Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. Dezember 2004
Aktenzeichen: 8 W (pat) 326/03

(BPatG: Beschluss v. 16.12.2004, Az.: 8 W (pat) 326/03)

Tenor

Das Patent 196 10 821 wird aufrecht erhalten.

Gründe

I Das Patent 196 10 821 mit der Bezeichnung "Hydrostatischer Motor mit zwei Wellenenden und Kupplung" (Anmeldetag: 19. März 1996) wurde mit Beschluss vom 4. Juli 2002 erteilt. Die Patenterteilung wurde am 28. November 2002 veröffentlicht.

Der Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

"Antrieb für ein mindestens zwei angetriebene Achsen (12, 13) aufweisendes Fahrzeug mit einem hydrostatischen Getriebe (17) mit mindestens zwei Hydromotoren (18, 19), wobei der erste Hydromotor (19) zwei Wellenenden (20, 21) aufweist, von denen jedes mit je einer der Fahrzeugachsen (12, 13) in Antriebsverbindung steht, und wobei der zweite, mittels einer Kupplung (23) zuschaltbare Hydromotor (18) im zugeschalteten Zustand über eine Getriebestufe (22) auf den Antrieb einwirkt, dadurch gekennzeichnet, dass der erste Hydromotor (19) mit der Kupplung (23) verbunden ist und diese Kupplung (23) derart gestaltet ist, dass der zweite Hydromotor (18) und eine der Fahrzeugachsen (12, 13) zu- und abschaltbar sind."

Wegen der Unteransprüche 2 bis 7 wird auf die Akten verwiesen.

Gegen das Patent hat die Firma B... GmbH G...straße E...

am 28. Februar 2003 Einspruch erhoben.

Die Einsprechende stützt ihren Einspruch auf die folgenden im Erteilungsverfahren bereits berücksichtigten Druckschriften

(1) DE 39 10 748 A1

(2) DE-OS 15 55 247

(3) GB 2 257 496 A

(4) US-PS 5 207 060 sowie auf die folgenden, im Erteilungserfahren nicht berücksichtigten Druckschriften

(5) DE 42 35 710 A1

(6) DE 35 22 062 A1

(7) DE 35 46 454 A1.

Die Einsprechende trägt vor, dass insbesondere der Stand der Technik nach der DE 39 10 748 A1 (1), welcher bereits den schematischen Aufbau eines hydrostatischen Antriebs mit zwei Motoren zeige, in Verbindung mit dem Stand der Technik nach der DE 35 22 062 A1 (6), welcher mit Hilfe einer bestimmten Kupplung (Kupplung (c)) an der maßgeblichen Stelle angeordnet den gleichen Effekt wie der Patentgegenstand erreiche, einem Fachmann die patentgemäße Lehre nach Anspruch 1 nahe lege.

Ferner trägt die Einsprechende vor, dass die Formulierung des erteilten Anspruchs 1 mehrere verschiedene Lesarten zulasse, nämlich eine Lösung, bei der entweder nur der zweite Motor oder nur die zweite Antriebsachse abgekoppelt werde, oder aber eine Lösung, wobei der zweite Motor und eine Antriebsachse zusammen vom Antriebsstrang abgekoppelt werden.

Die Einsprechende stellt den Antrag, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.

Die Patentinhaberin widerspricht dem Vorbringen der Einsprechenden und trägt vor, dass beim Stand der Technik nach der DE 39 10 748 A1 (1) die Motoren (erster und zweiter Motor) beiderseits eines Differentialgetriebes angeordnet seien, so dass eine einzige Kupplung für die beiden Aufgaben Abkopplung einer Antriebsachse vom Antriebsstrang und Abkopplung des zweiten Hydromotors dort nicht angeordnet werden könne. Der Stand der Technik nach der DE 35 22 062 A1 (6) zeige eine andere Anordnung als den im Streitpatent offenbarten Antrieb.

Der Anspruch 1 lasse - nach Auffassung der Patentinhaberin - jedenfalls bei verständiger Würdigung der zur Auslegung heranzuziehenden Beschreibung, lediglich eine Lesart zu, nämlich die, dass durch die Ausgestaltung und Positionierung der beanspruchten Kupplung der zweite Hydromotor und gleichzeitig eine der beiden Antriebsachsen zu- und abschaltbar seien.

