Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 13. Juni 2008
Aktenzeichen: 1 ARs 29/08

(OLG Köln: Beschluss v. 13.06.2008, Az.: 1 ARs 29/08)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Oberlandesgericht Köln hat in seinem Beschluss vom 13. Juni 2008 (Aktenzeichen 1 ARs 29/08) entschieden, dass dem Verteidiger eine Pauschgebühr zusteht, die die Regelgebühren um 1.800 Euro übersteigt. Die Begründung dafür liegt darin, dass der Aufwand, der mit der Verteidigung verbunden war, über das normale Maß hinausging. Gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) kann einem gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalt auf Antrag eine Pauschgebühr bewilligt werden, wenn die gesetzlichen Gebühren aufgrund des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit nicht zumutbar sind. Es ist jedoch zu beachten, dass die Vorschrift eingeschränkt ist, da wesentliche Aspekte, die früher Anlass zur Gewährung einer Pauschgebühr nach der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO) gegeben haben, bereits bei der Bemessung der gesetzlichen Gebühren nach dem RVG berücksichtigt werden.

In diesem Fall wurden begründete Umstände vorgebracht, die eine Honorierung des Antragstellers im Rahmen der gesetzlichen Gebühren als unzumutbar erscheinen lassen. Der Verteidiger hat zunächst einen 25-seitigen Beschwerdeschriftsatz zur Frage der Pflichtverteidigerbestellung verfasst, wofür er nachvollziehbar 19 Stunden benötigte. Allerdings erschließt sich dem Senat nicht, warum für die Abfassung dieses Schriftsatzes drei Besprechungen mit dem Mandanten erforderlich waren, da er sich größtenteils mit Vorgängen in anderen Verfahren vor dem Landgericht Bonn befasst und umfangreiche Rechtsausführungen enthält.

Des Weiteren hat der Antragsteller einen 100-seitigen Befangenheitsantrag verfasst, für den er 11 Stunden benötigte. Der Zeitaufwand für diesen Antrag scheint jedoch eher gering angesetzt. Schließlich hat der Antragsteller eine 268-seitige Revisionsbegründungsschrift erstellt, wodurch er an vier Arbeitstagen keine anderen Strafsachen bearbeiten konnte.

Aufgrund dieser dargestellten Umstände hat das Oberlandesgericht Köln entschieden, dass dem Verteidiger eine Pauschgebühr bewilligt wird, die die Regelgebühren um 1.800 Euro übersteigt.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

OLG Köln: Beschluss v. 13.06.2008, Az: 1 ARs 29/08


Tenor

Dem Verteidiger wird eine Pauschgebühr zugebilligt, welche die Regelgebühren um 1.800,-- € (in Worten: eintausendachthundert Euro) übersteigt.

Gründe

Der Antrag auf Bewilligung einer über die gesetzlichen Gebühren hinausgehenden Pauschvergütung gemäß § 51 Abs. 1 S. 1 RVG ist in dem erkannten Umfang begründet. Insoweit ging der mit der Verteidigung verbundene Aufwand über das durchschnittliche Maß hinaus.

Nach § 51 Abs. 1 S. 1 RVG ist dem gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalt auf Antrag eine Pauschgebühr zu bewilligen, wenn die in den Teilen 4 bis 6 des Vergütungsverzeichnisses bestimmten Gebühren wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit nicht zumutbar sind. Da wesentliche Gesichtspunkte, die noch unter Geltung der BRAGO Anlass zur Gewährung einer Pauschgebühr gegeben haben, nunmehr bereits bei der Bemessung der gesetzlichen Gebühr nach dem RVG berücksichtigt werden (z.B. Teilnahme an Vernehmungen im Ermittlungsverfahren und an Haftprüfungsterminen, besonders lange Dauer der Hauptverhandlung), ist der praktische Anwendungsbereich der Vorschrift eingeschränkt (vgl. OLG Köln 2. StrafS B. v. 03.05.2005 - 2 ARs 87/05 -; B. v. 06.01.2006 - 2 ARs 231/05 -).

Berücksichtigungsfähige Umstände, die eine Honorierung des Antragstellers im Rahmen der gesetzlichen Gebühren als unzumutbar erscheinen lassen, liegen hier aus den Gründen der Antragsschrift insoweit vor, als der Verteidiger zunächst im Erkenntnisverfahren einen 25-seitigen Beschwerdeschriftsatz zur Frage der Pflichtverteidigerbestellung gefertigt hat. Dass ihn dies 19 Zeitstunden in Anspruch genommen hat, hat der Antragsteller nachvollziehbar dargelegt. Dem Senat erschließt sich in diesem Zusammenhang allerdings nicht, inwieweit für die Abfassung dieses Schriftsatzes drei Besprechungen mit dem Mandanten erforderlich waren. Der Schriftsatz befasst sich zum weitaus überwiegenden Teil (S. 4 - 16) mit Vorgängen in anderen Verfahren vor dem Landgericht Bonn und enthält umfangreiche Rechtsausführungen. Es ist nicht ersichtlich, was der Mandant des Antragstellers zu beiden Komplexen hätte beitragen können.

Der Antragsteller hat aber des weiteren einen 100-seitigen Befangenheitsantrag verfasst. Die hierfür angesetzte Zeitaufwand von 11 Stunden, während derer andere Sachen nicht bearbeitet werden konnten, erscheint eher am unteren Rand angesetzt.

Schließlich hat der Antragsteller eine 268-seitige Revisionsbegründungsschrift gefertigt hat, was nach seinen nachvollziehbaren Angaben dazu geführt hat, dass er an vier Arbeitstagen andere Strafsachen nicht bearbeiten konnte.






OLG Köln:
Beschluss v. 13.06.2008
Az: 1 ARs 29/08


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/81c433b6e69d/OLG-Koeln_Beschluss_vom_13-Juni-2008_Az_1-ARs-29-08




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