Bundespatentgericht:
Beschluss vom 3. März 2005
Aktenzeichen: 15 W (pat) 320/03

(BPatG: Beschluss v. 03.03.2005, Az.: 15 W (pat) 320/03)

Tenor

1. Das Patent wird beschränkt aufrechterhalten mit den Ansprüchen 1-14 sowie Beschreibung Sp. 1-5, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 3. März 2005.

Der Titel der Patentschrift wird geändert in: Verwendung von Einkomponenten-Elektrotauchlacken zur Beschichtung von metallischen, elektrisch leitfähigen Schüttgütern in einer kontinuierlichen Durchlauf-Beschichtungsvorrichtung.

2. Die der Patentinhaberin durch die erste mündliche Verhandlung vom 4. Oktober 2004 entstandenen Kosten werden der Einsprechenden auferlegt, mit Ausnahme der durch Herrn K... entstandenen Kosten.

Gründe

I.

Auf die am 15. Juni 1996 eingereichte Patentanmeldung hat das Deutsche Patent- und Markenamt das Patent 196 23 962 mit der Bezeichnung

"Elektrotauchlack für metallische Schüttgüter"

erteilt. Veröffentlichungstag der Patenterteilung ist der 7. November 2002.

Patentanspruch 1 gemäß Streitpatent hat folgenden Wortlaut:

"1. Elektrotauchlack zur Beschichtung von metallischen, elektrisch leitfähigen Substraten, bestehend aus Bindemitteln, Pigmenten, Füllstoffen, Additiven und geringen Mengen Lösemittel sowie als Lösemittel Wasser und Neutralisationsmittel, wobei der unverdünnte Lack beim Einsatz als Einkomponentensystem Festkörper in der Größenordnung von 40 bis 80 Gew.-% aufweist und mit Wasser auf Verarbeitungsfestkörper von 8 bis 25 Gew.-% verdünnt ist, dadurch gekennzeichnet, dass Füllstoff in einer Menge von 10 bis 25 Gew.-% im unverdünnten Lack enthalten ist."

Wegen des Wortlauts der auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 15 sowie der beiden Verwendungsansprüche 16 und 17, jeweils in der erteilten Fassung, wird auf die DE 196 23 962 C2 verwiesen.

Gegen die Patenterteilung hat die B... AG in M..., mit Schrift- satz vom 4. Februar 2003, eingegangen am 6. Februar 2003, Einspruch erhoben und beantragt, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.

Sie gründet ihren Einspruch auf mangelhafte Offenbarung und mangelnde Nacharbeitbarkeit, fehlende Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit und nennt hierzu die Druckschriften

(1) DE 44 42 509 A1

(2) DE 39 20 214 A1

(3) DE 39 42 766 A1

(4) EP 627 022 B1

(5) Dorfner-Kaolin KI (Füllstoff - Kaolin gemahlen), Datenblatt Nr. 9001, Gebr. Dorfner GmbH & Co., Kaolin- und Kristallquarzsand Werke KG, eingeg. bei BASF Lacke & Farben AG im Februar 1991

(6) Lanco-Langer & Co., ASP-Aluminiumsilikat-Pigmente, technisches Merkblatt, eingeg. bei BASF Lacke & Farben AG am 6. Februar 1997.

Der Gegenstand des Streitpatents sei gegenüber (1), (2) oder (3) bereits nicht mehr neu, zumindest weise er aber gegenüber (1) (2) und (3) iVm (5) und (6) nicht die erforderliche erfinderische Tätigkeit auf.

Auf die von der Patentinhaberin nach fernmündlicher Voranfrage vom 23. Juni 2004 (vgl GA Bl 65) und nach Rücksprache mit der Einsprechenden beantragte Änderung der Uhrzeit für die mündliche Verhandlung am 4. Oktober 2004 von 9.00 Uhr auf 11.00 Uhr (vgl Schrifts d Patentinhaberin v 24. Juni 2004) ist mit Schreiben des Bundespatentgerichts vom 2. Juli 2004 der Verhandlungstermin vom Montag, 4. Oktober 2004, 9.00 Uhr, antragsgemäß aufgehoben und auf Montag, 4. Oktober 2004, 11.00 Uhr, neu festgelegt worden. Sowohl die Patentinhaberin als auch die Einsprechende haben den Zugang dieser Terminsänderung jeweils mit Empfangsbekenntnis vom 6. Juli 2004 bestätigt.