Zur eventuellen Klarstellung dieses Sachverhalts legt die Patentinhaberin noch einen entsprechend formulierten Anspruch 1 als Hilfsantrag vor.

Die Patentinhaberin stellt den Antrag, das Patent aufrecht zu erhalten, hilfsweise mit dem in der mündlichen Verhandlung übergebenen Patentanspruch 1.

Wegen des Wortlauts des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag und der Einzelheiten im Übrigen wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II 1. Der Senat hat im vorliegenden Einspruchsverfahren gemäß § 147 Abs 3 Satz 1 Nr 1 PatG zu entscheiden.

2. Der form- und fristgerecht eingelegte Einspruch ist ausreichend substantiiert und daher zulässig. In der Sache kann er jedoch nicht zum Erfolg führen.

2.1 Der erteilte Patentanspruch 1 hat nur eine Ausgestaltungsform zum Gegenstand und lässt sich nicht auf mehrere Ausgestaltungsvarianten lesen.

Gegenstand des Streitpatents ist nach Anspruch 1 ein Antrieb für ein mindestens zwei angetriebene Achsen aufweisendes Fahrzeug mit einem hydrostatischen Getriebe und mindestens zwei Hydromotoren. Der erste Hydromotor weist dabei zwei Wellenden auf, von denen jedes mit je einer der Fahrzeugachsen in Antriebsverbindung steht. Der zweite, mittels einer Kupplung zuschaltbare Hydromotor wirkt im zugeschalteten Zustand über eine Getriebestufe auf den Antrieb ein. Der erste Hydromotor ist dabei mit der Kupplung verbunden, wobei die Kupplung derart gestaltet ist, dass der Hydromotor und eine der Fahrzeugachsen zu- und abschaltbar sind.

Bereits die Formulierung im Anspruch (Oberbegriff), wonach der zweite mittels einer Kupplung zuschaltbare Hydromotor im zugeschalteten Zustand über eine Getriebestufe auf den Antrieb einwirkt, lässt erkennen, dass die Kupplung einerseits die Aufgabe der Zu- bzw Abschaltung der Antriebswirkung des zweiten Motors auf mechanischem Wege (also nicht etwa eine hydraulische Zu- bzw Abschaltung) übernimmt. Im weiteren Anspruchstext (Kennzeichen) wird dann ausgeführt, dass der erste Hydromotor - dieser wird im Oberbegriff bereits als der Motor mit zwei Wellenenden beschrieben, von denen jedes mit je einer Fahrzeugachse in Antriebsverbindung steht - mit der Kupplung verbunden ist. Der Sinn der Verbindung des ersten Hydromotors mit jener Kupplung, welche laut vorangehender oberbegrifflicher Formulierung auch bereits für die Zu- und Abschaltung des zweiten Hydromotors vorgesehen ist, wird im folgenden Anspruchstext dahingehend erklärt, dass die Kupplung derart gestaltet sein muss, dass der zweite Hydromotor zu- und abschaltbar ist und eine der Fahrzeugachsen zu und abschaltbar ist. Nachdem aber eben diese Kupplung mit dem ersten Hydromotor - dieser steht über seine beiden Wellenenden mit je einer Fahrzeugachse in Antriebsverbindung - verbunden sein soll, kann die Formulierung "dass der zweite Hydromotor und eine der Fahrzeugachsen zu- und abschaltbar sind" im Kontext der vorangegangenen Formulierungen im Anspruch 1 nur im Sinne einer funktional gleichzeitigen Zu- bzw Abschaltung vom zweiten Hydromotor und eine der Fahrzeugachsen, also im Sinne einer Doppelfunktion, verstanden werden.

Somit ist der erteilte Anspruch 1 nach Auffassung des Senats bereits aus sich selbst heraus nur in dem oben dargelegten Sinne zu verstehen.

