Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. März 2006
Aktenzeichen: 33 W (pat) 34/04

(BPatG: Beschluss v. 07.03.2006, Az.: 33 W (pat) 34/04)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die Eintragung der Wortmarke 301 03 215 dekofix freshinzwischen nur noch eingetragen für:

chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke, ausschließlich zur Verwendung im Bauwesen; Baumaterialien (nicht aus Metall); Füllstoffe zum Ausfüllen von Fugen in Trockenbauwänden, soweit in Klasse 19 enthalten; Bauwesen; Installationsarbeiten; Reparaturen von Immobilien im Bereich des Innenausbausist Widerspruch eingelegt worden aus der Wortmarke 300 44 644 decofillu. A. fürchemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke; Klebstoffe für gewerbliche Zwecke; Tapetenkleister, Holzleim, Klebstoffe für Decken-, Wand- und Bodenbeläge, Fixierungen für Bodenbeläge, Klebstoffe für Heimwerkerbedarf; Universalkleber, Fliesenkleber; Baumaterialien (nicht aus Metall); Gips, Zement, Mörtel, Fußbodenausgleichsmassen, Füllstoffe zum Ausfüllen von Ritzen, Fugen oder Löchern in Wänden, insbesondere auf Gips- oder Zementbasis.

Der Widerspruch ist nur auf die o. g. Waren der Widerspruchsmarke gestützt worden. Außerdem ist er - vor Eintragung einer Verzichts-Teillöschung der angegriffenen Marke - ausdrücklich nur gegen folgende Waren der angegriffenen Marken gerichtet:

"Klasse 1: Chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke.

Klasse 19: Baumaterialien (nicht aus Metall); Füllstoffe zum Ausfüllen von Fugen in Trockenbauwänden, soweit in Klasse 19 enthalten."