Weiterer Schriftverkehr mit den Verfahrensbeteiligten hat ausweislich der Gerichtsakte vor dem Verhandlungstermin 4. Oktober 2004 nicht stattgefunden.

Zum Verhandlungstermin 4. Oktober 2004, 11.00 Uhr, ist die Einsprechende nicht erschienen. Die für die Patentinhaberin in Begleitung von Herrn ... K..., Leiter der Entwicklungsabteilung bei der Patentinhaberin, anwesende Frau Patentanwältin Dr. W... legte dem Senat eine auf dem Formular BPatG 332a abgefasste Mitteilung des Bundespatentgerichts vor, aus der hervorgeht, dass das Streitpatent wegen der Nichtzahlung der Jahresgebühr erloschen sei und das Einspruchsverfahren als erledigt angesehen werde, sofern nicht innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieser Mitteilung ein Rechtschutzinteresse an einer Entscheidung geltend gemacht werde, und reichte eine Kopie dieser Mitteilung zur Gerichtsakte (vgl GA Bl 75). Ein Doppel dieser Mitteilung ist weder in der Gerichtsakte noch in der Patentakte vorhanden.

Mit Beschluss des Bundespatentgerichts vom 4. Oktober 2004 wurde der Verhandlungstermin aufgehoben.

Nach Rücksprache mit der Patentinhaberin und der Einsprechenden ist ein neuer Verhandlungstermin auf den 3. März 2005 anberaumt worden, zu dem die Vertreter beider Parteien erschienen sind. Der Leiter der Entwicklungsabteilung bei der Patentinhaberin, Herr K..., ist zu diesem Termin nicht mehr erschienen.

In der mündlichen Verhandlung am 3. März 2005 erklärt die Patentinhaberin die Teilung des Patents.

Betreffend das Verfahren des Stammpatents überreicht sie eine geänderte Anspruchsfassung mit den Patentansprüchen 1 bis 14 folgenden Wortlauts:

"1. Verwendung von unverdünnten Einkomponenten-Elektrotauchlacken, bestehend aus - Bindemitteln,

- Pigmenten,

- Füllstoffen aus der Gruppe der Aluminiumsilikate und der Magnesiumsilikate unterschiedlicher chemischer Struktur sowie Siliciumdioxid und Kaolin, einzeln oder in Kombination,

- Additiven,

- geringen Mengen Lösemittel sowie - als Lösemittel Wasser und - Neutralisationsmittel, wobei diese unverdünnten Lacke Festkörper von 40 bis 80 Gew.-% und Füllstoff in einer Menge von 10 bis 25 Gew.-% im unverdünnten Lack aufweisen, nach anschließender Verdünnung mit Wasser auf Verarbeitungsfestkörper von 8 bis 25 Gew.-% zur Beschichtung von metallischen, elektrisch leitfähigen Schüttgütern in einer kontinuierlichen Durchlauf-Beschichtungsvorrichtung.

2. Elektrotauchlack nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass Füllstoff in einer Menge von 15 bis 23 Gew.-% enthalten ist.

3. Elektrotauchlack nach einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass Füllstoffe mit einer mittleren Korngröße von 0,2 bis 2 µm eingesetzt sind.

4. Elektrotauchlacke nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass Füllstoffe mit einer mittleren Korngröße von 0,3 bis 0,7 µm eingesetzt sind.

5. Elektrotauchlack nach Anspruch 3 oder 4, dadurchgekennzeichnet, dass die mittlere Korngröße der Füllstoffe 1 bis 20 % der Schichtdicke des abzuscheidenden Lackfilms entspricht.

6. Elektrotauchlack nach einem der Ansprüche 3 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass die mittlere Korngröße der Füllstoffe 2 bis 10 % der Schichtdicke des abzuscheidenden Lackfilms entspricht.

7. Elektrotauchlack nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Dichte der Füllstoffe zwischen 1,5 und 4,5 g/cm3 liegt.

8. Elektrotauchlack nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Dichte der Füllstoffe zwischen 1,6 und 3,5 g/cm3 liegt.

