Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. April 2006
Aktenzeichen: 24 W (pat) 251/04

(BPatG: Beschluss v. 04.04.2006, Az.: 24 W (pat) 251/04)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke 397 42 801 primusonlineist am 13. August 1998 u. a. für Waren der Klassen 1, 9, 16, 18 und 20 in das Register eingetragen und am 17. September 1998 veröffentlicht worden.

Dagegen hat die Inhaberin der für die Waren

"Waren aus Papier (soweit in Klasse 16 enthalten), ausgenommen sind Hygienepapierartikel aus Krepp- und Tissue-Papier, Schreibwaren, Büroartikel, nämlich nichtelektrische und elektrische Bürogeräte (ausgenommen Möbel), nichtelektrische und elektrische Büromaschinen, nämlich Schreibmaschinen, Aktenvernichter, Fotokopiergeräte, Diktiergeräte, Telefone und Anrufbeantworter, Telefaxgeräte und Bindesysteme; Lehrmittel, nämlich bespielte Kassetten und Schallplatten; chemische Erzeugnisse für gewerbliche, wissenschaftliche und fotografische Zwecke, ausgenommen Verdickungsmittel für Textildruck und Appretur, sowie Hilfsmittel für die Textilindustrie, nämlich Textildrucköl, lichtempfindliche Papiere, Folien und Filme, Lichtpausleinen, Toner für Kopiergeräte; Tonbandkassetten und Videobandkassetten, Disketten, Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte; Büromöbel; Aktenkoffer, Dokumentenmappen aus Leder und Kunststoff"

am 11. September 1990 gemäß § 6 a WZG eingetragenen Wortmarke 1 163 838 PRINTUS

- beschränkt auf die Waren der Klassen 1, 9, 16, 18 und 20 der angegriffenen Marke - Widerspruch erhoben. Das Widerspruchsverfahren hinsichtlich der Widerspruchsmarke 1 163 838 ist am 16. Oktober 1991 abgeschlossen worden.

Im Verfahren vor der Markenstelle hat die Inhaberin der angegriffenen Marke am 18. November 1999 die Einrede mangelnder Benutzung der Widerspruchsmarke erhoben. Daraufhin hat die Widersprechende Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung ihrer Marke eingereicht, und zwar die Kataloge bzw. Kopien aus den Katalogen "Printus (Ihr) Fachvertrieb für Bürobedarf 1994, 1995/96, 1996/97 und 1998/99" sowie eine eidesstattliche Versicherung des Prokuristen der Widersprechenden, Herrn A..., vom 28. Januar 2000, in der die Benutzung der Marke "Printus" in den Jahren 1993 bis 1998 u. a. im Zusammenhang mit den Katalogen sowie darüber hinaus für das Eigenmarkenprogramm der Widersprechenden versichert wird.

Mit Beschluss vom 29. April 2004 hat die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamtes den Widerspruch zurückgewiesen. Obwohl die beiderseitigen Waren teilweise identisch seien oder eine beachtlicher Nähe aufwiesen, sei die Ähnlichkeit der Marken nicht erheblich genug, um eine Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zu begründen. In ihrer Gesamtheit unterscheide sich die angegriffene Marke durch das zusätzliche Wort "online" in jeder Hinsicht deutlich von der Widerspruchsmarke. Allein aus der Ähnlichkeit der Widerspruchsmarke mit dem Wortbestandteil "primus" könne eine Verwechslungsgefahr nicht hergeleitet werden, da diesem im maßgeblichen Gesamteindruck der angegriffenen Marke, der von den beiden Bestandteilen "primus" und "online" gleichgewichtig bestimmt werde, keine prägende Bedeutung zukomme. Die Frage der Benutzung der Widerspruchsmarke könne daher dahingestellt bleiben.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Im Hinblick auf die bestrittene Benutzung der Widerspruchsmarke reicht sie ergänzend zu den bisherigen Unterlagen eine weitere eidesstattliche Versicherung des Herrn A... vom 29. November 2004 ein, in der dieser unter Hinweis auf die beigefügte Umsatzaufstellung für Eigenmarkenartikel der Firma Printus die Nutzung der Marke "PRINTUS" in den Jahren 1995 bis 1998 für das gesamte Eigenmarkensortiment der Widersprechenden versichert. Nach Auffassung der Widersprechenden halten die Marken angesichts der von der Markenstelle zutreffend festgestellten Nähe bis Identität der beiderseitigen Waren nicht den zum Ausschluss einer Verwechslungsgefahr erforderlichen deutlichen Abstand voneinander ein. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei dabei als durchschnittlich zu beurteilen, da der Anklang an das englische Wort "print" durch die Endung "us" verwischt werde und nicht sofort und leicht fassbar sei. Der Bestandteil "primus" habe in der angegriffenen Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung und komme als allein kollisionsbegründender Bestandteil in Betracht. Das dem Verkehr als zusätzliches beschreibendes Element aus einer Vielzahl anderer Kombinationen bekannte Wort "online" (z. B. Spiegelonline, T-online) werde nicht eigenständig wahrgenommen. Angesichts der Vielzahl der Übereinstimmungen im Gesamtklangbild der Wörter "primus" und "PRINTUS" könnten die abweichenden Buchstaben im Wortinneren nicht zu einer hinreichenden Unterscheidung der Marken führen.

Die Widersprechende beantragt (sinngemäß), den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke im beantragten Umfange anzuordnen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt (sinngemäß), die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen.

