Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. August 2009
Aktenzeichen: 29 W (pat) 82/07

(BPatG: Beschluss v. 21.08.2009, Az.: 29 W (pat) 82/07)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

BPatG 152

Gründe

I.

Beim Deutschen Patentund Markenamt ist am 17. Dezember 2004 das Wortzeichen Glocalfür nachfolgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:

Klasse 16: Druckereierzeugnisse, insbesondere Zeitschriften; Buchbinderartikel; Fotografien; Schreibwaren; Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehrund Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit es nicht in anderen Klassen enthalten ist;

Klasse 35: Werbung, insbesondere Entwicklung von Werbeund Marketingkonzepten; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten;

Klasse 42: Dienstleistungen eines Architekten, Dienstleistungen von Ingenieuren, technische Produktionsplanung, Konstruktionsplanung, technische Beratung.

Mit Beschlüssen vom 29. Mai 2006 und vom 1. Juni 2007 hat die Markenstelle für Klasse 16 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG wegen Fehlens der Unterscheidungskraft und Bestehens eines Freihaltungsbedürfnisses zurückgewiesen. Sie hat ihre Entscheidung damit begründet, dass das beanspruchte Zeichen die Vorstellung hervorrufe, die Waren und Dienstleistungen würden global angeboten, aber den lokalen Gegebenheiten angepasst werden. So gebe es das deutsche Wort "Glokalismus" als Zusammensetzung der Begriffe "global" und "lokal". Das dem Englischen angepasste Zeichen "Glocal" sei einem erheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise bekannt und zu einem feststehenden Begriff in den einschlägigen Warenund Dienstleistungsbereichen geworden. Die mit ihm verbundene beschreibende Bedeutung im Sinne eines Betätigungsfelds erkenne der Verkehr, da Wortneubildungen üblich seien. Einen schutzfähigen Gesamteindruck rufe das angemeldete Zeichen nicht hervor, zumal es ausreiche, wenn die Interpretation als Sachhinweis naheliege. Ob andere gleichwertige oder gebräuchlichere Ausdrücke zur Verfügung stünden, sei für die Frage der Schutzfähigkeit unerheblich. Mangels Bindungsund Indizwirkung sowie unter Berücksichtigung eines möglichen Wandels des Sprachverständnisses könnten die von der Anmelderin geltend gemachten Voreintragungen ebenfalls nicht die Schutzfähigkeit begründen.

Dagegen hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt, mit der sie beantragt, die Beschlüsse vom 29. Mai 2006 und vom 1. Juni 2007 aufzuheben.

Sie begründet ihr Rechtsmittel damit, dass dem Wort "Glocal" die notwendige Unterscheidungskraft zukomme, da es kein Bestandteil der deutschen Sprache und in Deutschland nicht bekannt oder gebräuchlich sei. Sofern davon ausgegangen werde, dass ihm der Merksatz "Go global, think local!" zugrunde liege so sei zu berücksichtigen, dass er durch verschiedene nicht naheliegende und selbsterklärende Wortschöpfungen wie "Golocal" oder "Glolocal" abgekürzt werde. Auch könne der Begriff "Glokalismus" nicht mit dem angemeldeten Zeichen gleichgesetzt werden. Der Buchstabe "G" weise keine allgemein gültige Bedeutung auf, so dass die Kombination mit dem Begriff "local" nicht beschreibend oder phantasielos sei. Selbst wenn von dem Sinngehalt "Go global, think local!" ausgegangen werde, beschreibe das Wort "Glocal" allenfalls die Dienstleistung "Werbung, insbesondere Entwicklung von Werbeund Marketingkonzepten".

Nach der mündlichen Verhandlung am 13. Mai 2009 hat die Beschwerdeführerin im schriftlichen Verfahren die Anmeldung für die Waren der Klasse 16 und die Dienstleistungen der Klasse 35 zurückgenommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.

1. Bei dem angemeldeten Zeichen handelt es sich im Hinblick auf die nach der Beschränkung noch beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen "Dienstleistungen eines Architekten, Dienstleistungen von Ingenieuren, technische Produktionsplanung, Konstruktionsplanung, technische Beratung" um eine nicht unterscheidungskräftige Angabe, so dass der begehrten Eintragung das Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegensteht.

