Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. Juni 2007
Aktenzeichen: 5 W (pat) 455/05

(BPatG: Beschluss v. 06.06.2007, Az.: 5 W (pat) 455/05)

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.

Gründe

I Die Antragsgegnerin ist Inhaberin des mit Anmeldetag 30. Juni 2000 am 30. November 2000 in die Rolle eingetragenen, eine

"Raumlufttechnische Einrichtung, insbesondere zur Klimatisierung großer Hallen"

betreffenden deutschen Gebrauchsmusters 200 11 500, dessen Schutzdauer auf acht Jahre verlängert ist. Die Prioritäten der Voranmeldungen DE 199 56 175.3 vom 22. November 1999 und DE 100 25 168.4 vom 24. Mai 2000 sind in Anspruch genommen.

Die mit der Anmeldung eingereichten und der Eintragung zugrundeliegenden Schutzansprüche lauten:

1. Raumlufttechnische Einrichtung zum Heizen und/oder Kühlen von größere Deckenhöhen aufweisenden Räumen, gekennzeichnet durch die Ausbildung als Deckeninduktionsgerät (6) mit einer Heiz- und/oder Kühleinrichtung (13) und mit einer Einrichtung zum im Wesentlichen senkrecht nach unten und/oder etwa in horizontaler Richtung erfolgenden Ausblasen von sich aus behandelter Raumluft und Primärluft zusammensetzender Zuluft.

2. Einrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Primärluft über ein Sekundärluft-Antriebsmittel (15, 16) geführt wird, das als mindestens ein Ventilator, insbesondere Querstromventilator oder mindestens eine Primärluftdüse (17, 17', 18) ausgebildet ist.

3. Einrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Raumluft als Sekundärluft durch die Strömung der Primärluft nach dem Induktionsprinzip gefördert wird und dabei mindestens einen Wärmetauscher (14, 14') zum Heizen und/oder Kühlen passiert.

4. Einrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, gekennzeichnet durch mindestens einen Vertikal- (9, 9') und mindestens einen Horizontal-Luftauslass (10, 10'), die im Innern des Deckeninduktionsgeräts (6) strömungstechnisch miteinander in Verbindung stehen und jeweils mindestens ein Sekundärluft-Antriebsmittel (15, 16) aufweisen und mit mindestens einem Sekundärlufteinlass (8), der über mindestens einen Wärmetauscher (14, 14') strömungstechnisch mit den Sekundärluft-Antriebsmitteln (15, 16) verbunden ist.

5. Einrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, gekennzeichnet durch mindestens zwei Sekundärluft-Antriebsmittel, wovon das eine für den Heizfall und das andere für den Kühlfall dient und denen mindestens ein Wärmetauscher (14, 14') gemeinsam zugeordnet ist.

6. Einrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass bei einem Übergang vom Heizfall in den Kühlfall und umgekehrt eine Sekundärluft-Strömungsumkehr durch den Wärmetauscher (14, 14') erfolgt.

7. Einrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, gekennzeichnet durch mindestens einen Luftauslass (10, 10'), dem zum Verschwenken der Zuluft von der horizontalen Richtung in die vertikale Richtung ein bewegliches Luftleitelement (Winkelschirm 55), Schenkel 65, 66) zugeordnet ist.

8. Einrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Luftauslass (10, 10') eine Einzelstrahlauffächerungsvorrichtung (52) aufweist.

9. Einrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Luftauslass (Luftaustrittsöffnungen 67) als Schlitzauslass ausgebildet ist, aus dem - über die Länge gesehen - die Zuluft mit wechselnden Strömungswinkeln austritt.

10. Einrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass für die Erzeugung der wechselnden Strömungswinkel Luftleitelemente (Schenkel 65, 66) vorgesehen sind, die in ihrer Stellung im Wesentlichen quer zur Luftströmung eine Horizontalablenkung erzeugen und bei ihrer Stellung im Wesentlichen in Luftströmungsrichtung eine Vertikalströmung zulassen.

Mit Eingabe vom 23./24. November 2001 hat die Gebrauchsmusterinhaberin neue Schutzansprüche 1 bis 6 zur Registerakte gereicht und erklärt, dass das Schutzrecht für Vergangenheit und Zukunft nur noch im entsprechenden Umfang geltend gemacht werde.

