Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. Oktober 2001
Aktenzeichen: 7 W (pat) 24/00

(BPatG: Beschluss v. 24.10.2001, Az.: 7 W (pat) 24/00)

Tenor

Die Wiedereinsetzung in die Frist zur Stellung eines Antrags auf Verfahrenskostenhilfe im Verfahren vor dem Bundespatentgericht wird gewährt.

Der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe

Die Patentanmeldung P 43 27 090.5-13 mit der Bezeichnung "Auf Düsenoder Raketenantrieb in dem wird wiederholt benutzt der Gas nach der innere Schubdüse" ist am 12. August 1993 beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) als Zusatzanmeldung zur Patentanmeldung P 43 24 794.6 eingegangen. Das DPMA hat dem Anmelder auf seinen Antrag Verfahrenskostenhilfe für das Patenterteilungsverfahren bewilligt. Nach Prüfung der Anmeldung hat die Prüfungsstelle für Klasse F02K des DPMA die Anmeldung durch Beschluß vom 21. März 2000 mit der Begründung zurückgewiesen, daß die seinerzeit geltenden Patentansprüche 2 und 3 nicht gewährbar seien, da ihnen keine nachvollziehbaren Lehren entnommen werden könnten.

Gegen diesen, am 25. April 2000 vom Deutschen Patent- und Markenamt abgeschickten Beschluß hat der Anmelder am 6. Mai 2000 Beschwerde eingelegt. Er hat im Beschwerdeschriftsatz ua darauf hingewiesen, daß ihm zu dieser Patentanmeldung Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden sei.

Nachdem der zuständige Rechtspfleger des Bundespatentgerichts dem Anmelder mit Datum vom 17. Juli 2000 unter Setzung einer Äußerungsfrist von einem Monat mitgeteilt hatte, daß die tarifmäßige Beschwerdegebühr nicht gezahlt worden sei und daß daher festzustellen sei, daß die Beschwerde als nicht erhoben gelte, hat der Anmelder am 24. Juli 2000 beim Bundespatentgericht den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenskostenhilfegestellt.

Gleichzeitig hat der Anmelder neue Unterlagen, nämlich 2 Patentansprüche, Beschreibung (1 Blatt) und Zeichnung (Fig 1) vorgelegt, die die bisherigen Unterlagen ersetzen sollen. Er strebt offensichtlich die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Erteilung des nachgesuchten Patents auf der Grundlage der zuletzt vorgelegten Unterlagen an.

In einer Zwischenverfügung vom 11. Oktober 2001 wurde dem Anmelder ua mitgeteilt, daß die Beschwerde keinen Erfolg haben könne, da der Gegenstand der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung nicht patentfähig sei und die geltenden Unterlagen eine unzulässige Erweiterung enthielten.

Mit Schriftsatz vom 14.10.01 hat der Anmelder ausgeführt, daß in den Düsenantrieben nach dem Schubrohr noch eine Verbrennungskammer verwendet wird, in der die Temperatur des Gases erhöht wird. Eine Umlenkung des Gases im Triebwerk und ggfs mehrfache Verwendung in einer inneren Schubdüse sei möglich. Der Verdichter (10 bzw 6 bzw 7) sei in der ursprünglichen Anmeldung dargestellt, aber als Gasturbine bezeichnet.

Der am 24. Juli 2000 eingegangene Patentanspruch 1 hat folgende Fassung:

Düsenantrieb mit einem aus Verdichter, Brennkammer, Turbine und Schubdüse bestehendem Aggregat, dadurch gekennzeichnet, daß sich an das Aggregat ein äußerer Kanal und ein Verdichter anschließt.

Zur Fassung des Patentanspruchs 2 wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Nach Beschreibung Absatz 2 soll die Wirksamkeit eines Düsenantriebes verbessert werden.

Der Anmelder hat die Beschwerdegebühr nicht bezahlt. Er hat den Antrag auf Verfahrenskostenhilfe verspätet gestellt. Ein Antrag auf Wiedereinsetzung wurde nicht gestellt.

Der erkennende Senat gewährt gemäß PatG § 123 Abs 2 Satz 3 Wiedereinsetzung in die Frist, einen Antrag auf Verfahrenskostenhilfe im Verfahren vor dem Bundespatentgericht zu stellen. In der Rechtsmittelbelehrung, die dem Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamts über die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für das Patenterteilungsverfahren beiliegt, wird nicht darauf hingewiesen, daß ein erneuter Antrag auf Verfahrenskostenhilfe im Beschwerdeverfahren innerhalb der Beschwerdefrist zu stellen ist. Der unerfahrene Patentanmelder konnte möglicherweise annehmen, daß die Verfahrenskostenhilfe für das Patenterteilungsverfahren auch für das Beschwerdeverfahren gelte, zumal der Anmelder dies in seinem Verfahrenskostenhilfeantrag vor dem DPMA ausdrücklich beantragt hatte.

Die beantragte Verfahrenskostenhilfe kann jedoch nicht gewährt werden, da die nach § 130 PatG erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg der Beschwerde und Erteilung des Patents nicht besteht.