9. Elektrotauchlack nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Pigmentvolumenkonzentration zwischen 10 bis 40 Vol% liegt.

10. Elektrotauchlack nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass die Pigmentvolumenkonzentration zwischen 12 und 35 Vol% liegt.

11. Elektrotauchlack nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass als Bindemittel carboxylhaltige oder aminogruppenhaltige Verbindungen eingesetzt sind.

12. Elektrotauchlack nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Lack Festkörper in der Größenordnung von 50 bis 75 Gew.-% aufweist.

13. Elektrotauchlack nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Lack auf Verarbeitungsfestkörper von 10 bis 20 Gew.-% verdünnt ist.

14. Verwendung nach Anspruch 1, wobei als Durchlaufbeschichtungsvorrichtung eine Trommel verwendet wird."

Sie führt hierzu aus, das nunmehr sowohl auf die Verwendung zur Beschichtung metallischer, elektrisch leitfähiger Schüttgüter in einer kontinuierlichen Durchlauf-Beschichtungseinrichtung als auch auf eine kleine Gruppe bestimmter Füllstoffe eingeschränkte Patentbegehren sei gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik nicht nur neu sondern demgegenüber auch erfinderisch.

Die Patentinhaberin stellt den Antrag, das Patent beschränkt aufrechtzuerhalten gemäß Ansprüchen 1-14 sowie Beschreibung Sp. 1-5, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 3. März 2005, sowie die Kosten der ersten mündlichen Verhandlung vom 4. Oktober 2004, mit Ausnahme der durch Herrn K... entstandenen Kosten, der Einsprechenden aufzuerlegen.

Die Einsprechende beantragt, das Patent zu widerrufen und den Kostenantrag zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet im Einspruchsverfahren auf Grund mündlicher Verhandlung in entsprechender Anwendung von § 78 und § 147 (3) PatG, nachdem sowohl die Patentinhaberin als auch die Einsprechende Terminsantrag gestellt haben (vgl auch BPatG 34. Senat, Mitt. 2002, 417).

Die Teilungserklärung ist zulässig und, indem sie in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll gegeben wurde und damit der geforderten Schriftform genügt, auch wirksam.

Der zulässige Einspruch hat in der Sache nur teilweise Erfolg und führt zur beschränkten Aufrechterhaltung des Patents mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten Unterlagen.

1. Bedenken zur Zulässigkeit bzw Wirksamkeit der abgegebenen Teilungserklärung hinsichtlich einer eindeutigen gegenständlichen Teilung sind mit der Entscheidung des BGH Mitt 2002, 526 - Sammelhefter hinfällig und zwar insofern, als bei der Teilung eines Patents eine Verdoppelung desselben nicht durch inhaltliche Anforderungen an die Teilungserklärung, sondern allein durch entsprechende Anforderungen an die jeweils zu gewährenden oder aufrecht zu erhaltenden Patentansprüche zu vermeiden ist und demzufolge die Teilung des Patents insoweit nicht anders behandelt werden soll als die Teilung der Patentanmeldung (vgl aaO Leitsatz sowie S 529 li Sp Abs 1 und 2).

Damit wird für die Teilanmeldung die Zuständigkeit des Deutschen Patent- und Markenamts begründet (BGH Mitt 1998, 422 - Informationsträger).

2. Im hier nach wirksamer Teilungserklärung entscheidungsreifen Verfahren betreffend das Restpatent/Stammpatent (vgl hierzu BGH Mitt 2003, 388 - Basisstation) ist dem Antrag der Patentinhaberin auf Aufrechterhaltung des Streitpatents nach dessen Beschränkung auf die Verwendung eines Elektrotauchlacks zur Beschichtung von metallischen, elektrisch leitfähigen Schüttgütern in einer kontinuierlichen Durchlauf-Beschichtungsvorrichtung stattzugeben.

Bezüglich der Offenbarung der Patentansprüche 1 bis 14 bestehen keine Bedenken, da deren Merkmale sich unmittelbar aus den ursprünglichen Unterlagen sowie aus dem erteilten Patent ergeben (vgl urspr Unterl Anspr 1 bis 5; DE 196 23 962 C2 Anspr 1 bis 17).

