OVG Nordrhein-Westfalen:
Beschluss vom 5. Dezember 2007
Aktenzeichen: 13 A 2070/07

Tenor

Auf den Antrag der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 25. April 2007 wie folgt ergänzt:

Die Kostenentscheidung ist vorläufig

vollstreckbar.

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 25. April 2007 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I. Der Urteilsergänzungsantrag der Beklagten ist gemäß §§ 167 Abs. 1 VwGO, 718 Abs. 1 ZPO auch im Berufungszulassungsverfahren zulässig. Er ist auch begründet, weil das Verwaltungsgericht seine Kostenentscheidung nicht für vorläufig vollstreckbar erklärt hat.

II. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung, über den der Senat nur im rechtlichen Rahmen der fristgerechten Darlegungen befindet (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO), ist unbegründet.

1. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.

Bei diesem Zulassungsgrund, der die Einzelfallgerechtigkeit gewährleistet und ermöglichen soll, unbillige oder grob ungerechte Entscheidungen zu korrigieren, kommt es nicht darauf an, ob die angefochtene Entscheidung in allen Punkten der Begründung richtig ist, sondern nur darauf, ob ernstliche Zweifel im Hinblick auf das Ergebnis der Entscheidung bestehen. Ernstliche Zweifel sind dabei anzunehmen, wenn gegen die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nach summarischer Prüfung gewichtige Gesichtspunkte sprechen, d. h., wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung in der angefochtenen Gerichtsentscheidung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, NVwZ 2000, 1163; BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - 7 AV 4.03 -, DVBl. 2004, 838; OVG NRW, zuletzt Beschluss vom 13. August 2007 - 13 A 1067/07 -.

Die Klägerin hat mit ihrer Antragsbegründung die die vorinstanzliche Klageabweisung tragende Erwägung des fehlenden allgemeinen Rechtsschutzinteresses nicht erschüttert.

a) Ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach ein allgemeines Rechtsschutzinteresse fehlt, wenn sich die begehrte gerichtliche Entscheidung für die subjektive Rechtsstellung eines Klägers als nutzlos darstellt, hat das Verwaltungsgericht dem angefochtenen Schreiben der RegTP vom 19. Dezember 2003 rechtliche Wirkungen, die sich auf die Rechtsposition der Klägerin auswirken könnten und deren Beseitigung für sie günstig wäre, nicht mehr zuerkannt, weil sich die Regelungen des Schreibens erledigt haben.

Auch aus Sicht des Senats zeigt das genannte Schreiben keine die Rechtsposition der Klägerin positiv oder negativ berührende Wirkung mehr. Die in ihm enthaltene Regelung der Modalitäten der Überprüfung der Erfüllung der Versorgungsverpflichtung nach Teil B Nr. 4.1 Satz 1 der UMTS-Lizenz zum Stichtag 31. Dezember 2003 und der Aufforderung zur Vorlage eines - die Überprüfung ermöglichenden oder erleichternden - Versorgungsplots hat sich in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht nach Durchführung der Überprüfung spätestens mit Vorliegen des Überprüfungsergebnisses erledigt. Allenfalls dann wäre ein Hinausschieben des Erledigungszeitpunkts bis zur Bestandskraft des Widerrufs der Lizenzrechte und Frequenzzuteilungen denkbar, wenn sich die Wirkung des Schreibens vom 19. Dezember 2003 im Widerruf fortsetzte und die Rechtsposition der Klägerin belastete. Diese Voraussetzung liegt jedoch nicht vor. Der Widerruf beruht nicht entscheidungstragend auf den Regelungen oder sonstigen Auswirkungen des Schreibens vom 19. Dezember 2003. Dieses kann hinweggedacht werden, ohne dass die Wirksamkeit oder Rechtmäßigkeit des Widerrufs entfiele. Das Schreiben ist, wie vom Verwaltungsgericht zutreffend erkannt, für den Widerruf unerheblich.

Während die RegTP den Widerruf der Lizenzrechte und Frequenzzuteilungen auf verwaltungsverfahrensrechtliche und telekommunikationsrechtliche Grundlagen gestützt hat, zieht das Verwaltungsgericht als Widerrufs-Ermächtigung allein § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 TKG heran. Diesen Ansatz greift die Klägerin nicht an. Im Rahmen dieser Rechtsgrundlage hat das Verwaltungsgericht bei der Prüfung der Tatbestandsvoraussetzung "wiederholter Aufforderungen" lediglich neben vielen anderen sinngemäßen Aufforderungen zur Erfüllung der Versorgungsverpflichtung nach Teil B Nr. 4.1 Satz 1 der UMTS-Lizenz (Frequenzzuteilung) nur beiläufig die sinngemäße Aufforderung im Schreiben vom 19. Dezember 2003 erwähnt. Diese Aufforderung ist indes nicht entscheidungstragend und kann angesichts der Vielzahl anderer sinngemäßer Aufforderungen hinweggedacht werden, ohne dass das Tatbestandsmerkmal "wiederholte Aufforderungen" in § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 TKG entfiele. Im Übrigen ist mit der Erwähnung der in der Aufforderung zur Vorlage eines Versorgungsplots im Schreiben vom 19. Dezember 2003 sinngemäß liegenden Aufforderung zur Versorgungspflichterfüllung noch kein Rückgriff genommen auf die Regelungen des angefochtenen Schreibens und kann dies keine Fortsetzung der Regelung im Lizenz/Frequenz-Widerruf bewirken.

