Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. Juni 2003
Aktenzeichen: 32 W (pat) 101/02

(BPatG: Beschluss v. 04.06.2003, Az.: 32 W (pat) 101/02)

Tenor

Auf die Beschwerde der Widersprechenden werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts vom 10. Dezember 1999 und vom 2. Januar 2002 aufgehoben.

Die Marke 397 06 348 wird für "Bräunungskosmetik" gelöscht.

Gründe

I.

Die deutsche Marke 397 06 348 (Anmeldetag 13. Februar 1997)

Abb. 1 am Endeist am 18. November 1997 für die Waren UVA-Lampen für kosmetische Zwecke, Hochdrucklampen, Reinigungs- und Desinfektionsmittel, Bräunungskosmetikin das Markenregister eingetragen worden.

Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der international registrierten Marke R 341 122 (zuletzt verlängert am 18. Dezember 1987)

CHARISMA die für Savons, parfumerie (à l'exception de lotions capillaires), huiles essentielles, cosmetiques et dentifrices Schutz genießt. Der Widerspruch richtet sich gegen "Bräunungskosmetik".

Die Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit Beschluss vom 10. Dezember 1999 mangels Verwechslungsgefahr zurückgewiesen, ohne auf die seitens der Markeninhaberin zuvor erhobene Benutzungseinrede einzugehen. Das Wort CHARISMA sei infolge des beschreibenden Aussagegehaltes (i.S.v. besonderer Ausstrahlung) sowie im Hinblick auf die Drittmarkenlage nur schwach kennzeichnend. In der jüngeren Marke werde sich das Publikum verstärkt an dem zusätzlichen Markenwort STAR orientieren und dieses in die Markennennung mit einbeziehen.

Die Widersprechende hat Erinnerung eingelegt und im Laufe des Erinnerungsverfahrens Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung ihrer IR-Marke in den Jahren 1995 bis 1998 vorgelegt. Die Markeninhaberin hat die Einrede mangelnder Benutzung für die Vergangenheit nicht aufrechterhalten.

Mit Beschluss vom 2. Januar 2002 hat die mit einem Beamten des höheren Dienstes besetzte Markenstelle die Erinnerung zurückgewiesen. Zwischen "Bräunungskosmetik" der angegriffenen Marke und "cosmetiques" der Widerspruchsmarke bestehe Warenidentität. Jedoch sei innerhalb der jüngeren Marke das Element CARISMA nicht prägend. Das weitere Wort STAR könne nicht ohne weiteres als beschreibend qualifiziert werden. Es bestehe auch keine assoziative Verwechslungsgefahr, da STAR in der Gesamtmarke aufgehe.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie beantragt die Aufhebung beider Beschlüsse der Markenstelle sowie die Teillöschung der jüngeren Marke.

Ihrer Ansicht nach ist STAR ein Allerweltsbegriff, der innerhalb von Marken häufig in nachgestellter Form erscheine. Das Eingangswort CARISMA sei der aussagekräftigere Bestandteil der jüngeren Marke, auf den bei der Beurteilung des Gesamteindrucks abgestellt werden müsse. Zudem bestehe auch die Gefahr eines gedanklichen In-Verbindung-Bringens, weil der Verkehr zu der Annahme gelange, CARISMA STAR sei die nächste Generation zum Widerspruchszeichen.

Eine Stellungnahme der Markeninhaberin ist im Beschwerdeverfahren nicht zur Akte gelangt.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die jüngere Marke ist in dem Umfang, in welchem sie mit dem Widerspruch angegriffen wurde, zu löschen.

Über die rechtserhaltende Benutzung ist nicht zu entscheiden, nachdem die Markeninhaberin bereits im patentamtlichen Verfahren die Benutzung der Widerspruchsmarke "für die Vergangenheit" eingeräumt hat. Selbst wenn in dieser Formulierung, was sich nicht in der gebotenen Eindeutigkeit ergibt, ein Aufrechterhalten der Nichtbenutzungseinrede nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG liegen sollte, wären zumindest die glaubhaft gemachten Benutzungshandlungen für das Jahr 1998 zu berücksichtigen, so dass von einer nach Art, Dauer und Umfang rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke gemäß § 26 MarkenG auszugehen wäre.

Nach § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, der gemäß § 112 Abs. 1 auch für in Deutschland Schutz genießende IR-Marken gilt, i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 ist im Falle eines Widerspruchs die Eintragung einer Marke zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer geschützten Marke mit älterem Zeitrang und der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringer Grad an Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2002, 626 - IMS).

Die Gefahr von Markenverwechslungen in einem noch entscheidungserheblichem Umfang ist gegeben. Das Warenidentität, zumindest aber sehr hohe Ähnlichkeit besteht ersichtlich zwischen "cosmetiques" (= Kosmetikartikel) und "Bräunungskosmetik". Der Schutzumfang der Widerspruchsmarke ist durchschnittlich. Das Fremdwort CHARISMA bedeutet "Ausstrahlung" (einer Person). Ein beschreibender Anklang für Kosmetikerzeugnisse - Ausstrahlung gewinnen durch ihre Verwendung - mag für einen eher geringen Teil des gebildeten Publikums gegeben sein; der überwiegende weniger sprachkundige Teil des Verkehrs wird eine derartige Anspielung nicht bemerken.

Auch die Beurteilung der Markenähnlichkeit durch die Markenstelle vermag nicht zu überzeugen. Innerhalb der jüngeren Marke ist STAR als mittelbarer Qualitätshinweis im Verhältnis zu CARISMA der eindeutig schwächere Bestandteil, wenngleich mit einer völligen Vernachlässigung bei der visuellen Aufnahme und der Benennung nicht zu rechnen ist. Vom Gesamteindruck der jüngeren Marke her unter Einbeziehung der graphischen Gestaltung lässt sich somit eine unmittelbare Verwechslungsgefahr ausschließen.

Es besteht aber die Gefahr, das die Zeichen gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 letzter Absatz). Klanglich sind CARISMA und CHARISMA identisch. Selbst wenn die Widersprechende nicht belegt hat, dass sie über eine Zeichenserie mit diesem Wort verfügt, liegt doch für einen nicht unbeträchtlichen Teil des Publikums bei klanglicher Aufnahme der Vergleichsmarken die Annahme nahe, beide Marken stammten aus demselben Herkunftsbetrieb, denn in beiden Zeichen sticht das klanglich übereinstimmende C(h)arisma charakteristisch hervor. Das zusätzliche Element "STAR" in der angegriffenen Marke vermittelt einem rechtserheblichen Teil der angesprochenen Verbraucher den Eindruck, der Anbieter bezeichne seine Kosmetika von unterschiedlicher Beschaffenheit einmal mit der (Basis-)Marke und dann mit der um "STAR" ergänzten Marke.

Dem Vortrag der Markeninhaberin, gegen die Annahme einer Verwechslungsgefahr sprächen die völlig unterschiedlichen Vertriebswege und Publikumskreise, kann im markenrechtlichen Widerspruchsverfahren bei der gebotenen abstrakten Betrachtung nicht Rechnung getragen werden (BGH GRUR 1999, 164, 166 - JOHN LOBB).

Für eine Auferlegung von Kosten (§ 73 Abs. 1 MarkenG) besteht kein Anlass.

Winkler Viereck Sekretaruk Hu Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/32W(pat)101-02.1.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 04.06.2003
Az: 32 W (pat) 101/02


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