Dem Einwand der Einsprechenden in der mündlichen Verhandlung, dass der in den mit Schriftsatz vom 2. März 2005 eingereichten, auf die Verwendung der betreffenden Elektrotauchlacke eingeschränkten Patentansprüchen anstelle des Begriffs "Substrat" eingeführte Begriff "Schüttteile" weder in den ursprünglichen Unterlagen noch im Streitpatent vorkomme und damit auch nicht offenbart sei, hat die Patentinhaberin durch eine auf die Beschreibung der Patentschrift (vgl Sp 2 Z 36 und 57) gestützte Änderung in "Schüttgüter" entsprochen.

Das Streitpatent offenbart die Erfindung auch so deutlich und vollständig, dass sie ausführbar ist.

Die Einsprechende hat die Offenbarung eines Elektrotauchlacks gemäß Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung im Sinne der Nacharbeitbarkeit bzw. der Ausführbarkeit und Klarheit bemängelt (vgl Schrifts v 4. Februar 2003 S 5 bis 7).

Nach der nunmehr vorgenommenen zulässigen Einschränkung des Patentgegenstands auf die Verwendung eines Elektrotauchlacks zur Beschichtung von metallischen, elektrisch leitfähigen Schüttgütern in einer kontinuierlichen Durchlauf-Beschichtungsvorrichtung mit den Merkmalen gemäß geltenden Patentansprüchen 1 bis 14 sind nach Ansicht des Senats auch jene von der Einsprechenden im Sinne fehlender Nacharbeitbarkeit vorgebrachten Offenbarungsmängel ausgeräumt, die die erteilten, auf einen Elektrotauchlack gerichteten Sachansprüche betrafen.

Die Neuheit des nunmehr auf die Verwendung eines Elektrotauchlacks eingeschränkten Patentgegenstands ist anzuerkennen.

Denn in keiner der im Verfahren befindlichen Druckschriften ist die Verwendung unverdünnter Einkomponenten-Elektrotauchlacke mit den stofflichen Merkmalen gemäß geltendem Patentanspruch 1 zur Beschichtung metallischer, elektrisch leitfähiger Schüttgüter in einer kontinuierlichen Durchlauf-Beschichtungseinrichtung beschrieben.

Dem Vorbringen der Einsprechenden in der mündlichen Verhandlung, auch nach der vorgenommenen Einschränkung auf die Verwendung von Elektrotauchlacken zur Beschichtung metallischer, elektrisch leitfähiger Schüttgüter in einer kontinuierlichen Durchlauf-Beschichtungseinrichtung fehle dem Patentgegenstand die Neuheit gegenüber der DE 44 42 509 A1 (1), weil, wie die Druckschrift EP 627 022 B1 (4) zeige, eine derartige Verwendung und damit solche Verfahren den üblichen Arbeitsweisen bei der Elektrotauchlackierung zuzurechnen und daher in (1) mitzulesen seien, kann nicht beigetreten werden.

Der Senat kann nicht feststellen, dass es sich bei der Verwendung einer Vorrichtung gemäß der Druckschrift (4) zur Beschichtung kleinteiliger Schüttgüter in einem kontinuierlichen Durchlaufverfahren, auf die sich die Einsprechende bezieht, um eine am Anmeldetag des Streitpatents übliche und damit mitzulesende Arbeitsweise handelt. Eine mitzulesende Arbeitsweise setzt in der Regel einen weit verbreiteten, mehrfach druckschriftlich gestützten Nachweis, beispielsweise in einem anerkannten Handbuch, voraus. Die Einsprechende hat entsprechende Literatur nicht vorgelegt. Eine isolierte Einzelpublikation wie die Druckschrift (4), die darüber hinaus nur etwas mehr als ein Jahr vor dem Anmeldetag des Streitpatents der Öffentlichkeit zugänglich war, erfüllt hingegen die Anforderungen nicht, die an die Quelle für eine allgemein übliche und daher mitzulesende Arbeitsweise zu stellen sind.

Die Verwendung eines Elektrotauchlacks gemäß Patentanspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist von der Aufgabe auszugehen, die darin besteht, den Anteil der Beschädigungen des abgeschiedenen Lackfilms sowie Beschädigungen und Verklebungen während des Einbrennens beim Elektrotauchlackverfahren von metallischen Schüttgütern zu minimieren (vgl DE 196 23 962 C2 Sp 2 Z 59 bis Sp 3 Z 3).

