Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. September 2001
Aktenzeichen: 33 W (pat) 128/01

(BPatG: Beschluss v. 14.09.2001, Az.: 33 W (pat) 128/01)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Das Deutsche Patent- und Markenamt hat die Anmeldung der Wortmarke

"eprocure"

für folgende Dienstleistungen Klasse 35:

"Organisation und Veranstaltung von Messen und Austellungen für wirtschaftliche und Werbezwecke;

Klasse 41:

Organisation und Veranstaltung von Messen und Ausstellungen für kulturelle, sportliche und Unterrichtszwecke"

durch Beschluß der Markenstelle für Klasse 35 vom 23. November 2000 gemäß §§ 8 Abs 2 Nr 1 und 2, 37 Abs 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft sowie wegen eines Freihaltungsbedürfnisses an einer beschreibenden Angabe zurückgewiesen. Die Markenstelle hat ausgeführt, daß die in Betracht kommenden Verkehrskreise die aus der englischen Abkürzung "e" und dem englischen Begriff "procure" zusammengesetzte angemeldete Bezeichnung dahingehend verstehen würden, daß Thema der Messen das elektronische Beschaffen sei. Das Markenwort finde im Verkehr bereits Verwendung, wie eine Internetrecherche belege.

Mit ihrer Beschwerde gegen diese Entscheidung beantragt die Anmelderin, den angefochtenen Beschluß der Markenstelle aufzuheben.

Sie trägt vor, daß der Markenbestandteil "procure" vom Verkehr nicht als englischsprachiger Begriff erkannt werde, da es ein ungewöhnliches Wort der englischen Wirtschaftssprache sei, das der deutsche Verbraucher in der Regel nicht zu übersetzen vermöge. "E" könne auch als Abkürzung für viele andere Begriffe stehen. Im übrigen habe sich das angemeldete Zeichen im Verkehr durchgesetzt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die Beschwerde ist nicht begründet.

Nach Auffassung des Senats ist die angemeldete Marke nicht unterscheidungskräftig gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, so daß die Markenstelle des Patentamts die Anmeldung im Ergebnis zu Recht gemäß § 37 Abs 1 MarkenG zurückgewiesen hat.

Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft als der einer Marke innewohnenden konkreten Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden, ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (st.Rspr vgl BGH MarkenR 2000, 48 - Radio von hier; MarkenR 2000, 50 -Partner with the Best). Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht. Kann demnach einer Wortmarke kein für die beanspruchten Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch nicht um ein so gebräuchliches Wort der deutschen oder einer sonst im Inland geläufigen Sprache, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß einem als Marke verwendeten Wortzeichen die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH aaO - Partner with the Best; BGH GRUR 1999, 1089 - YES; BGH GRUR 1999, 1093 - FOR YOU mwN).

Das angemeldete Zeichen setzt sich aus der Abkürzung "e" und dem Begriff "procure" zusammen. "E" ist dabei im Deutschen als Abkürzung für "elektronisch" bzw im Englischen für "electronic" gebräuchlich (vgl Pons, Fachwörterbuch Datenverarbeitung 1997, S 77, Computer Fachlexikon Microsoft Press 2000, Seite 235). "E" kommt in vielen Wortverbindungen vor, in denen es im Zusammenhang mit auf elektronischem Wege durchgeführten Tätigkeiten oder mit Vorgängen, die das Internet betreffen, oder über das Internet erfolgen, steht, so etwa in den Begriffen "ecommerce", "ebanking", "emoney", "email" oder "ebusiness". Die von der Anmelderin behauptete Verwendung der Abkürzung "E" für "Entertainment", "Event" oder "Erlebnis" mag zutreffend sein, da die Messetätigkeit der Anmelderin, wie diese selbst einräumt, die elektronische Beschaffung zum Gegenstand hat, steht dieser Bedeutungsinhalt aber so im Vordergrund, daß andere Deutungsmöglichkeiten nicht ernsthaft in Betracht kommen.

"To procure" wird übersetzt mit "(sich) be- oder verschaffen", "besorgen" oder auch "erwerben", "erlangen" (Langenscheidts Großwörterbuch der englischen und deutschen Sprache Englisch-Deutsch 1999, Seite 775). Der Ausdruck mag nicht zum Grundwortschatz der englischen Sprache gehören, ist den angesprochenen Verkehrskreisen jedoch verständlich. Auch wenn an den Messen möglicherweise nicht nur ein Fachpublikum teilnimmt, handelt es sich jedenfalls um interessierte Laien, die mit dem Internet vertraut und allein deshalb des Englischen mächtig sind, weil im elektronischen Netz Englisch die Funktion einer Fachsprache hat und auf diesem Gebiet in besonderem Umfang Anwendung findet.

Die Anmelderin hat selbst eingeräumt, daß "eprocurement" im Bereich der Materialwirtschaft recht verbreitet ist. Auch aus der vom Senat durchgeführten und der Anmelderin in der mündlichen Verhandlung vom 26. Juni 2001 mitgeteilten Internetrecherche ergibt sich die beschreibende Verwendung des Begriffes. Der Ausdruck "eprocurement" findet sich beispielsweise in zwei Artikeln der Süddeutschen Zeitung (2. September 2000, S 63 u. 3. November 2000, Beilage S V3). Der Begriff "eprocure" wird u.a. auf einer Internetseite der Stadtwerke Düsseldorf AG, einem sogenannten "Beschaffungsportal" verwendet. Ingesamt ergab eine Internetrecherche für den Begriff "eprocure" über 200 Resultate. "Procurement" ist dabei das aus dem selben Wortstamm gebildete Substantiv zu dem Verb "to procure" (Langenscheidts Handwörterbuch Englisch-Deutsch 1999, S 501) und wird mit "Besorgung", "Beschaffung" oder auch "Erwerbung" übersetzt.

Im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen, der Organisation und Veranstaltung von Messen und Ausstellungen, besagt das angemeldete Zeichen - wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat -, daß diese das "elektronische Beschaffen" zum Gegenstand haben. Dies gilt auch, soweit diese Messen und Ausstellungen kulturellen, sportlichen und Unterrichtszwecken dienen. Im kulturellen Bereich ist die Beschaffung von Büchern über das Internet mittlerweile üblich, auch Eintrittskarten für Sportereignisse können Online erworben werden. Auf den von der Anmelderin durchgeführten Messen können die für das elektronische Beschaffen notwendigen technischen Voraussetzungen sowie entsprechende Software den Anbietern, aber gegebenenfalls auch den Endverbrauchern angeboten werden. Weiter können die Ausstellungen technisches Knowhow für elektronisches Beschaffen vermitteln, gleichzeitig technische Neuerungen auf diesem Gebiet vorstellen und damit auch Unterrichtszwecken dienen. Der Verkehr wird den Begriff daher insgesamt nur im Sinne einer schlagwortartigen Aussage über die verschiedenen Möglichkeiten der damit gekennzeichneten Dienstleistungen werten, nicht aber als Kennzeichnungsmittel verstehen.

Soweit die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vom 26. Juni 2001 auf eine mögliche Verkehrsdurchsetzung hingewiesen hat, hat sie diese nicht substantiiert vorgetragen und belegt.

Winkler Schwarz-Angele Dr. Hock Cl






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Az: 33 W (pat) 128/01


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