Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. Oktober 2002
Aktenzeichen: 32 W (pat) 341/99

(BPatG: Beschluss v. 09.10.2002, Az.: 32 W (pat) 341/99)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 41 - vom 27. Januar 1999 aufgehoben, soweit die Widersprüche aus den Marken 2 075 165 und 2 069 574 zurückgewiesen wurden.

Die Marke 397 12 955 wird wegen des Widerspruchs aus der Marke 2 075 165 auch für die Waren "Musikkassetten, Schallplatten, CDs; Druckereierzeugnisse, nämlich Verkaufs- und Erläuterungsbroschüren; sportliche Aktivitäten, nämlich Durchführung von Aerobic-Veranstaltungen" und zusätzlich wegen des Widerspruchs aus der Marke 2 069 574 für die Waren "Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen" gelöscht.

Gründe

I.

Gegen die seit 15. Januar 1998 für

"Musikkassetten, Schallplatten, CDs; Druckereierzeugnisse, nämlich Verkaufs- und Erläuterungsbroschüren; Turn- und Sportgeräte, nämlich Hanteln, Hantelstangen, Gewichte und Hantelständer; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen, sportliche Aktivitäten, nämlich Durchführung von Aerobic-Veranstaltungen"

eingetragene farbige (gelb, schwarz, weiss) Marke Grafik der Marke 39712955.6 ist Widerspruch erhoben aus der seit 17. August 1994 für Spielwaren, soweit in Klasse 28 enthalten; Spiele; Sportwaren, ausgenommen solche in Form von Pumpen, soweit in Klasse 28 enthalten; Teile der vorgenannten Wareneingetragenen Marke 2 075 165 THE PUMP und aus der für Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit in Klasse 18 enthalten; Häute und Felle; Sporttaschen, Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwareneingetragenen Marke 2 069 574 THE PUMP Die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die angegriffene Marke wegen des Widerspruchs aus der Marke 2 075 165 teilweise hinsichtlich

"Turn- und Sportgeräte, nämlich Hanteln, Hantelstangen, Gewichte und Hantelständer"

gelöscht und im übrigen die Widersprüche wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet; die angegriffene Marke ist auch hinsichtlich der noch streitbefangenen Waren wegen der Widersprüche aufgrund Verwechslungsgefahr mit den Widerspruchsmarken zu löschen.

Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Frage der Verwechslungsgefahr ist dabei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, wobei eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke besteht (stRspr.; vgl. BGH MarkenR 2000, 359, 360 - Bayer/BeiChem).

a) Zwischen den sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen besteht zumindest eine geringe Ähnlichkeit. Waren sind dann als ähnlich anzusehen, wenn - Identität der Marken und höchste Kennzeichnungskraft unterstellt - nicht ausgeschlossen ist, dass die beteiligten Verkehrskreise der Auffassung sein können, die beiderseitigen Waren stammten aus denselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (vgl. Althammer/Ströbele MarkenG, 6. Aufl., § 9 Rdn. 41). Dabei sind alle erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen zu berücksichtigen. Den von der angegriffenen Marke beanspruchten Tonträgern, Verkaufs- und Erläuterungsbroschüren und Aerobic-Veranstaltungen stehen auf Seiten der Widerspruchsmarke 2 075 165 Sportwaren gegenüber.

Es ist gerichtsbekannt, dass Sportwaren und Tonträger, die Musik enthalten, sich ergänzen können. So werden in Fitnesstudios die Sportangebote durch entsprechende Musik unterstützt; zum anderen werden Gymnastikprogramme auf Tonträger - oft von Musik begleitet - erläutert. Treten dem angesprochenen Verkehr deshalb identisch gekennzeichnete Sportwaren und Tonträger gegenüber, wird er annehmen, dass beide Waren unter der gleichen Verantwortung vertrieben werden.

Dasselbe gilt für das Verhältnis Sportwaren und Verkaufs- und Erläuterungsbroschüren. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung werden Sportwaren, wie z.B. Gymnastikbändern, zum Teil Verkaufs- und Erläuterungsbroschüren beigefügt, die die Handhabung beschreiben und erläutern.