Auch die Beschreibung gemäß Streitpatentschrift, welche im Zweifel zur Auslegung der in den Ansprüchen gegebenen Formulierungen heranzuziehen ist, offenbart - anders als die Einsprechende vorträgt - nur eine Ausführungsform. So wird in Spalte 3, Zeile 61 bis Spalte 4, Zeile 3 der Beschreibung der Streitpatentschrift die gleichzeitige Abkoppelbarkeit von Vorder- oder Hinterachse und zweitem Hydromotor angesprochen, wobei die Formulierung gemäß Spalte 3, Zeile 63 bis 65 "... Vorderachse oder die Hinterachse und gleichzeitig der zweite Hydromotor vom ersten Hydromotor abkoppelbar sind" (Unterstreichung seitens des Senats) lautet. Ebenso klar wird dieser Sachverhalt nochmals in Spalte 4, Zeilen 8 bis 11 und Zeilen 14 bis 18 beschrieben, wobei alle diese Textstellen übereinstimmend die gleichzeitige Abkoppelung bzw. Ankoppelung von zweitem Hydromotor und einem der Antriebsstränge für eine der Achsen des Fahrzeuges erkennen lassen. Hier wird, wie auch im Anspruchstext, lediglich offen gelassen, ob der Antriebsstrang für die vordere oder die hintere Antriebsachse zu- und abschaltbar ist, so dass diese Ausgestaltung dem Fachmann überlassen bleibt.

Die Weiterbildung des Erfindungsgedankens nach Anspruch 3, wonach die Kupplung auf dem Wellenende des ersten Hydromotors auch die diesem Wellenende zugeordnete Fahrzeugachse gleichzeitig mit dem zweiten Hydromotor zu- und abschaltet, bedeutet nicht die Einführung der Doppelfunktion dieser Kupplung erst an dieser Stelle, wie die Einsprechende vorträgt, sondern bezieht sich auf die Zeitgleichheit in der Schaltwirkung. Die Wirk- und Bauart einer Kupplung nach Anspruch 1, deren Doppelfunktion dort bereits festgeschrieben ist, könnte auch eine geringe Zeitverzögerung in ihrer Schaltwirkung zwischen der An- und Abkoppelung des zweiten Hydromotors und einem der Antriebsstränge umfassen, welche durch die Weiterbildung nach Anspruch 1 ausgeschlossen werden soll.

2.2 Der Gegenstand nach Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung ist neu, denn er wird von keiner der zum Stand der Technik genannten Entgegenhaltungen vollumfänglich vorweggenommen.

Von dem Antrieb für Erdbaumaschinen, vorzugsweise Radlader nach der DE 39 10 748 A1 (1), unterscheidet sich der Patentgegenstand dadurch, dass der erste Hydromotor mit der Kupplung verbunden ist, sowie in der Ausgestaltung dieser Kupplung derart, dass der zweite Hydromotor und eine der Fahrzeugachsen zu- und abschaltbar sind.

Anders als der patentgemäße Antrieb weist der Antrieb für ein Hybridfahrzeug gemäß der DE 35 22 062 A1 (6) keinerlei Hydromotoren auf, sondern einen Verbrennungsmotor und einen Elektromotor. Keiner der Motoren weist zwei Wellenden auf, von denen jedes mit je einer der Fahrzeugachsen in Antriebsverbindung steht, so dass sich der Patentgegenstand nach Anspruch 1 bereits in diesen Merkmalen von diesem Stand der Technik unterscheidet.

