Landgericht Hamburg:
Urteil vom 26. Mai 2009
Aktenzeichen: 312 O 778/08

(LG Hamburg: Urteil v. 26.05.2009, Az.: 312 O 778/08)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin ist ein im Jahre 1994 gegründetes Unternehmen, das Beleuchtungsanlagen, -einrichtungen und -konzepte anbietet. Sie ist Inhaberin der deutschen Wortmarke DE 39815128.8 €Lichtspiel€ (Priorität: 18.03.1998), die u. a. Schutz für Beleuchtungsanlagen, Leuchten, Leuchtmittel sowie elektrisches Installationsmaterial (soweit in Klasse 9 enthalten) beansprucht (vgl. Anl. K 1). Die Klägerin nutzt das Zeichen €Lichtspiel€ auch hervorgehoben auf ihren Geschäftspapieren und auf ihrer Homepage (vgl. Anl. K 6 und K 8).

Die Beklagte betreibt ein Einrichtungsgeschäft unter der Bezeichnung €Das Lichtspielhaus€ in Hamburg und sie ist darüber hinaus Inhaberin der Domain €www.daslichtspielhaus.de€ (vgl. Anl. B 1).

Wegen der Benutzung der Bezeichnung €Das Lichtspielhaus€ mahnte die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 11.09.2008 erfolglos ab.

Die Klägerin sieht sich durch die Verwendung der Bezeichnung €das Lichtspielhaus€ gem. §§ 4, 5, 14 und 15 MarkenG in ihren Marken- und Unternehmenskennzeichenrechten an dem Zeichen €Lichtspiel€ verletzt. Die Bezeichnung sei als Wortspiel für die nur im übertragenen Sinne €passenden€ Waren und Dienstleistungen besonders einprägsam. Sie, die Klägerin, nutze das Zeichen seit vielen Jahren intensiv auf Messen und Ausstellungen und bewerbe ihre Produkte auch in Privatkunden zugänglichen Kommunikationsmedien, wie z. B. dem €Handwerker-Pass€ (vgl. Anl. K 9). In den Jahren 2003 bis 2005 habe sie auf Sylt ein eigenes €Lichtspiel-€ Einzelhandelsgeschäft unterhalten (vgl. Anl. K 10 und K 11). An der hochgradigen Ähnlichkeit der Begriffe könne kein Zweifel bestehen.

Die Klägerin beantragt unter Rücknahme ihrer ursprünglich weitergehenden Klaganträge € nämlich unter Streichung des Wortes €insbesondere€ und Zahlung von 5 statt 8 Prozentpunkte Zinsen:

1. Der Beklagten bei Vermeidung eines vom Gericht für den Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000,-, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre), zu verbieten,

im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung €Das Lichtspielhaus€ und/oder die Internetadresse €daslichtspielhaus.de€

im Zusammenhang mit dem Angebot und der Verbreitung von Leuchten und Beleuchtungseinrichtungen zu benutzen.

2. Die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über die Anzahl der von ihr unter Verwendung der im Klageantrag zu 1. genannten Bezeichnung erzielten Umsätze, unter Angabe der jeweiligen Herstellungs- und/oder Einkaufs- und der Verkaufspreise, sowie über die Art und den Umfang der getätigten Werbung, jeweils aufgegliedert nach Kalendermonaten.

3. Festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der dieser aus den im Klagantrag zu 1. beschriebenen Handlungen bereits entstanden ist und noch entstehen wird.

4. Die Beklagte zu verurteilen, gegenüber der DENIC die Freigabe der Internetdomain €daslichtspielhaus.de€ zu erklären.

5. Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von € 1.733,50 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem gesetzlichen Basiszinssatz seit dem 25.09.2008 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass aufgrund einer geringen Kennzeichnungskraft der Klagezeichen, der fehlenden Identität der Waren bzw. Dienstleistungen und der geringen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Begriffe eine Verwechslungsgefahr ausscheide. Die Parteien wendeten sich an völlig unterschiedliche Kaufinteressenten. Mit dem durchschnittlichen Endverbraucher bzw. den Kunden, die ein Einzelhandelsgeschäft aufsuchten, habe die Klägerin, die ein Planungsbüro betreibe, nichts zu tun. Von einer Marktdurchdringung durch intensive Nutzung könne ohnehin keine Rede sein.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verweisen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

I.

Die Klägerin kann von der Beklagten nicht die Unterlassung der Verwendung der Bezeichnung €Das Lichtspielhaus€ und/oder der Internetadresse €daslichtspielhaus.de€ im Zusammenhang mit dem Angebot und der Verbreitung von Leuchten und Beleuchtungseinrichtungen verlangen. Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus §§ 4, 5, 14, 15 MarkenG.

1. Das streitgegenständliche Verhalten der Beklagten stellt keine Verletzungshandlung i. S. v. §§ 4, 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dar.

Nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist es Dritten untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

Eine Verwechslungsgefahr zwischen der Klagemarke €Lichtspiel€ und den angegriffenen Zeichen der Beklagten €Das Lichtspielhaus€ bzw. €daslichtspielhaus.de€ ist nicht gegeben.