Es besteht auch eine Ähnlichkeit zwischen Sportwaren und den Dienstleistungen Aerobic-Veranstaltungen. Waren und Dienstleistungen sind u.a. dann als ähnlich anzusehen, wenn die Anbieter der Dienstleistungen auch entsprechende Waren anbieten. Dies ist hier der Fall, da Aerobic vielfältigste sportliche Betätigungen umfasst. Dabei wird auch mit Bällen und Bändern gearbeitet; ein Teil dieser Waren, wie z.B. Gymnastikbänder, kann dann auch über den Kursveranstalter erworben werden. Sieht der angesprochene Verkehr in einem solchen Fall identische Zeichen auf der Sportware angebracht und zur Kennzeichnung der Dienstleistung verwendet, wird er eine gemeinsame Verantwortung für Ware und Dienstleistung etwa in der Form annehmen, dass der Aerobic-Veranstalter für die besondere Qualität und Geeignetheit der Sportware die Verantwortung übernimmt.

Die von der angegriffenen Marke beanspruchten Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungensind sowohl den "Sportwaren" der Widerspruchsmarke 2 075 165, als auch den "Sporttaschen" der Widerspruchsmarke 2 069 574 durchschnittlich ähnlich.

Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen können auch solche zum Zwecke des Sports sein.

Es ist allgemein bekannt, dass die großen Sportartikelhersteller, wie etwa adidas, Puma oder Nike, umfangreiche Sportsortimente anbieten, die Sportbekleidung, Sportschuhe, Kopfbedeckungen speziell für Sportzwecke (z.B. Tennis-Kappen), Sporttaschen und Sportwaren umfassen.

Der angesprochene Verkehr würde demzufolge auch hier bei - unterstellter - identischer Kennzeichnung der Waren der angegriffenen und der Widerspruchsmarken denselben Anbieter vermuten.

b) Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte verfügen die Widerspruchsmarken über durchschnittliche Kennzeichnungskraft.

c) Die sich gegenüberstehenden Marken sind klanglich praktisch identisch. Die angegriffene Marke besteht aus einem teilweise eingerahmten gelben Oval mit einem stilisierten Gewichtheber, dem Wort "pump" und den durch die p-Unterlängen eingerahmten Worten "BY LES MILLS".

Es ist bei der Feststellung, wie der angesprochene Verkehr eine Marke benennen wird, vom Erfahrungssatz auszugehen, dass er sich bei kombinierten Wort-/Bildzeichen bei - wie vorliegend durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Wortbestandteile - eher an dem Wort, als an den Bildbestandteilen orientiert, weil das Kennwort in der Regel die einfachste Form ist, die Ware zu bezeichnen (vgl. BGH, GRUR 2000, 506, 509 - ATTACHÉ/TISSERAND). Es ist weiter nach der Lebenserfahrung zu berücksichtigen, dass der Verkehr bei mündlichen Benennungen die Wortbestandteile auf einfach aussprechbare Teile verkürzt. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass die aus vier Wörtern bestehenden Wortbestandteile "pump BY LES MILLS" nicht insgesamt ausgesprochen werden, sondern sich aufgrund seiner Einprägsamkeit und Kürze, wie auch seiner hervorgehobenen Positionierung innerhalb der angegriffenen Marke, nur "pump" zur Benennung anbietet. Die Widerspruchsmarken lauten THE PUMP. Erhebliche Teile des angesprochenen Verkehrs werden im ersten Markenteil den englischen bestimmten Artikel "the" erkennen. Im Regelfall wird der Artikel nichts eigenständig Kennzeichnendes zu einer Marke beitragen, so dass auch hier PUMP als das eigentliche Kennzeichen angesehen werden wird.

Bei klanglich identischen Marken und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke kann die Gefahr von Verwechslungen auch bei geringer Waren- bzw. Dienstleistungsähnlichkeit nicht ausgeschlossen werden, so dass die angegriffene Marke auch für die noch im Streit befindlichen Waren und Dienstleistungen zu löschen ist.

Für die Auferlegung von Kosten (§ 71 Abs. 1 MarkenG) besteht kein Anlass.

Winkler Dr. Albrecht Sekretaruk Ko






BPatG:
Beschluss v. 09.10.2002
Az: 32 W (pat) 341/99


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