstandung vor. Zur Begründung ist - unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung - glaubhaft gemacht, dass weder der Beanstandungsbescheid noch der Beschluss zugegangen sind.

II.

Die Beschwerde ist statthaft (§ 66 Abs. 1 MarkenG), denn es ist - nach Meinung des Patentamts - eine abschließende Entscheidung ergangen, sodass sich die Beschwerdefähigkeit schon aus dem Rechtsstaatsgebot des Art. 19 Abs. 2 GG ergibt.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Beschluss vom 5. Juli 2005 ist nicht zugestellt, er ist damit noch nicht einmal wirksam ergangen.

Nach § 61 Abs. 1 Satz 1 MarkenG sind Beschlüsse des Patentamts schriftlich auszufertigen und von Amts wegen zuzustellen. Die Form der Zustellung richtet sich nach § 94 MarkenG, der auf das Verwaltungszustellungsgesetz verweist. Welche Art der Zustellung hier gewählt wurde, ist nicht ersichtlich - wohl die vereinfachte Zustellung mit Empfangsbekenntnis nach § 5 Abs. 2 VwZG - ein Nachweis der erfolgten Zustellung liegt aber nicht vor. Da für das Wirksamwerden eines Beschlusses entweder dessen Verkündung oder dessen Zustellung notwendig ist, ist der Beschluss noch nicht wirksam ergangen. Eine Heilung, etwa durch die nachgesandte Kopie, ist nicht möglich, denn mit der Zustellung des Beschlusses beginnt eine Rechtsmittelfrist zu laufen (§ 9 Abs. 2 VwZG). Zudem fehlte die Rechtsmittelbelehrung (§ 61 Abs. 2 MarkenG).

Unerfindlich ist die Ansicht der Markenstelle, es müsste Wiedereinsetzung beantragt werden, denn eine Fristversäumnis verlangt eine wirksame, verlautbarte Entscheidung, und daran fehlt es hier. Es wäre allein Sache der Markenstelle gewesen, nach Kenntnis des fehlenden Zugangs zunächst den Beanstandungsbescheid und, nach Ablauf einer angemessenen Frist, gegebenenfalls einen Beschluss ordnungsgemäß zuzustellen. Unerfindlich ist auch, weshalb die Markenstelle, nachdem sie die Anmelderin - unrichtig - über die Notwendigkeit einer Beschwerdeeinlegung informiert hat, nicht zumindest dieser Beschwerde nach § 66 Abs. 5 MarkenG abgeholfen hat.

Angesichts dieser erheblichen Verfahrensverstöße ist die Beschwerdegebühr zurückzuerstatten (§ 71 Abs. 3 MarkenG).

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BPatG:
Beschluss v. 21.12.2005
Az: 28 W (pat) 130/05


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