Auf die übrigen noch im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen ist die Einsprechende im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht mehr eingegangen. Auch sie sind nicht geeignet, die Neuheit des Patentgegenstandes in Frage zu stellen. Bei dem hydromechanischen Antriebsaggregat nach der DE 42 35 710 A1 (5) sind zwei Hydromotoren über eine Getriebestufe antriebsmäßig gekoppelt, wobei jedoch eine Kupplung fehlt, so dass sich der Patentgegenstand hierin und in der weiteren Ausgestaltung der Kupplung von diesem Stand der Technik unterscheidet. Die hydrostatischen Antriebssysteme bestehend aus zwei über eine Getriebestufe miteinander gekoppelten Hydromotoren nach der DE 1 555 247 A1 (2) bzw der GB 2 257 496 A (3), wobei die Antriebskopplung durch eine Trennkupplung aufgehoben werden kann, wirken anders als beim Patentgegenstand jeweils nur auf eine einzige Fahrzeugachse ein, während das Antriebssystem nach der US 5 207 060 (4) einen doppelten Hydromotor zum Gegenstand hat, wobei der eine mit der vorderen und der andere mit der hinteren Antriebsachse des Fahrzeugs in permanenter, nicht durch eine Kupplung trennbarer Antriebsverbindung steht. Die DE 35 46 454 A1 (7) offenbart lediglich eine Doppelkupplung an sich ohne jedoch einen Hinweis auf deren Einbauposition und Funktion im patentgemäßen Sinn zu geben.

2.3 Der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1, dessen gewerbliche Anwendbarkeit unstrittig gegeben ist, beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die patentgemäße Lehre nach Anspruchs 1 besagt im ihrem Kern, dass bei einem Antriebssystem, bestehend aus zwei Hydromotoren, der erste Hydromotor zwei Wellenden aufweist, von denen jedes mit einer der Fahrzeugachsen in Antriebsverbindung steht, und ein zweiter Hydromotor über eine Getriebestufe auf den Antrieb einwirkt, wobei dieser zweite Hydromotor mittels einer Kupplung zu- bzw abschaltbar ist, d.h. mechanisch an den Antrieb gekoppelt bzw. von diesem vollständig getrennt werden kann. Dabei ist der erste Hydromotor mit der Kupplung verbunden, welche derart gestaltet ist, dass sie die in Punkt 2.1 der Beschlussbegründung bereits dargestellte Doppelfunktion der Zu- und Abschaltung des zweiten Hydromotors und einer der Fahrzeugachsen übernehmen kann.

Zu einem derartigen technischen Handeln vermittelt der Antrieb nach der DE 39 10 748 A1 (1) einem Fachmann - nach übereinstimmender Feststellung der Beteiligten ein Diplomingenieur des allgemeinen Maschinenbaus mit mehrjähriger Erfahrung in der Konzeption hydrostatischer Antriebe - keinerlei entscheidungserhebliche Anregungen. Wie aus Figur 1 dieser Entgegenhaltung ersichtlich ist, verfügt die dort dargestellte Baumaschine (Radlader) über einen hydrostatischen Antrieb, bestehend aus zwei Hydromotoren (15) und (11), von denen der erste Hydromotor (15) zwei Wellenenden aufweist, von denen jedes mit je einer der Fahrzeugachsen über die Differentialgetriebe (5, 6) in Antriebsverbindung steht. Die Antriebsverbindung zwischen dem ersten Hydromotor (15) und den Fahrzeugachsen ist dabei permanent, d.h. ohne Kupplung dazwischen, ausgestaltet. Innerhalb des Antriebsstranges zwischen den beiden Fahrzeugachsen, bestehend aus Kardanwelle (7), erstem Hydromotor (15) und dessen Welle (16) sowie den jeweiligen Differentialgetrieben (5, 6), ist kein weiterer Hydromotor angeordnet. Der zweite Hydromotor (11) ist vielmehr außerhalb des Zwischenachsraumes hinter dem Differentialgetriebe (6) der Hinterachse des Fahrzeuges angeordnet und steht mit dem hinteren Differentialgetriebe (6) über ein Planetenschaltgetriebe (10) in Antriebsverbindung. Ein derartiges Planetenschaltgetriebe verfügt, wie aus Figur 3 ersichtlich und in Spalte 3, Zeile 4, 5 der Entgegenhaltung (1) dargestellt, über (interne) Lamellenkupplungen für die Schaltvorgänge, so dass auch der zweite Hydromotor (11) mittels einer Kupplung (Lamellenkupplungen) im zugeschalteten Zustand über eine Getriebestufe (Getriebe 10) auf den Antrieb einwirken mag. So die Lamellenkupplungen in dem Planetenschaltgetriebe (10) überhaupt als Trennkupplungen im Sinne des Patentgegenstandes verstanden werden können, sind diese jedenfalls lediglich in der Lage, den zweiten Hydromotor (11) von der Antriebsverbindung an- bzw abzukoppeln, ohne dass diese Maßnahme eine Wirkung auf die Zu- und Abschaltung einer Fahrzeugachse vom ersten Hydromotor (15) hätte, denn die Fahrzeugachsen stehen in permanenter Antriebsverbindung mit dem zwischen diesen angeordneten ersten Hydromotor (15). Die Lamellenkupplungen des Planetengetriebes (10) - deren Trennfunktion einmal unterstellt - können daher die patentgemäße Doppelfunktion der funktional gleichzeitigen Zu- und Abschaltung von zweitem Hydromotor und einer der Fahrzeugachsen bei der Antriebsausgestaltung nach der DE 39 10 748 A1 nicht erfüllen. Somit konnte diese Entgegenhaltung aufgrund der dort beschriebenen Bauart und Konzeption des offenbarten Fahrzeugantriebes mit zwei Hydromotoren für sich genommen einem Fachmann keine entscheidenden Hinweise zum Auffinden der patentgemäßen Lehre, insbesondere der Ausgestaltung einer Kupplung mit der oben beschriebenen Doppelfunktion, vermitteln. Auch die Einführung einer anderen oder weiteren Kupplung in das Antriebskonzept nach der Entgegenhaltung (1) könnte lediglich dazu führen, eine der Achsen vom Antriebsstrang abzukoppeln, wenn diese Kupplung mit dem ersten Hydromotor verbunden würde und zwischen den Achsen des Fahrzeugs angeordnet wäre. Der zweite Hydromotor wäre durch eine solche Maßnahme - für deren Durchführung findet sich in der Entgegenhaltung keinerlei Anregung - jedenfalls nicht funktional gleichzeitig zu- und abschaltbar, so dass das Antriebskonzept nach der DE 39 10 748 A1 auch in einer Zusammenschau mit anderen technischen Lösungen nicht als Grundlage für den patentgemäßen Antrieb dienen kann.