Sie hält die von ihr erhobene Nichtbenutzungseinrede aufrecht, welche auch durch die eingereichte weitere eidesstattliche Versicherung nebst Anlagen nicht entkräftet werde. Eine markenmäßige Benutzung sei daraus nicht erkennbar. Im Übrigen stützt sie in vollem Umfang die Begründung des angefochtenen Beschlusses, wonach der Widerspruch, ungeachtet der Frage der rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke, schon wegen fehlender Verwechslungsgefahr keinen Erfolg haben könne. Sie beruft sich in diesem Zusammenhang außerdem auf eine frühere Entscheidung des Senats vom 9. Juli 2002 (24 W (pat) 47/01), in dem die Verwechslungsgefahr zwischen den Marken "PRINTUS" und "primus" verneint worden sei.

II.

Die nach § 165 Abs. 4 und 5 Nr. 1 MarkenG statthafte sowie auch sonst zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist in der Sache nicht begründet. Nach Auffassung des Senats ist die Zurückweisung des Widerspruchs durch die Markenstelle im Ergebnis zu Recht erfolgt, da die von der Inhaberin der angegriffenen Marke erhobene Einrede der mangelnden Benutzung der Widerspruchsmarke (§§ 43 Abs. 1, 26 MarkenG) durchgreift.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat im Verfahren vor der Markenstelle am 18. November 1999 zulässig die Nichtbenutzungseinrede erhoben, nachdem der Abschluss des Widerspruchsverfahrens der nach § 6a WZG eingetragenen Widerspruchsmarke am 16. Oktober 1991 zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der jüngeren Marke am 17. September 1998 bereits länger als fünf Jahre zurücklag (§§ 43 Abs. 1 Satz 1, 26 Abs. 5 MarkenG). Die Einrede wurde von der Inhaberin der angegriffenen Marke im Beschwerdeverfahren ausdrücklich aufrechterhalten und weder hier noch im Verfahren vor der Markenstelle auf einen bestimmten Zeitraum beschränkt. Angesichts dieses undifferenzierten Bestreitens ist die Einrede dahingehend zu verstehen, dass sie sich auf die beiden Alternativen des § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 MarkenG bezieht, die kumulativ geltend gemacht werden können (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl., § 43 Rdn. 32, 35; Kliems GRUR 1999, 11, 13 ff.; BGH GRUR 1998, 938, 939 f. "DRAGON"; GRUR 1999, 54, 55 f. "Holtkamp"; GRUR 1999, 995, 996 "HONKA"; GRUR 2000, 510 "Contura"; GRUR 2006, 150, 151 "NORMA"). Die Widersprechende hat daher die rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke (§ 26 MarkenG) nicht nur innerhalb von fünf Jahren vor der Veröffentlichung der angegriffenen Marke, also vom 17. September 1993 bis 17. September 1998, sondern außerdem auch innerhalb von weiteren fünf Jahren vor der Entscheidung des Senats über den Widerspruch, also vom 4. April 2001 bis 4. April 2006, glaubhaft zu machen (vgl. BGH a. a. O. "HONKA"; "Contura"; "NORMA"). Zwar hat die Widersprechende mit den die Jahre 1993 bis 1998 betreffenden Unterlagen Belege zur Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarke für den ersten Zeitraum eingereicht, für den zweiten maßgeblichen Benutzungszeitraum fehlt hingegen jegliches Glaubhaftmachungsmaterial. Die Einrede mangelnder Benutzung greift deshalb bereits aus diesem Grund durch, ohne dass es im weiteren noch auf die Frage ankommt, ob und für welche Waren die eingereichten Unterlagen eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke in dem ersten fraglichen Zeitraum glaubhaft machen können.

Insoweit durfte die Widersprechende auch nicht mit einem, den Mangel der Glaubhaftmachung aufklärenden Hinweis des Senats (§ 82 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 139 Abs. 1 ZPO) rechnen. Da die Ausgestaltung des Benutzungszwangs im Widerspruchsverfahren dem Beibringungs- und Verhandlungsgrundsatz unterstellt ist (vgl. BGH GRUR 1998, 938, 939 "DRAGON"; GRUR 2006, 152, 154 "GALLUP"), obliegt es grundsätzlich der Widersprechenden, von sich aus alle für eine rechtserhaltende Benutzung erforderlichen Umstände darzulegen und glaubhaft zu machen (vgl. BPatGE 42, 195, 198 ff. "Neuro-Vibolex"). In dieser Hinsicht trägt die Widersprechende die volle Verantwortung für die vollständige Glaubhaftmachung und verbleibende Zweifel gehen zu ihren Lasten (vgl. BGH a. a. O. "GALLUP"). Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Grundanforderungen an die Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung, die - wie vorliegend - in ständiger Rechtsprechung geklärt sind (vgl. BPatG a. a. O. "Neuro-Vibolex").

Nachdem der Widerspruch bereits wegen unzureichender Glaubhaftmachung der Benutzung gemäß §§ 43 Abs. 1 S. 2, 26, 43 Abs. 2 S. 2 MarkenG keinen Erfolg haben kann, kommt es auf die Frage einer zwischen den Vergleichsmarken bestehenden Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht mehr an.

Es besteht kein Anlass, einer der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen (§ 71 Abs. 1 MarkenG).






BPatG:
Beschluss v. 04.04.2006
Az: 24 W (pat) 251/04


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