Gelöst wird diese Aufgabe durch die Verwendung eines Elektrotauchlacks zur Beschichtung von metallischen, elektrisch leitfähigen Schüttgütern in einer kontinuierlichen Durchlauf-Beschichtungseinrichtung mit den Merkmalen des geltenden Patentanspruchs 1.

Gemäß der Druckschrift (1), die ein lagerstabiles einkomponentiges Konzentrat, seine Herstellung und Verwendung zur Herstellung kathodisch abscheidbarer Elektrotauchlackbäder betrifft, setzt sich das vor der Anwendung auf etwa 20 Gew.-% mit Wasser zu verdünnende Konzentrat bei einem Festkörpergehalt von 35 bis 50 Gew.-% aus einem oder mehreren Bindemitteln, einem oder mehreren organischen Lösemitteln, einem oder mehreren Pigmenten, Wasser sowie gegebenenfalls Füllstoffen zusammen (vgl (1) Sp 2 Z 36 bis 51 iVm Sp 7 Z 65 bis Sp 8 Z 3). Daneben kann das Konzentrat lackübliche Additive, darunter unter anderem auch Neutralisationsmittel, enthalten (vgl (1) Sp 6 Z 3 bis 11). Damit weist das in (1) bereitgestellte Elektrotauchlack-Konzentrat zwar zumindest optional sämtliche Komponentengruppen auf, bezüglich der optionalen Füllstoffe sind sowohl Siliciumdioxid als auch Kaolin beispielhaft genannt (vgl (1) Sp 4 Z 50 bis 57), und der Gehalt des Konzentrats an Gesamt-Festkörper bzw. der Gehalt an Verarbeitungsfestkörper nach Verdünnung liegt zumindest teilweise in den betreffenden Bereichen gemäß geltendem Patentanspruch 1 zu verwendenden unverdünnten Elektrotauchlackes. Jedoch sind der Druckschrift (1) weder allgemeine Angaben betreffend den Anteil des ohnehin lediglich optional beizugebenden Füllstoffes noch Bereichsangaben zu entnehmen, die den streitpatentgemäßen Füllstoffanteil von 10 bis 25 Gew.-% im unverdünnten Lack nahelegen könnten.

Nach der vorgenommenen Einschränkung auf bestimmte ausgewählte Füllstoffe kann dahingestellt bleiben, ob das in den Konzentraten der Ausführungsbeispiele von (1) stets und zu aus überwiegenden Anteilen eingesetzte Titandioxid als Pigment oder als Füllstoff zu bewerten ist, der dann lediglich im Vergleichsversuch A nach Anteilen zufällig das betreffende Bereichsmerkmal des Streitpatents von 10 bis 25 Gew.-% erfüllt.

Denn auch aus den Ausführungsbeispielen von (1) mit Ruß und/oder Titandioxid als einzige Füllstoffe bzw. Pigmente konnte der Fachmann weder die Anregung, Füllstoffe aus der Gruppe der Aluminiumsilikate und der Magnesiumsilikate sowie Siliciumdioxid und Kaolin einzeln oder in Kombination und damit nur wenige ganz bestimmte, von Ruß und Titandioxid verschiedene Füllstoffe einzusetzen, noch Anhaltspunkte dafür bekommen, dem Konzentrat solche Füllstoffe entsprechend dem streitgemäßen Bereich von 10 bis 25 Gew.-% bezugeben.

Außerdem fehlt in der Druckschrift (1) jegliche Bezugnahme auf die Verwendung des Elektrotauchlacks in einer kontinuierlichen Durchlauf-Beschichtungsvorrichtung gemäß (4).

Auch aus dem übrigen vorgebrachten Stand der Technik ist nichts zu entnehmen, was einen Fachmann hätte dazu veranlassen können, ein Elektrotauchlack-Konzentrat gerade solcher Zusammensetzung zur Beschichtung von metallischen, elektrisch leitfähigen Schüttgütern in einer Vorrichtung bzw. in einem Verfahren gemäß Druckschrift (4) einzusetzen.