Bei dem Hybridfahrzeug (Omnibus) nach der DE 35 22 062 A1 (6) sind zwar zwei Motoren, ein Elektromotor (9) und ein Verbrennungsmotor (7), am Antrieb der beiden (hinteren) treibenden Achsen (3) (Hinterachse des Omnibus) und (6) (Achse des Nachläufers) beteiligt. Wie aus Figur 1 dieser Entgegenhaltung ersichtlich, sind aber beide Motoren (9, 7) jeweils außerhalb des zwischen den Achsen (3, 6) befindlichen Raumes angeordnet. Ihre Antriebsleistung übertragen sie von dort aus an Achsgetriebe (10, 8), welche ihrerseits neben einer Mehrzahl von Kupplungen und Getriebestufen auch die Differentialgetriebe für die Achsen beinhalten. Die Achsgetriebe (10) und (8) für die angetriebenen Fahrzeugachsen (3) und (6) sind über einen Kardanwellenstrang (11), welcher sich zwischen den Achsen (3, 6) erstreckt, verbunden. In Figur 3 dieser Entgegenhaltung ist das Achsgetriebe für die Achse (6) des Nachläufers (5) des Hybridomnibus schematisch dargestellt. Das Achsgetriebe lässt dabei zwei in entgegengesetzten Richtungen aus dem Gehäuse ragende Wellen (c) und (d) erkennen, wobei die Welle (d) mit dem Verbrennungsmotor (7) verbunden ist (Sp 10, 11, 12), während die Welle (c) mit der Kardanwelle (11) zwischen den Antriebsachsen in Verbindung steht (Sp 10, Z 14 bis 18). In diesem Achsgetriebe befindet sich - wie aus Fig 3 ersichtlich - u.a. eine Kupplung (C), welche - wie die Einsprechende insoweit richtig ausführt - im eingerückten Zustand die beiden Achsgetriebe des Fahrzeugs in Antriebsverbindung hält, während sie diese im offenen Zustand voneinander antriebsmäßig trennt. Die Öffnung der Kupplung (C) führt zwar dazu, dass das Differentialgetriebe (6) der Antriebsleistung, welche über die Welle (c) in das Achsgetriebe eingetragen wird, getrennt wird. Die Verbindung des hinteren Differentialgetriebes (6) mit dem Verbrennungsmotor über die Welle (d) indes bleibt weiter bestehen. Diese Verbindung könnte lediglich durch Öffnen einer weiteren Kupplung (D), welche jedoch in diesem Zusammenhang nicht bedeutsam ist und auch beim Vortrag der Einsprechenden keinerlei Beachtung findet, getrennt werden. Auf Grund der speziellen Konfiguration des Antriebs für Hybridfahrzeuge nach der DE 35 22 062 A1 können allein durch Betätigung der Kupplung (C) daher lediglich die beiden Motoren antriebsmäßig voneinander getrennt bzw miteinander verbunden werden. Diese Kupplung (C) ist allerdings nicht so positioniert und ausgestaltet, dass durch ihre Betätigung der zweite Motor und eine der Fahrzeugachsen funktional gleichzeitig zu- und abschaltbar sind. Somit konnte die Entgegenhaltung (6) einem Fachmann für sich genommen keine erheblichen Hinweise zum Auffinden des patentgemäßen Antriebskonzeptes nach Anspruch 1 vermitteln.