Schutzanspruch 1 dieses Anspruchssatzes lautet:

1. Raumlufttechnische Einrichtung zum Heizen und/oder Kühlen von größere Deckenhöhen aufweisenden Räumen, die als Deckeninduktionsgerät (6) ausgebildet ist, mit einer als mindestens ein Wärmetauscher (14, 14') ausgebildeten Heiz- und/oder Kühleinrichtung (13) und mit mindestens einem Vertikal-Luftauslass (9, 9') zum im Wesentlichen senkrecht nach unten und mit mindestens einem Horizontal-Luftauslass (10, 10') zum etwa in horizontaler Richtung erfolgenden Ausblasen von sich aus behandelter Raumluft und Primärluft zusammensetzender Zuluft, wobei der Vertikal- (9, 9') und Horizontal-Luftauslass (10, 10') im Innern des Deckeninduktionsgeräts (6) strömungstechnisch miteinander in Verbindung stehen und jeweils mindestens ein Sekundärluft-Antriebsmittel (15, 16) aufweisen, und mit mindestens einem Sekundärlufteinlass (8), der über den Wärmetauscher (14, 14') strömungstechnisch mit den Sekundärluft-Antriebsmitteln (15, 16) verbunden ist, wobei die Primärluft über das Sekundärluft-Antriebsmittel (15, 16) geführt wird, das als mindestens ein Ventilator, insbesondere Querstromventilator, oder mindestens eine Primärluftdüse (17, 17', 18) ausgebildet ist und die Raumluft als Sekundärluft durch die Strömung der Primärluft nach dem Induktionsprinzip gefördert wird und dabei den Wärmetauscher (14, 14') zum Heizen und/oder Kühlen passiert.

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin hat am 17. April 2002 die Teillöschung des Gebrauchsmusters im Umfang des Schutzanspruchs 1 vom 23./24. November 2001 wegen ihrer Ansicht nach vorliegender Schutzunfähigkeit beantragt. Sie hat ihr Vorbringen auf folgenden Stand der Technik gestützt:

E1 DE 197 26 522 A1 E2 DE 296 09 754 U1 E3 DE 24 33 496 A1 E4 DE-OS 2 033 195 E5 AU 67 616/81 E6 DE 44 29 144 A1 Die Antragsgegnerin hat dem Teillöschungsantrag rechtzeitig widersprochen und beantragt, den Teillöschungsantrag zurückzuweisen.

Die Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patent- und Markenamts hat am 17. Oktober 2005 das Gebrauchsmuster 200 11 500 im Umfang des eingetragenen Schutzanspruchs 1 teilgelöscht, soweit es über den Schutzanspruch 1 vom 23./24. November 2001 hinausgeht, den weitergehenden Teillöschungsantrag zurückgewiesen und die Kosten des Löschungsverfahrens der Antragstellerin auferlegt.

Die Antragstellerin hat gegen den ihr am 28. Oktober 2005 zugestellten Beschluss am 28. November 2005 Beschwerde eingelegt.

Sie hat vorgetragen, der Gegenstand des verteidigten Schutzanspruchs 1 sei nicht neu bzw. ein erfinderischer Schritt sei nicht gegeben.

Die Antragstellerin beantragt schriftsätzlich, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Streitgebrauchsmuster im beantragten Umfang zu löschen.

Die Antragsgegnerin ist dem Vorbringen der Antragstellerin entgegengetreten.

Sie beantragt mit Schriftsatz vom 3. Mai 2006, die Beschwerde zurückzuweisen.

Der für den 28. Februar 2007 angesetzte Termin der mündlichen Verhandlung wurde aufgehoben, nachdem die Antragstellerin mit Eingabe vom 13./16. Februar 2007 um Entscheidung im schriftlichen Verfahren gebeten hatte.

Wegen Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die Akte verwiesen.

II Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg.

1. Soweit die Antragsgegnerin das Streitgebrauchsmuster nicht mehr verteidigt hat, war es zu löschen.

2. Der verteidigte Schutzanspruch 1 ist zulässig. Er umfasst die Merkmale der ursprünglich eingereichten und eingetragenen Schutzansprüche 1, 4, 2 und 3.

3. Schutzanspruch 1 kann folgendermaßen gegliedert weren:

1 Raumlufttechnische Einrichtung zum Heizen und/oder Kühlen 2 von größere Deckenhöhen aufweisenden Räumen, 3 die als Deckeninduktionsgerät (6) ausgebildet ist, 4 mit einer Heizeinrichtung und/oder Kühleinrichtung (13), die als mindestens ein Wärmetauscher (14, 14') ausgebildet ist 5 und mit mindestens einem Vertikal-Luftauslass (9, 9') zum im Wesentlichen senkrecht nach unten und mit mindestens einem Horizontal-Luftauslass (10, 10') zum etwa in horizontaler Richtung erfolgenden Ausblasen von sich aus behandelter Raumluft und Primärluft zusammensetzender Zuluft, 6 wobei der Vertikal- (9, 9') und Horizontal-Luftauslass (10, 10') im Innern des Deckeninduktionsgeräts (6) strömungstechnisch miteinander in Verbindung stehen und 7 jeweils mindestens ein Sekundärluft-Antriebsmittel (15, 16) aufweisen und 8 mit mindestens einem Sekundärlufteinlass (8), 9 der über den Wärmetauscher (14, 14') strömungstechnisch mit den Sekundärluft-Antriebsmitteln (15, 16) verbunden ist, 10 wobei die Primärluft über das Sekundärluft-Antriebsmittel (15, 16) geführt wird, 11 das als mindestens ein Ventilator, insbesondere Querstromventilator, oder mindestens eine Primärluftdüse (17, 17', 18) ausgebildet ist und 12 die Raumluft als Sekundärluft durch die Strömung der Primärluft nach dem Induktionsprinzip gefördert wird und dabei den Wärmetauscher (14, 14') zum Heizen und/oder Kühlen passiert.