Im geltenden Patentanspruch 1 ist angegeben, daß sich an das aus Verdichter, Brennkammer, Turbine und Schubdüse bestehende Aggregat ein äußerer Kanal und ein Verdichter anschließen. Ein solcher Verdichter ist in den am Anmeldetag eingereichten Unterlagen nicht offenbart. Weder in den Ansprüchen noch in der Beschreibung ist ein Verdichter erwähnt. In der Zeichnung ist lediglich ein (zweistufiger) Verdichter stromauf der Brennkammer dargestellt. An die (innere) Schubdüse und den äußeren Kanal schießt sich ein mit "Gasturbine" bezeichnetes Teil an. Die Aufnahme des Merkmals eines Verdichters im Anschluß an den äußeren Kanal in den Patentanspruch 1 stellt somit eine den Gegenstand der Anmeldung erweiternde Änderung dar. Da aus solchen Änderungen gemäß PatG § 38 Satz 2 keine Rechte hergeleitet werden können, sind die geltenden Patentansprüche nicht gewährbar. Dasselbe gilt entgegen der Auffassung der Prüfungsstelle des DPMA auch für den zum Zeitpunkt des Zurückweisungsbeschlusses geltenden Patentanspruch 1 vom 20. Oktober 1997, eingegangen am 22. Oktober 1997, in dem ebenfalls ein Verdichter im Anschluß an den äußeren Kanal spezifiziert ist.

Der Prüfung auf Patentfähigkeit des Anmeldungsgegenstandes werden deshalb die ursprünglich eingereichen Unterlagen zugrundegelegt.

Die ursprünglichen Unterlagen sind in sehr unklarer Form abgefaßt, so daß die Erfassung, welcher Gegenstand überhaupt beansprucht wird, nur durch Auslegung des gesamten Inhalts, insbesondere der Zeichnung möglich ist.

In den urspünglichen Anmeldungsunterlagen sind vier Patentansprüche formuliert, die jeweils mit 1 und 2 numeriert sind. Zur Eindeutigkeit werden die erstgenannten Patentansprüche im Beschluß mit 1.1 und 1.2 und die zweigenannten mit 2.1 und 2.2 bezeichnet.

In seinem Erstbescheid hatte der Prüfer dem Anmelder zutreffend mitgeteilt, daß der Patentanspruch 1.1 vollinhaltlich aus der Rolls-Royce-Schrift "the Jet engine" bekannt ist, da bei dem dort beschriebenen Düsenantrieb zur Erzeugung der Reaktionskraft der Gasstrom aus einer Schubdüse ausströmt.

In dem Patentanspruch 1.2, ist angegeben, daß der Düsenantrieb eine innere Schübdüse aufweist, und das dort ausströmende Gas wieder verwendet wird, nach Patentanspruch 2.1 auch mehrfach.

Im Patentanspruch 2.2 wird angegeben, daß das Gas nach Verlassen der inneren Schubdüse umgeleitet wird in die Brennkammer. Dahin muß das Gas offensichtlich auch bei den Gegenständen nach den Patentansprüchen 1.2 und 2.1 umgeleitet werden, auch wenn es nicht angegeben ist. Dies ergibt sich auch bei Berücksichtigung der Beschreibung und Zeichnung. Dort ist angegeben, daß das Gas nach Verlassen der "inneren Schubdüse" umgeleitet und der Brennkammer zugeführt wird.

In den Prüfungsbescheiden vom 10. November 1993 und 3. Juni 1997 hat der Prüfer bereits zutreffend darauf hingewiesen, daß eine Gasrückführung nur dann sinnvoll sei, wenn das Gas noch unverbrannte, also verwertbare Energieanteile enthält, die durch erneute Zuführung zur Brennkammer den Wirkungsgrad der Anlage erhöhen können.

Weiterhin hat der Prüfer zutreffend ausgeführt, daß eine Gasrückführung zu dem Zwecke, direkt den Schub zu erhöhen, dem Impulssatz widerspreche, da eine Schubkraft des Triebwerks nur dann erzeugt werde, wenn der Gasstrom nach Verlassen der Schubdüse aus dem Antriebsgehäuse austrete. Mit der beanspruchten Ausgestaltung des Düsenantriebs nach den Patentansprüchen 1.2, 2.1 und 2.2, nämlich mit einer sogenannten inneren Schubdüse, durch die das Gas ggfs mehrfach geführt wird, ist die angestrebte Erhöhung der für die Schuberzeugung nutzbaren Gasmasse und des Triebwerkschubs nicht erreichbar. Es fehlt den Gegenständen der Patentansprüche 1.2, 2.1 und 2.2 somit an der Patentierungsvoraussetzung der Brauchbarkeit, da die angestrebte technische Wirkung nicht erzielbar ist. Da die ursprünglichen Unterlagen auch insgesamt keine weiteren technischen Lehren offenbaren, besteht keine Aussicht auf Erteilung eines Patents und damit auf einen Erfolg der Beschwerde.

Der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe war deshalb abzulehnen.

Dr. Schnegg Eberhard Köhn Dr. Pösentrup Hu






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Az: 7 W (pat) 24/00


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