Auch die Übertragung einer derartigen, zwischen den angetriebenen Achsen wirksamen Kupplung nach der DE 35 22 062 A1 auf ein hydrostatisches Antriebskonzept nach der DE 39 10 748 A1, wie sie die Einsprechende vorschlägt, kann nicht zum patentgemäßen Antriebskonzept führen, denn der hydrostatische Antrieb nach der DE 39 10 748 A1 ist nicht so konfiguriert, dass die Einführung einer Kupplung welche die patentgemäße Doppelfunktion erfüllen könnte, technisch überhaupt möglich wäre (vgl hierzu obige Ausführungen zur DE 39 10 748 A1). Darüber hinaus fehlt es für eine derartige Übertragungsmaßnahme an jeglicher Veranlassung, denn die maßgebliche Kupplung nach der DE 35 22 062 A1 vermag schon beim Gegenstand dieser Entgegenhaltung (6) die patentgemäße Doppelfunktion nicht zu erfüllen.

Die übrigen im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen liegen, wie bereits aus den Ausführungen zum Neuheitsvergleich ersichtlich, vom Patentgegenstand weiter ab. Auch sie sind nicht geeignet, einem Fachmann das patentgemäße Antriebskonzept nahezulegen, weil entweder eine entsprechende Kupplung zwischen den Hydromotoren nicht vorgesehen ist (DE 42 35 710 A1), die Antriebsleistung der beiden Hydromotoren nur auf eine einzige Fahrzeugachse gerichtet ist (DE 15 55 247 A1; GB 2 257 496 A), die Antriebsleistung je eines von zwei Hydromotoren welche zu einem Doppelmotor zusammengefasst sind, auf je einer der Fahrzeugachsen ohne trennende Kupplung permanent übertragen wird (US 5 207 060) oder lediglich eine Doppelkupplung ohne den patentgemäßen konstruktiven Zusammenhang offenbart ist.

Nachdem der Antrieb nach dem erteilten Patentanspruch 1 einem Fachmann durch den entgegengehaltenen Stand der Technik weder einzeln für sich genommen noch in einer Zusammenschau betrachtet - auch unter Hinzunahme fachüblicher Überlegungen und allgemeinen fachmännischen Grundwissens - nahegelegt war, bedurfte es einer erfinderischen Tätigkeit, um zur patentgemäßen Lehre zu gelangen.

Der Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung hat daher Bestand. Mit diesem haben auch die auf diesen Hauptanspruch rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 7 Bestand, die vorteilhafte Ausgestaltungen eines Antriebs nach Anspruch 1 zum Gegenstand haben.

Das Patent war daher in der in erster Linie verteidigten erteilten Fassung aufrecht zu erhalten.

Kowalski Dr. Albrecht Dr. Huber Hildebrandt Cl






BPatG:
Beschluss v. 16.12.2004
Az: 8 W (pat) 326/03


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