Unterscheidungskraft im Sinne dieser Bestimmung ist die einer Marke innewohnende Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 431, Rdnr. 48 -Henkel; GRUR 2004, 1027, 1029, Rdnr. 33 und 42 -DAS PRIN-ZIP DER BEQUEMLICHKEIT). Bei Wortmarken ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von fehlender Unterscheidungskraft auszugehen, wenn der Marke ein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Sinngehalt zugeordnet werden kann oder wenn es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr, etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung, stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl. BGH GRUR 2006, 850, 854, Rdnr. 19 -FUSSBALL WM 2006).

a) Bei dem Wort "Glocal" handelt es sich um die Zusammensetzung des deutschen bzw. englischen Begriffs "global" und des englischen Wortes "local" (vgl. "mydict" unter "http://www.mydict.com/Wort/glocal/"; "Wortschatz Universität Leipzig" unter "http://wortschatz.unileipzig.de/abfrage/"). Insgesamt kommt ihm somit die Bedeutung "global -lokal" bzw. "weltweit -örtlich" zu (vgl. Pons Großwörterbuch, Englisch -Deutsch, 1. Auflage 2002, Seiten 369 und 520; Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 6. Auflage 2006, CD-ROM).

In diesem Sinne wird der Begriff "Glocal" auch im deutschsprachigen Verkehr vielfältig verwendet (vgl. "Google-Trefferliste", Suchbegriff: "Glocal"). So finden sich im Internet beispielsweise folgende Belege:

-"Performing a Glocal Culture -HipHop in Rom ... Die heutzutage erfolgreichste Popkultur steht ... besonders im Spannungsfeld von Lokalisierung und Globalisierung. ..." ("Diplom.de" unter "http://www.diplom.de/Diplomarbeit-9566/Performing_a_Glocal_Culture_-_HipHop_in_Rom.html") oder -"Der Begriff 'Glocal' setzt sich aus den Worten global und lokal zusammen und verdeutlicht, dass ein Preisträger lokal eng mit dem eigenen Heimatmarkt verbunden und gleichzeitig global auf den Weltmärkten aktiv ist. ..." (vgl. "WestLB" unter "http://www.presseportal.de/print.htx€nr=1145346").

b) Die Bedeutung des angemeldeten Zeichens werden die angesprochenen Verkehrskreise erkennen. Hierzu gehören nicht nur Fachleute, sondern auch vorinformierte Verkehrsteilnehmer, die sich beispielsweise im Rahmen des Hausbaus mit Architektur beschäftigt haben. Sie werden angesichts der Gewöhnung an die Anglisierung deutscher Wörter die Bezeichnung "glocal" mit dem entsprechenden deutschen Begriff "glokal" gleichsetzen. Ausweislich der oben genannten Belege ist nicht davon auszugehen, dass das beanspruchte Zeichen in erheblichem Umfang als Zusammensetzung des Buchstabens "G" mit dem Begriff "local" angesehen wird. Auch sprechen sie gegen die Annahme der Beschwerdeführerin, das Wort "Glocal" werde mit dem Merksatz "Go global, think local!" in Zusammenhang gebracht. Im Übrigen wäre auch in diesem Fall der Begriff "Glocal" nicht als schutzfähig anzusehen. Für die Verneinung der Unterscheidungskraft reicht es aus, wenn einem Zeichen von mehreren in Betracht kommenden Bedeutungen eine Aussage mit eindeutig beschreibendem Sinngehalt entnommen werden kann (vgl. BGH GRUR 2005, 257, 258 -Bürogebäude).

c) Unter Zugrundelegung der Grundbedeutung "weltweit -örtlich" weist das angemeldete Zeichen zu den verbleibenden Dienstleistungen der Klasse 42 einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Sinngehalt auf, so ihm nicht die Funktion eines Herkunftshinweises zukommt.