Mit Beschluss vom 30. Oktober 2003 hat die Markenstelle für Klasse 1 durch ein Mitglied des Patentamts den Widerspruch zurückgewiesen. Nach Auffassung der Markenstelle besteht keine Verwechslungsgefahr. Auch wenn der Anfangsbestandteil "deco" der Widerspruchsmarke auf Dekoration und die Endsilbe "fill" auf Füllstoffe hinweise, so sei dennoch von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in ihrer Gesamtheit auszugehen. Warenidentität könne hinsichtlich der chemischen Erzeugnisse bestehen, während bei Baumaterialien eine Ähnlichkeit der Waren vorliegen könne. An den Markenabstand seien daher mittlere bis hohe Anforderungen zu stellen. Diese Anforderungen halte die jüngere Marken ein. Durch den nur in der angegriffenen Marke vorhandenen zusätzlichen Bestandteil "fresh" unterschieden sich beide Marken sowohl klanglich als auch schriftbildlich nach ihrer Länge. Aber auch, wenn man von der Prägung des Gesamteindrucks der angegriffenen Marke durch ihren Bestandteil "dekofix" ausgehe, seien keine Verwechslungen zu befürchten. Zwar stimmten die Markenwörter "dekofix" und "decofill" im Wortanfang "Deko-" überein, da dieser aber häufig in Drittmarken vorkomme und von den beschreibenden Begriffen "Dekoration" bzw. "dekorativ" abgeleitet sei, richte sich die Aufmerksamkeit des Verkehrs verstärkt auf die Wortendungen, die noch dazu betont würden. Die Endungen "-fix" und "-fill" ließen sich gut unterscheiden, da die Endkonsonanten markant voneinander abwichen. Gerade der charakteristische Laut "x" werde wenig mit anderen Konsonanten verwechselt. Es bestehe auch keine assoziative Verwechslungsgefahr. Der Wortteil "Deco" sei nicht als Stammbestandteil geeignet, da er beschreibende Anklänge aufweise und häufig in Drittmarken vorkomme.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Zur Begründung führt sie aus, dass die sich gegenüberstehenden Waren identisch bzw. hochgradig ähnlich seien, was auch von der Inhaberin der jüngeren Marke nicht bestritten und zutreffend von der Markenstelle festgestellt worden sei. Die Widerspruchsmarke weise insgesamt eine normale Kennzeichnungskraft auf. Für eine Schwächung der Kennzeichnungskraft fehle es an tatsächlichen Feststellungen. Die Markenbestandteile "Deco" und "fill" gebe es in der deutschen Sprache nicht. Insbesondere gehe aus der von der Markeninhaberin vorgelegten Liste mit Drittmarken nur die bloße Tatsache der Eintragung von Marken mit dem Wortbestandteil "deco" oder "deko" hervor, nicht aber eine tatsächliche Benutzung dieser Marken oder ein Einfluss auf die Verkehrsauffassung. Viele der in der Liste aufgeführten Drittmarken gehörten zudem der Widersprechenden, die über eine Serie mit dem Bestandteil "deco" verfüge. Angesichts dieser Umstände müsse in der Zusammenschau ein geringerer Grad an Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Marken für die Feststellung einer Verwechslungsgefahr ausreichen. Der Gesamteindruck der jüngeren Marke werde allein von ihrem Bestandteil "dekofix" geprägt, da der Verkehr den weiteren Bestandteil "fresh" als zusätzliche produktbezogene Angabe verstehe, die auf ein besonders frisches oder neues Produkt hinweise. Die beiderseitigen Marken seien damit nach ihrem Gesamteindruck nahezu identisch. Bei den Markenwörtern "dekofix" und "decofill" handele es sich um Einwortmarken, so dass sie in ihrer Gesamtheit zu betrachten seien, ohne dass eine Prägung einzelner Wortbestandteile vorliegen könne. Die Markenwörter seien mit drei Silben verhältnismäßig lang, wobei die dritten Silben jeweils identische Anfangsbuchstaben aufwiesen und lediglich hinsichtlich der Schlusskonsonanten voneinander abwichen. Die jüngere Marke stimme außerdem mit den ersten sechs der sieben Buchstaben der Widerspruchsmarke und damit in den regelmäßig stärker beachteten Wortanfängen überein. Auch die Vokale, die für den klanglichen Gesamteindruck wichtiger als die Konsonanten seien, stimmten vollständig überein. Zudem sei der Sprachrhythmus der Markenwörter identisch. Ergänzend verweist die Widersprechende auf verschiedene Entscheidungen, in denen eine Verwechslungsgefahr zwischen Marken festgestellt worden ist, die sich nur in einem Laut bzw. Buchstaben voneinander unterscheiden, u. a. BGH - GRUR 2000, 605 - comtes/ComTel. Die Widersprechende beantragt, den angefochtenen Beschluss im Umfang des Widerspruchsantrags aufzuheben und die Eintragung der jüngeren Marke im beantragten Umfang zu löschen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verweist auf ihr erstinstanzliches Vorbringen, in dem sie eine Liste mit über 75 für die Klassen 1, 17 und 19 eingetragenen Marken vorgelegt hat, die den Anfangsbestandteil "deko" oder "deco" aufweisen. Diese Registereintragungen seien ein Indiz für die Originalitätsschwäche der Widerspruchsmarke. Weiter führt sie aus, dass eine Verwechslungsgefahr selbst bei identischen Produkten nicht bestehe, auch dann nicht, wenn man die angegriffene Marke auf ihren Bestandteil "dekofix" reduziere. Der klangstarke Schlussbuchstabe "x" trete in der jüngeren Marke so markant in Erscheinung, dass er bereits eine sichere Unterscheidbarkeit der Marken gewährleiste, zumal die Widerspruchsmarke auf dem weichen Labiallaut "l" ende. Dies gelte umso mehr, als die Marken übereinstimmend auf der Endsilbe betont würden. Daher würden die Wortanfänge hier auch nicht vom Verkehr stärker beachtet werden als die Wortendungen. Auch in schriftbildlicher Hinsicht sei der Buchstabe "x" optisch sehr markant und weiche deutlich von der Endung "ll" ab. Zudem bestünden in begrifflicher Hinsicht deutliche Abweichungen, da "fill" auf den Begriff "Füllen" hinweise, was bei "fix" gerade nicht der Fall sei. Auch diese Abweichungen böten eine sichere Unterscheidungshilfe bei der Beurteilung der klanglichen oder bildlichen Ähnlichkeit der Marken. Im Gegensatz zur Auffassung der Markenstelle könne nicht von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen werden. Denn das Markenwort "decofill" weise ersichtlich auf dekorative Füllstoffe und damit auf den Verwendungszweck der Produkte hin. Ihr Schutzumfang beschränke sich auf die Kombination der Bestandteile "deco" und "fill". Selbst wenn man zu Gunsten der Widersprechenden von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgehen würde, so wäre zu berücksichtigen, dass zumindest dem Wortbestandteil "deco" als beschreibender Angabe, die zudem abgegriffen sei, die Unterscheidungskraft fehle. Daher fielen die Übereinstimmungen hinsichtlich dieses Bestandteils, auch wenn er am Wortanfang stehe, nicht ins Gewicht. Auch komme eine assoziative Verwechslungsgefahr nicht in Betracht, weil der Bestandteil "deco" sich aufgrund seines beschreibenden Gehalts nicht als Stammbestandteil eigne.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist nicht begründet. Zwischen den Marken besteht keine Verwechslungsgefahr i. S. d. §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Frage einer markenrechtlichen Verwechselungsgefahr i. S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen den Beurteilungsfaktoren der Waren-/Dienstleistungsidentität oder -ähnlichkeit, der Markenidentität oder -ähnlichkeit und der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren/Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder der Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2001, 544, 545 = WRP 2002, 537 - BANK 24, m. w. N.; GRUR 2002, 1067 - DKV/OKV).

a) Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist als von Haus aus schwach einzustufen. Zunächst ist sie in nahezu sprachüblicher Weise aus Bestandteilen zusammengesetzt, die beschreibender Natur sind, zumindest aber über stark beschreibende Anklänge verfügen. Der Anfangsbestandteil "deco" wird (auch in der gleichbedeutenden deutschen Schreibweise "deko") im Inland als Hinweis auf Dekoration oder auf einen dekorativen Bezug verwendet. So sind in der deutschen Sprache Begriffe wie "Art Deco" und "Deko-Stoffe" bekannt. Ebenso sind Wortzusammensetzungen wie "Deko-Shop" oder "Deko-Abteilung" ohne weiteres verständlich. Beim weiteren Bestandteil "fill" handelt es sich um das englische Wort für "Füllung"/"(aus-)füllen". Die streitgegenständlichen Waren, auf die die Widersprechende ihren Widerspruch gestützt hat, sind Oberbegriffe, die auch Waren beinhalten, die einen Bezug zur dekorativen Verarbeitung insbesondere beim Ausfüllen oder der sonstigen Verwendung von Füllstoffen erfassen können. Zudem ist auch eine beträchtliche Anzahl von Drittmarken mit zu berücksichtigen, die - wie die Markeninhaberin unter Vorlage einer Liste dargelegt hat - den Anfangsbestandteil "Deco" oder den gleichbedeutenden Bestandteil "Deko" aufweisen. Zwar ist über die Benutzung dieser Drittmarken nichts bekannt, die erhebliche Anzahl eingetragener "Deco"-Marken zeigt aber die Originalitätsschwäche einer solchen Markenbildung (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 9, Rdn. 318). Da keine Hinweise darauf vorliegen, dass die Widerspruchsmarke ihre Kennzeichnungsschwäche durch intensive Benutzung und eine damit verbundene erhebliche Verkehrsbekanntheit überwunden hat, kann nur von einer schwachen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen werden.

