Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. März 2006
Aktenzeichen: 32 W (pat) 175/03

(BPatG: Beschluss v. 29.03.2006, Az.: 32 W (pat) 175/03)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Die Beschwerde der Anmelderin gegen die Zurückweisung ihrer Wortmarke "Flirt Freitag" für verschiedene Waren und Dienstleistungen wurde vom Bundespatentgericht abgewiesen. Die Markenstelle hatte die Anmeldung zunächst als nicht unterscheidungskräftig zurückgewiesen, da die Bezeichnung "Flirt Freitag" lediglich die Art der Veranstaltung und den Wochentag beschreibe, nicht aber auf ein bestimmtes Unternehmen hinweise. Diese Begründung wurde in einem weiteren Beschluss bestätigt. Die Anmelderin argumentierte, dass die Markenstelle zu strenge Anforderungen an die Unterscheidungskraft gestellt habe und eine Verwendung der Wörter in der gewählten Reihenfolge nicht nachweisbar sei. Das Bundespatentgericht stellte fest, dass der angemeldeten Bezeichnung jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Die Markenstelle habe gezeigt, dass "Flirtparties" oder "Flirtabende" immer beliebter werden und auch mit Musik und Spielen verbunden sind. Daher könne die Bezeichnung "Flirt Freitag" nicht als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen angesehen werden. Das Gericht urteilte, dass die Bezeichnung sich lediglich zur inhaltlichen Beschreibung von Produkten oder Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Thema "Flirt" eignet und daher nicht schutzfähig ist. Ob die Bezeichnung auch als Merkmalsbezeichnung genutzt werden kann, wurde nicht entscheidungserheblich. Die Anmelderin hatte keine weiteren Argumente vorgebracht, um ihre Marke durchzusetzen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 29.03.2006, Az: 32 W (pat) 175/03


Tenor

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die am 29. November 1999 angemeldete Wortmarke Flirt Freitagist für folgende Waren und Dienstleistungen bestimmt:

9: Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten, analoge und digitale Ton-, Bildton- und Datenträger;

38: Ausstrahlung von Rundfunk- und Fernsehprogrammen; Internet-, Online-, Telefon- und Datendienste;

41: Musikveranstaltungen, Musikdarbietungen, Rundfunk- und Fernsehunterhaltung; Rundfunk- und Fernsehproduktion; Veranstaltung von Spielen im Rundfunk, im Fernsehen, in sonstigen audiovisuellen Medien sowie in elektronischen und digitalen Medien und Netzwerken.

Die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung nach vorangegangener Beanstandung in einem ersten Beschluss vom 21. November 2001 als nicht unterscheidungskräftig und freihaltebedürftig zurückgewiesen. Die angemeldete Bezeichnung werde als Inhaltsangabe, nicht aber als Hinweis auf die Herkunft der Waren und Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen verstanden. Sogenannte "Flirt-Parties" oder "Flirt-Abende" erfreuten sich großer Beliebtheit (unter Hinweis auf beigefügte Internet-Ausdrucke). Derartige Parties würden auch mit Musik und Unterhaltungsspielen verbunden. Die Angebote erfolgten nicht nur in Diskotheken und Bars, sondern auch über das Internet. Auch sei es üblich, diese Abende oder Parties innerhalb einer Woche durch Benennung des Wochentags zu unterscheiden (z. B. Donnerstagsflirt, Freitagsflirt). Demgemäß könne auch der angemeldeten Bezeichnung "Flirt Freitag" lediglich die Art der Veranstaltung und der Wochentag, nicht aber der Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen entnommen werden.

Die Erinnerung der Anmelderin hat die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle durch Beschluss vom 10. März 2003 zurückgewiesen, weil der angemeldeten Bezeichnung jedenfalls jegliche Unterscheidungskraft fehle. Die Begründung folgt im Wesentlichen der des Erstbeschlusses. Eine aktuelle Internet-Recherche habe zudem ergeben, dass Veranstaltungen zum Thema "Flirt" angeboten würden, welche freitags stattfänden (unter Bezug auf zwei beigefügte Internet-Ausdrucke). Die Bezeichnung "Flirt Freitag" sei nicht mehrdeutig oder interpretationsbedürftig.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie erstrebt die Aufhebung der Beschlüsse der Markenstelle und die Eintragung der angemeldeten Marke.

Ihrer Ansicht nach hat die Markenstelle zu strenge Anforderungen an die Unterscheidungskraft gestellt. Eine Verwendung der Wörter "Flirt" und "Freitag" in der gewählten Reihenfolge sei nicht belegbar. Es liege fern, eine Flirtveranstaltung, die freitags stattfinde, mit "Flirt Freitag" zu bezeichnen. Eine der seitens der Markenstelle ermittelten Internet-Seiten stamme von ihr, der Anmelderin.

