Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 21. November 2005
Aktenzeichen: AnwZ (B) 50/05

(BGH: Beschluss v. 21.11.2005, Az.: AnwZ (B) 50/05)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 21. November 2005 (Aktenzeichen AnwZ (B) 50/05) die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen zurückgewiesen. Der Antragsteller wurde zur Zahlung der Kosten des Rechtsmittels verurteilt und muss außerdem die außergerichtlichen Auslagen der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren erstatten. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wurde auf 50.000 Euro festgesetzt.

Der Antragsteller, der 1962 geboren wurde, ist seit 1998 als Rechtsanwalt zugelassen, zunächst beim Amtsgericht D. und dem Landgericht M., seit 2004 beim Amtsgericht C. und dem Landgericht M. Die Antragsgegnerin hat durch Bescheid vom 13. Oktober 2004 die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft widerrufen, da er in Vermögensverfall geraten sei. Der Anwaltsgerichtshof hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Antragstellers zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers.

Der Beschluss des Bundesgerichtshofs ist zulässig, jedoch in der Sache erfolglos. Gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Ein Vermögensverfall wird nach dieser Vorschrift vermutet, wenn der Rechtsanwalt in das Verzeichnis eingetragen ist, das vom Insolvenzgericht oder vom Vollstreckungsgericht zu führen ist. In sonstigen Fällen liegt ein Vermögensverfall vor, wenn der Rechtsanwalt in schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist und nicht in der Lage ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen.

In diesem Fall waren diese Voraussetzungen bei Erlass der Widerrufsverfügung erfüllt, da das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Antragstellers eröffnet wurde und er Verbindlichkeiten in Höhe von ca. 110.000 Euro angegeben hat. Er hatte seine anwaltliche Tätigkeit krankheitsbedingt zeitweise eingestellt.

Der Antragsteller hat nicht vorgetragen, dass der Vermögensverfall nachträglich entfallen sei. Der Senat hat bereits entschieden, dass die Vermögensverhältnisse eines Insolvenzschuldners nicht allein deshalb als "geordnet" betrachtet werden können, weil die Verwaltungsbefugnis auf einen Insolvenzverwalter übergeht.

Der Vermögensverfall gefährdet in der Regel die Interessen der Rechtsuchenden. Weder die Insolvenzeröffnung mit Veräußerungsbeschränkung noch die krankheitsbedingte Einstellung der anwaltlichen Tätigkeit schließen eine solche Gefährdung aus. Obwohl der Antragsteller derzeit berufsunfähig ist und eine Berufsunfähigkeitsrente bezieht, schließt dies nicht aus, dass er seine anwaltliche Tätigkeit in Zukunft wieder aufnehmen wird, wenn sich sein Gesundheitszustand verbessert.

Da die Beteiligten auf eine mündliche Verhandlung verzichtet haben, war diese nicht erforderlich. Die Vorinstanz war das Anwaltsgericht Hamm, das am 11. März 2005 die Entscheidung getroffen hat (Aktenzeichen 1 ZU 107/04).




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BGH: Beschluss v. 21.11.2005, Az: AnwZ (B) 50/05


Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des I. Senats des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen vom 11. März 2005 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der 1962 geborene Antragsteller ist 1998 zur Rechtsanwaltschaft, zunächst bei dem Amtsgericht D. und dem Landgericht M. , seit 2004 bei dem Amtsgericht C. und dem Landgericht M. zugelassen. Durch Bescheid vom 13. Oktober 2004 hat die Antragsgegnerin die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls widerrufen. Der Anwaltsgerichtshof hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 BRAO), bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.

Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind.

1. Ein Vermögensverfall wird nach dieser Vorschrift vermutet, wenn der Rechtsanwalt in das vom Insolvenzgericht (§ 26 Abs. 2 InsO) oder vom Vollstreckungsgericht (§ 915 ZPO) zu führende Verzeichnis eingetragen ist. Im Übrigen liegt ein Vermögensverfall vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, geraten und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen.

Diese Voraussetzungen waren bei Erlass der Widerrufsverfügung erfüllt. Auf Antrag des Antragstellers war zum Zeitpunkt der Widerrufsverfügung durch Beschluss des Amtsgerichts M. vom 19. August 2004 über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Der Antragsteller hatte seine Verbindlichkeiten mit ca. 110.000 € angegeben, die infolge seiner krankheitsbedingten zeitweisen und noch fortdauernden Einstellung seiner anwaltlichen Tätigkeit aufgelaufen seien.

2. Dass der Vermögensverfall nachträglich weggefallen ist, hat der Antragsteller selbst nicht vorgetragen. Dass die Vermögensverhältnisse eines Insolvenzschuldners nicht schon deshalb "geordnet" sind, weil regelmäßig die Verfügungsbefugnis auf einen Insolvenzverwalter übergeht, hat der Senat mehrfach entschieden (Senatsbeschluss vom 13. März 2000 - AnwZ (B) 28/99 = BRAK-Mitt. 2000, 144).

3. Durch den Vermögensverfall sind die Interessen der Rechtsuchenden regelmäßig gefährdet. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist auch weder durch die Insolvenzeröffnung mit der damit verbundenen Verfügungsbeschränkung (Senatsbeschluss vom 13. März 2000 aaO) noch durch seine krankheitsbedingte Einstellung der anwaltlichen Tätigkeit eine solche Gefährdung auszuschließen. Zwar ist der Antragsteller zurzeit berufsunfähig und bezieht eine Berufsunfähigkeitsrente des Versorgungswerks der Rechtsanwälte im Lande Nordrhein-Westfalen. Dass er deshalb nach seinen Angaben seine anwaltliche Tätigkeit zum gegenwärtigen Zeitpunkt aufgegeben hat, schließt jedoch nicht aus - und ist auch nicht ohne Weiteres kontrollierbar -, dass er in Zukunft bei Besserung seines Gesundheitszustands seine Anwaltstätigkeit wieder aufnimmt.

4. Einer mündlichen Verhandlung bedurfte es nicht, da die Beteiligten hierauf verzichtet haben (§§ 42 Abs. 6 Satz 1, 40 Abs. 2 Satz 2 BRAO).

Deppert Otten Ernemann Frellesen Kieserling Wüllrich Hauger Vorinstanz:

AGH Hamm, Entscheidung vom 11.03.05 - 1 ZU 107/04






BGH:
Beschluss v. 21.11.2005
Az: AnwZ (B) 50/05


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