Schließlich kommt es im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage des § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 TKG nicht darauf an, dass das besagte Schreiben im angegriffenen erstinstanzlichen Urteil wie im Widerrufsbescheid erwähnt ist. Denn der Lizenz/Frequenz-Widerruf findet eine Stütze auch in Alt. 1 der genannten Vorschrift. Die Klägerin hat einer aus der Lizenz/Frequenz-Zuteilung resultierenden Verpflichtung "wiederholt zuwidergehandelt". Nr. 4.1 Satz 1 der UMTS-Lizenz Teil B legt der Klägerin die Pflicht auf, ab 31. Dezember 2003 einen Versorgungsgrad von 25 % vorzuhalten. Diese Verpflichtung gilt nicht nur für eine juristische Sekunde, sondern ab dem genannten Zeitpunkt dauerhaft, d. h. für jeden dem Stichtag folgenden Tag. Das bedeutet umgekehrt, dass an jedem Tag der Nichterfüllung der Verpflichtung ein ständiger Pflichtverstoß und damit eine wiederholte Pflichtverletzung vorliegt. Eine permanente Pflichtverletzung ist quasi der Extremfall der wiederholten Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung. Im Fall der wiederholten Zuwiderhandlung gegen eine ab einem Stichtag geltende Verpflichtung bedarf es keiner und damit auch keiner wiederholten Aufforderung zur Pflichterfüllung oder andersbegrifflich ausgedrückt Mahnung. Das entspricht dem in § 286 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass es im Fall der Nichterfüllung einer fristgebundenen Verpflichtung zur Auslösung des Verzugs einer Mahnung nicht bedarf. Wie die Klägerin nicht bestreitet, hat sie weder zum Stichtag noch danach irgendwelche Versorgungsaktivität entwickelt; unabhängig von den Vorgaben des Schreibens vom 19. Dezember 2003 konnten auf den ihr zugewiesenen Frequenzen "überhaupt keine" Funkaktivitäten festgestellt werden.

So gesehen ist das genannte Schreiben für die Erfüllung der Ermächtigungsvoraussetzungen für den Lizenzwiderruf aus § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 TKG unerheblich und kann sich deshalb seine Regelung oder sonstige Wirkung nicht im Widerruf zu Lasten der Klägerin fortsetzen, d. h. das Schreiben vom 19. Dezember 2003 ist in jeder Hinsicht erledigt.

b) Aus den gleichen Gründen fehlt der Klägerin ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse für eine eventuelle Fortsetzungsfestsetzungsklage.

2. Der ferner geltend gemachte Zulassungsgrund der tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegt nicht vor. Die Rechtssache weist keine das normale Maß verwaltungsrechtlicher Streitigkeiten überschreitende Schwierigkeiten auf. Tatsachenfragen stellen sich nicht; die allein entscheidungserhebliche Rechtsfrage lässt sich ohne weitere im dargestellten Sinne beantworten.

3. Schließlich liegt auch der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) nicht vor.

Das Verwaltungsgericht ist nicht von der zitierten Entscheidung des OVG NRW BauR 1997, 455/456 abgewichen, weil sich das Schreiben vom 19. Dezember 2003 nach Durchführung der Überprüfung und ihrer Auswertung nicht anderweitig zu Lasten der Klägerin auswirkt. Für den in dem Zusammenhang allein in Betracht kommenden Widerruf ist das Verwaltungsgericht zutreffend von der Unerheblichkeit des genannten Schreibens ausgegangen. Jedenfalls aber beruht die Klageabweisung nicht alleintragend auf der vermeintlichen Abweichung, weil sich nach den obigen Ausführungen zur Ermächtigungsgrundlage für den Lizenzwiderruf auch unabhängig von dem Schreiben vom 19. Dezember 2003 hätte erkannt werden müssen.

Ein Abweichen von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, NVwZ 1991, 570/571, wonach sich die Frage der Erledigung nach dem Regelungsgehalt des Verwaltungsakts richtet, liegt ebenfalls nicht vor. Das Verwaltungsgericht hat keinen seine Entscheidung tragenden Rechtssatz aufgestellt, der mit der zitierten Rechtsprechung unvereinbar wäre. Es ist vielmehr zutreffend davon ausgegangen, dass Regelung des Schreibens vom 19. Dezember 2003 die Überprüfungsmodifikation und Aufforderung zur Vorlage eines Versorgungsplots war, dieser Regelungsgehalt bereits vor dem Lizenz-Widerruf erschöpft war und von dem Schreiben mit Blick auf den Widerruf auch weitergehende negative Folgen für die Klägerin nicht mehr ausgingen.

Die Nebenentscheidungen folgen aus § 154 Abs. 2 VwGO und §§ 47 Abs. 1 u. 3, 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.






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Beschluss v. 05.12.2007
Az: 13 A 2070/07


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