Die Druckschrift DE 39 20 214 A1 (2) beschreibt zwar wässrige Lösungen oder Dispersionen eines Bindemittels für kathodisch abscheidbare wässrige Beschichtungsmittel, die neben Pigmenten auch Füllstoffe enthalten, wobei in einem einzigen Beispiel unter anderem Kaolin als Füllstoff in der Pigmentpaste eingesetzt ist (vgl (2) Anspr 1 iVm Anspr 11 sowie S 7 Z 35 bis 38 und S 10 Z 17 bis 23). Jedoch werden darin keine dem Streitpatent entsprechend bereits alle Komponenten enthaltende, mit Wasser auf Verarbeitungsfestkörper verdünnbare Konzentrate, sondern sogenannte Pigmentpasten eingesetzt (vgl (2) S 7 Z 30 bis 38 iVm S 10 Z 17 bis 23 und Z 25 ff.) und es sind in dieser Druckschrift weder Hinweise auf die Anwendung auf metallische Schüttgüter in einer kontinuierlichen Durchlauf-Beschichtungsvorrichtung noch Anhaltspunkte zur Lösung der Aufgabe der Minimierung der Beschädigungen des abgeschiedenen Lackfilms in einem solchen Verfahren zu entnehmen.

Bereichsangaben für Füllstoffe fehlen in der Elektrotauchlacke für Automobile betreffenden DE 39 42 766 A1 (3) ebenso wie ein Hinweis auf bzw. eine Anregung zur Anwendung auf metallische Schüttgüter in einer kontinuierlichen Durchlauf-Beschichtungsvorrichtung. Zwar können die mit den wässrigen Bindemitteldispersionen zu den wässrigen Tauchbädern zu verarbeitenden Pigmentpasten neben Titandioxid auch Porzellan, Ton, Silikate oder Siliciumdioxid als Weißpigmente oder Streckmittel enthalten (vgl (3) S 3 Z 32 bis 37), jedoch liegen die Zahlenwerte in den Ausführungsbeispielen, wenn man entweder Füll- bzw. Streckmittel allein oder unter Einbeziehung des Titandioxids nimmt, jeweils außerhalb des streitpatentgemäßen Bereichs von 10 bis 25 Gew.-% (vgl (3) Anspr 1 iVm S 8 Z 48 bis S 9 Z 20 sowie S 10 Z 58 ff).

Die beiden technischen Datenblätter (Dorfner Kaolinki) der Firma Gebr. Dorfner GmbH & Co., Kaolin- und Kristallquarzsand Werke KG (5) und der Firma Lanco-Langer & Co., ASP-Aluminiumsilikat-Pigmente (6) betreffen Zusammensetzung und Eigenschaften der üblichen Füllstoffe Kaolin (vgl (5)) sowie Aluminiumsilikat-Pigmenten (vgl (6)). Während aus (5) keinerlei Hinweise auf den Einsatz in Elektrotauchlackierungen zu entnehmen sind, wird in (6) die Verwendung sowohl in lösemittelhaltigen als auch in wässrigen Systemen beschrieben, unter anderem in Elektrophorese-Grundierungen für Automobile. Anregungen zu einer Verwendung gemäß Streitpatent lassen sich daraus nicht entnehmen.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 erweist sich daher als patentfähig, sodass dieser Anspruch gewährbar ist. Das gleiche gilt bezüglich der auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 14, die im Hinblick auf die geänderte Bezeichnung des beschränkten Patents als Verwendungsansprüche zu verstehen sind und damit bevorzugte Ausführungsformen der Verwendung eines Elektrotauchlacks gemäß Patentanspruch 1 betreffen.

Das nach Teilung verbleibende Stammpatent war somit beschränkt aufrechtzuerhalten.

3. Gemäß § 147 Abs 3 iVm § 62 PatG kann das Bundespatentgericht nach billigem Ermessen bestimmen, inwieweit einem Beteiligten die durch die Anhörung oder eine Beweisaufnahme verursachten Kosten zur Last fallen.

Es entsprach billigem Ermessen, der Einsprechenden die durch die erste mündliche Verhandlung am 4. Oktober 2004 entstandenen Kosten aufzuerlegen, mit Ausnahme der Kosten, die dadurch entstanden sind, dass Herr K... den Termin zur mündlichen Verhandlung ebenfalls wahrgenommen hat.

