Landgericht Augsburg:
Urteil vom 29. Juli 2010
Aktenzeichen: 1 HK O 1146/10

(LG Augsburg: Urteil v. 29.07.2010, Az.: 1 HK O 1146/10)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Landgericht Augsburg hat mit Urteil vom 29. Juli 2010, Aktenzeichen 1 HK O 1146/10, die Beklagte dazu verurteilt, es zu unterlassen, in geschäftlichen Handlungen für das Produkt "Monte" mit der Aussage "aus 85 % gesunder Milch gemacht" bzw. "die Zwischenmahlzeit mit 85 % Milch" zu werben, wenn das Produkt tatsächlich nur 49 % Vollmilch enthält. Zusätzlich wurde die Beklagte verurteilt, an den Kläger 200,00 € nebst Zinsen zu zahlen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger ist der Dachverband aller Verbraucherzentralen und weiterer verbraucher- und sozialorientierter Organisationen in Deutschland und ist als qualifizierte Einrichtung im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UKlaG) eingetragen. Die Beklagte wirbt für ihr Produkt "Monte" auf ihrer Internetseite und in Werbespots mit der Aussage, dass das Produkt zu 85 % aus gesunder Milch besteht. Tatsächlich enthält das Produkt jedoch nur 49 % Vollmilch und 36 % Sahne. Der Kläger sieht darin einen Wettbewerbsverstoß und eine Irreführung der Verbraucher.

Das Gericht hat die Klage für begründet erachtet. Es liegt eine irreführende Werbung vor, da der Verbraucher unter einer Aussage wie "aus 85 % gesunder Milch gemacht" erwartet, dass das Produkt hauptsächlich aus Milch besteht und nicht aus Sahne. Die höheren Fettwerte der Sahne werden durch diese Werbung verschleiert, und dem Verbraucher wird vorgespielt, dass nur gesunde Milch enthalten ist. Daher besteht ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte.

Des Weiteren hat der Kläger gemäß § 12 I 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) einen Anspruch auf Abmahnkosten in Höhe von 200,00 € gegen die Beklagte. Qualifizierte Verbände haben nach § 4 des UKlaG Anspruch auf Ersatz ihrer Kosten. Das Gericht hält in diesem Fall eine Kostenpauschale von 200,00 € für angemessen.

Das Urteil ist vollständig zugunsten des Klägers ausgefallen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 der Zivilprozessordnung (ZPO).




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

LG Augsburg: Urteil v. 29.07.2010, Az: 1 HK O 1146/10


Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollstrecken an den Geschäftsführern, zu unterlassen,

im Rahmen geschäftlicher Handlungen für das Produkt "Monte" mit der Aussage "aus 85 % gesunder Milch gemacht" bzw. "die Zwischenmahlzeit mit 85 % Milch" zu werben bzw. werben zu lassen, wenn das Produkt tatsächlich 49 % Vollmilch enthält.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 200,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 9.4.2010 zu bezahlen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 18.000,00 € vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist der Dachverband aller 16 Verbraucherzentralen und 25 weiterer verbraucher- und sozialorientierter Organisationen in Deutschland. Er ist in der vom Bundesamt für Justiz in Bonn geführten Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen.

Die Beklagte wirbt auf ihrer Internetseite für das Produkt "Monte - die Milch + Schoko Zwischenmahlzeit" mit der Aussage:

"Einmalig schokoladig, in einer altersgerechten Portion, aus 85 % gesunder Milch gemacht".

Ferner produziert und veröffentlicht die Beklagte auch Werbespots für dieses Produkt mit folgender Aussage:

"Die Zwischenmahlzeit mit 85 % Milch, Schokolade und kräftiger Haselnuss".

Das Produkt Monte setzt sich zusammen aus 49 % Vollmilch und 36 % Sahne. Diese Zusammensetzung ergibt sich auch aus den angegebenen Zutaten auf der Produktverpackung. Der Kläger trägt im Wesentlichen vor, dass hier ein Wettbewerbsverstoß durch die Beklagte erfolgt. Es sei irreführend, wenn hier mit 85 % Milch geworben wird, wenn es nur 49 % Milch und 36 % Sahne sind. Desweiteren stehen ihm 200,00 € Abmahnkosten zu.

Der Kläger beantragt:

1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollstrecken an den Geschäftsführern, zu unterlassen,

im Rahmen geschäftlicher Handlungen für das Produkt "Monte" mit der Aussage "aus 85 % gesunder Milch gemacht" bzw. "die Zwischenmahlzeit mit 85 % Milch" zu werben bzw. werben zu lassen, wenn das Produkt tatsächlich 49 % Vollmilch enthält

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 200,00 € nebst 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt:

Die Klage wird abgewiesen.

Im Wesentlichen trägt sie vor, dass kein Wettbewerbsverstoß vorläge. Die Zusammensetzung des Produkts "Monte" sei zutreffend wiedergegeben worden. Auch bei Sahne handelt es sich um ein Milcherzeugnis. Somit ist insgesamt tatsächlich 85 % Milch enthalten. Sahne habe zwar einen höheren Fettgehalt wie Vollmilch, jedoch würde dies keine Benachteiligung des Kunden ergeben. Auch sei auf der Produktzusammensetzung deutlich sichtbar, dass es 36 % Sahne und 49 % Vollmilch sei.

Bezüglich der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Gründe

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Landgericht Augsburg - Kammer für Handelssachen - örtlich, sachlich und funktionell zuständig.

Die Klage ist in vollem Umfang begründet.

Der Kläger ist klagebefugt gem. § 3 I Nr. 1 UKlaG.

Die Werbung der Klägerin verstößt gegen § 11 I Nr. 1 LFGB, 5 I Nr. 1, 4 Nr. 11 UWG.

Es ist verboten für Lebensmittel mit irreführenden Darstellungen zu werben. Nach Ansicht des Gerichts liegt hier eine irreführende Werbung in der Angabe 85 % Milch vor. Es kann der Argumentation der Beklagten nicht gefolgt werden, dass Sahne eben auch ein Milcherzeugnis ist. Gerade für den Verbraucher stellt es einen großen Unterschied dar, ob ein Produkt aus Milch oder aus Sahne besteht. Sahne ist wesentlich fetthaltiger wie Milch. Deshalb wird gerade von figur- und gesundheitsbewussten Personen und auch bei Kindern vermieden Sahneprodukte zu kaufen. Der Anteil an Sahne und die darin enthaltenen höheren Fettwerte werden durch diese Werbung eindeutig verschleiert. Dem Verbraucher wird vorgespiegelt, dass hier nur gesunde Milch vorhanden ist. Es liegt somit eine Irreführung vor. Dem Kläger steht damit der Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu.

Desweiteren steht im auch gem. § 12 I 2 UWG ein Anspruch auf Abmahnkosten in Höhe von 200,00 € gegen die Beklagte zu. Es ist anerkannt, dass ein nach § 4 UKlaG qualifizierter Verband Anspruch auf anteiligen Ersatz der Personal- und Sachkosten in Form einer Kostenpauschale hat. Das Gericht sieht hier die Pauschale von 200,00 € als angemessen an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 709 ZPO.






LG Augsburg:
Urteil v. 29.07.2010
Az: 1 HK O 1146/10


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/84d92c051b1d/LG-Augsburg_Urteil_vom_29-Juli-2010_Az_1-HK-O-1146-10




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