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Inhalt der Amts- und Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet, weil der angemeldeten Bezeichnung für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. EuGH GRUR 2003, 514 - Linde, Winward und Rado; BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice). Die Prüfung, ob das erforderliche, aber auch ausreichende Mindestmaß an Unterscheidungskraft vorliegt, muss - seitens der Markenstelle ebenso wie in der Beschwerdeinstanz - streng, vollständig, eingehend und umfassend sein (vgl. EuGH GRUR 2003, 604 - Libertel, Nr. 59; GRUR 2004, 674 - Postkantoor, Nr. 123). Bei Wortmarken ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von fehlender Unterscheidungskraft auszugehen, wenn der Marke ein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Sinngehalt zugeordnet werden kann oder wenn es sich um ein gebräuchliches Wort (bzw. eine Wortfolge) der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr, etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung, stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (st. Rspr.; vgl. BGH, a. a. O. - Cityservice).

Handelt es sich bei den beanspruchten Erzeugnissen und Angeboten um solche, die neben ihrem Charakter als handelbare Waren oder Dienstleistungen auch einen bezeichnungsfähigen gedanklichen Inhalt aufweisen oder aufweisen können, so ist - unbeschadet eines etwaigen Werktitelschutzes nach § 5 Abs. 3 MarkenG (vgl. zu den insoweit geringeren Anforderungen Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl., § 8 Rdn. 101 m. w. Nachw.) - die markenrechtliche Unterscheidungskraft auch dann zu verneinen, wenn die betreffende Bezeichnung geeignet ist, diesen gedanklichen Inhalt der Waren und Dienstleistungen zu beschreiben (vgl. BGH GRUR 2000, 882, 883 - Bücher für eine bessere Welt; GRUR 2001, 1042, 1043 - REICH UND SCHOEN; GRUR 2001, 1043, 1045 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten; GRUR 2002, 1070, 1072 - Bar jeder Vernunft; GRUR 2003, 342 - Winnetou).

Im Blick auf die beanspruchten Dienstleistungen wird die angemeldete Bezeichnung zwanglos als Hinweis auf die Art (sog. Flirtshow oder Flirtparty) und den Tag der Veranstaltung bzw. Übertragung/Ausstrahlung im Rundfunk oder Fernsehen angesehen, nicht aber (im Sinne eines Herkunftshinweises auf ein bestimmtes Unternehmen) der Veranstalter bzw. Sender entnommen. Dass sog. Flirtparties oder Flirtabende in Diskotheken oder sonstigen gastronomischen Unterhaltungsbetrieben sich, vor allem bei jungen Leuten, seit geraumer Zeit großer Beliebtheit erfreuen, hat die Markenstelle ausreichend belegt. Derartige Veranstaltungen aufzuzeichnen oder sie speziell für die Fernsehausstrahlung zu produzieren, liegt nicht fern (vgl. die im öffentlichrechtlichen Fernsehen ausgestrahlte Seriensendung "Herzblatt"). Entsprechendes gilt für die Weiterverbreitung und -verwertung in anderen Medien audiovisueller oder elektronischer Art (z. B. im Internet) und die insoweit benötigten Datenträger. Die Markenstelle hat auch zutreffend darauf hingewiesen, dass die Kombination derartiger Flirtparties und Flirtshows mit Unterhaltungs- und Tanzmusik sowie mit Spielen üblich ist; folglich ist die angemeldete Bezeichnung auch für solche Dienstleistungen nicht schutzfähig.

Die Bezeichnung "Flirt Freitag" eignet sich somit - in gleicher Weise wie etwa "Freitagsflirt" - ohne weiteres zur inhaltlichen Beschreibung von medialen Produkten (Waren oder Dienstleistungen), die sich in irgendeiner Form mit dem Thema "Flirt" beschäftigen oder einen Bezug zur Herstellung solcher Produkte aufweisen können (vgl. hierzu BGH a. a. O. - Winnetou). Für Live-Veranstaltungen gilt nichts anderes. Die Markenstelle hat die angemeldete Bezeichnung daher zu Recht bezüglich sämtlicher beanspruchter Waren und Dienstleistungen als nicht unterscheidungskräftig eingestuft. Entgegen der Ansicht der Anmelderin ist die um Schutz nachsuchende Bezeichnung auch nicht mehrdeutig oder interpretationsbedürftig; aber selbst wenn man dies anders sehen wollte, stünde dieser Umstand einer Verneinung der erforderlichen Unterscheidungskraft nicht entgegen (vgl. BGH GRUR 2000, 882, 883 - Bücher für eine bessere Welt).

Ob "Flirt Freitag" außerdem auch als Merkmalsbezeichnung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dienen kann und deshalb von Monopolrechten eines einzelnen Unternehmens freizuhalten ist, kann - da nicht entscheidungserheblich - dahingestellt bleiben.

Auf Durchsetzung der angemeldeten Marke im Verkehr nach § 8 Abs. 3 MarkenG hat die Anmelderin ihr Eintragungsbegehren nicht gestützt.






BPatG:
Beschluss v. 29.03.2006
Az: 32 W (pat) 175/03


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/85e29ecea633/BPatG_Beschluss_vom_29-Maerz-2006_Az_32-W-pat-175-03




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