Die Einsprechende bzw. deren Vertreter sind, obwohl ordnungsgemäß geladen, zum ersten Verhandlungstermin am 4. Oktober 2004, 11.00 Uhr, nicht erschienen. Nach fernmündlicher Erörterung der Angelegenheit mit dem Vertreter der Einsprechenden hat die Einsprechende ihren Antrag auf mündliche Verhandlung nicht zurückgenommen, sodass ein neuer Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt werden musste, an dem dann beide Parteien vertreten waren.

Die Nachteile, die sich daraus ergeben, dass die Einsprechende den ersten Termin nicht wahrgenommen hat, sind ihr auch zuzurechnen.

Aufgrund nicht nachvollziehbarer Umstände - in der Gerichts- sowie in der Patentakte befindet sich kein Hinweis zu dem Vorgang - war beiden Verfahrensbeteiligten mit Schreiben des Bundespatentgerichts vom 29. Juni 2004 eine Mitteilung über das Erlöschen des Patents 196 23 962.1-43 wegen Nichtzahlung der Jahresgebühr zugegangen. Ausweislich des Eingangsstempels der Anwaltskanzlei erfolgte die Zustellung beim Vertreter der Patentinhaberin am 1. Juli 2004 und damit innerhalb der üblichen Zeit von drei Tagen. Dementsprechend und mangels anderweitigem Vortrag ist auch beim Vertreter der Einsprechenden von einer Zustellung zu diesem Zeitpunkt auszugehen.

Allein aufgrund dieser Mitteilung über das Erlöschen des Patents hätte der Vertreter der Einsprechenden den kurz zuvor anberaumten und noch bestehenden Verhandlungstermin am 4. Oktober 2004 über den Einspruch gegen dieses Patent nicht ohne weiteres verstreichen lassen und damit das Einspruchsverfahren als erledigt ansehen dürfen.

Denn am 6. Juli 2004 und damit erst nach der Mitteilung des Bundespatentgerichts vom 29. Juni 2004 über das Erlöschen des Streitpatents wegen Nichtzahlung der Jahresgebühr war den Verfahrensbeteiligten und damit auch der Einsprechenden eine Terminsnachricht vom 2. Juli 2004 über den hinsichtlich der Uhrzeit geänderten Verhandlungstermin vom 4. Oktober 2004 zugestellt worden. Diese zur Mitteilung über das Erlöschen des Streitpatents vom 29. Juni 2004 jedenfalls widersprüchliche Terminsnachricht über die Verlegung des Verhandlungstermins hätte den Vertreter der Einsprechenden zumindest dazu veranlassen müssen, die Richtigkeit der Informationen durch Rückfrage beim Bundespatentgericht oder bei der Patentrollenauskunft zu überprüfen. Dabei hätte er feststellen können, dass weder in der Rolle noch in der vorliegenden Gerichtsakte ein Vermerk oder eine Schlussverfügung über das Erlöschen des Streitpatents enthalten ist.

Darüber hinaus hätte dem Vertreter der Einsprechenden der Zeitpunkt 29. Juni 2004 dieser Mitteilung über das Erlöschen des Patents wegen nichtgezahlter Jahresgebühr schon deshalb Anlass zur Überprüfung durch Rückfrage geben müssen, weil nach Fälligkeit der Jahresgebühr - Fälligkeit am 30. Juni 2004 wegen des Anmeldetags 15. Juni 1996 des Streitpatents - die Gebühr bis zum Ablauf des zweiten Monat nach Fälligkeit oder mit Verspätungszuschlag bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Fälligkeit gezahlt werden kann und dementsprechend eine betreffende Mitteilung über das Erlöschen des Patents wegen Nichtzahlung der Jahresgebühr nicht am 29. Juni 2004 bzw. am Ende des Monats der Fälligkeit sondern erst im Verlauf des Monats Januar 2005, also nach Ablauf des sechsten Monats, zu erwarten war (vgl Schulte PatG 7. Aufl, Anhang 15 PatKostG § 7 Rdn 1 und 5).

Kahr Jordan Klante Egerer Na






BPatG:
Beschluss v. 03.03.2005
Az: 15 W (pat) 320/03


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