Im Hinblick auf die "Dienstleistungen eines Architekten" wird "Glocal" ausweislich nachfolgender Fundstellen als Bezeichnung für einen sowohl weltweite als auch örtliche Gegebenheiten berücksichtigenden Bauund Gestaltungsstil aufgefasst. An ihm orientieren sich die Dienstleistungen, so dass dem angemeldeten Zeichen nur eine Sachaussage über die Art und Weise ihrer Erbringung sowie ihres Inhalts entnommen werden kann:

-"Glocal Architecture ... Indische Architektur, die ..., lokale Eigenheiten und globale Ansprüche vereinigt, ..." (vgl. "Architekturführer -Afrika, Amerika, Asien, Australien" unter "https://www.karlkraemer.info/modules/shop/bp.php€bn =a+u_445_India_-_Glocal_Architecture&bi=11013"),

-"Beim Einrichten immer beliebter wird der so genannte 'Glocal-Style'. ... Die Basis für den 'Glocal Style' ist einerseits die eigene Tradition und anderseits die durch Fernreisen, Fernsehen und Internet wachsende Bindung zu fremden Kulturen." (vgl. "Ausstellung Living rooms 2006" unter "http://www.messebozen.it/communicati/comunicato691-d.htm") und -"Think Global -Act Local | Glocal Architecture ... Die Kombination von globalem Denken und lokalen Einflüssen ist einer der wichtigsten Aspekte um kohärente Lösungen zu entwickeln." (vgl. "DetailX -Architektur + Studium" unter "http://www.detailx.de/lueq/studentenarbeit/bangaloreinternationalcenter/").

Das beanspruchte Zeichen benennt des Weiteren Eigenschaften, insbesondere den Zweck und die Ausrichtung der "Dienstleistungen von Ingenieuren". So bietet ein Wirtschaftsingenieur den "Aufbau eines Glocal Business Netzwerkes" an (vgl. "N..." unter "http:// www.xing.com/profile/rolfg_niederhagen"). Des Weiteren wird unter der Wortfolge "glocal strategy" im Bereich des Wirtschaftsingenieurwesens die "Anpassung an lokale Kundenpräferenzen, ohne jedoch die globale Marketingund Markenstrategie zu gefährden" verstanden (vgl. technologie & management, 3-4/2006, Seiten 8 und 9).

Die oben genannten Tätigkeiten umfassen die weiteren Dienstleistungen "technische Produktionsplanung, Konstruktionsplanung, technische Beratung", so dass auf die obigen Ausführungen verwiesen werden kann. Insbesondere gehört zu den "Dienstleistungen eines Architekten" auch die "Konstruktionsplanung" und zu den "Dienstleistungen von Ingenieuren" die "technische Produktionsplanung" sowie die "technische Beratung". Im Übrigen findet sich die Wortfolge "Glocal (Global & Local) Business Management" auch in Verbindung mit einem Software-System zur Produktionsplanung (vgl. "MONITOR: 10/96 / Scala" unter "http://www.monitor.co.at/monitor/1096/storys/scala.htm"). Mit ihr wird zum Ausdruck gebracht, dass zu einer globale und lokale Belange beachtenden Geschäftsführung auch die Planung von Produktionsprozessen gehört. Ebenso wird das angemeldete Zeichen als erläuternde Angabe für ein Buch verwendet, das sich u. a. mit der Produktion in einem Unternehmen beschäftigt (vgl. "Pfohl/Feldkamp, Jahrhundert der Logistik: Wertsteigerung des Unternehmens; customer related, glocal, ebased; Berlin 2001").

d) Die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Voreintragungen führen zu keinem anderen Ergebnis. Die Marken EM 002 795 078 ("GLOCAL CONSULT"), US 261 9 097 ("GLOCAL"), US 273 3 287 ("GLOCAL") und US 296 6 308 ("GLOCAL TOWN HALL") Voreintragungen ausländischer Behörden und des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt kommt keine Bindungswirkung zu (vgl. EuGH GRUR 2004, 428, 431, 432, Rdnr. 62 und 63 -Henkel; EuGH GRUR 2006, 229, 231, Rdnr. 47 -BioID).

2. Angesichts obiger Ausführungen ist das Anmeldezeichen auch als unmittelbar beschreibende freihaltungsbedürftige Angabe anzusehen, so dass es zudem dem Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG unterliegt.

Die Beschwerde war dementsprechend zurückzuweisen.

Grabrucker Kopacek Dr. Kortbein Hu






BPatG:
Beschluss v. 21.08.2009
Az: 29 W (pat) 82/07


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