4. Zum Verständnis des Streitgebrauchsmusters:

Nach Merkmal 5 ist die beanspruchte Einrichtung mit mindestens einem Vertikal-Luftauslass und mit mindestens einem Horizontal-Luftauslass versehen. Durch beide Luftauslässe wird Zuluft in den Raum geblasen, die sich in beiden Fällen aus behandelter Raumluft und Primärluft zusammensetzt. Nach Merkmal 7 weisen beide Luftauslässe jeweils mindestens ein Sekundärluft-Antriebsmittel auf.

5. Die beanspruchte raumlufttechnische Einrichtung ist neu. Keine der im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen zeigt eine raumlufttechnische Einrichtung, die die Merkmale 5 und 7 aufweist.

6. Ein erfinderischer Schritt liegt vor.

Fachmann ist vorliegend ein Dipl.-Ing. (FH) des Maschinenbaus, Fachrichtung Heizungs-, Klima-, Lüftungstechnik, mit Erfahrungen in der Konstruktion und Entwicklung von raumlufttechnischen Geräten und deren Luftauslässen.

Als nächstkommende Entgegenhaltung ist die von der Antragstellerin in den Mittelpunkt ihrer Argumentation gestellte DE 197 26 522 A1 (E1) zu sehen. Die darin beschriebene raumlufttechnische Einrichtung zum Heizen und/oder Kühlen von Räumen weist u. a. mindestens einen Luftauslass (Durchgänge 7) auf, der zum Ausblasen von Zuluft vorgesehen ist, die sich aus behandelter Raumluft und Primärluft zusammensetzt. In dem in der Beschreibung des Ausführungsbeispiels allein behandelten Fall der Kühlung wird Primärluft auch durch die neben den Durchgängen 7 gelegenen Schlitzauslässe 4.1, 4.2 jeweils zur Seite hin ausgeblasen. Durch einen Induktionseffekt wird durch die Durchgänge 7 ausgeblasene Zuluft von der durch die Schlitzauslässe 4.1, 4.2 ausgeblasenen Primärluft in etwa in horizontaler Richtung mitgenommen, s. Spalte 3 Zeilen 65ff. und Nr. 20 in der Figur.

Es ist denkbar, dass die vorbekannte raumlufttechnische Einrichtung (das Vorhandensein bestimmter zusätzlicher in der Druckschrift nicht erwähnter Steuereinrichtungen für die Primärluft unterstellt) im Heizfall tatsächlich so betrieben werden könnte, wie die Antragstellerin in ihrer Beschwerdebegründung vorträgt.

Bei dem Gegenstand der Entgegenhaltung E1 wird jedoch auch im Heizfall die Zuluft als Mischung von Primärluft und im Bereich des Wärmetauscherelements 19 konditionierter Raumluft über dieselben Durchgänge 7 ausgeblasen wie im Kühlfall. Der Fachmann entnimmt dies der Figur in Verbindung mit der Beschreibung insbesondere der Teile 19, 18, 2 und 6 in Spalte 3 der E1.

Die Druckschrift E1 gibt daher keine Anregung, mindestens einen Vertikal-Luftauslass und zusätzlich mindestens einen Horizontal-Luftauslass zum Ausblasen von Zuluft vorzusehen und beide Auslässe jeweils mit mindestens einem Sekundärluft-Antriebsmittel auszurüsten.

Vielmehr führt die E1 den Fachmann in eine andere Richtung: Sie lehrt, dass durch Ändern der Luftführung eines Teils der Primärluft die Zuluft aus Raumluft gemischt mit Primärluftanteil über einen - einzigen - Typ von Zuluftauslass sowohl im Wesentlichen vertikal als auch etwa horizontal ausgeblasen werden kann.

Die Entgegenhaltungen E2 bis E6 zeigen, wie schon ausgeführt, Merkmale 5 und 7 ebenfalls nicht. Der Fachmann konnte deshalb auch bei zusätzlicher Berücksichtigung dieser Druckschriften nicht zur beanspruchten Neuerung geführt werden.

Schutzanspruch 1 hat daher Bestand.

III Die Kostenentscheidung beruht auf § 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG i. V. m. § 84 Abs. 2 Satz 1 und 2 PatG, § 97 ZPO. Die Billigkeit erfordert keine andere Entscheidung.






BPatG:
Beschluss v. 06.06.2007
Az: 5 W (pat) 455/05


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