Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 10. November 1999
Aktenzeichen: 17 W 455/99

(OLG Köln: Beschluss v. 10.11.1999, Az.: 17 W 455/99)

Tenor

Die Beschwerde wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Gründe

Die nach den §§ 104 Abs. 3 S. 1 ZPO, 11 Abs. 1 Rechtspflegergesetz statthafte sofortige Beschwerde begegnet auch im übrigen keinen verfahrensrechtlichen Bedenken, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Der Rechtspfleger hat es zutreffend abgelehnt, den von den Beklagten als Mehrvertretungszuschlag zu der Prozessgebühr ihres Prozessbevollmächtigten angemeldeten Betrag von 427,50 DM in die Kostenausgleichung einzubeziehen. Dem Prozessanwalt der Beklagten ist eine erhöhte Prozessgebühr nicht erwachsen, weil es insoweit an den dafür nach § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO erforderlichen Voraussetzungen fehlt. Anders als die Beschwerde in Anlehnung an die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Anwaltsblatt 1998, 415) geltend macht, hat sich die zur Abwehr der Räumungs- und Herausgabeklage entfaltete Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten der Beklagten nicht auf denselben Gegenstand im Sinne der genannten Bestimmung bezogen. Die danach notwendige Identität des Gegenstandes der in derselben Angelegenheit für mehrere Auftraggeber entfalteten anwaltlichen Tätigkeit ist nicht gegeben, wenn ein gegen mehrere Personen gerichtetes Rechtsschutzbegehren jeden Streitgenossen selbständig betreffende - wenn auch inhaltsgleiche - Leistungen zum Gegenstand hat, die jeder der in Anspruch genommenen Streitgenossen nur für sich selbst erbringen kann. So aber verhält es sich - wie der Senat bereits in seinem in JurBüro 1992, 318 veröffentlichten Beschluss vom 19. November 1991 - 17 W 470/91 - im einzelnen dargelegt hat - bei der den Gegenstand einer Klage bildenden Räumungs- und Herausgabeverpflichtung. Zwar hat die mietvertragliche Rückgabeverpflichtung eine unteilbare Leistung zum Gegenstand (§§ 556, 431 BGB), jedoch befreit bei einer Mehrheit von Wohn- oder Geschäftsraummietern die Räumung durch einen von ihnen nicht auch die anderen von ihrer inhaltsgleichen Verpflichtung, wie andererseits auch derjenige Mitmieter (noch) auf Herausgabe haften kann, der selbst keinen Besitz (mehr) hat (vgl. nur BGH in NJW 1976, 287 und NJW 1987, 2367). So ist denn auch unabhängig von der Frage einer Gesamtschuldnerschaft und interner Mitwirkungspflichten der Mitmieter anerkannt, dass es sich bei der Rückgabeverpflichtung im allgemeinen nicht um eine gemeinschaftliche Schuld handelt, die das gemeinschaftliche Zusammenwirken der Schuldner zur Herbeiführung des Leistungserfolges verlangt und durch einen Schuldner allein nicht erbracht werden kann (BGH, NJW 1976, 287). Trifft die Räumungs- und Herausgabepflicht aber jeden Mitmieter als von der des anderen unabhängige, eigenständige Verpflichtung ist der Gegenstand der Tätigkeit des Anwalts für mehrere Beklagte eines Räumungsprozesses auch nicht "derselbe" im Sinne des § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO.

Bei der gesetzlichen Beschränkung des Mehrvertretungszuschlages auf eine Tätigkeit zu demselben Gegenstand muss es auch dann bleiben, wenn bei der Vertretung mehrerer Personen zu verschiedenen Gegenständen keine Wertaddition nach § 7 Abs. 2 BRAGO stattfindet. Nach Auffassung des Senats besteht kein hinreichender Grund, den Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO über seinen Wortlaut hinaus auf die anwaltliche Mehrvertretung zu verschiedenen Gegenständen auszudehnen, wenn dem Anwalt aus Gründen der Streitwertbestimmung die gebührenrechtliche Vergünstigung einer Zusammenrechnung verschiedener Gegenstände versagt bleibt (vgl. Senat, JurBüro 1987, 1182 = Anwaltsblatt 1987, 242). Wie der Mehrvertretungszuschlag einerseits nicht davon abhängt, ob dem Anwalt tatsächlich Mehrarbeit erwächst, zu deren Ausgleich die Erhöhung der Prozessgebühr bestimmt ist, so muss es andererseits als Folge der "typisierenden und generalisierenden gesetzlichen Regelung" (so BGH, NJW 1987, 2240, 2241) hingenommen werden, dass die mit der Vertretung mehrerer Beteiligter zu verschiedenen Gegenständen etwa verbundene Mehrarbeit auch nicht über einen höheren Streitwert ausgeglichen wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Streitwert des Beschwerdeverfahrens: 123,98 DM.






OLG Köln:
Beschluss v. 10.11.1999
Az: 17 W 455/99


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