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr i. S. des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (vgl. BGH GRUR 2003, 1040, 1042 € KINDER ; GRUR 2002, 542, 543 - BIG ; GRUR 2003, 428, 431 f. - BIG BERTHA ).

a) Die Kennzeichnungskraft der Klagemarke ist allenfalls durchschnittlich. Das Wort €Lichtspiel€ ist die grammatikalisch korrekt gebildete Kombination der Worte €Licht€ und €Spiel€ weist auf einen künstlichen oder natürlichen Lichteffekt hin. Der Begriff €Lichtspiel€ ist im Hinblick auf die Waren und Dienstleistungen, für die die Klagemarke Schutz beansprucht, zwar nicht rein beschreibend. Er weckt jedoch deutliche Assoziationen zu dem geschützten Waren-/Dienstleistungsbereich, der schlagwortartig mit Beleuchtungsprodukten, Lichtdesign und Lichtprojekten beschreiben werden kann. Einem Begriff, der sich für die beteiligten Verkehrskreise unschwer erkennbar an einen beschreibenden Begriff anlehnt, kommt im Regelfall originär keine durchschnittliche, sondern nur eine geringe Kennzeichnungskraft zu (BGH, Urt. v. 03.04.2008, I ZR 49/05, Juris, Rz. 26 € Schuhpark ). Zugunsten der Klägerin kann jedoch unterstellt werden, dass sie das Zeichen €Lichtspiel€ seit vielen Jahren und in nicht ganz unerheblichem Umfang im Zusammenhang mit den geschützten Waren bzw. Dienstleistungen benutzt, sodass für die weitere Prüfung von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft ausgegangen werden soll. Für die Annahme einer überdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft hat die Klägerin allerdings keine ausreichend substantiierten Tatsachen vorgetragen.

b) Die Waren bzw. Dienstleistungen, für die die Klagemarke Schutz beansprucht, sind mit den Waren, die die Beklagte in ihrem Einrichtungshaus vertreibt, teilweise identisch (Leuchten, Leuchtmittel) und im Übrigen hochgradig ähnlich.

c) Zwischen der Klagemarke "Lichtspiel" und den Zeichen €Das Lichtspielhaus€ bzw. €daslichtspielhaus.de€ liegt jedoch keine ausreichende Ähnlichkeit vor.

Der Bestandteil €Lichtspiel€ hat in dem angegriffenen Zeichen €Das Lichtspielhaus€ keine prägende bzw. selbständig kennzeichnende Stellung. Innerhalb des angegriffenen Gesamtzeichens sind die Bestandteile aus der Sicht des Verkehrs miteinander zu einem zusammengehörigen Ganzen verbunden.

Auszugehen ist von dem Grundsatz, wonach der Verkehr ein Zeichen so wahrnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne dass eine analysierende, zergliedernde, möglichen Bestandteilen und/oder deren Begriffsbedeutung nachgehende Betrachtungsweise Platz greift.

Zu Veränderungen, namentlich zu Verkürzungen von Markenwörtern besteht für den Verkehr im Allgemeinen kein Anlass (BGH GRUR 1999, 735, 736 € Monoflam/Polyflam ; BGH GRUR 1998, 932, 933 - Meisterbrand ). Insbesondere steht einer Prägung durch den übereinstimmenden Zeichenbestandteil entgegen, wenn dieser zu einem eigenständigen, konkreten Gesamtbegriff mit einem eigenständigen Bedeutungsgehalt gehört, der ohne weiteres verständlich ist (BGH GRUR 1999, 586, 587 € White Lion ; BGH GRUR 1998, 932, 933 € Meisterbrand).

Der Verkehr hat im vorliegenden Fall keinen Anlass zu einer aufspaltenden Wahrnehmung von €Lichtspiel€ als alleinigem oder jedenfalls selbständig kennzeichnendem Bestandteil in den angegriffenen Zeichen. €Das Lichtspielhaus€ (ebenso wie das €Lichtspieltheater€) ist vielmehr der altmodische Begriff für ein Kino, wie dem allgemeinen Verkehr, zu dem die Mitglieder der Kammer gehören, bekannt ist.

Wegen dieses konkreten Gesamtbegriffs mit einem eigenständigen Bedeutungsgehalt liegt es fern, dass der Verkehr die angegriffenen Zeichen in die Bestandteile €Lichtspiel€ und €das€ sowie €Haus€ aufspaltet und mit der dem Unternehmenskennzeichen entsprechenden Klagemarke €Lichtspiel€ gedanklich in Verbindung bringt und deshalb zu einem Verständnis gelangt, die unter €Das Lichtspielhaus€ angebotenen Waren oder Dienstleistungen würden von der Klägerin oder einem mit dieser verbundenen Unternehmen angeboten. Wird der Begriff €Das Lichtspielhaus€ aber vom Verkehr nicht zergliedernd aufgefasst und bringt er auch aus anderen Gründen die Zeichen €Lichtspiel€ und €Das Lichtspielhaus€ nicht miteinander in Verbindung, ist die Zeichenähnlichkeit zwischen €Lichtspiel€ und €Lichtspielhaus€ so gering, dass eine Verwechslungsgefahr ausscheidet.

d) Unter Berücksichtigung der Wechselwirkung reichen nach alledem die teilweise Waren-/Dienstleistungsidentität und die durchschnittliche Kennzeichnungskraft der Klagemarke angesichts der geringen Zeichenähnlichkeit nicht aus, eine unmittelbare oder mittelbare Verwechslungsgefahr zu begründen.

2. Die unter Ziff. 1 gemachten Ausführungen gelten entsprechend für die Ansprüche, die die Klägerin aus ihrem Unternehmenskennzeichen herleitet.

3. Mangels Rechtsverletzung stehen der Klägerin auch nicht die Sekundäransprüche auf Auskunft und Rechnungslegung, Schadensersatzfeststellung, Freigabe der Internetdomain sowie Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten zu.

II.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 269 Abs. 3, 709 S. 2 ZPO.






LG Hamburg:
Urteil v. 26.05.2009
Az: 312 O 778/08


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