b) Die sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen liegen im Identitätsbereich. Der für die angegriffene Marke eingetragene Warenbegriff "chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke, ausschließlich zur Verwendung im Bauwesen" fällt vollständig unter den für die Widerspruchsmarke geschützten Begriff "chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke". Außerdem sind die weiteren streitgegenständlichen Warenbegriffe der jüngeren Marke, nämlich "Baumaterialien (nicht aus Metall); Füllstoffe zum Ausfüllen von Fugen in Trockenbauwänden, soweit in Klasse 19 enthalten" mit den für die Widersprechende geschützten Begriffen "Baumaterialien (nicht aus Metall)" und "Gips, Zement, ... Füllstoffe zum Ausfüllen von Ritzen, Fugen ..." identisch.

c) Die angegriffene Marke hält den insoweit erforderlichen noch deutlichen, aber nicht strengen Abstand zur Widerspruchsmarke ein. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob der Gesamteindruck der angegriffenen Marke allein von ihrem Bestandteil "dekofix" geprägt wird, was angesichts der deutlich unterschiedlichen Länge der Gesamtzeichen allerdings eine zwingende Voraussetzung für die Feststellung einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr wäre. Der Senat vermag jedoch selbst dann keine Verwechslungsgefahr festzustellen, wenn man nur die Markenwörter "dekofix" und "decofill" in den zeichenrechtlichen Vergleich einbezieht. Zwar unterscheiden sich diese Markenwörter nur durch ihre Schlussbuchstaben "x" und "ll" voneinander, dieser Unterschied ist jedoch sowohl in klanglicher wie auch schriftbildlicher Hinsicht derart deutlich, dass er angesichts der Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke ausreicht, um den rechtlich gebotenen Abstand der Marken zueinander zu schaffen. In klanglicher Hinsicht stellt der Schlussbuchstabe "x" der angegriffenen Marke einen Doppellaut dar, der den klangstarken Sprenglaut "k" und dem stimmlosen Zahnlaut "s" umfasst, so dass sich diese Lautkombination, zudem am betonten Wortende, deutlich vom weichen Schlusslaut "l" der Widerspruchsmarke unterscheidet.

In schriftbildlicher Hinsicht weist das Markenwort "dekofix" der jüngeren Marke mit dem Schlussbuchstaben "x" bzw. "X" einen markanten Buchstaben auf, der mit seinen symmetrischen Diagonalen (Andreaskreuz) gegenüber allen anderen Buchstaben hervorstechend ist. Ähnliches gilt für den Schluss der Widerspruchsmarke, da ein Doppelbuchstabe wie "ll" bzw. "LL" im Schriftbild eines Wortes stets auffällt.

Die klangliche und schriftbildliche Unterscheidbarkeit der Marken bzw. ihrer möglicherweise prägenden Bestandteile wird zudem durch die leicht erfassbaren begrifflichen Anklänge unterstützt, da der Endbestandteil "fill" der Widerspruchsmarke ersichtlich auf "Füllen"/"Füllung" hinweist, während das "fix" im Markenwort "dekofix" der angegriffenen Marke mit "schnell" gleichgesetzt wird.

Bei Abwägung der zueinander in Beziehung stehenden Faktoren der Verwechslungsgefahr liegt nach alledem für den Senat keine unmittelbare Verwechslungsgefahr vor. Für eine assoziative Verwechslungsgefahr sind angesichts der ausgeprägten Kennzeichnungs- und Originalitätsschwäche des Markenbestandteils "deco" ebenfalls keine zureichenden Anhaltspunkte erkennbar. Damit war eine Verwechslungsgefahr insgesamt zu verneinen, so dass die Beschwerde erfolglos bleiben musste.






BPatG:
Beschluss v. 07.03.2006
Az: 33 W (pat) 34/04


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